HDI behauptet doch allen Ernstes im Prozess bei einer fiktiven Schadensabrechnung eine Verweisung auf Alternativwerkstatt, obwohl das verunfallte Fahrzeug noch keine drei Jahre alt ist (AG Mönchengladbach Urteil vom 29.4.2014 – 36 C 35/14 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Wochenende veröffentlichen wir hier ein positives Urteil aus Mönchengladbach zur fiktiven Abrechnung gegen den HDI. In diesem Fall sieht man eindeutig, dass auf Seiten der Versicherer offensichtlich mit Textbausteinen gearbeitet wird. Das ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn dann aber diese Textbausteine ohne Verstand eingesetzt werden, dann wird es schon peinlich. Dümmer geht es unserer Meinung nach fast nimmer, wenn man einen Prozess führt bei einem gegenständlichen Fahrzeug, das noch keine 3 Jahre alt ist. Selbst der BGH hat in diesem Fall eine Verweisung für grundsätzlich unzumutbar erklärt (BGH VI ZR 53/09). Oder soll der neue Wahlspruch der Versicherung „Hilft Dir Immer“ aus Hannover sein? Dreist, dreister, HDI? Auf alle Fälle wurde der HDI für derart unsinniges Vorbringen entsprechend verurteilt. Im Gegensatz zu den Ansichten des HDI wurden alle Schadenspositionen, wie Stundenverrechnungssätze, Ersatzteilzuschläge und Verbringungskosten, zu Recht zugesprochen. Lest selbst das Urteil aus Mönchengladbach und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und ein schönes Herbstwochenende
Willi Wacker

AMTSGERICHT MÖNCHENGLADBACH

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Klägerin,

gegen

die HDI Versicherung AG, HDI- Platz 1, 30659 Hannover, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, bestehend aus Ulrich Rosenbaum (Vorsitzender), Gerhard Frieg und Barbara Riebeling, ebendort,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Mönchengladbach im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 29. April 2014 durch den Richter am Amtsgericht …

für  R e c h t  erkannt:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 6. März 2014 in der Sache 36 C 35/14 wird aufrecht erhalten.

Der Beklagten fallen auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

-Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen. –

Der Einspruch der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 249 Abs. 1, Abs. 2, 276 Abs. 2, 421 BGB, §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, §§ 1 Abs. 2 StVO in Verbindung mit §§ 115 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 116 WG, §§ 1, 3 PflVG ein Anspruch auf Zahlung weiterer 457,06 EUR zu.

Unstreitig haftet die Beklagte der Klägerin in vollem Umfang auf Ersatz aller ihr infolge des Verkehrsunfalls vom 3. Juni 2013 entstandenen Schäden.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann die Klägerin den zur Herstellung ihres Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen HG-… erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dieser Geldbetrag beläuft sich ausweislich des Gutachtens von Herrn Dipl.-Ing. FH … vom 3. Juli 2013 auf 1 924,01 EUR.

Da das beschädigte Kraftfahrzeug der Klägerin zum Unfallzeitpunkt unstreitig noch nicht älter als drei Jahre war, kann die Klägerin grundsätzlich die Reparaturkosten verlangen, die bei einer Reparatur in einer markengebundenen Volkswagen-Fachwerkstatt anfallen würden. Wie der Gutachter in seiner Stellungnahme vom 20. Februar 2013 (Anlage K6, Bl. 39 d.A.) mitgeteilt hat liegt dem Gutachten ein aus den Stundenverrechnungssätzen der VW-Fachbetriebe … in Hürth, … in Bergheim und … in Frechen gebildeter Mittelwert zu Grunde. Dies hat die Beklagte nicht bestritten. Es ist mithin davon auszugehen, dass die von dem Gutachter prognostizierten Reparaturkosten diejenigen sind, die Reparatur in einer markengebundenen Volkswagen-Fachwerkstatt anfallen würden.

Für ihre bestrittene Behauptung, wonach eine Reparatur durch die von ihr genannte Karosseriebau und Kfz GmbH … eine der Reparatur durch eine markengebundenen Fachwerkstatt gleichwertige Reparaturalternative darstelle, hat die Beklagte keinen  Beweis angeboten. Eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre im Hinblick auf den vergleichsweise geringen Streitwert wirtschaftlich auch nicht sinnvoll gewesen.

Der zur Herstellung des ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestehenden Zustands erforderliche Geldbetrag im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB umfasst auch den von dem Gutachter zugrunde gelegten Aufschlag von 15 Prozent auf die Preise der Ersatzteile.

Der Ersatzanspruch gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB umfasst grundsätzlich auch branchenüblich erhobene Ersatzteilaufschläge (sog. UPE-Aufschläge), die aufgrund der Lagerhaltung von Originalersatzteilen auf die unverbindliche Preisempfehlung des Ersatzteilherstellers aufgeschlagen werden und den Aufwand abgelten sollen, der mit der ständigen Vorhaltung dieser Teile zum Zwecke der Verkürzung der Reparaturdauer verbunden ist. Bei einer Abrechnung auf Gutachtensbasis ist daher dann von einer Ersatzfähigkeit der entsprechenden Position auszugehen, wenn ein anerkannter Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge und Verbringungskosten erhoben werden (OLG Düsseldorf, U. v. 16.06.2008, I-1 U 246/07, abrufbar über www.nrwe.de u. juris). Die Beklagte hat nicht bestritten, dass Herr Dipl.-Ing. FH … ein qualifizierter und anerkannter Kfz-Sachverständiger sei. Da die Beklagte keinen Beweis dafür angeboten hat, dass die von ihr benannte Werkstatt eine einer markengebundenen Fachwerkstatt gleichwertige Reparaturalternative darstelle, kommt es nicht darauf an, ob dort möglicherweise keine Ersatzteilaufschläge erhoben werden.

Unstreitig hat die Beklagte nur 1.466,95 EUR gezahlt, sodass sich eine Differenz in Höhe von 457,06 EUR ergibt, deren Zahlung die Klägerin noch verlangen kann.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte darüber hinaus aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB, §§ 2, 13, 14 RVG, Nr. 2300, Nr. 7002 VV RVG ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR zu.

Die zugesprochenen Verzugszinsen auf die Hauptforderung rechtfertigen sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB; die Prozesszinsen auf die Nebenforderung aus §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 457,06 EUR festgesetzt.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Ersatzteilzuschläge, Fiktive Abrechnung, Gleichwertigkeit, Haftpflichtschaden, HDI-Gerling Versicherung, Lohnkürzungen, Stundenverrechnungssätze, UPE-Zuschläge, Urteile, Verbringungskosten abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu HDI behauptet doch allen Ernstes im Prozess bei einer fiktiven Schadensabrechnung eine Verweisung auf Alternativwerkstatt, obwohl das verunfallte Fahrzeug noch keine drei Jahre alt ist (AG Mönchengladbach Urteil vom 29.4.2014 – 36 C 35/14 -).

  1. Zweite Chefin sagt:

    Das ging für Gladbacher Verhältnisse aber mehr als flott. Von Anhängigkeit über VU zum Endurteil in 4 Monaten, alle Achtung !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert