Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch hier ein weiteres Urteil aus Frankfurt am Main zum Thema restliche Sachverständigenkosten gegen die Zurich Versicherung bekannt. Wieder einmal hatte die Zurich Versicherung die irrige Auffassung vertreten, mit den von ihr erstatteten Sachverständigenkosten hätte sie die Schadensausgleichung in erforderlicher Höhe erbracht, obwohl noch 94,30 € fehlten. Zu Recht hat das erkennende Gericht die beklagte Haftpflichtversicherung auf die bestehende Rechtslage hingewiesen, die jetzt noch durch das aktuelle Urteil des BGH VI ZR 225/13 konkretisiert wird. Nach dem aktuellen BGH-Urteil müßten die Sachverständigenkostenurteile eigentlich abebben. Man wird sehen, ob die Haftpflichtversicherer lernen. Lest aber selbst das Frankfurter Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Frankfurt am Main Verkündet – lt. Protokoll – am
Aktenzeichen: 32 C 2751/13 (22) 12.12.2013
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
Zürich Insurance plc Niederl. f. Deutschl., g.v.d.d. Hauptbev. Ralph Brand, Solmsstr. 27-37, 60486 Frankfurt
Beklagte
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO nach Schriftsatzfrist bis zum 9.12.13 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Forderungen der Kfz-Sachverständigengesellschaft … aus der Rechnung vom 16.05.2013 in Höhe von 94,30 € freizustellen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkiten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2013.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreite zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
(Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a I S. 1, 495 a ZPO verzichtet.)
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 349 I BGB, 115 VVG Freistellung von den restlichen Sächverständigkosten in der zuerkannten Höhe verlangen.
Die Regulierungspflicht der Beklagten für die im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 08.05,2013 entstandenen Schäden ist dem Grunde nach unstreitig.
Der Umfang des gemäß den eingangs genannten Bestimmungen zu ersetzenden Schadens beinhaltet gemäß §§ 249ff BGB auch die Kosten der Schadensfeststellung und damit die der Begutachtung des Fahrzeugs.
Nach § 249 II S. 2 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Nach den schadensrechtlichen Grundsätzen, wonach der Geschädigte in der Wahl der Mittel zur Schadensbeseitigung frei ist, hat der Schädiger die Kosten des Kfz-Sachverständigengutachtens selbst dann in voller Höhe zu erstatten, wenn sie überhöht sind oder das Gutachten falsch ist. Der nach dem Unfall hinzugezogene Sachverständige ist nämlich nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Vielmehr ist die sachverständige Schadensfeststellung prinzipiell Teil der vom Schädiger gemäß § 249 BGB geschuldeten Herstellung, so wie die Kosten der Ermittlung des zu erstattenden Herstellungsaufwandes Teil derselben sind. Das Risiko des Fehlbetrages der Kostenermittlung sowie das einer überhöhten Berechnung muss danach in der Regel der Schädiger tragen. Etwas anderes kommt nur bei Auswahlverschulden, fehlerhafter Information an den Gutachter oder offenkundiger Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Rechnung in Betracht.
Von einem Auswahlverschulden kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die Kosten eines Sachverständigen erst dann verlässlich bestimmen lassen, wenn die Schadenshöhe feststeht, d. h. der Sachverständige den Schaden kalkuliert hat. Dies setzt denknotwenig aber voraus, dass der Geschädigte bereits einen Gutachter beauftragt hat. Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass es bei Sachverständigen anders als bei Mietwagenkosten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten sowie an allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, so dass auch aus diesem Grund ein Preisvergleich non drm Geschädigten nicht erwartet werden kann. Es ist im vorliegenden Fall auch nicht erkennbar, aufgrund welcher konkreten Umstände der Geschädigte hätte bemerken müssen, dass die Preisgestaltung des Sachverständigen als unangemessen anzusehen ist. Hierzu wird von der Beklagten auch nichts Konkretes vorgetragen. Hinzu kommt, dass es sich bei der Beauftragung eines Gutachters nicht um eine beliebig austauschbare Leistung handelt, sondern vor allem die Qualifikation des Beauftragten und das Vertrauensverhältnis zwischen Auftrageber und Auftragnehmer eine Rolle spielen.
Soweit die Beklagte meint, dass es bei der Frage der Ersatzfähigkeit des geltend gemachten Schadens um die Frage der Erforderlichkeit in Sinne von § 249 II BGB und nicht um die Frage der Schadensminderungspflicht (§ 254 II BGB) in der Form des Auswahlverschuldens geht, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass aufgrund der oben ausgeführten Sachlage der Grundsatz des § 249 II BGB, wonach der Schädiger dem Geschädigten nur den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu ersetzen hat, aus Billigkeitsgründen zugunsten des Schädigers zu modifizieren ist. Demnach ist auch ein überhöhter Vergütungsanspruch des Sachverständigen zu ersetzen, wenn den Geschädigten kein Auswahlverschulden trifft. Der Kraftfahrzeughaftpflichversicherer des Schädigers ist dabei nicht rechtlos gestellt, denn er kann sich die Rechte des Geschädigten als Auftraggeber des Sachverständigen gemäß §§ 315 III bzw. 280, 631 I, 812 BGB analog § 255 BGB abtreten lassen und die Forderung im Wege der Aufrechnung der Honorarklage entgegensetzen.
Auch wenn man hier anderer Auffassung wäre, geht das Gericht davon aus, das nicht zu beanstanden ist, wenn der Sachverständige die Kosten seines Gutachtens in Relation zur Schadenshöhe berechnet hat, wie vorliegend nach dem Vortrag der Parteien geschehen. Denn eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars trägt dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (BGH DAR 2007, 263 – 265).
Allerdings unterliegt die Berechnung von Gutachterkosten in diesem Fall Schranken.
Denn der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 II BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig undg und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofem er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH a. a. O.).
Bei der Bewertung dessen, welche Kosten als zweckmäßig und angemessen anzusehen sind, kann insbesondere eine Schätzung auf der Grundlage von § 287 ZPO getroffen werden (BGH a. a. O.). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens erscheint wegen dss vorliegend geringen Streitwerts nicht als angemessen.
Das hiesige Landgericht erachtet eine Schätzung unter Berücksichtigung der statistischen Erhebung des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) für zulässig und sieht damit die Erhebung des BVSK als geeignete Schätzgrundlage an (LG Frankfurt am Main, Az.: 2-01 S 195/11).
Im Übrigen steht es dem Gericht im Rahmen des Ermessens nach § 287 ZPO frei, eine Liste der vorgenannten Art anzuwenden, oder einen anderen Weg zur Schadensschätzung zu wählen.
Nach dem zutreffenden Vortrag der Klägerseite in der Klageschrift liegen die geltend gemachten Sachverständigenkosten im Rahmen der Empfehlung des BVSK.
Darüber hinaus beträgt das Nettogrundhonorar des Sachverständigen gerade mal 12 % % des kalkulierten Reparaturkostenbetrages, so dass auch aus diesem Grund die von Beklagtenseite monierte Unabgemessenheit nicht erkennbar ist.
Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen überschreitelt die Berechnung des Sachverständigen die Grenzen der Erforderlichkeit daher nicht.Hinzu kommen der Aufwand für Textseiten, Bildseiten, Fotographien, Fahrtkosten und Telefon und Postgebühren, wobei sich die jeweiligen Einzelpreise nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht signifikant außerhalb der Beträge bewegen, die bei den in Rede stehenden Gutachten üblicherweise berechnet werden.
Es war daher wie erkannt zu entscheiden.
Der Anspruch auf Zahlung der weiterhin zuerkannten. Zinsen ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Entscheidung über die Nichtzulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 511 IV ZPO. Die dort genannten Voraussetzungen für die Zulassung einer Berufung liegen hier, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, nicht vor.