Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.09.2007 (30 C 1342/07-47) entschieden, dass der Kläger von der beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung verlangen kann, dass diese ihn von den Ansprüchen der Reparaturfirma gem. Reparaturrechnung vom 23.03.2007 in Höhe von 724,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2007 freizustellen hat sowie weitere außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,40 € zu zahlen hat.
Die Kosten des Rechtsstreites sind der Beklagten auferlegt worden.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Haftpflichtversicherung seines Unfallgegners auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallereignis vom 17.3.2007 auf der Heidestraße in Frankfurt am Main in Anspruch.
Bei diesem Unfall beschädigte der Versicherungsnehmer der Beklagten den klägerischen Mazda-Pkw mit amtlichem Kennzeichen F- … Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien außer Streit. Das vom Kläger eingeholte Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigen vom 23.3.2007 (Kopie Bl. 6-22 d. A.) bezifferte den Wiederbeschaffungswert steuerneutral mit 1.700,00 Euro, den Restwert inklusive Mehrwertsteuer mit 121,00 Euro und die Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer mit 2.16417 Euro, konstatierte mithin wirtschaftlichen Totalschaden. Gleichwohl ließ der Kläger sein Fahrzeug bei der Firma …GmbH fachgerecht instand setzen, wofür gemäß Rechnung vom 23.3.2007 insgesamt 2.164,78 Euro anfielen (Rechnungskopie Bl. 23 + 24 d. A.). Die Beklagte leistete vorprozessual darauf 1.440,00 Euro. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auch vom Restbetrag der Reparaturrechnung freizustellen.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, der Kläger sei verpflichtet gewesen, auf Totalschadensbasis abzurechnen. Hinsichtlich dieser Berechnungsart behauptet die Beklagte, der Restwert habe nicht bei lediglich 121,00 Euro, sondern bei 260,00 Euro gelegen, was sich aus einem von ihr vorgelegtem verbindlichen Restwertangebot ergebe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass selbst dann, wenn man dem Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten zubilligen würde, dieser Anspruch nicht fällig sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger eine Weiternutzung seines Fahrzeugs über einen Zeitraum von 6 Monaten bislang nicht nachgewiesen habe. Erst wenn dies geschehen sei, sei der Kläger berechtigt, nach der 130 %-Regelung Erstattung der Reparaturkosten zu verlangen. Dieses Erfordernis ergibt sich nach Auffassung der Beklagten aus der Entscheidung des BGH vom 23.5.2006 (NJW 2006, Seite 2179-2180). Wegen des Beklagtenvorbringens im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung vom 04.07.07 (Bl. 42-48 d. A).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klage ist begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten vollen Ausgleich der Reparaturrechnung vom 23.03.2007 verlangen, mithin Freistellung des noch offenen Restbetrages in Höhe von 724,78 Euro (§§ 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PflVersG, 249 BGB).
Nach dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigen vom 23.03.2007 liegt zwar so genannter wirtschaftlicher Totalschaden vor, da die voraussichtlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Jedoch ist der Unfallgeschädigte nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der auch das erkennende Gericht folgt, grundsätzlich berechtigt, im Falle fachgerecht durchgeführter Reparatur gleichwohl Erstattung von tatsächlich angefallenen Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes ersetzt zu verlangen. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten bei der Berechnung dieses Integritätszuschlages ein Restwert nicht in Abzug zu bringen. Der Zuschlag von 30 % ist vielmehr ohne Abzug des Restwertes nach dem vollen Wiederbeschaffungswert zu bemessen (BGH, NJW 1992, Seite 302; BGH, NJW 2003, Seite 2085). Bei dem hier ermittelten Wiederbeschaffungswert von 1.700,00 Euro liegt die 130 %-Grenze mithin bei 2.210,00 Euro. Diese ist durch die streitgegenständliche Reparaturrechnung vom 23.03.2007 eingehalten. Dass die dort abgerechnete Reparatur die streitgegenständlichen Schäden betrifft und fachgerecht durchgeführt worden ist, bestreitet selbst die Beklagte nicht. Damit kann der Kläger vollen Ausgleich bzw. Freistellung von der Rechnung vom 23.03.2007 als Schadensersatz verlangen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, zur Bewilligung des lntegritätszuschlages sei weiterhin erforderlich, dass der Kläger eine Weiterbenutzung des reparierten Fahrzeugs über einen Zeitraum von 6 Monaten nachweise, vermag dem das erkennende Gericht nicht zu folgen. Insbesondere folgt die von Beklagtenseite reklamierte weitere Anspruchsvoraussetzung auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 23.05.2006 (NJW 2006, Seite 2179). Die Entscheidung betrifft lediglich die Abrechnung auf Gutachtensbasis. Da in diesem Fall nach bereits anerkannter Rechtsprechung eine Obergrenze beim Wiederbeschaffungswert zu ziehen ist, hat der BGH nunmehr entschieden, dass von diesem der Restwert dann nicht abzuziehen ist, wenn der Geschädigte das Fahrzeug – gegebenenfalls unrepariert – mindestens noch 6 Monate nach dem Unfall weiter benutzt hat. Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass der BGH auch für den Fall der Abrechnung konkret angefallener Reparaturkosten gleichwohl diesen – weiteren – Nachweis des Integritätsinteresses fordert. Der Kläger macht insoweit zu Recht geltend, dass sich in der Tatsache der Durchführung einer fachgerechten Reparatur das klägerische Integritätsinteresse in seiner stärksten Form manifestiert. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts hat ein Unfallgeschädigter sein lntegritätsinteresse dann ausreichend belegt, wenn er das fachgerecht reparierte Fahrzeug nach der Reparatur aus der Werkstatt abholt. Eine Verpflichtung, das reparierte Fahrzeug sodann über einen gewissen Zeitraum – noch dazu 6 Monate – nicht zu veräußern, besteht nicht. Eine solche Verpflichtung lässt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch nicht der vorgenannten BGH-Entscheidung entnehmen. Die Entscheidung wollte ersichtlich lediglich eine bestehende Lücke bei den Fällen fiktiver Abrechnung schließen, nicht aber die mittlerweile standardisierte Abrechnung echter 130 %-Fälle ändern. Dementsprechend war der Klage in der Hauptsache stattzugeben.
Die Nebenforderungen sind begründet gemäß §§ 280, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 + 2 ZPO.
Wieder einmal ist entschieden worden, dass insbesondere die von der HUK-Coburg aufgestellte Behauptung, dem Unfallgeschädigten treffe die Verpflichtung, das reparierte Fahrzeug noch 6 Monate nach der Reparatur nicht zu veräußern, unrichtig ist. Eine solche Verpflichtung ist nach der zutreffenden Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt sowie auch der bereits ergangenen Urteile nicht aus der BGH-Entscheidung vom 23.05.2006 zu entnehmen.
Die Geschädigten sollten sich daher auch weiterhin nicht durch die falsche Argumentation der HUK-Coburg ins Bockshorn jagen lassen.
Recht so, Euer Willi Wacker
War es jetzt nun die HUK-Coburg ?
Wer denn sonst schon!
@ Black Shadow
Wie Willi Wacker in der Überschrift schon angeführt, handelt es sich um ein Urteil gegen die allseits bekannte HUK-Coburg.
Verzeihung!
ich vermisse immer sehr schnell den Schriftzug „HUK-Coburg“