Amtsrichter H. der 120. Zivilabteilung des AG Saarbrücken urteilt in Kenntnis des BGH und des OLG Saarbrücken im Rechtsstreit gegen die HUK-COBURG Unterstützungskasse noch zur Nebenkostendeckelung [Urteil vom 8.7.2014 -120 C 234/14 (05)-].

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

das nachfolgend veröffentlichte Urteil des Amtsrichters H. vom AG Saarbrücken war nicht gedacht, um Euch das Wochenende zu vermiesen, sondern als Beispiel dafür, wie ein „selbstherrlicher“ Amtsrichter sich bewusst über die BGH-Rechtsprechung und die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken hinwegsetzt. Obwohl der BGH mit dem Sachverständigengrundsatz-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -, das mittlerweile in allen gängigen Zeitschriften veröfentlicht ist (BGH DAR 2014,194 = DS 2014, 90 = MDR 2014, 401 = NJW 2014, 1947 = NJW Spezial 2014, 169 = NZV 2014, 255 = VersR 2014, 474), entschieden hat, dass die Nebenkostenbegrenzung gegen geltendes Recht verstößt, und das Saarländische Oberlandesgericht ähnlich entschied, kümmert sich der Amtsrichter  H. der 120. Zivilabteilung des AG Saarbrücken einen „feuchten Kehricht“ um die ober- und höchstrichterliche Rechtssprechung. Derartige Rechtsprechung nach „Gutsherrenart“ grenzt an Willkür und muss mit allen nur möglichen Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln bis hin zur Verfassungsbeschwerde bekämpft werden. Das Bundesverfassungsgericht hat am 28.7.2014 – 1 BvR 1925/13 – ein Urteil des Amtsrichters des AG Euskirchen unter anderem wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot aufgehoben. Dort ging es auch darum, dass dem Richter die einschlägige Rechtsprechung erst nach der mündlichen Verhandlung bekannt wurde. Hier wird in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung offenbar bewußt (vorsätzlich!) gegen diese entschieden. – Dann wurden auch noch die Rechte des Geschädigten dadurch verletzt, dass noch nicht einmal die Berufung zugelassen wurde. Hier dürfte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegen. Ich nehme insoweit Bezug auf die Gehörsrüge des Anwalts der HUK-COBURG gegen das Urteil des LG Darmstadt vom 25.6.2014 – 21 S 191/12 -. Wir berichteten darüber.  Wenn es nicht so ärgerlich wäre, könnte man darüber lachen. Die Redaktion hat einige Zeit überlegen müssen, ob das (lächerliche) Urteil doch veröffentlicht werden sollte oder nicht. Trotz einiger Bedenken hat sich die Redaktion zur Veröffentlichung entschieden. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Mensch, ärgert Euch nicht!

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

120 C 234/14 (05)

Amtsgericht Saarbrücken

Urteil

Im  Namen  des  Volkes

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. vertr. d. d. Vorstand, Großherzog-Friedrich-Straße 40, 66109 Saarbrücken

Beklagte

wegen Schadensersatz am Verkehrsunfall, hier, Sachverständigenkosten,
hat das Amtsgericht Saarbrücken ohne mündliche Verhandlung am 08.07.2014 durch den Richter am Amtsgericht H. für Recht erkannt:

1.   Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, den Kläger von den Forderungen der Firma … , aus der Gutachtenrechnung vom 27.01.2014 in Höhe von 86,69 € freizustellen.

2.   Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreite.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.   Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Tatbestand entfallt gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

Dia Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von den Sachverständigenkosten in Höhe restlicher 86,60 € als Schadensersatz aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 1 BGB. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 249, Rdnr. 40). Der Kläger selbst ist der durch den Unfall Geschädigte, so dass es auf eine Abtretung nicht ankommt.

Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Röcksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).

Grundsätzlich darf der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 30,05.2008, Az. 13 S 20/08 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07). Erst wenn er erkennen kann, dass der Sachverständige das Honorar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder der Geschädigte ein Auswahlverschufden zu vertreten hat oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung verschuldet oder der Honorarberechnung missachtet, mindert sich sein Erstattungsanspruch (LG Saarbrücken, a.a.O.).

Ansonsten sind auch objektiv unangemessene und überhöhte Sachverständigenkosten zu erstatten, soweit dies für den Geschädigten nicht erkennbar ist, wovon aufgrund fehlender Möglichkeiten des Preisvergletchs regelmäßig auszugehen ist. Dem Geschädigten obliegt keine Erkundigungspflicht, er muss nicht mehrere Angebote einholen. Die Berechnung des Schadens kenn nicht von rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeit, also zum Beispiel einer überhöhten Honorarrechnungen des Sachverständigen abhängig gemacht werden (LG Saarbrücken, Urteil vom 21,02.2008, Az, 11 S 130/07).

Die Vergütung des Sachverständigen darf sich an der Schadenshöhe orientieren (LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarl. OLG, Urteil vom 22.07.2003, Az.: 3 U 438/02-46-; so nunmehr auch der BGH, Urteil vom 4.4.2006, NJW 2006, 2472; VersR 2006, 1131). Deshalb überschreitet ein Sachverständiger bei Routinegutachten den ihm eingeräumten Gestaitungsspielraum bei der Bemessung seines Honorars grundsätzlich nicht, wenn er dieses an der Schadenshöhe orientiert.

Das Gericht legt bei der Berechnung von Sachverständigenhonoraren das Urteil des LG Saarbrücken vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10, zugrunde. Demnach kann das Grundhonorar wie bisher entsprechend dem Honorarkorridor HB V der BVSK Honorarbefragung (hier 2011) geschätzt werden.

Als Nebenkosten sind nur noch Fahrtkosten und Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens sowie Kosten für Porto, Versand und Telefon zu berücksichtigen.

Die Nebenkosten werden mit dem tatsächlich berechneten Betrag berücksichtigt, maximal jedoch 100,00 € netto.

Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

Kostenart                                           Menge und Einzelpreis          Gesamtpreis
Grundhonorar bei Scha-
denshöhe 1744,91 € netto                 Pauschale                              351,00 €
Nebenkosten                                      Gem. Rechnung, max.
.                                                          100,00 €                                 100,00 €
Gesamtbetrag netto                                                                          451,00 €
Umsatzsteuer                                     19%                                          85,69 €
Gesamtbetrag brutto                                                                         536,69 €
Von der Beklagten außerge-
richtlich gezahlt                                                                                  450,00 €
Restbetrag Freistellung                                                                        86,69 €

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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13 Antworten zu Amtsrichter H. der 120. Zivilabteilung des AG Saarbrücken urteilt in Kenntnis des BGH und des OLG Saarbrücken im Rechtsstreit gegen die HUK-COBURG Unterstützungskasse noch zur Nebenkostendeckelung [Urteil vom 8.7.2014 -120 C 234/14 (05)-].

  1. Werner H. sagt:

    Willi Wacker,
    ich könnte kotzen, wenn ich so einen selbstherrlichen Sche… lese.
    Und dann wird auch noch auf BVSK Bezug genommen, obwohl der BGH mit VI ZR 225/13 enschieden hat, dass der Geschädigte diesen Berufsverband nicht kennen muss.
    Nur gut,dass die Huk-Coburg doch noch unter Tragung der Kosten des Rechtstreits verurteilt wurde, so kann diese Versicherung nicht mit dem Urteil hausieren gehen.
    Wenn noch nicht verfristet, sollte Gehörsrüge gegen das Urteil erhoben werde, denn hier dürfte eindeutig das rechtliche Gehör verletzt worden sein.
    Vielleicht wird Amtsrichter H. aber auch bald in den Ruhestand versetzt?

  2. R. Richter sagt:

    So ein Urteil hat auch was Gutes
    wenn die Parteien – vollen Mutes
    einklagen wollen ihre Rechte
    denken nicht an böse Mächte,
    wenn jedoch der Richter arrogant
    verneint die Rechtsprechung provokant,
    dann hilft nur noch des Gehöres Rüge
    zur Bekämpfung der richterlichen Lüge
    oder gar das Verfassungsgericht in Karlsruhe,
    damit der Amtsrichter H. gibt endlich Ruhe.
    Wer ständig das rechtlich Gehör verletzt,
    wird schließlich in den Ruhestand versetzt.
    Und die Moral von der Geschicht,
    trau Amtsrichter H. am Besten nicht?

  3. HD-30 sagt:

    H. Ein saarländischer Richter im Stile eines Roland Freisler nur eben in Diensten der GDV?

  4. Glöckchen sagt:

    der H. braucht halt nen Igel
    Klingelingelingelts?

  5. Franz E. sagt:

    Hei Glöckchen,
    Du meinst, dass er mit dem Igel Winterschlaf halten kann.
    Am besten ist aber noch, wie Werner und Richter meinen, in den endgültigen Ruhestand versetzen.
    Richter hat es sogar in Reimform gefasst. Prima.
    Grüße
    Franz E.

  6. Willi Wacker sagt:

    Wenn ich nicht wüßte, dass der Kölner Amtsrichter Eugen Menken verstorben ist, hätte ich darauf gewettet, dass auch er diesen Blog hier mitliest und seine Meinung abgibt.
    Das Gedicht von R. Richter erinnert stark an Richter Menken, der auch schon Urteile des AG Köln in Reimform absetzte, die in der NJW veröffentlicht wurden. Bekannt ist das Brauereipferd-Urteil.
    Vielleicht schaut er von oben kopfschüttelnd auf das Treiben seines Saarbrücker Kollegen und hat dem Kommentator Richter die Hand geführt.
    Aber der Reim von Richter gefällt mir.

  7. Karle sagt:

    @Willi Wacker

    Die Urteile vom Amtsrichter Menken sind legendär. Der war schon extrem gut drauf und außerdem sehr belesen. Der gehörte zur intellektuellen Oberklasse im Richteramt. So etwas findet man heute kaum noch an deutschen Gerichten. Bei den Amtsgerichten sowieso nicht und in Saarbrücken erst recht nicht.

    Der H. müsste sich außerdem ziemlich viel hinter die Ohren schmieren, wenn er sich nur die Beiträge zur Verletzung des rechtlichen Gehörs bei CH reinzieht?
    Ich befrüchte jedoch, dass auch das nicht auf fruchtbaren Boden fallen dürfte. Vielleicht hält er ja auch entsprechende Seminare (bei den Versicheren?) gegen üppige Gage, wie sein „Kumpel“ bei der Berufungskammer?

    Maulkorb aus Gold und Edelsteinen?

  8. Hein Blöd sagt:

    haben die Anwälte in SB wirklich garkeine Eier meht in der Hose?
    wieso lässt man sich dort von jedem Amtsrichterlein geradezu alles gefallen?
    es soll ein Anwalt aus Bayern gewesen sein,der das Urteil des OLG Saarbrücken erstritten hat und dem es als Einzigem gelungen ist,die Berufungskammer am LG SB zur Revisionszulassung zu bewegen mit dem Ergebnis,dass der BGH diese Nebenkostenkürzung nach Gutsherrenart abstellen konnte.
    Erst die Gehörsrüge und im Anschluss die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Richters H. ist jetzt zu erheben!
    Und wieder wird dieser Weg – mit vorgeschobenen und fadenscheinigen Argumenten- nicht beschritten werden,das weiss ich jetzt schon.

  9. Wolfgang sagt:

    Verfassungsbeschwerden sind gut!
    Nur Wissen die HUK geneigten Amtsrichter, das das BVG Beschwerden unter. €400,00. offensichtlich nicht annimmt.
    Vier meiner Verfassungsbeschwerden gegen Urteile des AG Siegburg wurden ohne Angabe von Gründen nicht angenommen, Streitwert je. €. 80,00.

    Auch der Hinweis zur vierten Beschwerde, das sich am AG Siegburg offensichtlich eine systematische Rechtsverletzung herausbildet, hat nicht geholfen.

    Trotzdem. weitermachen

  10. Heirich Quaterkamp sagt:

    Sollte es wirklich auf die Streitwertgrenze ankommen , ob eine Eingabe angenommen wird? Von der Logik her, kann ich es nicht glauben. Unabhängig davon jedoch rein vorsorglich meine Frage: Sind alle verfügbaren Rechtsmittel gegen dieses Urteil des AG Harburg wirklich ergebnislos ausgeschöpft worden, was ja Voraussetzung für eine Annahme sein soll ? Nebenbei ist das AG-Urteil des AG Haarburg so quer, dass das Volk mit Sicherheit so etwas in seinem Namen kaum gutheißen würde.
    Eine bodenlose Ignoranz und Arroganz steht im Vordergrund.

    Heirich Quaterkamp

  11. Überrascht sagt:

    Volkswagenversicherungsdienst (Allianzkonzern ?) zahlt aktuell nur 50,- Euro netto für Nebenkosten, also was nützt das ganze Theater.

  12. Ötzi sagt:

    Hi, Überrascht,
    na, das ist doch immerhin noch die Hälfte von 100,00 €, die als angenommene „Obergrenze“ schon in die richtige Ecke gestellt wurden. Neues Spiel und vielleicht neues Glück? Es muß doch zu schaffen sein, auch der Justiz so richtig ans Bein zu pinkeln.- Geballte Marktmacht der Großkonzerne hat fast immer erreicht, was erreicht werden sollte und käufliche Mitstreiter gab es schon immer. Ein Grund mehr, eigenen Verfehlungen unter den Tisch zu kehren bzw. davon abzulenken. Der Fisch stinkt zuerst am Kopf und da gibt es viele mehrköpfige Ungeheuer, wie man jetzt langsam doch recht deutlich merkt.

    Wenn die Vorstände einiger Versicherungskonzerne heute schon wüßten, was vielleicht schon morgen von ihren Schandtaten ins Scheinwerferlicht geraten wird, hätten sie garantiert schlaflose Nächte. Man wird sehen.- Ötzi weiß schon sehr viel, wenn auch nicht alles.

    Ötzi

  13. überrascht sagt:

    achso die obergrenze ,und 50 ist dann wohl der durchschnitt zwischen den feiernden heut in hannover und der100 ?

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