Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein korrektes Urteil aus Cuxhaven zum Restwert und zu den Gerichskostenzinsen gegen die DA Versicherung bekannt. Die DA-Versicherung stützt sich auf einen Beschluss des OLG Köln, der nur eine kurze Haltbarkeitsdauer hatte und bereits nicht mehr zu beachtende Rechtsprechung ist. Der Hinweis auf OLG Köln war ein netter Versuch der Deutschen Allgemeinen Ver(un)sicherung – aber leider gründlich misslungen. Im Übrigen ist der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Gutachter nicht dessen Erfüllungsgehilfe, sondern vielmehr Erfülungsgehilfe des Schädigers. Vermeintlich falsche Gutachten muss sich daher der Schädiger anrechnen lassen. Mit Sicherheit wird die DA-Versicherung in Zukunft nicht dieses korrekte Urteil des AG Cuxhaven, sondern wieder die „Schrottentscheidung“ des OLG Köln zitieren. Völlig korrekt hat das AG Cuxhaven auch die Gerichtskostenzinsen zugesprochen. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Cuxhaven
5 C 144/14
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
DA-Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertr. durch den Vorstand, Oberstedter Str. 14, 61440 Oberursel
Beklagte
hat das Amtsgericht Cuxhaven durch den Richter … nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 495 a ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 12. Juni 2014 ohne mündliche Verhandlung am 23. Juni 2014 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 451,86€ nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. April 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 463,96 € festgesetzt.
Tatbestand
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen).
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist auch in der Sache größtenteils begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 451,86 € zu. Hinsichtlich der weitergeltend gemachten 12,10 € war die Klage hingegen abzuweisen.
Vorliegend macht der Kläger hinsichtlich der Beschädigung seines Kraftfahrzeuges gegenüber der Geschädigten einen Schadensersatz in Form der Naturalrestitution geltend, in dem er eine Ersatzbeschaffung durchgeführt hatte und hinsichtlich der Berechnung von dem Wiederbeschaffungswert in Höhe von 8.725,00 € abzüglich des durch klägerischen Privatgutachtens ermittelten Restwertes von 1.600,00 € ausging, so dass der Kläger den Gesamtschaden auf 7.125,00 € bezifferte; von diesem Betrag beglich die Beklagte jedoch nur einen Betrag in Höhe von 6.673,14 €.
Im Streit steht zwischen den Parteien nicht die Art der Schadensberechnung, sondern vielmehr die Frage, nach welchen Kriterien der den Wiederbeschaffungsaufwand verringernde Restwert des Unfallfahrzeugs zu bemessen sei.
Dabei geht das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGH VI ZR 181/92, zitiert nach JURIS) und in Übereinstimmung mit Teilen der oberen Rechtsprechung (OLG Koblenz, 12 U 1059/10, zitiert nach JURIS) entgegen der Ansicht der Beklagten davon aus, dass der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit dadurch genügt, dass er zur Grundlage der Schadensberechnung den Restwert einbezieht, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen, regionalen Markt im Rahmen eines vor-prozessualen Gutachtens ermittelt hat. Voraussetzung für die Verwertbarkeit eines solchen Privatgutachtens für die Ermittlung des Restwertes ist, dass dieses Gutachten als Schätzgrundlage auf mindestens 3 Restwertangebote des allgemeinen, regionalen Marktes zurückgreift. Diesen Voraussetzungen genügt das von dem Kläger vorgelegte Gutachten.
Der Kläger hat weiterhin entgegen der Ansicht der Beklagten und der von dieser zitierten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, in dem er eine Verwertung des beschädigten PKW an die Firma Autohaus … durchführte, bevor er der Beklagten Gelegenheit zur inhaltlichen Prüfung des Gutachtens und zur Vorlage eines (höheren) Restwertangebotes gab.
Ob dem Kläger ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorzuwerfen ist, bestimmt sich nach den Grundsätzen des § 254 Abs. 1 BGB und damit insbesondere nach der Frage, ob dem Kläger ein Verschulden bei der Ermittlung des Restwertes vorzuwerfen ist. Ein solches Verschulden ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Unbestritten hat der Kläger sich bei der Ermittlung des Restwertes und der nachfolgenden Verwertung durch Veräußerung des beschädigten PKW auf den sachverständig ermittelten Restwert von 1.600,00 verlassen. Dies ist dem Kläger nicht vorzuwerfen.
Das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen bildet in aller Regel eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwertes, so dass der geschädigte Kläger den so ermittelten Restwertbetrag grundsätzlich seiner Schadensberechnung zugrunde legen darf (vgl. OLG Koblenz A.A.O.). Etwas anderes würde nur gelten, wenn dem Kläger bereits bei Auswahl des Sachverständigen ein Verschulden vorzuwerfen wäre oder für den Kläger aus sonstigen Gründen gegenüber dem Gutachten Anlass zum Misstrauen bestehen würde (BGH A.A.O.).
Dieses wird von der Beklagten jedoch nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar. Es war für den Kläger bei Veräußerung des streitgegenständlichen PKW auf Grundlage des durch Gutachten ermittelten Restwertes auch nicht zu erwarten, dass die Beklagte im Rahmen einer Nachprüfung zu einem wesentlich anderen und insbesondere „richtigeren“ Restwertes gelangen würde (vgl. BGH A.A.O.).
Eine generelle, fallunabhängige Pflicht des Geschädigten, das von ihm eingeholte Restwertgutachten der gegnerischen Versicherung zur Überprüfung vorzulegen, dieser eine Frist zur Ermittlung eines abweichenden Restwertes zu gewähren und damit eine zeitliche Verzögerung und einen evtl. Streit über die Höhe des Restwertes in Kauf zu nehmen, trifft den Geschädigten nicht und kann von diesem unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht jedenfalls nur dann verlangt werden, wenn aus Sicht des Geschädigten konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der durch Privatgutachten ermittelte Restwert fehlerhaft sein könnte. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte, unsachgemäße Ermittlung des Restwertes lagen dem Kläger aber bei Entgegennahme des Gutachtens und Verwertung des Fahrzeuges jedoch wie bereits dargelegt nicht vor, so dass für diesen auch im vorliegenden Fall keine Pflicht bestand, das Gutachten der Beklagten zur nochmaligen Überprüfung vorzulegen.
Nach alledem ist dem Kläger ein Mitverschulden bei Entstehung des geltend gemachten Schadens nicht vorzuwerfen, so dass der Kläger richtigerweise von einem Gesamtschaden von 7.125,00 € ausging, den die Beklagte nur in Höhe von 6.673,14 € reguliert hat. Dem Kläger steht folglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenz in Höhe von 451,86 € zu. Hinsichtlich der weitergeltend gemachten 12,10 € war die Klage hingegen zurückzuweisen.
Gemäß den §§ 291, 288 BGB steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Zahlung der Prozesskostenzinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. April 2014 auf einen Betrag von 451,86 € zu.
II.
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.