Nach einer aktuellen (noch nicht rechtskräftigen) Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 13.03.2014 (323 S 56/13) hat der Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung das Recht zur Einholung eines „eigenen“ Sachverständigengutachtens auf Kosten des eintrittspflichtigen Kasko-Versicherers, sofern dieser sein Gutachten nicht „herausrückt“.
Meines Erachtens: Auch im Kasko-Schadenfall muss „Waffengleichheit“ zwischen Versicherer und Versicherten gewährleistet sein. „Verzichtet“ der Versicherer generell auf ein Gutachten zur Feststellung der Schadenhöhe und/oder kürzt dann den wunschgemäß eingeholten „Kostenvoranschlag“ noch mittels „Prüfbericht“ bleibt dem Versicherten nur der Gang zur unahbhängigen Schadenfeststellung. Die Kosten hierfür hat der Versicherer zu tragen.
Lehnt der Versicherer auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens eine – vollständige – Regulierung ab, handelt es sich bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Versicherungsnehmer um gebotene Aufwendungen i. S. d. § 85 Abs. 1 S. 1 VVG, so dass sich ein Kostenerstattungsanspruch aus dieser Norm ergibt. Die Berufung des Versicherers auf § 85 Abs. 2 VVG verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn die Leistungsverweigerung auf ein inhaltlich unrichtiges Gutachten gestützt und der Versicherungsnehmer daher zu einer eigenen Schadensermittlung veranlasst wurde (Hans. OLG Hamburg NJW-RR 1994, 223; Beckmann in: Berliner Kommentar zum VVG, § 66 Rn. 15; Bruck/Möiler/Johannsen, VVG 9. Aufl. 2010, § 85 Rn. 12; Römer/Langheid, VVG 4. Auflage 2014, § 85 Rn. 11; vgl. auch Pröiss/Martin, VVG 28. Aufl. 2010, § 85 Rn. 15: Ersatz als Verzugsschaden). Dies gilt entsprechend, wenn eine eigene Schadensermittlung durch den Versicherungsnehmer dadurch notwendig wird, dass er keine Einsicht in das von dem Versicherer eingeholte Gutachten erhält.
Landgericht Hamburg
Az.: 323 S 56/13
910 C 21/13
AG Hamburg-St Georg
Verkündet am 13.03.2014
Urteil
NAMEN DES VOLKES
in dem Rechtsstreit
…
Kläger und Berufungsbeklagter
gegen
…
Beklagte und Berufungsklägerin
erkennt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 23 – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht … , die Richterin am Landgericht … und den Richter am Landgericht … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2013 für Recht:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-StGeorg vom 20.06.2013 (Az,: 910 C 21/13) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst gemäß § 540 Abs, 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 20.06.2013 (Az.: 910 C 21/13) Bezug genommen.
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Einsichtnahme in ein Schadensgutachten geltend, das von der Beklagten im Zusammenhang mit einem behaupteten Kaskoversicherungsfall eingeholt wurde.
Der Kläger war Eigentümer eines bei der Beklagten vollkaskoversicherten Kraftfahrzeuges. Im Juni 2012 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass es am 23.08.2012 zu einem Aufbruch des Fahrzeuges mit Teilediebstahl und Beschädigung des Wagens gekommen sei. Die Beklagte veranlasste noch im Juni eine Besichtigung des Fahrzeuges durch einen Mitarbeiter der DEKRA Automobil GmbH sowie die Erstellung eines Schadensgutachtens. Mit Schreiben vom 27.08.2012 ließ der Kläger die Beklagte zur Aushändigung des Gutachtens und Regulierung des Schadens auffordern (Anlage K 1). Am 07.09.2012 fand eine Nachbesichtigung durch den Gutachter der DEKRA statt. Mit E-Mail vom 14.09.2012 wurde die Beklagte nochmals zur Übermittlung des Gutachtens nebst Nachtrag aufgefordert (Anlage K 2).
Mit Schreiben vom 12.10.2012 lehnte die Beklagte eine Regulierung ab, da kein reelles Schadensereignis vorliege (Anlage K 3). Die Höhe der kalkulierten Netto-Reparaturkosten wurde mit 11.687,08 € angegeben. Das Gutachten wurde jedoch nicht übermittelt.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte sei gemäß § 810 BGB oder entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, ihm Einsicht in das Schadensgutachten nebst Nachtrag zu gewähren. Die streitgegenständlichen Urkunden seien zumindest auch im Interesse des Klägers errichtet worden, da der Versicherer zur Ermittlung von Schadensursache und -höhe verpflichtet und der Versicherungsnehmer auf die Unterlagen zur Bestimmung des Umfangs seines Erstattungsanspruchs angewiesen sei.
Er hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in das Schadensgutachten der DEKRA Automotive zum Schaden am Personenkraftwagen Marke Audi TTC 2.0 R4147 M6S, Motor-Nr. BWA … , Fahrgestell-Nr. …, amtliches Kennzeichen … zu gewähren.
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in den Nachtrag der DEKRA Automotive zum Schadensgutachten der DEKRA Automotive zum Schaden am Personenkraftwagen Marke Audi TTC 2.0 R4147 M6S, Motor-Nr. BWA … , Fahrgestell-Nr. … , amtliches Kennzeichen … zu gewähren.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass eine Verpflichtung des Versicherers zur Offenlegung der Ermittlungsergebnisse nicht bestehe. Der Kläger könne zudem gegebenenfalls auf der Grundlage des mitgeteilten Schadensumfangs Zahlungsklage erheben.
Die Beklagte hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 31.05.2013 die Schadenkalkulation der DEKRA vom 29.06.2012 vorgelegt (Anlage B 1). Der übrige Gutachteninhalt ziele auf die Beweisführung zum Zwecke der Abwehr der unberechtigten Ansprüche des Klägers ab.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 20.06.2013, der Beklagten zugestellt am 24.06.2013, der Klage stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger gemäß § 810 BGB einen Anspruch auf Einsicht in das vollständige Gutachten nebst Ergänzung habe.
Die Beklagte hat mit am 18.07.2013 eingegangenem Schriftsatz gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt, welche mit am 24.09.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet worden ist, und macht geltend, dass mangels richtiger Anwendung der §§ 810 und 242 BGB materielies Recht verletzt worden sei.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,
das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St.Georg vom 20.06.2013, Geschäfts-Nr. 910 C 21/13, dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurück zuweisen.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist zudem begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einsichtnahme in das von der DEKRA Automobil GmbH erstattete Gutachten nebst Nachtrag.
a)
Ein Anspruch des Versicherungsnehmers, das von dem Versicherer eingeholte Schadensgutachten einzusehen, ergibt sich insbesondere nicht aus § 810 1. Alt. BGB (so aber LG Dortmund NJW-RR2008,1483; LG Oldenburg, Urteil vom 09.12.2011 -Az: 13 0 1604/11 -, zitiert nach juris; Gehrlein in: Bamberger/Roth, BGB Band 2, 3, Aufl. 2012, § 810 Rn. 2).
Der Versicherer wird bei der Einholung eines solches Gutachtens nicht zumindest auch im Interesse des Versicherungsnehmers tätig. Eine Urkunde ist nur dann als im Interesse einer Partei errichtet anzusehen, wenn sie nach dem Zweck ihrer Errichtung dazu bestimmt ist, dieser als Beweismittel zu dienen oder doch zumindest ihre rechtlichen Beziehungen zu fördern (BGH WM 1971, 565; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1464). Ein Versicherer, der zur Ermittlung und Überprüfung eines behaupteten Versicherungsfalls und der Schadenshöhe ein Gutachten erstellen lässt, verfolgt dabei aber ausschließlich das eigene wirtschaftliche Interesse sowie die Interessen der Versichertengemeinschaft (vgl. LG Berlin VersR 2003, 94; Buck-Heeb in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB 8, Aufl. 2013, § 810 Rn. 6; Soergel/Hadding, BGB Band 11/3, Stand: Sommer 2011, §810Rn. 6). Durch die gutachterliche Bewertung wird sichergestellt, dass der Versicherer über seine Leistungspflicht hinaus keine ungeschuldeten Versicherungsleistungen erbringt. Er verfolgt dabei ebenso wenig die Interessen des ihm als Anspruchsteller gegenübertretenden Versicherungsnehmers, wie umgekehrt der Versicherungsnehmer bei Einholung eines eigenen Gutachtens die Wahrung der Interessen des Versicherers bezweckt (Armbrüster VersR 2013, 944, 948).
Dass ein von dem Versicherer beauftragtes Gutachten bei entsprechenden Feststellungen die Rechtsposition des Versicherungsnehmers zu stützen vermag, genügt für ein gesetzliches Einsichtsrecht gerade nicht, weil dann lediglich der Gutachteninhalt den Interessen des Versicherungsnehmers dient, ohne dass dies zum Zeitpunkt des Gutachtenauftrags dessen Zweck war.
Eine Verpflichtung des Versicherers, auch im Interesse des Versicherungsnehmers zur Schadensfeststellung ein Gutachten in Auftrag zu geben, ergibt sich auch nicht aus § 85 Abs. 2 VVG.
Dass diese Regelung eine Erstattungspflicht des Versicherers für Sachverständigenkosten des Versicherungsnehmers grundsätzlich ausschließt, beruht darauf, dass der Versicherer die Einstandspflicht ohnehin – aber eben gerade ausschließlich im Eigeninteresse und im Interesse der pflichtgemäßen Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer – prüfen muss und dies für die Regulierungsverhandlungen in der Regel ausreichend ist (BGHZ 83, 169; Römer/Langheid, VVG 4. Auflage 2014, § 85 Rn. 6). Es besteht in diesen Fällen keine Notwendigkeit dafür, dass der Versicherungsnehmer zusätzlich ein eigenes Gutachten erstellen lässt und dadurch noch weitere Kosten auslöst, so dass ein solcher Kostenerstattungsanspruch mangels Gebotenheit der Aufwendungen konsequenterweise ausgeschlossen wird.
Aus dem Umstand, dass der Versicherer keine Kosten für ein zusätzlich durch den Versicherungsnehmer beauftragtes Gutachten erstatten muss, wenn dies – entsprechend dem vorgenannten Gesetzeszweck – für die Regulierung nicht notwendig war, ergibt sich jedoch keine Pflicht des Versicherers, den Schaden für den Versicherungsnehmer zu ermitteln. Vielmehr dient die Regelung in § 85 Abs. 2 VVG in Konkretisierung des bereits in § 85 Abs. 1 S. 1 VVG genannten Kriteriums der Gebotenheit – ausschließlich dem Interesse des Versicherers, keine überflüssigen Kosten erstatten zu müssen, die der Versicherungsnehmer bei der Schadensermittlung selbst ausgelöst hat.
b)
Ein Recht auf Einsichtnahme ergibt sich auch nicht als Nebenanspruch aus dem Versicherungsvertrag i. V. m. § 242 BGB.
Aus den Grundsätzen von Treu und Glauben kann sich eine Auskunftspflicht ergeben, wenn zwischen zwei Parteien ein besondere rechtliche Beziehung besteht, in deren Rahmen der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Verfolgung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen und der Verpflichtete die erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (BGHZ 95, 274; OLG Frankfurt am Main VersR 1992, 224).
Diese Voraussetzungen sind bei der Einholung eines Schadensgutachtens durch den Versicherer in aller Regel aber nicht erfüllt, weil es dem darlegung- und beweisbelasteten Versicherungsnehmer selbst obliegt, sich die für die Geltendmachung eines Anspruches aus dem Versicherungsvertrag erforderlichen Informationen zu verschaffen, und ihm dies grundsätzlich auch möglich und zumutbar ist (LG Berlin VersR 2003, 94).
Insbesondere ist der Versicherungsnehmer nicht mit Blick auf die Regelung des § 85 Abs. 2 VVG und den Grundsatz der Waffengleichheit auf die Schadensermittlung durch den Versicherer und die Einsichtnahme ist das zu diesem Zweck eingeholte Gutachten angewiesen (so aber OLG Saarbrücken VersR 1997, 750; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2005 – Az.: 12 W 32/05 -, zitiert nach juris; Armbrüster VersR 2013, 944, 948).
Aus dem oben bereits genannten Normzweck, überflüssige Schadensermittlungskosten zu vermeiden, ergibt sich nicht, dass es bei einer – vollständigen oder teilweisen – Regulierungsverweigerung des Versicherers nicht dem Versicherungsnehmer obliegt, selbst ein Gutachten in Auftrag zu geben, um die für ihn günstigen Tatsachen darlegen zu können.
Die Kostenregelung in § 85 Abs. 2 VVG bezieht sich auf den Normalfall, in dem eine abschließende Regulierung auf der Grundlage eines durch den Versicherer eingeholten Schadensermittlungsgutachtens möglich ist und eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers daher nicht geboten sind. Der Regelungsgehalt der Norm erstreckt sich hingegen gar nicht auf die Konstellation, in der es zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages zu einem Streit über das Bestehen und den Umfang eines Versicherungsanspruchs kommt und das Gutachten durch den Versicherer deshalb zurückgehalten wird. Es lassen sich vor diesem Hintergrund aus der Wertung der Norm keine Rückschlüsse auf die Rechte und Pflichten der Parteien bei einer Regulierungsverweigerung ziehen. Vielmehr bleibt es in dieser Situation bei der gesetzlichen und vertraglichen Verteilung der Darlegungslast, die hinsichtlich der Schadenshöhe bei dem Versicherungsnehmer liegt (LG Berlin VersR 2003, 94). Die dafür erforderlichen Informationen kann sich der Versicherungsnehmer durch die eigene Einholung eines Gutachtens auch ohne Mitwirkung des Versicherers selbst verschaffen.
Insbesondere ergeben sich daraus für den Versicherungsnehmer auch keine Nachteile, die eine Verweigerung der Einsichtnahme durch den Versicherer treuwidrig erscheinen lassen könnten.
Da § 85 Abs. 2 VVG seinem Sinn und Zweck nach lediglich eine Konkretisierung der Gebotenheit i. S. d. § 85 Abs. 1 VVG darstellt, schließt die Norm eine Kostenerstattungspflicht des Versicherers für den Fall nicht aus, in dem die Beauftragung eines Schadensermittlungsgutachtens durch den Versicherungsnehmer notwendig ist.
Lehnt der Versicherer auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens eine – vollständige – Regulierung ab, handelt es sich bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Versicherungsnehmer um gebotene Aufwendungen i. S. d. § 85 Abs. 1 S. 1 VVG, so dass sich ein Kostenerstattungsanspruch aus dieser Norm ergibt. Die Berufung des Versicherers auf § 85 Abs. 2 VVG verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn die Leistungsverweigerung auf ein inhaltlich unrichtiges Gutachten gestützt und der Versicherungsnehmer daher zu einer eigenen Schadensermittlung veranlasst wurde (Hans. OLG Hamburg NJW-RR 1994, 223; Beckmann in: Berliner Kommentar zum VVG, § 66 Rn. 15; Bruck/Möiler/Johannsen, VVG 9. Aufl. 2010, § 85 Rn. 12; Römer/Langheid, VVG 4. Auflage 2014, § 85 Rn. 11; vgl. auch Pröiss/Martin, VVG 28. Aufl. 2010, § 85 Rn. 15: Ersatz als Verzugsschaden). Dies gilt entsprechend, wenn eine eigene Schadensermittlung durch den Versicherungsnehmer dadurch notwendig wird, dass er keine Einsicht in das von dem Versicherer eingeholte Gutachten erhält.
Da nach einer Regulierungsverweigerung oftmals die Erforderlichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung des Versicherungsanspruchs bereits konkret absehbar sein wird, dürfte in vielen Fällen die Einholung eines Privatgutachtens auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO – mit der Folge eines entsprechenden Kostenerstattungsanspruchs – notwendig sein, da der Versicherungsnehmer ohne sachverständige Hilfe nicht zu einem sachgerechten Vortrag zur Schadenshöhe in der Lage ist (vgl. BGHZ 153, 235).
Soweit aber die Vorschrift des § 85 Abs. 2 VVG im Falle der Ablehnung einer Regulierung nicht anwendbar ist, kann ihr Regelungsgehalt in dieser Situation auch nicht zur Begründung von Ansprüchen des Versicherungsnehmers herangezogen werden.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob der Versicherungsnehmer ein Recht auf Einsicht in ein vom dem Versicherer eingeholtes Schadensermittlungsgutachten hat, ist für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle relevant. Zudem findet sich dazu abweichende Rechtsprechung der Instanzgerichte, nicht aber eine höchstrichterliche Entscheidung.
Warum wohl will der Versicherer das von ihm beauftragte Gutachten nicht offenbaren und gibt seinen Sachverständigen strikte Anweisungen zum Verteiler? Damit auch ja nichts nachgeprüft werden kann. Dann würde wohl in jedem 2. Gutachten in Richtung Totalschaden klar erkennbar werden, wie der Totalschaden künstlich „herbeigerechnet“ wurde. WBW nach unten drücken bis hin zum falschen Untertyp, dem „Übersehen“ von Ausstattungen und weiter den Schaden nach oben treiben mit Einsatz aller sonst verpönten ET-Zuschläge, Verbringungskosten, Stundensätzen der Fachwerkstatt usw. Die Abrechnung nach Totalschaden unter Ausnutzung hoher Restwertbörsenangebote spart der Versicherung viel Geld an Stelle der Bezahlung der Reparatur. Die evtl. mitlesenden SV von DEKRA, SSH, ControlExpert usw. sollten jetzt einen roten Kopf bekommen….besonders die öffentlich bestellten und vereidigten…
Nur war da nicht noch etwas mit einem Sachverständigenverfahren nach AKB? Also selbst wenn der Versicherungsnehmer Zweifel hat und ein eigenes Gutachten erstellen lässt, dann kommt es gemäß AKB zu diesem Sachverständigenverfahren. Der Gang vor Gericht bleibt dem VN zunächst verwehrt, oder liege ich da falsch?
Hallo Virus,
das Argument der Waffengleichheit kann nicht gleichermaßen für Kasko- und Haftpflichtschaden gelten. In beiden Schadensfällen gelten unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Im Kaskofall geht es um das Verhältnis Versicherter zum Versicherer. Im Haftpflichtschadensfall um das Verhältnis Geschädigter zum Schädiger. Beides ist nicht vergleichbar. Einerseits vertragliche Ansprüche aus dem Versicherungsvetrag und andererseits Ansprüche aus unerlaubter Handlung gem. §§ 823 ff., 249ff BGB.
Einsicht in Gutachten gebietet Waffengleichheit
Das Amtsgericht Singen hat mit Urteil vom 8. Juni 2012 (Az. 3 C 15/12) entschieden, dass ein Sachversicherer aus Gründen der Waffengleichheit grundsätzlich einem Versicherungsnehmer Einsicht in ein zur Schadenermittlung eingeholtes Sachverständigen-Gutachten gewähren muss. Dies gilt vor allem, wenn die Eintrittspflicht des Versicherers streitig ist, und dieser den Versicherungsnehmer ausdrücklich auf seine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit hingewiesen hat.
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Quelle: 7×7 finanz.de