Mit Urteil vom 05.11.2009 (11 S 78/09) hat das LG Dortmund die Berufung der KRAVAG-Logistic-Versicherung AG gegen ein Urteil des AG Castrop-Rauxel vom 02.03.2009 (12 C 188/08) zurück gewiesen, mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 988,29 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde. Das LG Dortmund bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste im Gegensatz zur Fraunhofer Tabelle.
Aus den Entscheidungsgründen:
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung der mit dem angegriffenen Urteil des Amtsgerichts Castrop-Rauxel zugesprochenen restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 988,29 € gemäß der §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG.
Die Verpflichtung der Haftung der Beklagten für den Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 18.12.2007 ist dem Grunde nach unstreitig.
Der Kläger kann als Geschädigter nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH VI ZR 308/07, NJW 2009, 58). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Gemäß § 287 ZPO hat die Kammer den dazu im Rahmen der Mietwagenkosten erforderlichen Aufwand geschätzt und dabei die Schwacke-Liste 2007 zugrunde gelegt. Die Kammer folgt damit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 11.3.2008 (Aktenzeichen VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519 ff) und 14.10.2008 (Aktenzeichen VI ZR 308/07, NJW 2009, 58 ff). Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage herangezogen werden kann, auch wenn allgemein gehaltene Angriffe gegen sie vorgebracht werden.
Die Argumente in der Berufungsbegründung geben keinerlei Veranlassung davon abzuweichen.
Der Kammer ist aus einer Vielzahl an Verfahren bekannt, dass es sich immer um die gleichen Angriffe handelt, wie beispielsweise, dass Online-Angebote nicht berücksichtigt seien, zu hohe Preissteigerungen vorliegen würden, weil die Anbieter möglicherweise auf die Nachfrage hin zu hohe Angaben gemacht hätten und die Anzahl der Nennungen nicht zu erkennen sei, um die Relevanz der Preise am Markt beurteilen zu können. Möglicherweise beruhen die Preissteigerungen allerdings auch darauf, dass früher die sogenannten Normaltarife unternehmensintern subventioniert waren und sich mittlerweile aufgrund der Rechtssprechung wieder ein wirklicher Marktwert auch für den Normaltarif herausbildet. Eine Überprüfung der Marktanalyse ist dem Gericht nicht möglich. Die Kammer ist auf Schätzgrundlagen wie die Schwacke-Liste angewiesen. Es kann nicht wünschenswert sein, dass in dem Bezirk des Berufungsgerichts jeder Amtsrichter andere Schätzgrundlagen entwickelt. Nachdem der Bundesgerichtshof die Schwacke-Liste 2006 trotz der allgemeinen Angriffe für anwendbar erklärt hat, wird die Kammer diese Schätzgrundlage zugrundelegen bzw. im konkreten Fall die Schwackeliste 2007 anwenden. Diese Liste unterscheidet sich von der Schwacke-Liste 2006 zudem noch dadurch, dass aus der Schwacke-Liste 2007 die Anzahl der Befragungen und der am häufigsten genannten Mietpreise erkennbar sind.
Wie der Schwacke-Automietpreisspiegel ist auch der Mietpreisspiegel des Frauenhofer-Institutes nicht unumstritten. Nicht berücksichtigt sind bei dieser Preisliste z.B. die Ersatzansprüche für die gesonderten Zustellkosten sowie für einen weiteren Fahrer. Kritisiert wird zudem, dass zur Erstellung der Liste eine zu geringe Zahl an Stichproben erhoben wurde und dass mittelständische Unternehmen zu wenig oder nahezu gar nicht berücksichtigt wurden. Die Untersuchungen mit Differenzierung nach zwei Ziffern der PLZ ist bei weitem nicht so breit gestreut, wie sie es bei den nach drei PLZ-Gebieten strukturierten Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Die Fraunhofer-Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Marktkonformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt worden sind, dass der Wagen möglichst sofort zur Verfügung stehen muss. Längere Vorbuchungsfristen werden dem Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen nicht gerecht. Die mit einer solchen Vorbuchungsfrist ermittelten Preise dürfen deshalb nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden.
Da oftmals in den Verfahren – so auch hier – günstigere Angebote als berechnet eingereicht werden, nimmt die Kammer dies zum Anlass, bei der Schätzung das arithmetische Mittel zugrunde zu legen. Die Schwacke-Liste deckt nämlich eine erhebliche Bandbreite an unterschiedlichen Preisen ab, und zwar auch sehr günstige Preise. Dieser Mittelwert scheint der Kammer die Preisdifferenzen am besten abzudecken.
Was die von den Beklagten vorgelegten günstigen Online-Angebote angeht, so ist zu berücksichtigen, dass diese immer den Stand eines erst weit nach dem Verkehrsunfall recherchierten Angebotes (Unfall: 18.12.2007; abgefragte Anmietung 01.07.2008 bis 24.07.2008) wiedergeben und nicht eingeschätzt werden kann, ob im Einzelfall an dem betreffenden Tag Restfahrzeuge besonders günstig angeboten werden, die am Unfalltag zu diesem Preis nicht zu erhalten gewesen wären. So kann auch aus den hier für Juli 2008 eingereichten Angebote nicht gefolgert werden, dass diese dem Kläger im Dezember 2007 zur Verfügung gestanden hätten und erst recht nicht, dass die Schwacke-Liste 2007 aus diesem Grund für den betreffenden Fall falsch und nicht anwendbar sei.
Die Kammer hält ferner daran fest, dass zur Abgeltung der besonderen Unfallsituation ein Aufschlag von 20% auf den so ermittelten Normaltarif gerechtfertigt ist, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzgeschäfts im Vergleich zu einer normalen Autovermietung abdecken zu können. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass vergleichbar dem Sachverhalt in dem oben genannten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11.03.2008 auch hier ein Ersatzfahrzeug nicht am Unfalltag, sondern erst am Folgetag angemietet worden ist. Eine Eil- oder Notsituation ist nicht zu sehen und wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Allerdings bietet der Unfallersatztarif für den Geschädigten Vorteile, die er in Anspruch nehmen darf. Die oft erheblichen Mietwagenkosten werden ihm kreditiert. Da die Kreditlinie auch bei Kreditkarteninhabern zumeist begrenzt ist und oft gleichzeitig Unfallschäden an dem Fahrzeug selbst zu reparieren und vorzuleisten sind, weil die Abwicklung mit den Versicherungen Wochen in Anspruch nehmen, handelt es sich um einen erheblichen Vorteil. Außerdem ist die Haftungsbeschränkung bei einem Fahrzeug zum Unfaliersatztarif eine günstigere. Üblicherweise steht einem Geschädigten kein Angebot zur Verfügung, dass sein Schaden vorfinanziert wird. Wenn es aber diese Möglichkeit gibt und sich die Kosten in angemessenem Rahmen halten, darf er diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. Bei der Höhe des Zuschlags hat die Kammer auch zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung nicht unterschieden, ob nur diese Leistungen erbracht oder weitere Leistungen aus einer Notsituation heraus genutzt werden.
Im Einzelnen berechnet sich der oben angegebene Vergleichsbetrag bei einem Fahrzeug der Gruppe 5 und dem Postleitzahlenbereich des Klägers 445 bei einer Mietzeit von 23 Tagen wie folgt:
1 -Tagestarif (2 x) 187,40 €
Wochentarif (3 x) 1.410,30 €
Zwischensumme: 1.597,70 €
zzgl. Aufschlag 20 % 319,54 €
Zwischensumme: 1.917,24 €
zuzüglich Kosten Vollkasko
1 -Tagestarif (2 x) 45,66 €
Wochentarif (3 x) 444,66 €
Zwischensumme: 490,32 €
zzgl. Kosten für Zustellen
und Abholen 44,97 €
zzgl. Kosten Winterreifen 280,14 €
Gesamtsumme 2.732,67 €
Damit ist der von der Fa. W. dem Kläger in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von 2.488,29 € nicht unangemessen hoch, sondern liegt deutlich unterhalb der Grenze, die unter Zugrundelegung der Werte der Schwacke-Liste 2007 von der Kammer noch als angemessen bei der Schadensschätzung eingestuft wird.
Die Zinsforderung ab dem 29.01.2008 folgt aus §§ 286, 288 BGB, so dass die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 zurückzuweisen war.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Bundesgerichtshof hat zu den Rechtsfragen, auf denen das Urteil beruht, bereits mehrfach, zuletzt in den vorstehend zitierten Entscheidungen Stellung genommen und insbesondere ausgeführt, dass die Bemessung des erforderlichen Aufwandes zur Schadensbehebung im tatrichterlichen Ermessen liegt.
Soweit das LG Dortmund.