Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
um es gleich zu sagen: Wir haben lange überlegt, ob wir das folgende Urteil des AG Saarbrücken überhaupt veröffentlichen sollten. Nach langem Hin und Her haben wir uns entschieden, das nachfolgende Pamphlet aus Saarbrücken zum Ablachen (obwohl die närrische Zeit vorüber ist) der geneigten Leserschaft doch nicht vorzuenthalten. Wir haben das Urteil bewußt um 11.11 Uhr eingestellt. Der bereits bekannte Amtsrichter H. der 120. Zivilabteilung des AG Saarbrücken hat wieder einiges Kurioses in seinen Urteilsgründen fixiert. Manch anderem kommt das Erbrechen ob derartiger Unsinnigkeiten. Jeder weiß, dass ich grundsätzlich kein Freund der Richterschelte bin. Aber es gibt Ausnahmen. Und eine davon ist dieses Urteil. Die Ausführungen zur Reparaturbestätigung sprechen Bände. Die Erforderlichkeit einer Reparaturbestätigung richtet sich danach, ob die Versicherung diese veranlasst hat? Ob der Geschädigte im Angesicht der HIS-Datei oder für den späteren Verkauf des Fahrzeugs einen Nachweis der ordnungsgemäßen Reparatur benötigt, spielt offensichtlich keine Rolle? Aber genau das ist entscheidend.
Das Urteil aus Saarbrücken kam punktgenau zum Datum der Veröffentlichung des BGH-Urteils VI ZR 225/13 am 27.02.2014. Entweder kannte der Amtsrichter H. die frohe Botschaft aus Karlsruhe noch nicht oder der Müll wurde absichtlich abgesetzt.
So kann es einem ergehen, wenn man blind jedem Mist eines Berufungsgerichts folgt. Man kann gespannt sein, wie es im Saarland weiter geht. Für das Landgericht und gegen den BGH oder umgekehrt? Eigentlich geht es nur umgekehrt. Das LG Saarbrücken – und insbesondere die Berufungskammer – wird in Ansehung der aktuellen BGH-Rechtsprechung ihre eigene Rechtsprechung revidieren müssen und dementsprechend werden sich auch die saarländischen Amtsgerichte nicht mehr an LG Saarbrücken orientieren können. Schaun wir mal. Bitte gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
120 C 572/13 (05)
Amtsgericht Saarbrücken
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
…
Beklagte
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall, hier: Sachverständigenkosten
hat das Amtsgericht Saarbrücken ohne mündliche Verhandlung am 27.02.2014 durch den Richter am Amtsgericht … für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe restlicher 6,76 € aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 2 BGB. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 249, Rdnr. 40).
Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).
Grundsätzlich darf der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 30.05.2008, Az. 13 S 20/08 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07). Erst wenn er erkennen kann, dass der Sachverständige das Honorar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder der Geschädigte ein Auswahlverschulden zu vertreten hat oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung verschuldet oder der Honorarberechnung missachtet, mindert sich sein Erstattungsanspruch (LG Saarbrücken, a.a.O.).
Ansonsten sind auch objektiv unangemessene und überhöhte Sachverständigenkosten zu erstatten, soweit dies für den Geschädigten nicht erkennbar ist, wovon aufgrund fehlender Möglichkeiten des Preisvergleichs regelmäßig auszugehen ist. Dem Geschädigten obliegt keine Erkundigungspflicht, er muss nicht mehrere Angebote einholen. Die Berechnung des Schadens kann nicht von rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeit, also zum Beispiel einer überhöhten Honorarrechnungen des Sachverständigen abhängig gemacht werden (LG Saarbrücken, Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07).
Die Vergütung des Sachverständigen darf sich an der Schadenshöhe orientieren (LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarl. OLG, Urteil vom 22.07.2003, Az.: 3 U 438/02-46-; so nunmehr auch der BGH, Urteil vom 4.4.2006, NJW 2006, 2472; VersR 2006, 1131). Deshalb überschreitet ein Sachverständiger bei Routinegutachten den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum bei der Bemessung seines Honorars grundsätzlich nicht, wenn er dieses an der Schadenshöhe orientiert.
Das Gericht legt bei der Berechnung von Sachverständigenhonoraren das Urteil des LG Saarbrücken vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10, zugrunde. Demnach kann das Grundhonorar wie bisher entsprechend dem Honorarkorridor HB V der BVSK Honorarbefragung (hier 2011) geschätzt werden. Die Schadenshöhe beläuft sich auf 1.431,16 € und nicht wie von der Klägerin angesetzt auf 1.974,80 €.
Es ist zu berücksichtigen, dass gemäß dem vorgelegten Gutachten ein Vorteilsausgleich wegen einer Wertverbesserung berechnet wurde, der sich daraus ergibt, dass bei Durchführung der Reparatur ein Vorschaden ebenfalls beseitigt wird. Die auf den Vorschaden entfallende Wertverbesserung steht nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Schadensfall, den das Gutachten beurteilt. Schadensrechtlich erstattungsfähig sind jedoch nur die kausal verursachten Kosten des Sachverständigen, so dass der Erstattungsbetrag nur aus den Reparaturkosten abzüglich der Wertverbesserung berechnet werden kann. Da dem Geschädigten ein höherer Betrag nicht zusteht, konnte der Sachverständige durch die Abtretung des Schadensersatzanspruchs auch keinen höheren Anspruch erwerben.
Als Nebenkosten sind nur noch Fahrtkosten und Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens sowie Kosten für Porto, Versand und Telefon zu berücksichtigen.
Die Nebenkosten werden mit dem tatsächlich berechneten Betrag berücksichtigt, maximal jedoch 100,00 € netto.
Daraus ergibt sich folgende Berechnung:
Kostenart Menge und Einzelpreis Gesamtpreis
Grundhonorar bei Scha- Pauschale 304,00 €
denshöhe 1.431,16 € netto
Nebenkosten Gem. Rechnung, max. 100,00 € 100,00 €
Gesamtbetrag netto 404,00 €
19% Umsatzsteuer 76,76 €
Gesamtbetrag brutto 480,76 €
Von der Beklagten außerge- 474,00 €
richtlich gezahlt
Restbetrag zu zahlen 6,76 €
Die Kosten für die Reparaturbestätigung in Höhe von 35,70 € sind nicht erstattungsfähig. Sie sind bereits nicht von der Abtretung erfasst, da die Abtretung am 05.11.2012 erfolgte und die Rechnung für die Reparaturbestätigung am 22.04.2013 ausgestellt wurde. Darauf kommt es jedoch nicht an, da ein Anspruch auch materiell nicht besteht.
Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken durch Urteil vom 29.06.2012, Az. 13 S 150/11 an. Danach besteht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Reparaturbestätigung gemäß § 119 Abs. 3 VVG nur dann, wenn die Versicherung des Schädigers diese Bestätigung angefordert hat. Die Versicherung hat die Dispositionsbefugnis zu entscheiden, welchen Nachweis sie für die Durchführung der Reparatur verlangt.
Wenn der Geschädigte ohne eine konkrete Aufforderung eine kostenpflichtige Bestätigung der Reparatur veranlasst, verstößt er gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB. Die Kosten sind nur dann erforderlich und zweckmäßig, wenn die Versicherung einen Nachweis der durchgeführten Reparatur durch einen Sachverständigen herausfordert, wenn sie zum Beispiel die Durchführung der Reparatur bezweifelt.
Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, §§ 286, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Kein Kommentar! Da gibt es nicht mehr zu sagen.
Auch hier wieder offenbar eine Schelte zu Unrecht!
Richter H.folgt lediglich der Rechtsmeinung seiner Berufungskammer.
Was nützt es dem Kläger, wenn Richter H.von Richter F. abweicht?
Antwort:Garnichts, er verursacht nur weitere Kosten durch eine erfolgversprechende Berufung der Gegenseite!
Bevor man einen Richter kritisiert, sollte man den Sachverhalt und die Situation kennen.
Das mit dem Sachverhalt stimmt. Den sollte man wirklich kennen, bevor man Stellung bezieht.
1. Der Amtsrichter hat hier nicht den Fahrzeugschaden gemäß Gutachten als Grundlage zur „Berechnung“ des Grundhonorars nach der BVSK-Liste verwendet, sondern den gekürzten Betrag aus dem Prüfbericht. Gibt es hierzu eine entsprechende Entscheidung der Berufungskammer? Mir ist keine bekannt.
2. Ist das Urteil nicht berufungsfähig. Ein Richter mit Rückgrad hat hier durchaus die Möglichkeit, von der falschen Rechtsauslegung seiner Berufungskammer abzuweichen und die Sache rechtsdogmatisch korrekt darzustellen.
3. Dies betrifft auch den Supergau mit der Reparaturbestätigung. Die Argumentation von hinten durch die Brust ist so was von daneben.
Am Anfang der Urteilsbegründung wird die komplette Rechtsgrundlage korrekt dargestellt und danach alle selbst skizzierten Rechtsprinzipien komplett auf den Kopf gestellt.
Schlimmer geht´s nimmer!
Eine zufällige Entgleisung ist dieses Urteil jedoch nicht. Dieser Richter zeichnet u.a. auch verantwortlich für das Urteil 5 C 435/07 vom 21.06.2007, das von der Berufungskammer durch die Entscheidung 11 S 130/07 am 21.02.2008 aufgehoben wurde. Übrigens durch den selben Richter F., der dann später die 100 Euro-Grenze für die Nebenkosten erfunden hat. Der Amtsrichter hatte damals haarklein die Nebenkosten des Sachverständigen zerlegt, einschl. der Überprüfung von Schreibseiten gemäß Druckertest der Stiftung Warentest. Da gab es noch keine Entscheidung seiner Berufungskammer zu den Nebenkosten, nach der er sich hätte orientieren können oder sollen. Der Mist mit den Nebenkosten wurde damals aus freien Stücken (oder warum auch immer?) fabriziert.
Nach der Aufhebung seiner Entscheidung wurde in seiner Abteilung wieder Recht nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen gesprochen, bis zu der Nebenkostenentscheidung des Landgerichts. Danach waren die Nebenkosten dann plötzlich wieder im Visier. Da hatte wohl einer Morgenluft gewittert?
Es handelt sich auch nicht um einen unerfahrenen Richter, sondern um einen „alten Hasen“ bei der Bearbeitung von Kfz-Schadensfällen. Er ist also kein armes „Opfer“ seiner Berufungskammer, sondern meiner Meinung nach „Täter“, da er mitverantwortlich ist für den jahrelangen Krieg um die Nebenkosten.
Einfach die Hintergründe hier wieder nachlesen.
Ein Richter, der in 10 Jahren seine Rechtsmeinung 3 mal um 180° dreht, muss nicht nur Kritik hinnehmen. Den würde ich im Prozess wegen Unfähigkeit ablehnen oder als befangen erklären (lassen).
@ Ra Imhof
Sehr geehrter Herr Ra Imhof,
auch ich bin kein Freund von Richterschelten. Aber gerade im Saarland hat sich die Rechtsprechung innerhalb kürzester Zeit geändert. Erst hat Richter H. entsprechend der Ansicht der Versicherungen entschieden. Dann kam das Berufungsurteil der Kammer mit dem Vorsitzenden F. Folgerichtig änderte sich im Sinne der Rechtsprechung des LG SB auch die Rechtsprechung des Richters H. vom AG SB. Soweit so gut. Jetzt ändert die Berufungskammer des LG SB die Rechtsprechung wieder, und zwar insbesondere bei den SV-Nebenkosten. Folgerichtig deckelt auch Richter H. die Nebenkosten. Dass aber die umliegenden LGs dieser Rechtsprechung nicht folgen, ist ihm bekannt. Insoweit ist er lediglich dem Gesetz unterworfen – und in dem steht nichts von Nebenkosten in Höhe von maximal 100 Euro. Insoweit hätte er durchaus Gelegenheit gehabt, die unsinnige Deckelungsrechtsprechung des LG SB zu relativieren. Insofern darf es schon erlaubt sein, Kritik an der entsprechenden Rechtsprechung eines Richters zu äußern.
hallo olga
dann wärs ja ne Irreführung,jetzt verstehe ich auch wozu 313a da ist, damit das Volk nicht überprüfen kann ,was der Auserwählte mit mindestens 5400 Euro netto im Monat da in seinem Namen urteilt.