Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein weiteres positives Urteil aus Halle an der Saale zu den restlichen, abgetretenen Sachverständigenkosten bekannt. Wieder war es die HUK-COBURG, die die berechneten Sachverständigenkosten kürzte. Im Prozess um den restlichen Schadensersatz in Form der restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht, bestritt die HUK 24 AG wieder alles. Ein Bestreiten ins Blaue hinein. Fällt denn dem Vorstand dieser Versicherung nichts Besseres mehr ein? Auch das Bestreiten der Schadenshöhe, insbesondere der Nebenkosten aus den Sachverständigenkostenrechnungen, war unsubstantiiert. Völlig zu Recht hat die erkennende Amtsrichterin auf das Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90 = NZV 2014, 255) verwiesen und ihre Entscheidung daran ausgerichtet. Es handelt sich daher wieder um ein perfektes Urteil aus Halle an der Saale zu restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK 24 AG. Wir sind der Meinung, dass sich die Qualität der Sachverständigenkosten-Urteile bei den Amts- und Landgerichten seit der Entscheidung des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – gebessert hat. Was denkt Ihr? Lest selbst das positive Urteil des AG Halle / Saale und gebt bitte EureKommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.: Verkündet am: 23.07.2014
102 C 3186/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
HUK24 AG, ges. vertr, d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 02.07.2014 durch Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 656,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 176,29 Euro seit dem 30,03.2010, aus 289,89 Euro seit dem 11.05.2010, aus 116,28 Euro seit dem 23.05.2010 und aus 54,44 Euro seit dem 20.03.2010 sowie auf 20,00 Euro Seit 24.10,2013 zu zahlen.
2.) Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 59,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.10.2013 zu zahlen.
3.) Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
4.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auf 636,90 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt restliche Schadensersatzansprüche nach Verkehrsunfällen aus abgetretenem Recht- hier Erstattung von restlichen Sachverständigenkosten.
Der Kläger ist ein in Halle (Saale) ansässiger Kfz-Sachverständiger. Nach Verkehrsunfällen vom 15.02.2010, 29.03.2010, 15.02.2010 und 03.02.2010, welche sich jeweils in Halle ereignet haben, ließen die jeweils Geschädigten – die Zeugen A. F. (ehemals T.), D. K., J. S. und J. R. – die jeweils beschädigten Fahrzeuge beim Kläger begutachten. Der Kläger legte hierfür Rechnungen wie folgt:
Im Fall A. F. (ehemals T.) am 18.02.2010 über 497,29 Euro. Hierauf zahlte die Beklagte zweimal je 160,50 Euro, so dass noch 176,29 Euro aus der Rechnung offenstehen.
Im Fall D. K. legte der Kläger Rechnung am 06,04.2010 über 501,89 Euro netto. Die Beklagte zahlte hierauf 212,00 Euro. Es stehen mithin noch 289,89 Euro offen.
Im Fall J. S. legte der Kläger Rechnung am 17.02.2010 über 518,28 Euro. Auf diese Rechnung zahlte die Beklagte zweimal je 201,00 Euro, so dass noch 116,28 Euro offenstehen.
Für das Schadensgutachten im Falle J. R. legte der Kläger am 05.02.2010 Rechnung über 594,44 Euro, worauf die Beklagte einmal 233,00 Euro und ein weiteres Mal 307,00 Euro zahlte, so dass in diesem Fall noch 54,44 Euro offenstehen.
Die 100%ige Haftung der Beklagten für die Schäden aus den in Rede stehenden Verkehrsunfällen ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger mahnte die jeweils offenen Beträge gegenüber der Beklagten in jedem Fal zweimal an, im Fall T. erstmalig am 19.03.2010 ( K 14), im Fall K. erstmalig am 30.04.2010 (K 17), im Fall S. erstmalig am 12.03.2010 (K 20) und im Fall R. erstmalig am 09.03.2010 (K 23).
Der Kläger behauptet, bei seinen jeweiligen Auftraggebern habe es sich jeweils um die Eigentümer der beschädigten Fahrzeuge gehandelt und diese hätten ihn jeweils ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Gutachterkosten abgetreten. Insoweit legt der Kläger neben den Abtretungen aus dem Jahre 2010 (Anlagen K 1, K 4, K 7 und K 10) weitere Abtretungen vom 21.11.2013 (KS 10d), vom 22.11.2013 (KS 10c), vom 09.12.2013 (Bl, 8 Band 2) und vom 26.11.2013 (KS 10a) vor. Die vier letztgenannten Abtretungsurkunden hat der Kläger im Dezember 2013 zur Gerichtsakte gereicht.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 684,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 176,29 Euro seit dem 30.03.2010, aus 289,89 Euro seit dem 11.05.2010, aus 116,28 Euro seit dem 23.05.2010 und aus 54,44 Euro seit dem 20.03.2010 sowie aus 48,00 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 59,15 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet das Eigentum der jeweiligen Zedenten sowie die Unterzeichnung der im Dezember 2013 eingereichten Abtretungserklärungen durch die jeweils Geschädigten.
Hinsichtlich der Abtretungen aus dem Jahre 2010 ist sie der Ansicht, diese seien unwirksam, da zu unbestimmt. Im Übrigen ist die Beklagte der Ansicht, die vom Kläger angesetzten Kosten seien überhöht, insbesondere die Nebenkosten seien in der Höhe nicht gerechtfertigt. Den jeweils Geschädigten hätte es obliegen, bei den übrigen Anbietern der Region Vergleichsangebote einzuholen. Im Übrigen erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist der Beklagten am 23.10.2013 zugestellt worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. F., D. K., J. S. und J. R.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.07.2014 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bis auf einen geringen Teil der Mahnkosten begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Erstattung der in den genannten Schadensfällen entstandenen Gutachterkosten aus abgetretenem Recht in ausgeurteilter Höhe aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 ff, 398 BGB.
Der Kläger ist aufgrund der Abtretungen der Geschädigten A. F. (ehemals T.) vertreten durch seine Mutter und Betreuerin, der Zeugin S. F., vom 21.11.2013 ( KS 10d), des Zeugen D. K. vom 22.11.2013 (KS 10c), der Zeugin J. S. vom 09.12.2013 (ßl. 8 Bd. 2) und des Zeugen J. R. vom 26.11.2013 (KS 10a) aktiv legitimiert, die ausstehenden Gutachterkosten gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Zeugen bzw. im Falle T. der Sohn der Zeugin F. waren jeweils Eigentümer der beschädigten Fahrzeuge und damit Geschädigte des jeweiligen Verkehrsunfalls. Dies steht im Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Alle Zeugen haben ihr Eigentum an den beschädigten Fahrzeugen glaubhaft bekundet, im Falle T. hat die Zeugin F. das Eigentum ihres Sohnes A. glaubhaft bekundet. Sie haben auf Nachfrage jeweils angegeben, wann und zu welchem Preis sie die Fahrzeuge erworben haben und dass diese jeweils bar bezahlt worden sind. Sie waren deshalb jeweils Inhaber des Anspruchs auf Erstattung der Gutachterkosten gegenüber der Beklagten. Die Zeugen haben ihren jeweiligen Anspruch auch wirksam mit den genannten Abtretungserklärungen an den Kläger abgetreten. Alle Zeugen haben glaubhaft bekundet, die ihnen vorgelegten Abtretungserklärungen aus dem Jahre 2013, an deren Bestimmtheit keine Zweifel bestehen, unterzeichnet zu haben.
Die geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht verjährt, da die Geschädigten ihre Ansprüche mit den Abtretungen aus dem Jahre 2013 vor Ablauf der 3jährigen Verjährungsfrist an den Kläger wirksam abgetreten haben und der Kläger diese wirksamen Abtretungserklärungen noch im Dezember 2013, also vor Ablauf der Verjährungsfrist, bei Gericht eingereicht hat.
Auf die Frage, ob die im Jahre 2010 erfolgten Abtretungen wirksam waren, kommt es angesichts der Abtretungen aus dem Jahre 2013, welche hier greifen, nicht an.
Die Beklagte, deren 100%ige Haftung für die jeweiligen Schadensfälle außer Streit steht, schuldet somit die aus den betreffenden Gutachterrechnungen noch offenen Differenzbeträge, da die vom Kläger berechneten Gutachterkosten zum notwendigen Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören.
Die Beklagte kann sich im vorliegenden Schadensersatzprozess nicht darauf berufen, der Kläger habe in den streitgegenständlichen Fällen ein über die Ortsüblichkeit hinausgehendes Honorar berechnet und es fehle an einer Abnahme. Die Parteien stehen sich in der vorliegenden Konstellation nicht als Werkunternehmer und Besteller gegenüber, weshalb werkvertragliche Erwägungen keine Berücksichtigung zu finden haben. Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die vom Kläger berechneten Kosten einen erstattungsfähigen Schaden des Geschädigten/Zedenten darstellen, welchen die Beklagte dem Kläger als neuem Inhaber des Schadensersatzanspruches zu erstatten hat. Dies ist zu bejahen.
Die Geschädigten hatten ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Schäden an ihren Fahrzeugen, welche durch die Versicherungsnehmer der Beklagten beschädigt wurden. Die für die Begutachtung aufgewendeten Kosten gehören daher zum Herstellungsaufwand und zwar unabhängig davon, ob ein anderer Gutachter für diese Schadensfeststellung ein geringeres Honorar als der Kläger berechnet hätte. Im Verhältnis zwischen dem Schädiger und den Geschädigten gilt, dass der Geschädigte vor der Erteilung des Gutachterauftrages keine Marktforschung hinsichtlich der Preisgestaltung der auf dem Markt agierenden Gutachter betreiben muss, solange für ihn nicht offensichtlich ist, dass der Sachverständige vollkommen übersetzt abrechnen wird, und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen (vergleiche OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05; BGH vom 11.02.2014, VI ZR 225/13). Dies war hier nicht der Fall. Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich die Annahme einer Schadensminderungspflichtverletzung durch die jeweils Geschädigten rechtfertigen ließe. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, dass den jeweils Geschädigten die Preisstruktur der verschiedenen Gutachter bekannt sein musster Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot bzw. geringeren Nebenkosten waren die jeweils Geschädigten gegenüber der Beklagten jedenfalls nicht verpflichtet (BGH, a.a.O.).
Die Preise des beauftragten Sachverständigenbüros bewegen sich im Übrigen in etwa in dem Bereich, welchen die gerichtsbekannte BVSK-Honorarbefragung im Jahre 2011 ergeben hat. Gravierende Abweichungen nach oben sind nicht zu erkennen. Soweit andere Gutachter möglicherweise aufgrund des Gesprächsergebnisses BVSK-HUK Coburg, welche die Beklagte ins Feld führt, niedrigere Preise ansetzen, ist dies nicht ausschlaggebend. Die Beklagte kann sich zur Begründung der Schadensminderungspflichtverletzung der Geschädigten nicht auf dieses Gesprächsergebnis berufen.
Beurteilungsmaßstab für die Frage, ob die vom Kläger berechneten Preise weit und für die Geschädigten erkennbar über das übliche hinaus gehen, können nur die Preise bilden, welche andere Gutachter in der Region ohne Einflussnahme der Haftpflichtversicherer ansetzen. Diese Preise spiegelt jedenfalls das Gesprächsergebnis zwischen der BVSK und der HUK Coburg, auf welche sich die Beklagte beruft, nicht wider.
Vorgerichtliche Mahnkosten kann der Kläger für die acht unstreitigen Mahnungen aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB verlangen. Je Mahnung sind 2,50 Euro (statt der verlangten 6,00 Etiro) angemessen (geschätzt gemäß § 287 ZPO), Dies ergibt insgesamt einen Betrag in Höhe von 20,00 Euro. Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB. Die Beklagte wurde jeweils durch die im Tatbestand dargestellten Mahnungen in Verzug gesetzt-
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt ebenfalls aus dem Verzug der Beklagten mit der vollständigen Regulierung der hier in Rede stehenden Schadensfalle. Als Gegenstandswert sind korrekt 636,90 Euro zugrunde gelegt. Der Kläger verlangt die nicht anrechenbare Hälfte einer 1,3 Gebühr zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale, woraus sich der zuerkannte Betrag in Höhe von 59,15 Euro ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Siehe auch: Berufungsurteil LG Halle vom 17.04.2015 – 1 S 81/14