Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
obwohl ich an anderer Stelle „Prügel“ habe einstecken müssen, gebe ich Euch trotzdem ein einigermaßen ordentliches Urteil des AG München bezüglich der restlichen Sachverständigenkosten bekannt. Die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG meinte, eigenmächtig die Sachverständigenkosten kürzen zu können. Von der zuständigen Amtsrichterin wurde ihr jedoch per Urteil bescheinigt, dass dies rechtswidrig war. Soweit und so gut. Die zuständige Amtsrichterin hat auch zutreffend unter Bekanntgabe der BGH-Rechtsprechung der Klage zugesprochen. Was jedoch meines Erachtens mit der Entscheidung des BGH VI ZR 357/13 nicht mehr richtig ist, ist die Pauschalierung der Nebenkosten. Das Gericht hat diese zwar auch in der pauschalierten Form bestätigt. Aber mit BGH VI ZR 357/13, das jedoch nicht verleugnet werden kann, auch wenn es kritisch zu betrachten ist, kann der Sachverständige insoweit nur Aufwendungsersatz verlangen. In Zukunft sollten sich die mitlesenden Sachverständigen danach richten. Ich bin mir zwar wieder bewußt, dass ich wieder Prügel dafür einstecken muss. Aber man muss auch mal darauf hingewiesen haben. Lest selbst das ansonsten positive Urteil aus München zu den Sachverständigenkosten. Bei dieser Gelegenheit sollte man sich auch darauf verständigen, dass es im Schadensersatzprozess um Sachverständigenkosten, nicht um das Honorar des Sachvrrständigen geht. Das Honorar ist Gegenstand des Werkvertrages. Mit klaren Begriffen können auch Unsauberkeiten, wie im Urteil des AG Burg bei Magdeburg vermieden werden.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 332 C 13874/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg,
– Beklagte –
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht … am 06.08.2014 auf Grund des Sachstands vom 06.08.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 81,16 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.05.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 81,16 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 81,16 €.
Unstreitig haftet die Beklagte für die Schäden aus einem Verkehrunfall vom 27.02.2014.
Streitig war allein, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten von 81,16 € erstattungsfähig sind oder nicht, ob also insgesamt Sachverständigenkosten von 681,16 € ersetzt werden müssen (600,00 € wurden vorgerichtlich bezahlt).
Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB erstattet verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450; so auch Landgericht München I, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472; so auch Landgericht München I, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH NJW 2007, 1450; so auch Landgericht München I, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 369; vom 29. April 2003 – VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 398).
Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 369 und – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378; vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 528/12, aaO Rn. 19 mwN). Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjekt-bezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismög-lichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12, aaO Rn. 26 und – VI ZR 528/12, aaO Rn. 27; vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, aaO Rn. 13; vom 6. November 1973 – VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.). Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 mwN). Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 und – VI ZR 528/12 , jeweils aaO). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 528/12, aaO Rn. 19 mwN). Solche Umstände sind im Streitfall nicht festgestellt (BGH Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13). Die vorliegende Rechnung ist nicht willkürlich und erscheint für den Laien nicht unangemessen überhöht.
Bezüglich der Nebenkosten ist eine Pauschalierung ebenfalls zulässig. Diese Nebenkosten können neben dem Grundhonorar geltend gemacht werden. Sie können auch einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtgutachtenskosten ausmachen, ohne dass dies gegen die Pflicht zur Schadensminderung verstößt.
Es ist daher auch zulässig, dass der Geschädigte Sachverständigenkosten ersetzt verlangt, die sich aus Positionen wie Fahrt-, Foto-, Porto-/Telefonkosten etc. errechnen. Entsprechend ist in der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 auch eine isolierte Aufzählung von Nebenkosten enthalten, die regelmäßig von Sachverständigen in ihren Abrechnungen in Rechnung gestellt werden. Dies beinhaltet z.B. auch Schreibkosten, Fahrtkosten, Kosten für Lichtbilder und für Porto und Telefon. Solche Positionen sind im Rahmen der Sachverständigenkosten regelmäßig erstattungsfähig und zwar auch pauschal, unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall tatsächlich in dieser Höhe angefallen sind.
Dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde, wird im Rechtsstreit nicht behauptet (BGH Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).
Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle aber noch die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings noch nicht (BGH Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).
Denn auch in Bezug auf die Nebenkosten gilt, dass die vorliegende Rechnung hier nicht willkürlich und auch für den Laien nicht unangemessen überhöht erscheint. Die Klägerin konnte nicht erkennen, wie viele Fotos tatsächlich erfoderlich sind und ob diese Kosten im Grundhonorar enthalten sind oder nicht, in welcher Höhe Schreib- und Kopierkosten bei einem Sachverständigen anfallen und ob Schreibkosten gesondert anfallen.
Der Kläger hat daher unter Berücksichtigung der vorgerichtlich geleisteten Zahlung einen Anspruch auf Zahlung von noch 81,16 €.
Verzug bestand, von Beklagtenseite nicht bestritten, seit 14.05.2014. Der Klägerseite stehen ab Eintritt des Verzuges Zinsen zu, § 286 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung.
Hallo, Willi Wacker, deinem Kommentar entnehme ich folgenden Hinweis:
„Was jedoch meines Erachtens mit der Entscheidung des BGH VI ZR 357/13 nicht mehr richtig ist, ist die Pauschalierung der Nebenkosten.“
Aus den Honorarbefragungen div. Berufsverbände ergibt sich, dass solche Pauschalberechnungen im Nebenkostenbereich praxisorientiert der Abrechnungsvereinfachung dienen und letztlich auch den jeweils eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer noch begünstigen im zweistelligen Millionenbereich. Was ist bei der Schadenersatzkürzungspraxis und bei der Bezugnahme auf das HUK-Coburg-Tableau 2012 z.B. denn „Aufwendungsersatz“ ? Der versuchte Betrug nach dem HUK-Coburg-Honorartableau 2012 ergibt sich bereits aus der Unlogik in der Begründung. Das Grundhonorar ist zutreffend abhängig von der Schadenhöhe, betrifft damit aber letztlich nur die Leistungen bzw. Leistungsbandbreite für die Prognosen, also EINEN Teil A eines verkehrsfähigen Beweissicherungs-Gutachtens.
Alle anderen „Nebenkosten“ sind bekantlich von der Schadenhöhe unabhängig und betreffen – außer den Datenverarbeitungskosten(Fremdleistungen nach AUDATEX oder DAT) den beweissichernden Teil B eines vollständigen und verkehrsfähigen Beweissicherungs-Gutachtens. Erst die Summe aus Teil A und Teil B
ergeben die Abrechnungsbasis für ein qualifiziertes und und unabhängiges Beweissicherungs-Gutachten. Was die HUK-Coburg hier
seit Jahren rechtswidrig praktiziert, hat mit dem Erkennen von Schadenersatz jedoch nicht das Geringste zu tun, denn die Abrechnungsbasis ist nicht durchschaubar, weil im Gesamtbetrag alle Nebenkosten bereits enthalten sein sollen und zwar unabhängig davon, ob solche und wenn ja in welcher Höhe diese angefallen sind. Fordere mal eine Erklärung hierzu und Du wirst über die Dümmlichkeit der Antwort verwundert sein, wenn Dir eine solche überhaupt vergönnt ist.
Ich habe mich wiederholt gefragt, warum seitens der Gerichte hierzu
keine Aufklärung verlangt wird, denn wer dreist und unsubstantiiert Gegenteiliges behauptet, sollte auch den Beweis hierfür antreten.Ein gutes Beispiel ist die regelmäßige Infragestellung der Fotokostenhöhe. Die hierzu vorgetragene „Argumentation“ (das ist nicht nur die der HUK-Coburg-Vers.) ist derart hirnrissig, weil man mit gleicher Denkart auch bezüglich eines „Aufwenungsersatzes“ feststellen könnte, dass einem Maler als Aufwendungsersatz nur die Kosten der verbrauchten Pinsel, der Farbe und der Leinwand zusteht als Preis für das, was er abrechnen darf. Gehts eigentlich noch irrer ? Und da sind wir schon wieder bei der von der Versicherung provozierten Überprüfung von „Gebühren“, die leider immer noch nicht aus den Köpfen derer verschwunden ist, die eine solche -abschweifend von schadenersatzrechtlichen Beurteilungskriterien- unter werkvertraglichen Gesichtspunkten durchführen sollen. Dabei muss die Verwirrung und Verirrung nicht sein und schon garnicht für einen kompetenten Juristen im Richteramt, denn die einfach zu beantwortende Frage lautet doch: „Wer streitet um was mit wem?“
Die einzig richtige Antwort ist bekannt und dann sollte man auch einmal darüber nachdenken, vor welchem Hintergrund nicht nur der BGH auch die Regulierungsverpflichtung für (angeblich) „überhöhte“
Honorare verdeutlicht hat. Letztlich ist auch der § 249 BGB in seiner
inhaltlichen Bedeutung und Tragweite nicht aus der Welt, den Honorarabrechnung A nach Honorarvereinbarung ist nicht gleich Honorarzubilligung B als der zu erkennende Schadenersatz und der Schadenersatzanspruch als solcher ändert sich auch nicht durch eine Abtretungsvereinbarung. Beginnt man aber mit der Überprüfung der gezielten Auslassungen in der „Argumentation“, so kann man sich ellenlange Entscheidungsgründe ersparen und da wird dann auch richterliche Kompetenz deutlich.
G.v.H.
@ G. v. H., danke für deine Ausführungen.
Die Preisfrage ist tatsächlich die nach der richterlichen Kompetenz:
http://www.geld-spartipps.de/auto/reparaturkosten-senken/unfallreparaturen-wie-versicherungen-auf-kosten-ihrer-kunden-geld-sparen-wollen-17.html