Mit Urteil vom 16.03.2010 (264 C 352/09) hat das AG Köln die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 109,37 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in Höhe von 109,37 € begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten gemäß §§ 398 ff. BGB, 7 Abs 1, 17 StVG. § 115 VVG n F. im tenorierten Umfang.
Gegen die Rechtswirksamkeit der Abtretung des auf die Höhe der Mietwagenkosten beschränkten Schadensersatzanspruchs an die Klägerin bestehen vorliegend auch im Hinblick auf das Rechtsdienstleistungsgesetz keine Bedenken. In der Verfolgung und Durchsetzung des auf die Mietwagenkosten beschränkten Schadensersatzanspruchs aus einem Verkehrsunfall, für den der Schädiger dem Grunde nach unstreitig haftet ist eine nach § 5 Abs. 1 RDG zulässige Nebentätigkeit zum Tätigkeitsbild des Kraftfahrzeugvermieters zu sehen (vgl. Dreyer/Müller, in Dreyer/Lamm/Müller. RDG Praxiskommentar. 1. Aufl. 2009, § 5 Rn 38).
Bei Prüfung der Frage, ob es sich bei den von der Klägerin beanspruchten Mietwagenkosten um den erforderlichen Herstellungsaufwand handelt, den ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 Abs 2 S. 1 BGB dem Geschädigten nach einem Unfall zu ersetzen hat, muss der Geschädigte das aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleitete Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind als erforderlicher Aufwand daher nur diejenigen Mietwagenkosten als erforderlich anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen der Schadensbehebung den Wirtschaftlicheren zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Als geeignete und angemessene Vergleichs- und Schätzgrundlage für die Beurteilung der Erforderlichkeit der von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten sieht das Gericht für den vorliegenden Fall den Normaltarif des Schwacke-Automietpreisspiegels 2008 an, und zwar den dort aufgeführten Moduswert. Hiervon geht offensichtlich auch der Bundesgerichtshof aus, der in den Entscheidungen vom 19.4.2005 vom 11.3.2008 – VI ZR 164/07, vom 24.6.2008 und vom 14.10.2008 die Heranziehung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage nicht beanstandet (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 25.8 2009, 11 S 317/08). Zu berücksichtigen ist dabei außerdem, dass die Schadensschätzung im Rahmen von § 287 ZPO dem Tatrichter ein besonders freies Ermessen einräumt (vgl. LG Köln, Urteil vom 6.1.2009 – 29 O 97/08) wodurch auch dem Gesichtspunkt der Praktikabilität Rechnung getragen werden soll. Der Moduswert des Schwacke-Automietpreisspiegels 2008 ist als derjenige Wert definiert, der in dem genannten Postleitzahlenbezirk dem Selbstzahler am häufigsten angeboten wird und daher als taugliche Anknüpfungsgrundlage erscheint
Soweit die Beklagte auf den Mietwagen-Marktpreisspiegel des Fraunhofer Instituts verweist, der auch im vorliegenden Fall zu niedrigeren Preisen gelangt, gibt diese Erhebung nach Ansicht des Gerichts und in Kenntnis der Rechtsprechung des 6. Senats des OLG Köln (zuletzt OLG Köln, 21.8.2009, 6 U 6/09) keinen Anlass, von der Meinung abzuweichen, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel eine geeignete Schätzungsgrundlage darstellt (s. auch OLG Köln, Urteil vom 3.3.2009 – 24 U 6/08. NZV 2009, 447 ff Rn 6 ff). Die genannten Erhebungen durch das Fraunhofer Institut sind nicht aufgrund vergleichbarer Grundlagen erfolgt. Zwar werden gegen den Schwacke-Automietpreisspiegel teilweise methodische Bedenken geltend gemacht. Nach Ansicht des Gerichts können aber mindestens ebenso berechtigte Bedenken gegen die Erhebungen des Fraunhofer Mietpreisspiegels angeführt werden.
Unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreispiegels 2008 ergibt sich danach folgender erforderlicher Mietwaufwand
Die Übernahme erfolgte in Aachen (s. Bl. 6 u 7 d GA), so dass vom Normaltarif nach dem Modus des Schwacke-Automietpreisspiegels 2008 für das Postleitzahlengebiet 520 auszugehen ist. Obwohl das verunfallte Fahrzeug des Geschädigten nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten zur Fahrzeuggruppe 02 gehörte und ein Fahrzeug der Gruppe 02 angemietet wurde, sind vorliegend keine Abzüge wegen Eigenersparnis vorzunehmen, da mit dem Fahrzeug ausweislich der Mietwagenrechnung vom 11.3.2009 lediglich 45 km gefahren worden sind. Unter Berücksichtigung der vom Geschädigten angemieteten Fahrzeugklasse 02, die hier maßgeblich ist. ergibt sich also für die vorliegende Mietdauer von 2 Tagen ein erforderlicher Mietaufwand von 150 € brutto als Normaltarif (2X Tagespauschale á 75 €).
Die Klägerin verlangte für 2 Tage 170 € brutto (2 Tage á 71.43 zzgl MwSt) Der Tarif der Klägerin überschreitet daher den hier zugrundegelegten Rahmen des nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 zu schätzenden üblichen Brutto-Normaltarifs um 20 € Da der sich aus dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2008 ergebende Normaltarif grundsätzlich die Höchstgrenze darstellt, die ein Geschädigter aufgrund einer unfallbedingten Anmietung als erforderlich ersetzt verlangen kann, kann die Klägerin einen den Normaltarif übersteigenden Betrag – abzüglich der bereits vorgehenden erfolgten Zahlungen – von der Beklagten nur dann ersetzt verlangen, wenn objektiv besondere Umstände vorliegen, die mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis (sogenannter Unfallersatztarif) rechtfertigen würden. Im Rahmen dieser objektiven Schadensbetrachtung können in einer typischen Unfallsituation unfallbedingte Zusatzleistungen der Vermieter gegenüber dem Geschädigten, wie z.B. die Vorfinanzierung durch den Vermieter, zwar grundsätzlich eine Tariferhöhung rechtfertigen und bei der Schadensschätzung in Form eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif in Höhe von 20 % angemessen berücksichtigt werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 2.3.2007 – 19 U 181/06, NZV 2007. 199). Dass eine solche typische Unfallersatzsituation vorliegend gegeben war und gegenüber der Geschädigten unfallspezifische Zusatzleistungen erbracht wurden hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die Anmietung erfolgte erst knapp einen Monat nach dem Unfallereignis, so dass bereits keine besondere Eilsituation vorlag. Allein die Tatsache, dass Grund für die Anmietung ein Unfallereignis war, reicht hingegen nicht aus, um die Erforderlichkeit des über den hier genannten Schwacke-Normaltarif hinausgehenden Mietwagentarif zu rechtfertigen.
Umstände, die dafür sprechen könnten, dass der Geschädigten vorliegend ein günstigerer „Normaltarif“ nicht ohne weiteres zugänglich war, hat die Klägerin vorliegend ebenfalls nicht dargelegt, so dass sich eine Rechtfertigung der den Normaltarif übersteigenden Mietkosten vorliegend auch bei der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung nicht ergibt. Die Klägerin kann daher weder die den Normaltarif um 20 € übersteigenden Mietkosten, noch den aus der Rechnung hervorgehenden gesondert berechneten Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 25,50 € brutto (21.43 netto zzgl MwSt) ersetzt verlangen.
Hingegen musste sie sich aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 11.2.2009 nicht auf die dort genannten Tabellenpreise verweisen lassen. Der Hinweis nebst Tabelle der Beklagten in ihrem Schreiben reicht nicht aus, um als eine der Geschädigten ohne weiteres zugängliche Anmietmöglichkeit angesehen zu werden. Die Nichtanmietung zu einem in dem Schreiben angegebenen Preis begründet daher keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht der Geschädigten.
Die Klägerin kann allerdings grundsätzlich die für den Anmietzeitraum von 2 Tagen anfallenden Kosten einer Vollkaskoversicherung für das Mietfahrzeug ersetzt verlangen. Die im Rahmen der Berechnung der erforderlichen Mietwagenkosten separat anzusetzenden Kosten einer Voll- bzw. Teilkaskoversicherung sind grundsätzlich und unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug ebenfalls voll- oder teilkaskoversichert war (BGH, Urteil v. 15 2.2005 – VI ZR 74/04, NJW 2005, 1041) zu erstatten. Denn es besteht jedenfalls ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen (vgl OLG Köln, Urteil v. 2.3.2007 -19 U 181/06, NZV 2007, 199 ff. Rn 33). Die Kosten für 2 Tage Vollkasko-Versicherung eines Fahrzeugs der Klasse 2 betragen nach der Nebenkostentabelle des Schwacke Automietpreisspiegels 2008 insgesamt 40 € brutto (2 Tage á 20 €). Da die im Schwacke-Automietpreisspiegel 2008 zugrundgelegten Preise für die Voll- und Teilkaskoversicherung nur die Höchstgrenze für die erstattungsfähigen Kosten darstellen, ist entgegen der Berechnung der Klägerin nicht der Schwacke-Tarif, sondern der von der Klägerin tatsächlich in Rechnung gestellte, niedrigere Betrag von 25,99 € brutto (2 Tage á 10,82 € netto zzgl. MwSt) zugrundezulegen. Denn es ist davon auszugehen, dass dieser Betrag – trotzdem er die Obergrenze nicht erreicht – für die Klägerin kostendeckend gewesen ist. Dementsprechend kann die Klägerin von der Beklagten die Kosten für die Voll- bzw Teilkaskoversicherung nur in der Höhe ersetzt verlangen, in der sie in Rechnung gestellt worden sind.
Auch die Nebenkosten für Zustellung und Abholung sind in Höhe von 50 € brutto erstattungsfähig, da es sich bei der Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs um eine nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2008 grundsätzlich ebenfalls erstattungsfähige Zusatzleistung handelt. Ausweislich der vorgelegten Rechnung vom 11.3.2009 (Anlage zur Klageschrift) wurde diese Zusatzleistung durch Zustellung an und Abholung innerhalb des Stadtgebiets auch erbracht und mit insgesamt 52 € brutto (43.70 € netto zzgl. MwSt) in Rechnung gestellt. Da der im Schwacke-Automietpreisspiegel zugrundgelegte Betrag von 25 € brutto pro Zustellung bzw Abholung jedoch nur die Höchstgrenze für die erstattungsfähigen Zustellkosten darstellt, kann der von der Klägerin tatsächlich in Rechnung gestellte über 50 € hinausgehende Betrag nicht erstattet werden.
Hingegen kann die Klägerin nicht die Kosten für die Bereitstellung der Schnee+Matschreifen ersetzt verlangen. Diese gehören bei einem in den Wintermonaten gemieteten Fahrzeug zur ordnungsgemäßen, vertraglich geschuldeten (vgl. OLG Hamburg, 23.4.2007 – 14 U 34/07. juris) und gesetzlich vorgeschriebenen Grundausstattung eines verkehrssicheren Fahrzeugs (vgl. § 2 Abs. 3 a StVO), die der Mieter ohne Weiteres erwarten darf; es ist daher nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt hierfür gesonderte Kosten in Rechnung zu stellen (vgl. LG Essen, 13.1.2009 – 15 S 265/08, LG Bielefeld, Urteil vom 9.10 2009 – 21 S 27/09, zit. nach juris). auch wenn sie in der Nebenkostentabelle des Schwacke-Automietpreisspiegels aufgeführt sind.
Unter Berücksichtigung der vom Geschädigten angemieteten Fahrzeugklasse 2 ergibt sich danach für die vorliegende Mietdauer von 2 Tagen folgende Abrechnung:
PLZ-Gebiet 520. Gruppe 2 für 2 Tage
2 x Tagespreis á 75 € 150,00 €
2 Tage Haftungsbefreiung gemäß Rechnung 25,99 €
Zustell- und Abholkosten zu je 25 € 50,00 €
Normaltarif: 225,99 €
abzüglich Zahlung 116,62 €
Restanspruch 109,37 €
Abzüglich der seitens der Beklagten vorgerichtlich bereits gezahlten 116,62 € ergibt sich folglich der tenorierte Restbetrag in Höhe von 109,37 €.
Die zugesprochenen Zinsen sind gemäß §§280. 286 Abs. 1. 288 Abs. 1, 291, 187 analog BGB gerechtfertigt. Sie waren allerdings erst ab dem 7.7.2009 zuzusprechen, da der Beklagten selbst erst mit Schreiben vom 22. Juni 2009 eine entsprechende verzugsbegründene Frist gesetzt wurde.
Nach dem Gegenstandswert (= bis 300 €) berechnen sich auch die der Klägerin zu ersetzenden vorgerichtlich Rechtsanwaltskosten. Aufgrund einer 1,3-fachen Gebühr (32,50 €) zuzüglich 6,50 € Pauschale (RVG VV Nr 2300. 7002) kann die Klägerin daher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39 € verlangen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11. 713 ZPO
Streitwert: 178.88 €
Soweit das AG Köln.