Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch in „närrischer Leichtigkeit“ hier das absolute Schrotturteil aus Stollberg als herben Kontrast zu der aktuellen BGH-Entscheidung VI ZR 225/13 bekannt. Wir warnen bereits im Vorfeld davor, derartigen Unsinn nachzumachen. Wir haben lange überlegt, ob dieses Urteil veröffentlicht werden sollte. So viel Groteske schreit jedoch förmlich nach Veröffentlichung. Angemessenheit im Schadensersatzprozess prüfen und dann die Nebenkosten streichen unter Verweis auf die Winterreifenproblematik bei den Mietwagen? Das schlägt fast alles, was bisher zum Thema Sachverständigenhonorar in den Sand gesetzt wurde. Alohol macht Birne hohl? Diese Entscheidung zeigt sehr deutlich, auf welch „unterirdischem Rechtsniveau“ sich einige Amtsrichter bewegen. Als Unterhaltungssendung im Nachmittagsprogramm gesendet bei einem Privatsender würden wir sagen: „köstlich“. Zur Narrenzeit erscheint die Veröffentlichung aber sinnvoll. Was denkt Ihr?
Viele Grüße und ein schönes närrisches Wochenende in den Regionen, in denen Karneval, Fasching oder Fasnet gefeiert wird.
Willi Wacker
Amtsgericht Aue
Zweigstelle Stollberg
Aktenzeichen: Z6 C 622/12
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG, g.v.d.d.Vorstande, Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Hans Olav Heroy, Jörn Sandig, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Aue durch
Richter am Amtsgericht …
am 18.06.2013
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 91,32 EUR festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die Parteien streiten um die Gutachterkosten. Die Haftung des Beklagten, als Vericherungsgesellschaft des geschädigten Fahrzeuges, gegenüber dem Kläger, ist unstreitig. Die Unfall bedingten Reparaturkosten wurden durch den Kläger auf 1.917,93 € Brutto beziffert. Ebenso wurde durch den Kläger ein Restwert für den unfallbeschädigten Pkw Polo Klassik, Erstzulassung 09.07.1997, auf 1.400,- € festgesetzt. Für das Gutachten wurde
Grundhonorar von 289,00 €
Fahrtkosten 1,00 €/km
1. Fotosatz 14,00 €
2. Fotosatz 25,85 €
Schreibgebühren 17,05 €
40,30 € und 13 €
Nebenkosten 18,00 €
Restwertermtttlung 15,00 €
zzgl. Mehrwertsteuer insgesamt 514,32 € geltend gemacht. Hiervon zahlte die Beklagtepartei 423,- €.
Die Klage war abzuweisen, da die Beklagte hinsichtlich der Gutachtenkosten genügend Schadenersatz gem. §§ 1, 7 Abs. 1 StVG, 823 BGB als erforderlichen Aufwand gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erbracht hat. Zu dem Grundsatz des erforderlich genannten Wirtschaftsgebot kann der Geschädigte, als Gutachtenkosten, nur den erforderlichen Betrag verlangen. Die Klägerin hat hier für genügend Schadenersatz geleistet. Ein Anspruch auf Erstattung für Fotosätze und Schreibgebühren, wie Nebenkosten für ein Gutachten bestehen nach Auffassung des Gerichts nicht. Es ist die vertragliche Hauptleistungspflicht eines Gutachters, das Gutachten zu erstellen und für den vorgegebenen Zweck erforderliche Abschriften zur Verfügung zu stellen. Daraus entstandene Kosten sind mit dem Grundhonorar abgegolten (vgl. auch LG Chemnitz AZ: 6 S 201/12 vom 29.11.2012 für einen vergleichbaren Sachverhalt, keine gesonderter Ersatz für Winterreifen bei Mietwagen).
Rechnet man diese Beträge aus der Gutachtenrechnung heraus, ergeben sich Gutachtenkosten von 378,42 €. Damit hat die Beklagtenpartei mit 423,- € genügend Schadenersatz geleistet. Dementsprechend war die Klage abzuweisen und es gibt hierfür auch keine Rechtsgrundage für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten.
Die Kostenentscheidung wurde auf § 91 ZPO, die vorläufige Vbilstreckbarkeit nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Ich nehme an, dass bei der Urteilsverkündung auch noch der Nahallamarsch gespielt wurde. Helau und Alaaf. Wenn es nicht für den Geschädigten so ernst wäre, könnte man direkt darüber lachen. In diesem Sinne „Aue helau, Richter hellblau“?
Das ist Rechtsbeugung und gehört angezeigt!
Solche Richter/innen müssen büssen für das Leid, das Sie den Rechtssuchenden antun!
Wir schreiben heute den 1. März – und nicht den 1. April!
das kann doch nur ein Aprilscherz sein, oder?
Auch insoweit sei dem Richter/der Richterin ins Stammbuch geschrieben, dass der BGH die Berechnung von Winterreifen beim Mietfahrzeug ausdrücklich zulässt! Allumfassende Ahnungslosigkeit bei den Gerichten ist ein größerer Feind des Geschädigten als das Verhalten der Versicherer,
Lass mich raten, wo der Richter sein eigenes Auto versichert hat…. Ich denke da hilft nur eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung
schlichtweg nicht mehr als traurig. Mit einem solchen Urteil kann sich auch die Beklagte nicht brüsten.
Knurrhahn
Hallo, W.W.,
„Genügend Schadenersatz“! Ja, das ist doch mal ein Begriff, den man bisher in den Entscheidungsgründen von anderen Urteilen zum Thema noch nicht gelesen hat. Verständlich, einfach und griffig. Da hatten doch bestimmt die handverlesenen Prozeßvertreter der Beklagten eine ihrer wenigen Glückstunden. Und dann wurde auch noch gerechnet, denn man muß ja dem Volk zeigen, dass man von der Sache was versteht und das mehr als andere. Aber zu glauben, dass im Namen des Volkes ein solches Urteil mehr Gewicht haben könnte, dürfte wohl einer Fehleinschätzung gleichkommen. Es ist in der Tat zu hinterfragen, bei welcher Versicherungsgesellschaft dieser Richter versichert ist? Müßte doch herauszufinden sein. So ein erspürbares Maß von Parteilichkeit kann man ja nicht mehr mit ansehen und in einer Demokratie auch nicht mehr ertragen.
Mit besten Grüßen
K.-L.H.
Das Zustandekommen eines solchen Urteils ist wohl eher der Punkt, auf den man sich konzentrieren sollte und da dürfte die Prozeßvertretung des Klägers eine wichtige Rolle spielen. Alles andere ist ein Abfallprodukt.
Florian K.
Hi, Babelfisch,
„Allumfassende Ahnungslosigkeit bei den Gerichten ist ein größerer Feind des Geschädigten als das Verhalten der Versicherer.“
Diese Deine Beobachtung kann ich bestätigen, wenn sie auch nicht zu verallgemeinern ist. Deshalb ist es so außerordentlich wichtig, gleich mit der Klagebegründung das Feld der schadenersatzrechtlichen Erörterungsmöglichkeiten abzustecken, so dass irrwitzige Repliken mit dem Antrag auf Klageabweisung erst garnicht mehr Platz greifen können.
Lemmy
Mir fehlen die Worte zu diesem Urteil!
Leider allgemeine Wirklichkeit , BGH entscheidet, untere Gerichte machen ihre Welt , so wie es ihnen gefällt.
Amtshaftung?
Siehe http://www.captain-huk.de/?s=Amtshaftung:
Verfassungsgerichtshof Sachsen rügt die 7. Zivilkammer des LG Leipzig wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs in einem Schadenersersatzprozess um Sachverständigenkosten (VGH-Sachsen Beschluss vom 26.4.2013 – Vf. 94-IV-12 -).
Dieses Urteil mit allen Kommentaren sollte der zuständige Direktor des AG einmal lesen.
Wildente
@Wildente:
Hinschicken:
Amtsgericht Aue
Direktor des Amtsgerichts Ast
Gerichtsstr. 1
08280 Aue
Immer zu!