Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
passend zum CH-Beitrag vom 08.01.2014 „GDV zum Ablachen…?“ veröffentlichen wir hier ein interessantes Mietwagenurteil des Amtsgerichts Mitte in Berlin gegen die R+V Versicherung, dessen Vorstandsvorsitzender Herr Rollinger ist, der im Namen des GDV doch so beredt, jegliche Verzögerung bestritten hatte. Wir erinnern an den O-Ton des Herrn Norbert Rollinger in der Autohaus-Online vom 07.01.2014:
„Herr Rollinger, was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Deutschen Versicherer würden Zahlungen an ihre Kunden verzögern oder verweigern?
Norbert Rollinger: Da ist nichts dran. Schadenregulierung ist unsere Kernleistung, da wollen wir glänzen, da wollen wir im Wettbewerb unser Bestes geben.“
Das nachfolgende Mietwagenurteil beweist etwas anderes, wie wir meinen. Bei dem folgenden Mietwagenurteil hat Herr Rollinger in seiner Kernleistung dann aber mal richtig „geglänzt“ und im Wettbewerb (um Schadenskürzungen?) wohl sein Bestes gegeben? Wenn das sein Bestes war, dann kann man sich in etwa vorstellen, wie es ist, wenn er sein Schlechtestes gibt. Was meint ihr? Bitte gebt Eure Meinungen bekannt. Wir fragen uns, ob dieses Urteil auch in Rolands Blog veröffentlicht wird? Zum Urteil selbst ist zu sagen, dass das erkennende Gericht – zu Recht – die von der beklagten R+V-Versicherung vorgebrachte Fraunhofer-Liste nicht angewandt hat. Diese hat gegenüber dem Schwacke-Mietpreisspiegel so gravierende Nachteile, dass sie als Schätzgrundlage grundsätzlich ausscheidet. Im Übrigen ist der Versicherung offenbar das Werkstattrisiko unbekannt, das bekanntlich zu Lasten des Schädigers geht. Denn die Werkstatt ist nicht der Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sondern des Schädigers. Verzögerungen im Rahmen der Wiederherstellung gehen zu Lasten des Schädigers (vgl. BGHZ 63, 182 ff.; siehe auch: Imhof / Wortmann DS 2011, 149).
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 4 C 3067/13 verkündet am: 02.01.2014
In dem Rechtsstreit
der … ,
Klägerin,
gegen
die R +V Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Norbert Rollinger, Niedersachsenring 13, 30163 Hannover,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 4, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2013 durch die Richterin am Amtsgericht …
f ü r R e c h t e r k a n n t :
1, Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 29. April 2013, 13-3597110-0-9, wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 29. April 2013, 13-3597110-0-9, darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand:
Die Klägerin macht die Erstattung von Mietwagenkosten aus abgetretenem Recht geltend. Am 4. August 2012 wurde bei einem Verkehrsunfall ein PKW vom Typ Mercedes C 200 mit einer Kilometerleistung über 200.000 km, erstzugelassen im August 2001, beschädigt. Das Fahrzeug des Unfallverursachers, der für den Unfallschaden zu 100 % haftet, war bei der Beklagten (R+V-Versicherung) haftpflichtversichert. Der Unfallgeschädigte mietete bei der Klägerin ein Fahrzeug der Mietwagengruppe 7 für die Zeit vom 10. August 2012 bis zum 5. September 2012. Der Mietwagen wurde von Mitarbeitern der Klägerin zu einer Auto-Service Firma unter der Anschrift … in Berlin gebracht und dort wieder abgeholt. Zwischen den Vertragsparteien wurde eine Haftungsreduzierung und die Nutzung des Fahrzeugs durch einen Zusatzfahrer vereinbart. Die Klägerin stellte dem Geschädigten Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 3.077,40 € inklusive Mehrwertsteuer unter dem 10. September 2012 in Rechnung. Wegen der Einzelheiten der Rechnung wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift verwiesen. Die Erstattungsforderung in Höhe der Mietwagenkosten trat der Geschädigte der Klägerin mit Abtretungserklärung vom 10. August 2012 ab. Die Beklagte zahlte an die Klägerin einen Teilbetrag in Höhe von 1.396 € gemäß ihrem Schreiben vom 18. Januar 2013 (Anlage K 5 zur Klageschrift).
Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht Hamburg, Geschäftszeichen 13-3597110-0-9, am 29. April 2013 einen Vollstreckungsbescheid wegen einer Hauptforderung in Höhe von 1.350 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2013 erlassen. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid hat die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die zu erstattenden Mietwagenkosten seien durch den Betrag von 1.396 € bereits abgegolten, da die Mietwagenkosten nur in dieser Höhe angemessen seien. Geeignete Schätzgrundlage für die Angemessenheit der Mietwagenkosten sei im vorliegenden Fall nur die Fraunhofer-Studie. Bei den Autovermietungen Sixt, Avis und Europcar hätte ein Ersatzfahrzeug billiger angemietet werden können. Die Reparatur bedingte Ausfallzeit von 26 Tagen sei nicht nachvollziehbar, da der Sachverständige eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen ermittelt habe.
Entscheidungsgründe:
Der Vollstreckungsbescheid war aufrechtzuerhalten. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten in Höhe von 1.350 EUR aus abgetretenem Recht gemäß §§7,17 StVO, 398, 823 BGB in Verbindung mit § 115 VVG zu.
Der Klägerin steht der Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten in der geltend gemachten Höhe zu. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz von Mietwagenkosten verlangen. Dieser beschränkt sich gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den erforderlichen Herstellungsaufwand, also auf die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vergleiche BGH, NJW 2009, 58 f.). Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Der insoweit erstattungsfähige Normaltarif kann durch das Gericht in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels ermittelt werden (vgl. BGH, Urteile vom 12,4.2011, VI ZR 300/09, und vom 11.3.2008, VI ZR 164/07; LG Berlin, Urteil vom 17.11.2009, 42 S 121/09). Die Beklagte hat auch keine hinreichenden Tatsachen dargelegt, die gegen die Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels im konkreten Fall sprechen könnten. Die von ihr vorgelegten günstigeren Internet-Angebote sind bereits deshalb nicht ausreichend, weil sie nicht den Zeitraum der tatsächlichen Anmietung betreffen. Vorliegend sind die Kosten der dortigen Gruppe 7 des Schwacke-Mietpreisspiegels zu erstatten. Das Alter und die Laufleistung der beschädigten Fahrzeugs rechtfertigen nicht die Herabstufung in eine niedrigere Mietwagenklasse (vgl. AG Potsdam, Urteil vom 1.3.2013, 34 C 248/12).
Soweit die Beklagte bestreitet, dass das unfallbedingt beschädigte Fahrzeug im Anmietzeitraum unfallbedingt repariert wurde, ist sie mit dieser Einwendungen ausgeschlossen, da sie auf die Mietwagenkostenabrechnung, aus der sich 26 Tage Mietzeit ergaben, mit Schreiben vom 8.1.2013 abgerechnet hat und lediglich Einwendungen zur Höhe der geltend gemachten Mietwagenkosten, nicht aber zur Mietdauer erhoben hat (vergleiche Landgericht Berlin, Urteil vom 13. November 2012, 43 S 122/12; Amtsgericht Mitte, Urteil vom 20. Juni 2012, 112 C 3286/11).
Demgemäß sind ein Grundmietpreis von jedenfalls 2.705,38 EUR, der von der Klägerin angesetzte Preis für Zustellung/Abholung von 46 EUR und die Zusatzfahrerpauschale von 234 EUR nicht zu beanstanden. Erstattungsfähig sind auch Kosten für die Reduzierung der Selbstbeteiligung in Höhe von jedenfalls 520 EUR. Wegen ersparter Eigenaufwendungen ist ein Abzug von 15 % auf den Grundmietpreis, das sind 405,81 EUR, gerechtfertigt. Die sich daraus ergebende Forderung Von insgesamt 3.099,57 EUR ist durch die Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.396 EUR erloschen, so dass eine Forderung von über 1.350 EUR verbleibt.
Der Schadensersatzanspruch in Höhe der Mietwagenkosten ist auf die Klägerin infolge der Abtretung wirksam übergegangen.
Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
Vor der Entscheidung bedurfte es nicht der Gewährung einer Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Klägerin vom 27.9.2013 und auf die in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2013 überreichten Unterlagen, weil diese keine entscheidungserheblichen Inhalt haben.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
Und jetzt bitte Eure Meinungen.
Da hat die Berliner Amtsrichterin die passende Antwort auf das Statement des R+V-Vorstandes gegeben. Was von der Versicherungsseite kommt ist nur die halbe Wahrheit. Und von der anderen Hälfte ist die Hälfte gelogen. Was dann noch bleibt, muss kritisch betrachtet werden, denn die Versicherung will nicht Dein Bestes, sondern nur ihren Profit. Deshalb glaubt auch der Bevollmächtigte der R+V, Herr Richter, dass es keinen Betrug seitens der Versicherung gibt, wenn unrichtig vorgetragen wird. So einfach ist das aus der Sicht der Versicherungen.
Nur, wer daran glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann und den Osterhasen.
Man muss sich nur mal die Daten anschauen.
Am 4.1. erging das Urteil des AG Berlin-Mitte gegen die R+V und Herrn Rollinger.
Am 7.1. wird das Interview mit Herrn Rollinger in der Autohaus veröffentlicht.
Am 8.1. wird der Bericht vom Autohaus bei Captain-Huk veröffentlicht und
am 21.1. wird das Urteil des AG Mitte bei Captain-Huk veröffentlicht, das beweist, dass Herr Rollinger die Unwahrheit sagt.
So schnell kann einen die Vergangenheit einholen.
Sehr geehrter Herr Rollinger, es wäre besser gewesen, Sie hätten im Namen des GDV den Mund gehalten. Lügen werden nämlich schnell entlarvt, wie man sieht.
Sach ich doch immer:
„Vom Schweigen schmerzt die Zunge nicht.“
Aber Schweigen kann auch ungehörig sein. Davon demnächst hier mehr.
Carl D.