Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenbeginn geben wir Euch hier ein prima Urteil aus München zu den restlichen Sachverständigengenkosten gegen die HUK-Coburg bekannt. Die vom Amtsgericht München gefundene Urteilsbegründung ist ähnlich der Begründung, wie sie der VI. Zivilsenat des BGH zur Entscheidung vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – gefunden hat. Und dabei war im Zeitpunkt der Entscheidung des AG München das BGH-Urteil noch nicht bekannt. Was zeigt uns das: Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hatten bereits im Jahre 2013 folgerichtig argumentiert. Dementsprechend hatte auch die Münchner Amtsrichterin B. schadensersatzrechtlich richtig entschieden. Darüber hinaus zeigt es, dass die Kfz-Haftpflichtversicherer schon länger rechtwidrig regulieren und nicht bereit sind, ihr rechtwidriges Tun zu ändern. Deshalb kann das Verhalten der Versicherer nur dadurch geändert werden, indem die Schadensverursacher persönlich für die nicht regulierten Schadensersatzansprüche in Anspruch genommen werden. So erfahren sie von dem rechtwidrigen Tun ihrer Versicherer. Lest selbst das Münchner Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 332 C 28461/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
…
– Beklagte –
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht B. am 09.12.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
(abgekürzt nach§ 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 51,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 51,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 51,00 €.
Unstreitig haftet die Beklagte für die Schäden aus einem Verkehrunfall vom 14.01.2013.
Streitig war allein, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten von 51,00 € erstattungsfähig sind oder nicht, ob also insgesamt Sachverständigenkosten von 548,00 € ersetzt werden müssen (497 € wurden vorgerichtlich bezahlt).
Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB erstattet verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144; so auch Landgericht München 1, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472; so auch Landgericht München 1. Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH NJW 2007, 1450; so auch Landgericht München 1, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 6.12.1995, 70 C 514/95). Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11, ausgeführt, „dass der Geschädigte grundsätzlich nicht verpflichtet ist, einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Gegen ein ihrer Ansicht nach überhöhtes Honorar kann sich die Beklagte in einem Schadensersatzprozess gegen den Sachverständigen wehren, entweder aus dem Gutachtensvertrag (Werkvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter) oder durch Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen.“ Der Sachverständige ist auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm zugerechnet würde (vgl. z.B. OLG Naumburg, Urteil vom 20.1.2006, 4 U 49/05).
Es ist also weder Aufgabe des Geschädigten, Preisvergleiche anzustellen oder den billigsten Sachverständigen auszuwählen, noch ist es Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibilität zu durchforsten. Dies wäre nur der Fall, falls eine eventuelle Überhöhung derart evident wäre, also soweit vom Angemessenen in einem Maß abweicht, dass eine Monierung vom Geschädigten verlangt werden kann.
Der Gutachter ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten im Sinne des § 254 Abs. 2, 278 BGB, so dass die Sachverständigenkosten selbst bei überhöhter Rechnung erstattungsfähig sind, sofern der Preis nicht erheblich und offensichtlich über dem Durchschnitt sämtlicher in Betracht kommender Gutachter liegt und dies für den Geschädigten erkennbar war.
Die vorliegende Rechnung ist nicht willkürlich und erscheint für den Laien nicht unangemessen überhöht.
Bezüglich der Nebenkosten ist eine Pauschalierung ebenfalls zulässig. Diese Nebenkosten können neben dem Grundhonorar geltend gemacht werden. Sie können auch einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtgutachtenskosten ausmachen, ohne dass dies gegen die Pflicht zur Schadensminderung verstößt. Es ist daher auch zulässig, dass der Geschädigte Sachverständigenkosten ersetzt verlangt, die sich aus Positionen wie Fahrt-, Foto-, Porto-/Telefonkosten etc. errechnen. Entsprechend ist in der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 auch eine isolierte Aufzählung von Nebenkosten enthalten, die regelmäßig von Sachverständigen in ihren Abrechnungen in Rechnung gestellt werden. Dies beinhaltet z.B. auch Schreibkosten, Fahrtkosten, Kosten für Lichtbilder und für Porto und Telefon. Solche Positionen sind im Rahmen der Sachverständigenkosten regelmäßig erstattungsfähig und zwar auch pauschal, unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall tatsächlich in dieser Höhe angefallen sind.
Auch in Bezug auf die Nebenkosten gilt, dass die vorliegende Rechnung hier nicht willkürlich und auch für den Laien nicht unangemessen überhöht erscheint.
Der Kläger hat daher unter Berücksichtigung der vorgerichtlich geleisteten Zahlung einen Anspruch auf Zahlung von noch 51,00 €.
Verzug bestand, von Beklagtenseite nicht bestritten, seit 06.03.2012. Der Klägerseite stehen ab Eintritt des Verzuges Zinsen zu, § 286 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf§§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung.