Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
wieder war es die HUK-COBURG, die meinte, auch nach dem BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -, die Sachverständigenkosten nicht vollständig ersetzen zu müssen. Immerhin hat die HUK-COBURG damit nicht dem Gebot des vollständigen Schadensausgleichs im Sinne des § 249 II 1 BGB entsprochen. Schadensersatz bleibt Schadensersatz, auch wenn die Schadensersatzforderung abgetreten wird. Zum wiederholten Male musste der HUK-COBURG durch das erkennende Gericht ins Versicherungsbuch geschrieben werden, dass das Bestreiten der wirksamen Abtretung im Prozess rechtsmissbräuchlich ist und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt, wenn vorgerichtlich bereits aufgrund der Abtretung gezahlt wurde. Offenbar wollen die Verantwortlichen bei der HUK-COBURG dies nicht lernen. Aufgrund der berechtigten Klage des Sachverständigen aus abgetretenem Recht musste die zuständige Amtsrichterin des AG Halle an der Saale über die von der HUK-COBURG rechtswidrig gekürzten restlichen Sachverständigenkosten entscheiden. Die beklagte HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands wurde antragsgemäß verurteilt. Leider gebraucht die Amtsrichterin das Wort „Sachverständigengebühren“, so wie es auch in den Schriftsätzen der HUK-COBURG immer wieder vorkommt. Es muss daher noch einmal betont werden, dass der Sachverständige keine Gebühren berechnet. Gemeint sind daher im Urteilstext „Sachverständigenkosten“. Lest selbst das Urteil. Bis auf den Verweis auf BVSK handelt es sich meiner Meinung nach um eine korrekte Entscheidung. Gebt bitte Eure Meinungen bekannt.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Verkündet am: 30.04.2014
Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.:
94 C 3367/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., vertr. d.d.Vorstand, d.vertr.d.d. Sprecher Dr. W. Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 13.03.2014 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 107,06 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 107,06 € seit dem 31.01.2011 sowie 12,00 € Mahngebühren zu zahlen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Amtsgericht Halle (Saale)
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Erstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte gemäß den §§ 398 S. 1 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz von weiteren 107,06 € Sachverständigengebühren (gemeint sind: Sachverständigenkosten, Anm. des Autors!).
Die Abtretungserklärung vom 20.11.2013 (Bl. 90 der Akten) genügt den von dem BGH geforderten Bestimmtheitserfordernis (vergleiche BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az. VI ZR 260/10), da insoweit die abgetretenen Schadensersatzansprüche auf Ersatz der fälligen Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer aus dem bestimmten Unfallereignis begrenzt werden. Hierdurch ist hinreichend erkennbar, welche Forderung aus dem Verkehrsunfall von der Abtretung erfasst sein soll, nämlich nur die Zahlung des Sachverständigenhonorars, Diese Abtretungserklärung ging auch am 23.12.2013 (vergleiche Bl. 88 der Akten) bei Gericht ein, so dass der Einwand der Verjährung nicht greift.
Zunächst ist festzustellen, dass der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen durfte, und von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2013, Az. VI ZR 471/12). Als erforderlich sind danach diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (vergleiche BGH am oben genannten Ort). Soweit der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des §§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Jedoch verlangt das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung nicht vom Geschädigten, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vergleiche BGH, Urteil vom 05.10.1991, VI ZR 314/90). Im Letzteren Fall wird der Geschädigte nicht selten Verzicht üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen, die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von Abs. 2 S. 1 des § 249 BGB nicht vergessen werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zugute kommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand der Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten, sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Daher darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.
Ein Indiz für die erforderlichen Kosten im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bildet die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß §249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2013, Az. VI ZR 471/12).
Diese Grundsätze sind auch bei der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO zu Grunde zu legen. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Insoweit ist die Höhe des Grundhonorars von 364,95 € nicht zu beanstanden, dieses hält sich auch im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Grenzen. Des Weiteren sind auch die Nebenkosten welche 32,49 % des Grundhonorars ausmachen nicht zu beanstanden (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13). Es ist auch nicht überzeugend, diese pauschal auf einen bestimmten Prozentsatz des Grundhonorars zu begrenzen, da unterschiedliche hohe Nebenkosten z.B. bei im Einzelfall erforderlichen Fahrtkosten oder eventuell einen höheren Dokumentationsaufwand durch Fotos entstehen können.
Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 02.04.2014 bestreitet, dass die Abtretung durch einen wirksam Bevollmächtigten der Geschädigten … unterschrieben wurde, war dies zum einen vom Schriftsatznachlass der in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2014 gewährt wurde, nicht gedeckt, weiterhin‘ dürfte es auch ein unwirksames Bestreiten durch die Beklagte darstellen, wenn sie zunächst eine Teilzahlung auf die abgetretenen Gutachteransprüche leistet, und sich dann im Nachhinein zuletzt auf die nicht ausreichende Bevollmächtigung des abtretenden Geschädigten bezieht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 11, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Es ist kein Grund zu erkennen, gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO die Berufung zuzulassen. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Halle ist die Ermessensausübung im Rahmen des § 287 ZPO, insbesondere auch bei der Bestimmung der Gutachterkosten, nicht mit der Berufung angreifbar.