Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier geben wir Euch heute ein positives Urteil des AG Heidelberg zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht bekannt. In diesem Fall war es die KRAVAG Logistic – Versicherungs AG, die meinte, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Eine Anspruchsgrundlage für die Kürzung bestand jedoch nicht, so dass die Kürzung rechtswidrig war, wie auch das Urteil des Amtsrichtrs der 27. Zivilabteilung des AG Heidelberg beweist. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
27 C 72/14
Amtsgericht Heidelberg
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
KRAVAG – Logistic-Versicherungs-AG, vertreten d. den Vorstandsvorsitzenden Dr. Norbert Rollingen, Heidenkampsweg 102, 20097 Hamburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Heidelberg durch den Richter am Amtsgericht … am 22.07.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72,29 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.02.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen der RAe … 70,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.02.2014 zu zahlen.
3. im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 72,79 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Beklagte haftet zu 100% aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 02.01.2014 in Heidelberg. Der Geschädigte beauftragte den Kläger mit der Erstellung eines Schadengutachtens. Mit der Klage werden restliche Ansprüche wegen Sachverständigengebühren (gemeint sind -kosten, wie der Amtsrichter unten auch zutreffend feststellt, Anm. des Autors!) aus abgetretenem Recht gemäß Rechnung des Klägers vom 15.01.2014 über Euro 752,97, worauf die Beklagte vorgerichtlich Euro 680,68 bezahlt hat, geltend gemacht.
Der Differenzbetrag ergibt sich zu Euro 72,29, sodass die Klage im Übrigen aus mathematischen Gründen abzuweisen war.
Der Kläger ist aktiv legitimiert.
Der Kläger hat die Abtretung durch Vorlage der Abtretungserklärung vom 14.01.2014 ausreichend nachgewiesen. Danach erfolgte die Abtretung auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des Klägers unwiderruflich erstrangig erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und die Beklagte. Der Kläger ist berechtigt den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten im eigenen Namen geltend zu machen.
Der Kläger durfte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Fahrzeug beauftragen.
Der Geschädigte hat aus § 249 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrages. Macht der Geschädigte von seinem Recht zur Schadensfeststellung einen qualifizierten Sachverständigen hinzuzuziehen Gebrauch, so kann der Geschädigte die insoweit entstandenen Kosten erstattet verlangen, sofern diese vom Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen als zweckmäßig und angemessen zur Behebung des Schadens angesehen werden können. Wenn der Geschädigte die entstehenden Kosten beeinflussen kann, dann ist er unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht gehalten, den wirtschaftlich vernünftigen Weg der Schadensbehebung im Rahmen des Zumutbaren zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten allerdings nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen. Insoweit ist Rücksicht auf die Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf gegebenenfalls für den Geschädigten bestehende Schwierigkeiten zu nehmen. Auch bei der Beauftragung eines Sachverständigen ist eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen nicht erforderlich.
Die Begutachtung war zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erforderlich und zweckmäßig.
Der Kläger genügt der Darlegungslast des Geschädigten zur Schadenshöhe vorliegend durch Vorlage der Rechnung des zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die Rechnungshöhe bildet für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages ein wesentliches Indiz.
Letztlich sind nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend; es sei denn, die tatsächlich erforderlichen Kosten liegen für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen. Solche Umstände lassen sich vorliegend nicht feststellen.
Die Reparaturkosten am Fahrzeug des Geschädigten beliefen sich auf netto Euro 3872,70. Der Kläger hat – jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer – eine Grundgebühr von Euro 520,oo sowie eine Fahrtkostenpauschale, Kosten für Lichtbilder und einen zweiten Satz, Schreibgebühren / Bürokosten und eine Porto-/Telefonpauschale und EDV-Kosten, insgesamt Euro 752,97, abgerechnet. Über die Höhe der von der Beklagten zu ersetzenden Kosten für den Sachverständigen entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung im Rahmen des § 287 ZPO. Die in Rechnung gestellten Kosten des Sachverständigen waren zumindest in der Summe auch angemessen. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, den gesamten ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu finden. Bei Sachverständigen ist ein Vergleich der anfallenden Kosten mangels allgemein gültiger einheitlicher Abrechnungsmodalitäten nicht möglich. Der Geschädigte kann daher von der Angemessenheit der Sachverständigenkosten ausgehen. Die Beklagte hat im Übrigen keine regionalen, vergleichbaren Sachverständigen benannt, welche günstiger gewesen wären.
Vollständiger Ausgleich gezahlter Aufwendungen kommt nur dann nicht in Betracht, wenn für den Geschädigten erkennbar ist, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder der Geschädigte offensichtliche Unrichtigkeiten der Honorarberechnung missachtet. Anhaltspunkte dafür sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
Auch die Abrechnung einer pauschelen Grundgebühr unter Berücksichtigung der Schadenhöhe ist zulässig und nicht zu beanstanden.
Die Gesamthöhe der Rechnung war vorliegend für den Geschädigten auch nicht erkennbar überhöht. Der Geschädigte darf dann von der Angemessenheit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen, wenn diese sich innerhalb eines gewissen Korridors bewegen. Die Beklagte hat für einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht keinen ausreichend substantiierten Vortrag gehalten.
Die Beklagte ist daher verpflichtet dem Geschädigten und somit nach Abtretung dem Kläger die Gesamtkosten gemäß Rechnung des Klägers zu erstatten. Hierauf hat die Beklagte vorgerichtlich bereits teilweise geleistet, sodass eine Verurteilung hinsichtlich weiterer Euro 72,29 zu erfolgen hat.
Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus Verzug.
Soweit die Beklagte glaubt, dass ein Anspruch des Geschädigten gegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines werkvertraglich nicht geschuldeten Honorars besteht, kann sich die Schadenersatz leistende Beklagte Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen abtreten lassen.
Der Klage war daher überwiegend stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708, 711, 713 ZPO.
Die Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Völlig korrekt hat das Gericht hier auf den Vorteilsausgleich verwiesen.
Im Übrigen fällt auf, dass im Urteil kein Zitat vorgenommen, und doch richtig entschieden wurde.
Das Ganze aber im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Prima. Mehr solcher Urteile.