Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum beginnenden hochsommerlichen Wochenende wollen wir Euch heute noch ein positives Urteil aus dem Ruhrgebiet bekannt geben. Die Haftung der LVM-Versicherung zu einhundert Prozent war eigentlicht unbestritten. Gleichwohl leistete diese Versicherung nicht vollständigen Schadensersatz. Der Geschädigte bzw. der Kfz-Sachverständige aus abgetretenem Recht war daher gezwungen, den Schädiger persönlich in Anspruch zu nehmen. Entsprechend klagte der Kfz-Sachverständige aus abgetretenem Recht den Restschadensersatz des Geschädigten bei dem zuständigen Amtsgericht Unna ein. Da der Sachverständige auch Gerichtskosten als Vorschuss zahlte, stellte der Kläger gleichzeitig auch den Feststellungsantrag, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Gerichtskostenzinsen über § 104 ZPO hinaus ab dem Tage des Eingangs bei der Gerichtszahlstelle zu verzinsen. Die zuständige Amtsrichterin des AG Unna gab der Klage in vollem Umfang statt. Auch dieser Versicherte wird sich bei seiner Versicherung für die rechtswidrige Kürzung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten bedanken. Er wird die Nase von seiner LVM voll haben. Wir stellen fest, dass sich die Rechtsprechung nach dem BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – , auch wenn der eine oder andere Richter oder die eine oder andere Richterin noch „querschießt“, in der Summe doch zu verbessern scheint. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
16 C 686/13 Verkündet am 30.04.2014
Amtsgericht Unna
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn Sachverständigen D. F. aus B. ,
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
g e g e n
Herrn J. J. aus S. (Fahrer des bei der LVM versicherten Unfallfahrzeugs)
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. u. H. aus H.
hat das Amtsgericht Unna
im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 16.04.2014
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 108,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 06.01.2013 zzgl. 39,00 € vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2013 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vorn Eingang der eingezahiten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 398 BGB i. V. m. § 115 VVG zu.
Unstreitig haftet der Beklagte zu 100 % aus dem Unfall, der sich am xx.12.2012 auf dem Edeka Parkplatz in Unna ereignete.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Mit dem Bestreiten des Eigentums der Geschädigten K. M. ist der Beklagte gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Er hat an den Kläger auf den Anspruch der Geschädigten vorbehaltlos Zahlung geleistet ohne die Aktivlegitimation des Klägers und damit auch der Geschädigten K. M. anzuzweifeln. Mit seinem jetzigen Bestreiten setzt er sich zu seinem damaligen Verhalten in Widerspruch ohne Tatsachen vorzutragen, aufgrund welcher neuen Erkenntnisse er die Eigentümerstellung der K. M. anzweifelt. Er bestreitet die Eigentümerstellung pauschal, was ihm nach Treu und Glauben verwehrt ist.
Dem Kläger stehen die restlichen Sachverständigenkosten zu. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in seinem Urteil vom 1112.2014 –VI ZR 225/13– klargestellt, dass der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen genügt. Der BGH hat dazu ausgeführt: „Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB…. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadertsbehebung reicht grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen“. Ausweislich des Gutachterauftrages vom 04.12.2012 hat sich die Geschädigte mit der Abrechnung nach VKS Honorarumfrage 2011 einverstanden erklärt. Mit dieser Vereinbarung werden die Grenzen rechtlich zulässiger Preisgestaltung nicht überschritten. Nach den Ausführungen des BGHs reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit und Angemessenheit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Vielmehr müssen Umstände offenkundig oder vom Schädiger dargelegt werden, nach denen der Geschädigte von vorn herein erkennen konnte, dass der Sachverständige eine überhöhtes Honorar oder überhöhte Nebenkosten in Rechnung stellen würde. Das ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Geschädigte konnte nicht von vorneherein erkennen, ob die Abrechnung nach VKS Honorarumfrage 2011 überhöht sein würde, dies auch nicht nach Einsichtnahme. Es kann auch nicht verlangt werden, dass sich der Geschädigte einen Kostenvoranschlag bzw. eine genaue Aufstellung der Kosten bei Auftragserteilung vorlegen lässt. Da die Sachverständigen grundsätzlich nach der Höhe des Schadens ihr Honorar bestimmen und auch die Aufwendungen und Nebenkosten nicht vor Begutachtung des Fahrzeugs’bekannt sind, lassen sich die genauen Kosten im Vorhinein nicht berechnen.
Der Beklagte hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die auf eine Verletzung gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB von Seiten der Geschädigten schließen ließe. Es ist nicht ersichtlich, dass die Geschädigte Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Der BHG hat insoweit klargestellt, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist zu einer Recherche nach einem günstigeren Honorarangebot und dass ihm auch Ergebnisse von Umfragen bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare nicht bekannt sein müssen.
Der Beklagte ist daher verpflichtet, die unstreitig noch offenen Gutachterkosten in Höhe der Klageforderung zu zahlen.
Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten folgt aus §§ 280, 286 ff. BGB i. V. m. § 13 RVG, 2300, 7200; VV RVG. Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 286 ff. BGB.
Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet. Das Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich daraus, dass die Dauer des vorliegenden Verfahrens und damit auch die Dauer der Zinszahlungspflicht des Beklagten nicht bekannt ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung und dient weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Frage, ob das Bestreiten der Aktivlegitimation als unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB unbeachtlich ist, kann nicht grundsätzlich, sondern muss in jedem Einzelfall nach dem gegebenen Sachverhalt entschieden werden.
Soweit das hervorragende Urteil des AG Unna. Und jetzt bitte Eure Kommentare.
Willi, wieder einmal zeigt sich, dass das persönliche Inanspruchnehmen des Schädigers zum Erfolg führt. Gleichzeitig zeigt es auch dem Versicherten, wie schlecht seine Versiicherung, hier die LVM in Münster, reguliert. Wenn nur jeder Versicherte anschließend seine Versicherung kündigt, dann ist schon mal einiges gewonnen. Hinsichtlich der rechtswidrigen Schadensersatzleistungen hat das auf jeden Fall auch erzieherischen Wert.
Vielleicht erklärt der juristisch vorgebildete Vorstand der LVM dem Chef der Schadenabteilung einmal etwas näher das BGH-Urteil aus Februar 2014, das Urteil des Saarländischen OLG gegen das favorisierte Urteil des LG Saarbrücken, das Berufungsurteil des LG Paderborn, das Urteil des AG Unna und die Bedeutung des § 249 BGB, was die Verpflichtung zur korrekter Unfallschadenregulierung angeht. Ja, und wenn das alles dann noch nicht fruchtet, empfehle ich Freistellung zur Abwehr weiterer Konzernschädigung und zum Schutz der Belange aller LVM-Agenturen.
In diesem Fall ist die Empfehlung ausnahmsweise einmal kostenlos.
Ein schönes Wochenende
WAS ICH NOCH SAGEN WOLLTE..
BaFin-Beschwerde bei jedem einzelnen Kürzungsfall.
Dann Beschwerdestatistik veröffentlichen.
VN verklagen.
Vorstände sind meisstens gnadenlos beratungsresistent,Schadenschefs ebenso.
Wieso kann ich eigentlich meine Karre nicht bei der AIG versichern?
Braucht es dazu erst das Freihandelsabkommen?