AG Meldorf (Dithmarschen) verurteilt Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten mit fragwürdiger Begründung (83 C 382/13 vom 04.11.2013)

Mit Datum vom 04.11.2013 (83 C 382/13) hat das Amtsgericht Meldorf den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 59,80 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die weitergehende Klage sowie der Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen RA-Kosten und Kosten einer Halteranfrage wies das Gericht mit kaum nachvollziehbarer Begründung ab. Allerdings wurde die Berufung zugelassen; das Berufungsurteil wird kurzfristig nachgereicht. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.

Aus den Entscheidungsgründen:

Tatbestand:

Die Parteien streiten nach Verkehrsunfall, für dessen Folgen der haftpflichtversicherte Beklagte einzustehen hat, um restliche Sachverständigenkosten des Unfallgegners, der seine (vermeintlichen) Ansprüche gegen den Beklagten an den Kläger, den von ihm beauftragten Sachverständigen, abgetreten hat, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung derselben, nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten zuvor bereits am 28.12.2012 auf die Gutachterrechnung i.H.v. 510,77 € nach Zahlung von 390 € (weitere) Zahlung abgelehnt, am 14.1.2013 aber noch weitere 33 € gezahlt hat, und Ersatz der Auslagen für eine Halterauskunft des Klägers, der damit die Identität des Beklagten ausfindig gemacht hat, nachdem diese dem Zedenten des Klägers bereits bekannt war.

Der Kläger hält die von ihm aufgrund einer entsprechenden Honorarvereinbarung dem Zedenten in Rechnung gestellten Beträge für den erforderlichen Herstellungsaufwand, da der Geschädigte weder eine Marktforschung zur Ermittlung des günstigsten Sachverständigen betreiben müsse noch eine eklatante Überteuerung des Gutachtens oder offensichtliche Berechnungsfehler des Gutachters vorlägen. Auf die Schriftsätze des Klägers, die von ihm zitierte Rechtsprechung, das einen Reparaturaufwand von 1415,40 € ausweisende Gutachten vom 18.12.2012 (Anlage K7) und die Gutachterrechnung vom 18.12.2013 (Anlage K3) über 510,77 € wird verwiesen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

  1. an den Kläger 87,77 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2012 zu zahlen,
  2. den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 39 € und 5,10 € für eine Halterauskunft freizuhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Gutachterrechnung angesichts der Höhe des Sachschadens von (nur) 1415 € für überhöht, meint, die Höhe sei durch denjenigen Betrag begrenzt,der sich aus der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten durch Umfrage in 2010/2011 ermittelten Gutachterkosten begrenzt, sieht Preistreiberei beim Kläger und hält die vorgerichtliche Beauftragung der klägerischen Rechtsanwälte für mutwillig, nachdem Zahlung bereits abgelehnt war.

Auf die Schriftsätze der Beklagten samt angefügter Rechtsprechung wird verwiesen.

Das Verfahren wurde im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO entschieden, die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.10.2013. Der Kläger begehrte Zulassung der Berufung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Meldorf ist sachlich und örtlich zuständig. Die Klage ist teilweise begründet.

Die Gutachterkosten sind begründet, soweit sie „zur Herstellung“ der Vermögenslage des Zedenten aus der Zeit vor dem Unfall „erforderlich“ waren. Erforderlich ist i.d.Sinne nicht, was der Zedent mit dem Sachverständigen vereinbart hat, sondern das, was der Zedent für erforderlich hat halten dürfen, ohne zuvor Marktforschung betreiben zu müssen.

Daß der Zedent die Honorarvereinbarung, die er mit dem Kläger getroffen habe, für „erforderlich“ hat halten dürfen, erschließt sich dem Gericht nicht. Vortrag des Klägers hierzu fehlt. Vorgetragen hierzu ist lediglich, daß der Kläger nur geringfügig teurer sei als das, was die Gegenseite für (noch) erstattungsfähig halte. Andererseits ist die von der Beklagtenseite anhand einer selbst durchgeführten Befragung von Sachverständigen ebenfalls nicht verbindlich. Nach Auffassung des Gerichts ist erstattungsfähig derjenige Betrag, der ohne eine ausdrückliche Honorarvereinbarung als „übliches und angemessenes“ Entgelt vom Sachverständigen hätte verlangt werden können. Das Risiko nämlich, einen zu teuren Sachverständigen beauftragt zu haben, liegt beim Geschädigten, nicht beim Schädiger.

Um eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Unfallgeschädigten oder gar ein „Mitverschulden“ i.S.d. Verursachung zu hoher Sachverständigenkosten geht es hierbei nicht. Solches könnte möglicherweise angenommen werden, wenn der Geschädigte einen niedrigerals üblich abrechnenden, ihm ohne weitere zugänglichen und zumutbaren Sachverständigen außer acht gelassen hätte, wovon hier nicht die Rede ist.

Die „üblichen und angemessenen“ Sachverständigenkosten schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der Kosten für ein Sachverständigengutachtens, anders als von den Parteien vorgelegte Rechtsprechung von Obergerichten. Zum Maßstab hat das Amtsgericht den Mittelwert der Beträge aus den Tabellen HB V (Mittelwert) und HB IV der BVSK – Honorarbefragung aus den Jahren 2010/2011 genommen, worauf die Parteien durch Beschluß vom 30.9.2013 hingewiesen worden sind; auf den Beschluß wird Bezug genommen.

Danach errechnet sich, bezogen auf den Reparaturaufwand für das Fahrzeug des Zedenten, ein (Höchst-) Betrag für den Sachverständigen von 482,80 €, auf den insgesamt 423 € gezahlt worden sind. Der Restanspruch beläuft sich auf 59,80 €.

Die vorgerichtliche Beauftragung der klägerischen Rechtsanwälte war nach erklärter Zahlungsverweigerung sinnlos und mutwillig, die Halterauskunft nicht erforderlich.

Weiterer Zins (auf 33 € für die Zeit bis zu deren Zahlung im Januar 2013) war nicht geltend gemacht.

Die Berufung war zuzulassen zur Sicherung einheitlicher Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob und ggf. nach welcher Berechnungs – oder Schätzungsmethode Sachverständigenkosten nach Verkehrsunfall hinsichtlich ihrer Erstattungsfähigkeit begrenzt sind.

Soweit das AG Meldorf.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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