Amtsgericht Dortmund AZ: 428 C 1251/07 Verkündet am 28.08.2007
Das Unfallopfer klagte hier gegen die DEVK Allgemeine Vers.-AG vertr. d. d. Vorstandsvors. H. in Essen.
Das AG hat für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.031,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23.01.2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 12 Dezember 2006 in Dortmund ereignet hat. An diesem Tage hatte die Tochter der Klägerin den PKW Ford Fiesta, amtl. Kennz. xxx im öffentlichen Straßenverkehr zum Parken abgestellt. Der Versicherungsnehmer der Beklagten fuhr gegen den Wagen der Klägerin und beschädigte ihn. Am 13 Dezember 2006 wurde das SV-Büro xxx aus xxx beauftragt, ein Gutachten bezüglich der Reparaturkosten zu erstatten. Der SV besichtigte am 15.12.2006, das bei der Firma xxx in Dortmund abgestellte Fahrzeug der Klägerin. Es wurden Reparaturkosten in Höhe von 3.235,51 € ohne MwSt. errechnet, wobei der SV 87,00 € pro Stunde für Karosseriearbeiten und 106,00 € pro Stunde Lackierarbeiten sowie Verbringungskosten und UPE-Aufschläge zugrunde legte.
Die Beklagte ließ von der DEKRA Automobile GmbH in Essen ebenfalls ein Reparaturgutachten erstatten. Dieses errechnete den Gesamtschaden auf 2.721,54 €, wobei für Arbeiten an der Karosserie 75,00 € pro Stunde und Lackierarbeiten 87,00 € pro Stunde zugrunde gelegt wurden. Außerdem wurden die UPE-Aufschläge und Verbringungskosten abgesetzt.
Unter Bemerkungen enthält dieses Gutachten folgenden Zusatz:
„…… folgender regionaler Fachbetrieb wurde unserer Vergleichsrechnung zugrunde gelegt: Ford xxx …..“
In der Folgezeit regulierte die Beklagte anhand des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens vom 21.12.2006. Die Klägerin begehrte Abrechnung auf fiktiver Basis, da sie das beschädigte Fahrzeug der Firma Ford xxx in Zahlung gab und ein Neufahrzeug anschaffte. Im Kaufvertrag vom 18.12.2006 wurde der Hauspreis für das neue Fahrzeug mit 9.935,00 € incl. MwSt. aufgeführt. Das beschädigte Fahrzeug wurde für 3.400,00 € in Zahlung genommen. Der Restbetrag wurde von der Klägerin sodann entrichtet.
Mit Schreiben vom 22.12.2006 forderte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte auf, die Reparaturkosten inklusive MwSt. in Höhe von 3.753,19 €, eine Wertminderung in Höhe von 450,00 €, Gutachterkosten in Höhe von 429,63 € sowie Unfallnebenkosten in Höhe von 25,00 €, insgesamt 4.657,82 € zu zahlen. Dem kam die Beklagte nicht nach. Mit Schreiben vom 05.01.2007 wurde die Beklagte erfolglos erinnert. Mit Klageschrift vom 01.02.2007 hat die Klägerin zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
a) An die Firma Ford xxx Automobile in Dortmund xxx, einen Betrag von 3.650,00 € zu zahlen,
b) An das SV-Büro xxx einen Betrag von 429,63 zur Gutachtennummer xxx zu zahlen.
c) An die Klägerin 578,19 € zu zahlen
Sämtlichst zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23.01.2007.
Mit Schreiben vom 13.02.2007 rechnete die Beklagte sodann gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ab, wobei sie Reparaturkosten nur in Höhe von 2.721,54 € berücksichtigte.
Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie dieses Schreibens Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr, unter Klagerücknahme im Übrigen, die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 1.031,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23.01.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung
Sie ist der Auffassung, es seien nur die Kosten zu erstatten, die im DEKRA-Gutachten errechnet worden seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 28.August 2007 den Zeugen xxx entsprechend Beweisbeschluss vom 24.07.2007 nichteidlich vernommen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Schadenregulierung anhand des DEKRA-Gutachtens vorzunehmen. Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die Lohnkosten im Sachverständigengutachten xxx zutreffend angesetzt wurden. Der SV hat die Kosten berücksichtigt, die die Firma Ford xxx gegenüber einem Privatkunden in Rechnung stellen würde. Allein auf diese Beträge kommt es an. Es ist nicht entscheidend, was in einer Vereinbarung zwischen der Firma Ford xxx und der Beklagten geregelt ist. Die niedrigeren Lohnkosten kommen nur dann zum Zuge, wenn die Beklagte den Auftrag der Reparatur erteilen würde. Hier ist es jedoch Sache der Klägerin, wie sie die Schadenbeseitigung durchführen lässt. Die Klägerin hat sich entschieden, den Wagen unrepariert in Zahlung zu geben und ein Neufahrzeug bei der Firma xxx zu erwerben. Sie hat dann einen Anspruch darauf, dass die fiktive Abrechnung erfolgt auf der Basis des Gutachtens xxx. Es sind die Lohnkosten und Nebenkosten anzusetzen, die sie im Falle einer Auftragserteilung an die Firma Ford xxx zu zahlen gehabt hätte. Dies wären Karosseriearbeiten für 87,00 € pro Stunde und Lackierarbeiten für 106,00 € pro Stunden. Die ermäßigten Preise spielen insofern keine Rolle, weil sie nur im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Firma Ford xxx gelten. Hier hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung des Betrages, den sie im Falle einer Auftragserteilung an die Firma Ford xxx zu zahlen gehabt hätte. Das sind 3.753,19 € und nicht 2.721,54 €. Die Beklagte hat hier auch die Mehrwertsteuer zu erstatten. Zwar ist keine Reparatur durchgeführt worden die zum Anfall von Mehrwertsteuer geführt hätte. Dennoch ist hier aufgrund des Ankaufs eines Neufahrzeuges die Zahlung von Mehrwertsteuer erforderlich gewesen. Dann muss aber auch bei der fiktiven Reparaturkostenabrechnung die Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht werden, da ein mehrwertsteuerpflichtiges Geschäft abgewickelt wurde im Zusammenhang mit der Erlangung des Ersatzes für das beschädigte Fahrzeug. Auch UPE-Aufschläge und Verbringungskosten sind bei der fiktiven Abrechnung zu berücksichtigen, da diese nach glaubhaften Bekundungen des Zeugen xxx in Rechnung gestellt worden wären, wenn die Klägerin den entsprechenden Reparaturauftrag erteilt hätte.
Nach allem ist der Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO stattzugeben.
Die Beklagte hat sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie sich mit der Schadenregulierung ab dem 23 Januar aufgrund der Zahlungsaufforderung der Klägerin in Verzug befand.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
Richterin am Amtsgericht
Fazit: Eine eindeutige Absage des Gerichtes an das Schadenmanagement der DEVK Versicherung. Eine eindeutige Absage des Gerichtes an das unkorrekt erstellte Gutachten der DEKRA.
Ein Achtungszeichen an alle Fahrzeughalter, im Schadenfall vom Recht des unabhängigen Gutachters und versierten Rechtsanwaltes unbedingt Gebrauch zu machen.
Weitere ergänzende Kommentare überlasse ich nun gern dem Fachpublikum.
Euer Virus
Ein Urteil wie es gerechter nicht sein kann.
Besonders wichtig erscheint es herauszustellen, dass bei fikitver Abrechnung nach Gutachten die Mehrwertsteuer auch dann fällig ist wenn ein Nachfolgefahrzeug angeschafft wird.
Eine Frage bleibt mir offen. Wie verhält es sich, wenn ein differenzbesteuertes §25 USTG als Nachfolgefzg angeschafft wird?
Wenn für das Ersatzfahrzeug mehr bezahlt wird, als die Reparatur inklusive USt gekostet hätte, ist die USt zu erstatten.
Danke RA Schepers
BGH Karlsruhe, Aktenzeichen: VI ZR 26/05, Urteil vom 15.11.2005
Hallo Herr Virus,
vielen Dank für das interessante Urteil des AG Dortmund. Man
sieht, daß es doch noch Richter gibt, die mit der Materie Schadensersatzrecht vertraur sind. Leider haben Sie das Aktenzeichen verstümmelt angegeben. Da bei dem AG Dortmund bekanntermaßen mehrere Zivilabteilungen existieren, ist von Ihnen noch die arabische Zahl vor dem Buchstaben C anzugeben, wenn Sie so nett wären.
MfG
RA. Wortmann
Herr Wortmann, wäre ich doch so nett gewesen, war aber jemand schneller als ich.
Die Richterin führt in ihrer Begründung aus:
„Die ermäßigten Preise spielen insofern keine Rolle, weil sie nur im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Firma Ford xxx gelten.“
Wann kommt es denn nun zum Tragen, dass die Werkstatt nur den mit der Versicherung vereinbarten Preis für ihre Leistungen in Rechnung stellen darf.
Im Haftpflichtschaden wohl doch niemals.
Bei einem Kaskoschaden doch wohl auch nicht. Und selbst wenn der Versicherungsnehmer hier sich vertraglich verpflichtet hat, in der von der Versicherung bestimmten Werkstatt seinen Schaden reparieren zu lassen, so ist doch immernoch der Eigentümer der Sache, sprich des Autos, der Auftraggeber für die Fahrzeugreparatur.
Was meinen die Rechtsexperten hierzu?
Ist es nicht vielmehr so, dass die ganzen Vereinbarungen der „Vertrauenswerkstätten“ mit bestimmten Versicherern das Papier nicht Wert sind, auf dem sie stehen.
Noch unsinniger sind daher die Kürzungsversuche bei noch unabhängigen Werkstätten, mit dem Verweis auf die Preise von versicherungsabhängigen Werkstätten.
virus
Der vereinbarte Preis kommt nur dann zum Tragen, wenn die Werkstatt tatsächlich repariert und dann mit der Versicherung abrechnet.
Als Kunde sollte man sich aber schon fragen, weshalb es einen Unterschied macht, ob ich selbst einen Schaden bezahlen muss oder die Versicherung des Schädigers…
Grüße
Andreas