Mit Urteil vom 26.02.2010 (7 C 929/09) hat das Amtsgericht Calw die Württembergische Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 154,60 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtliche RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Bezahlung von 338,79 € aus §§ 7, 77 StVG i.V.m § 115 VVG, §§ 823, 249 BGB.
Nach der Rechtsprechung kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH NJW 2007, 2916 m.w.N.). Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.
Allerdings verstößt der Geschädigte noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheit des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigt, weil er auf Leistungen des Vermieters beruht, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind und in Folge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.
Das Gericht folgt der bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts Tübingen und des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart ( Urteil vom 10.6.2009, Aktenzeichen 3 U 30/09), wonach der in Ansatz zu bringende Normaltarif unter Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegels für das Jahr 2008 ermittelt werden kann. Der BGH hat eine Schätzung auf dieser Grundlage wiederholt ausdrücklich gebilligt ( BGH NJW 2009, 58; 2008, 2910; 2007, 3782).
Im vorliegenden Fall hält das Gericht auch einen Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 10 % wie geltend gemacht für ersatzfähig. Da der Mietpreis für das Fahrzeug nicht sofort bei Anmietung entrichtet wurde, sondern von der Vermieterseite kreditiert wurde, erscheint ein weiterer Aufschlag gerechtfertigt, da der Autovermieter hier das Risiko des Zahlungsausfalls bzw. der verspäteten Zahlung trägt.
Eine Abrechnung der Mietwagenkosten nach der Schwacke-Liste 2007 mit einer Wochenpauschale von 468,- € bei Mietwagenklasse 3 ist nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Allerdings sind die Preise aus der Schwacke Liste bereits mit der Mehrwertsteuer berechnet, so dass die Mehrwertsteuer nicht extra hinzu gerechnet werden kann. Insoweit ist von der Rechnung ein Abzug von 195,62 € vorzunehmen. Damit verbleibt ein Betrag von 1.029,60 €, auf den die Beklagte 875,- € bezahlt hat, so dass noch ein Betrag von 154,60 € offen steht.
Auch die weiteren Einwendungen der Beklagtenseite gegen die Anwendbarkeit der Schwacke Liste greifen nicht durch. Für das erkennende Gericht erscheint es zweifelhaft, ob der Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts, dessen Werte nach der Ansicht der Beklagten den wirklichen Werten auf dem Mietwagenmarkt entsprechen, eine geeignete Schätzungsgrundlage bilden kann. Das Fraunhofer Institut hat sich bei der Recherche nach den marktüblichen Preisen auf Internet-Recherchen und dort auf Internet-Portale beschränkt, die eine verbindliche Buchung erlauben, und sich damit auf die vorhandenen namhaften und großen Anbieter beschränken. Außerdem beschränkt sich diese Untersuchung auf zweistellige, hinsichtlich der telefonischen Erhebung sogar auf einstellige Postleitzahl-Bereiche, so dass die Gefahr besteht, dass regionale Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Es kommt hinzu, dass eine Vorbuchungszeit von einer Woche, die Grundlage der Erhebungen des Fraunhofer Instituts war, regelmäßig bei der Anmietung eines Fahrzeugs aus Anlass eines Unfalls nicht eingehalten werden kann und daher in solchen Fällen die Ausnahme bildet. Schließlich handelt es sich um eine von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegebene Studie, deren Unabhängigkett und Neutralität in Frage gestellt werden kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.6.2009, Aktenzeichen 3 U 30/09).
Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Buchungen im Internet nur mit Kreditkarten möglich sind. Bei der Versendung von Kreditkartendaten besteht ein erhebliches Risiko. Es besteht in diesen Fällen die konkrete Gefahr, dass Dritte sich diese Daten verschaffen und zu unlauteren Zwecken missbrauchen. Wer freiwillig den Weg wählt, eine solche Transaktion vorzunehmen, der trifft die Entscheidung unter Abwägung der bestehenden Risiken. Nach Ansicht des Gerichts kann es einem Unfallgeschädigten aber nicht zugemutet werden, diese Risiken gezwungenermaßen einzugehen und Buchungen über das Internet vorzunehmen, wenn er das eigentlich gar nicht möchte oder gar nicht im Besitz einer Kreditkarte ist.
Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen, nachdem der Kläger ein Fahrzeug angemietet hat, das drei Stufen niedriger einzustufen ist, als das beschädigte Fahrzeug.
Damit sind Mietwagenkosten in Höhe von 1.029,60€ berechtigt. Darauf hat die Beklagte 875,00 € bezahlt, so dass noch ein Betrag von 154,60 € zur Zahlung offen steht.
In dieser Höhe war der Klage stattzugeben, im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Der Anspruch auf die nicht anrechenbaren außergerichtlichen Anwaltskosten folgt aus §§ 286, 280 BGB. Durch die Reduzierung der begründeten Forderung auf 154,60 € sind Gebühren lediglich in Höhe von 46,41 € angefallen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711,713 ZPO.
Soweit das AG Calw.