Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenanfang geben wir Euch ein noch ein weiteres Urteil zum Thema Nutzungsausfall bekannt. Es handelt sich um ein Schadensersatzurteil der anderen Art. Der Geschädigte beauftragte die Beklagte mit der Durchführung von Arbeiten an dem Pkw. Infolge unachtsamer Schweißarbeiten brannte der Wagen ab. Der Geschädigte beansprucht daraufhin Schadensersatz in Form des Wiederbeschaffungsaufwandes, der Sachverständigenkosten, des Nutzungsausfalls, der Umbaukosten und der allgemeinen Auslagenpauschale. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Beklagte wurde mit Ausnahme der Umbaukosten (was sollte auch noch umgebaut werden?) verurteilt. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine gute Woche
Willi Wacker
Aktenzeichen:
1 O 256/13
Verkündet am 05.11.2013
Landgericht
Koblenz
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
– Beklagter –
wegen Schadensersatz
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht … als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2013 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.128,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2013 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 272,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2013 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von 297,50 EUR freizustellen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden aus dem nicht ordnungsgemäß ausgeführten Reparaturauftrag zu erstatten, soweit der Schaden nicht auf Dritte übergegangen ist oder übergehen wird.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Kosten der Streithilfe werden der Streithelferin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Am 24.11.2012 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Durchführung von Arbeiten an den dem Beklagten vom Kläger übergebenen PKW Daihatsu Move Modemo.
Der Kläger behauptet,
infolge vom Beklagten nicht ordnungsgemäß an dem PKW durchgeführter Schweißarbeiten sei an diesem ein Totalschaden entstanden, der sich auf insgesamt 2.208,97 EUR belaufe. Der Schaden setze sich aus Wiederbeschaffungskosten in Höhe von 1.350,00 EUR, Umbaukosten in Höhe von 80,00 EUR, Sachverständigenkosten in Höhe von 385,97 EUR, einer Auslagenpauschale von 25,00 EUR sowie einem Nutzungsausfall während der Wiederbeschaffungsdauer von 16 Tagen in einer Gesamthöhe von 368,00 EUR (= 16 x 23,00 EUR) zusammen. Den Nutzungsausfall habe der Beklagte im Übrigen bis zur Wiederbeschaffung eines Fahrzeugs zu zahlen. Hierzu sei er auf die Schadensersatzleistung des Beklagten angewiesen, so dass die Feststellungsklage zulässig und begründet sei. Da der Beklagte die Herausgabe des Fahrzeugs an den Restwertkäufer verweigert habe, sei er verpflichtet, ihn von den insoweit entstandenen Kosten in Höhe von 297,50 EUR freizustellen. Schließlich habe der Beklagte auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, die sich – unbestritten – auf 272,82 EUR beliefen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.208,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.01.2013 zu zahlen,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 272,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
ihn von 297,50 EUR freizustellen,
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen Schaden aus dem nicht ordnungsgemäß ausgeführten Reparaturauftrag zu erstatten, soweit der Schaden nicht auf Dritte übergegangen ist oder übergehen wird.
Der Beklagte und die Streithelferin beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet,
dass das Kraftfahrzeug vollständig ausgebrannt sei, und dass der Schaden durch unsachgemäß ausgeführte Schweißarbeiten verursacht worden sei. Außerdem stellt er die Höhe des Schadens in Abrede. Zur Herausgabe des Fahrzeugs an den Verwerter sei er mangels entsprechender Vollmacht nicht berechtigt gewesen, die in Rechnung gestellten Transportkosten seien übersetzt. Für die Feststellungsklage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da Leistungsklage erhoben werden könne. Im Übrigen habe der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, da er die Wiederbeschaffung des PKWs kreditfinanzieren müsse.
Die Streithelferin bestreitet, das Eigentum des Klägers sowie die Schadensursächlichkeit der Schweißarbeiten für den Schaden und ist ebenfalls der Auffassung, dass der Kläger zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges einen Kredit habe in Anspruch nehmen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Partein gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist insgesamt zulässig und zum weit überwiegenden Teil auch begründet.
Die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Da der Beklagte und die als Haftpflichtversicherer hinter ihm stehende Streithelferin den dem Kläger am 4.11.2012 in der Werkstatt des Beklagten entstandenen Schadens nicht regulieren, ist dessen Entwicklung nicht abgeschlossen, sondern schreitet, insbesondere in Bezug auf den dem Kläger zustehenden Anspruch auf Nutzungsausfall, fort. Die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage ist daher zulässig.
Die Klage ist weit überwiegend auch begründet.
Dem Kläger steht gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.828.97 EUR, der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 EUR, der Anspruch auf Freistellung von Kosten einer Leerfahrt in Höhe von 297,50 EUR sowie der daneben verfolgte Feststellungsanspruch zu.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger zur Geltendmachung der vorstehenden Ansprüche aktivlegitimiert ist. Da er das Fahrzeug am 24.11.2012 – unbestritten – in die Werkstatt des Beklagen verbracht hat, wird gemäß § 1006 Abs. 1 BGB zu seinen Gunsten vermutet, dass er als unmittelbarer Besitzer des PKW auch dessen Eigentümer ist. Bestreitet die Streitverkündete bei dieser Sachlage das Eigentum, so hat sie dies auch zu beweisen. Ein entsprechender Beweisantritt fehlt allerdings.
Aufgrund des von dem Kläger vorgelegten Brandschadengutachtens des Sachverständigen … vom 21.12.2012 steht fest, dass der PKW des Klägers bei von dem Beklagten vorgekommenen Schweißarbeiten am hinteren linken Radlauf total beschädigt worden ist, weil Motor- und Beleuchtungskabelbaum in Brand geraten sind. Die Schadensentstehung hat der Beklagte gegenüber dem Sachverständigen bei der Besichtigung des Fahrzeugs am 18.12.2012 durch diesen überdies ausdrücklich bestätigt.
Den durch den Beklagton selbst bestätigten, sorgfältig begründeten Feststellungen des Sachverständigen sind weder der Beklagte noch die Streithelferin in substantiierter und damit erheblicher Weise entgegen getreten.
Der Beklagte ist daher verpflichtet, die dem Kläger durch sein jedenfalls fahrlässiges Vorgehen entstandenen Schäden zu ersetzen. Dazu gehören, neben dem von dem Sachverständigen … in dem erwähnten Gutachten ermittelten Wiederbeschaffungswert von 1.350,00 EUR, die durch Vorlage der unbestrittenen Rechnung des Sachverständigen vom 21.12.2012 (Bl. 39 GA) belegten Sachverständigenkosten in Höhe von 385,97 EUR sowie der sich während des zur Ersatzbeschaffung von dem Sachverständigen veranschlagten Zeitraums von 14 Werktagen auf 368,00 EUR belaufende Nutzungsausfall. Die Höhe des klägerseits insoweit in Ansatz gebrachten Tagessatzes von 23,00 EUR ist unbestritten geblieben. Da der Beklagte auch die allgemeine Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 EUR zu ersetzen hat, beträgt der dem Kläger zu erstattende Schaden insgesamt 2.128,97 EUR.
Demgegenüber besteht kein Anspruch auf Übernahme von Umbaukosten in Höhe von 80,00 EUR. Worin diese bestehen und wodurch sie veranlasst worden sein sollen, hat der Kläger nicht vorgetragen, so dass ein entsprechender Schadensersatzanspruch ausscheidet.
Demgegenüber kann der Kläger von dem Beklagten gemäß §§ 823, 249 BGB auch die Erstattung der unbestritten gebliebenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 EUR sowie die Freistellung von durch die Leerfahrt des Verwerters entstandenen und von diesem mit 297,50 EUR berechneten Kosten (vgl. Bl. 19 GA) verlangen. Diese Kosten sind entstanden, weil der Beklagte die Herausgabe des Fahrzeugs an den Verwerter verweigert hat, obwohl der Kläger bei dessen erfolglosem Versuch, den PKW abzuholen, unbestritten anwesend war. Dass dem Beklagten wegen von ihm am 11.01.2013 berechneten Arbeiten ein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug des Klägers gemäß § 273 BGB zustehen könnte, ist mangels näheren Vortrags nicht nachvollziehbar. Falls diese Rechnung, die am 24.11.2012 durchgeführten Arbeiten betreffen sollte, so waren diese offenbar mangelhaft und begründen das ausgeübte Zurückbehaltungsrecht nicht.
Die – wie bereits dargelegt – zulässige Feststellungsklage ist auch begründet. Dem Kläger steht gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB gegen den Beklagten für jeden Tag, an dem er mangels entsprechender finanzieller Mittel an der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs gehindert ist, ein Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfall in Höhe von 23,00 EUR zu. Die Geltendmachung dieses Schadens ist, entgegen der Auffassung des Beklagten und der Streithelferin, nicht wegen Verstoßes gegen die dem Kläger obliegende Schadensminderungspflicht ausgeschlossen, weil dieser keinen Kredit aufgenommen hat, um ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Grundsätzlich ist ein Geschädigter weder verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen, noch gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 394 ff. m.w.N.). Eine solche Pflicht kann im Rahmen von § 254 BGB allenfalls dann und auch nur ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Geschädigte sich Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (vgl. BGH, a.a.O.). Für die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer derartigen Kreditaufnahme ist dabei primär der Schädiger darlegungspflichtlg. Er muss deshalb auch darlegen, dass der Geschädigte in der Lage gewesen wäre, eine geeignete Kreditbesicherung anzubieten oder dass diese vom Kreditgeber auch akzeptiert worden wäre. Insoweit fehlt es allerdings an jeglichem Vortrag des Beklagten und der Streithelferin zur finanziellen Situation des Klägers und zu der für diesen bestehende Möglichkeit, die Ersatzfahrzeugbeschaffung zu finanzieren.
Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 291, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 101, 709 ZPO.
Der Streitwert beträgt 5.084,47 EUR
(Antrag zu 1.: 2.200,97 EUR; Antrag zu 3.: 297,50 EUR; Antrag zu 4.: 2.576,00 EUR).
Sollte es sich bei den Umbaukosten eigentlich um Ummeldekosten handeln und ist nur falsch vorgetragen worden?
Viele Grüße
Andreas
@ Willi Wacker
Wurde das Fahrzeug in einer Referenzwerkstatt einer Versicherung bzw. in einer markenungebundenen/freien Werkstatt „repariert“?
Hallo Mr. L.,
kann ich nicht beantworten. Mir liegt nicht die Gerichtsakte vor.
Mit freundl. Grüßen
Willi Wacker