Hallo verehrt Captain-Huk-Leser,
heute am Abend veröffentlichen wir für Euch – quasi als Abendlektüre – hier noch ein umfangreiches Urteils aus Rosenheim zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG und deren VN, die als Gesamtsschuldner haften. Wiederum hatte die HUK-COBURG nur einen Teil der berechneten Sachverständigenkosten erstattet, obwohl zwischenzeitlich das Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – ( = BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) veröffentlicht worden war. Das besagte Grundsatzurteil war auch der HUK-COBURG bekannt, da ihre VN bis zum BGH verklagt wurde und letztlich das LG Darmstadt in dem ebenfalls hier veröffentlichten Urteil die VN der HUK-COBURG vollumfänglich zur Zahlung der von der HUK-COBURG gekürzten Sachverständigenkosten verurteilt hat. Die HUK-COBURG tut so, als ob sie die Rechtsprechung des BGH nicht interessiert. Derartige Arroganz kann auch ganz gewaltig ins Gegenteil umschlagen. Weil sie sich nicht an die BGH-Rechtsprechung hält, werden nach wie vor die berechneten Sachverständigenkosten durch die HUK-COBURG gekürzt. Die Amtsrichter machen das Spiel allerdings nicht mehr mit und verurteilen sie und den VN gesamtschuldnerisch zur Zahlung zuzüglich Zinsen und Gerichtskoten. Allerdings verschanzt sich die HUK-COBURG immer wieder hinter ihr Gesellschaftsgeflecht. Obwohl es sich zwar um verschiedene juristische Personen handelt, die aber alle unter der gleichen Anschrift firmieren, erscheint es treuwidrig, sich auf diese Verschanzung zurückzuziehen. Aber das ist man ja schon von der Coburger Versicherung gewöhnt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Leider hat der Richter den falschen Begriff der „Sachverständigengebühren“ verwandt. Denn solche gibt es bei den freien Sachverständigen nicht.
Viele Grüße und noch einen schönen Abend
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 13 C 900/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) …
– Beklagter –
2) HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs-AG, vertr.d.d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Martin-Greif-Str. 1, 80336 München,
– Beklagter –
3) HUK Coburg AG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse Kraftfahrender Beamter Deutschlands aG, vertreten durch d. Vorstand, Martin-Greif-Straße 1, 80336 München
– Beklagte / ehemals Beklagte zu 2) –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch den Richter am Amtsgericht W. am 24.09.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den den Sachverständigen … , zu dessen Rechnung vom 29.01.2014, Gutachten – Nr. … , 165,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.07.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagten zu 1) und zu 2) tragen die Gerichtskosten samtschuldnerisch zu 2/3, der Kläger trägt die Gerichtskosten zu 1/3. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) samtschuldnerisch 2/3. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3). Die übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Parteien jeweils selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 165,07 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz in Form von Gutachterkosten aus einem Verkehrsunfall am xx.01.2014 auf dem Kathreinparkplatz in Rosenheim, im Amtsgerichtsbezirk Rosenheim.
Der Geschädigte Kläger L. gab bei dem Sachverständigen … ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe am Kfz des geschädigten Klägers in Auftrag. Die ihm insoweit in Rechnung gestellten Kosten verlangt der Kläger in Prozessstandschaft zur Zahlung nach Abtretung an den Sachverständigen von der Beklagten ersetzt.
Auf den für die Erstellung des Gutachtens in Rechnung gestellten Betrag von 782,07 € regulierte die Beklagte 617,00 €. Der Kläger verlangt nun die Differenz in Höhe von 165,07 € sowie Zinsen.
Nachdem zunächst die Beklagte zu 3) (ehemals als Beklagte zu 2 geführt) zunächst mitverklagt worden war, erfolgte bezüglich dieser eine Klagerücknahme unter Erweiterung der Klage auf die nunmehr Beklagte zu 2).
Der Kläger beantragt hiernach, wie folgt zu erkennen:
Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an den Sachverständigen … , zu dessen Rechnung vom 29.01.2014, Gutachten – Nr. … , 165,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Klagezustellung an die Beklagte zu 2) zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, die Sachverständigenkosten seien überhöht, gerade auch in den Nebenkosten.
Zur Ergänzung des Tatbestands im Übrigen wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die übrigen Aktenbestandteile.
Entscheidungsgründe
Gem. §§ 7 1, 17 I StVG, §§ 249, 398 BGB besteht ein Anspruch auf Ersatz der noch nicht regulierten Gutachterkosten in der verlangten und zugesprochenen Höhe.
1. Die Klage erfolgt in zulässiger Prozessstandschaft, gerichtet auf Zahlung an den Sachverständigen, an welchen – unbestritten – die Forderung erfüllungshalber abgetreten wurde. Schutzwürdiges Interesse für das Vorgehen ist aufgrund des Schadensereignisses gegeben, da der Geschädigte Kläger durch die Klage die Erfüllung der Forderung bewirken will, welche aufgrund des Unfallereignisses mit dem Beklagtenfahrzeug entstanden ist.
2. Die tatsächlichen Voraussetzungen der grundsätzlichen und vollen Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall stehen außer Streit.
3. Es besteht gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 2 BGB, §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG bzw. § 115 VVG abgetreten ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in zugesprochener Höhe.
a) Die Kosten des vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Geschädigte hatte das Recht, ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Reparaturkosten und des Minderwertes zu erholen. Nach § 249 I11 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann). Ein nach dem Verkehrsunfall in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar ist als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 II BGB anzusehen (BGH, a.a.O.). Der Geschädigte kann von dem Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die von dem Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, a.a.O.).
b) Bei dem abgerechneten Honorar für die Gutachtenserstellung an sich handelt es sich durch Schätzung gem. § 287 ZPO gewonnener Überzeugung um den erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 II 1 BGB. Indiz für den erforderlichen Aufwand, ist zunächst die gestellte Rechnung. Als Grundlage der weiteren Berechnung zu Vergleichen, kann auf die BVSK-Honorarbefragung 2013 abgestellt werden. Diese Befragung stellt eine geeignete Vergleichsschätzungsgrundlage dar. Gerade auch das Urteil des BGH vom 22.07.2014 VI ZR 357/13 hat eben dies nicht in Abrede gestellt. Vielmehr ist dort nochmals hervorgehoben, dass die Rechnung als Indiz zu bewerten ist und die Befragung kontrollierend herangezogen werden kann. Diese Befragung stellt zudem auch den Markt dar, auf welchen der Geschädigte trifft.
Vorliegend wurde ein Schaden bei Nettoreparaturkosten von 3.419,60 € im Gutachten ermittelt. Unter diesen Umständen erscheint auch die Beauftragung eines Sachverständigen aus Sicht des Geschädigten nachvollziehbar. Weiter ist auch hinsichtlich der Höhe von Unangemessenheit nicht auszugehen. Die entsprechenden Werte des Grundhonorars und der Nebenkosten liegen noch in dem Bereich, in welchen nach der gerichtsbekannten BVSK-Honorarbefragung 2013 der auch ein Teil der BVSK-Mitglieder noch ihr Honorar berechnen. – Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch teurere Sachverständige schlicht einen Teil des Marktes sind, aufweichen der Kläger trifft. Das vorliegend angesetzte Grundhonorar hält sich entsprechend der zugrunde zulegenden Schadenshöhe noch im Rahmen dieser Schätzungsgrundlagen. Eine Sittenwidrigkeit ist nicht ersichtlich.
Es kommt auch nicht darauf an, ob die erstellte Honorartabelle vertraglich vereinbart wurde oder ob es sich um eine Bestimmung nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB handelt. Jedenfalls liegen aber keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des geschädigten Klägers bei der Beauftragung des Sachverständigen vor. Konkrete Zweifel an der Seriosität der Preisgestaltung des Sachverständigen mussten beim Kläger nicht aufkommen. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe (zunächst geschätzt auf 4.069,32 € brutto und 100 € Wertminderung) oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten (4376,32 €), dass dem Geschädigten ein offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen. Aus einer Relation zwischen der Sachverständigenrechnung und dem Schaden kann sich bereits denklogisch kein Anhaltspunkt für eine Überhöhung der geltend gemachten Kosten ergeben. Gerade bei geringen Schäden kann es nach der Lebenserfahrung aus technischer Sicht besonders schwierig sein, die Erforderlichkeit einer Reparatur zu begründen.
Die Vereinbarung und Anwendung einer Mischkalkulation verstößt auch nicht gegen § 315 BGB oder eine andere Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensgeringhaltung. Denn in der BVSK-Honorarbefragung 2013 wird ebenfalls von einer Mischkalkulation ausgegangen, wenn dort Grundhonorar und Nebenkosten getrennt ausgewertet werden. Ein Vertragsschluß zu Abrechnungsmodalitäten, wie sie der BVSK seiner Marktuntersuchung zu Grunde liegt, verstößt weder in evidenter Weise gegen die Anforderungen der Billigkeit noch in evidenter Weise gegen eine Scha-densgeringhaltungspflicht.
c) Soweit die Beklagten gerade die sog. Nebenkosten als überhöht ansehen, greift dies nicht durch. Es fehlt insoweit ausreichend konkreter Vortrag. Der Beklagtenvortrag setzt sich in keiner Weise mit tatsächlich in der Region üblichen Nebenkosten bzw. Gesamtkosten nach Mischkalkulation auseinander und legt dar, inwieweit diese erkennbar regelmäßig geringer sind. Dies wäre jedoch nötig, um dem Kläger die Beauftragung eines erkennbar zu teuren Sachverständigen vorhalten zu können. Unerheblich ist insoweit dabei zudem, ob einzelne Positionen, die als Nebenforderungen abrechnet sind, aus Sicht der Beklagten überhöht sind oder nicht. Hätte der Kläger ausschließlich die Anfertigung von Fotos oder einer Reparaturkostenkalkulation oder die Durchführung von Fahrten in Auftrag gegeben, wäre zu prüfen, ob diejenigen Kosten, die insoweit in Rechnung gestellt werden, erforderlich gewesen sind oder nicht. Dem Geschädigten steht jedoch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Kosten für die einzelnen beanstandeten Positionen zu, sondern ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens. Daher sind als Vergleichsmaßstab ausschließlich die Kosten solcher Gutachten heranzuziehen. Diese setzen aber aus verschiedenen Positionen zusammen, aus denen sich der Gesamtaufwand zusammensetzt (AG Hamburg-Altona, NZV 2014, 133).
Hinsichtlich der Nebenkosten konnte der Geschädigte auch die entsprechende Rechnungstellung der Höhe nach insbesondere nicht wesentlich beeinflussen. Kosten von 68,40 € wegen Schreibgebühren und Kopierkosten sowie 15 € wegen Telefon/EDV/Porto sind zumindest keine für den Geschädigten erkennbar evident überhöhten Nebenforderungen. Grundsätzlich kann ein Gutachten auch mündlich erstellt werden, weshalb sämtliche Schreibarbeiten nicht zwingend mit einem Grundhonorar gedeckt sind.
Kosten für Ermittlungen von Vergleichspreisen über das Internet und Programme dafür, sind grundsätzlich auch nicht zu beanstanden. Gerade die Versicherer sind zunehmend der Ansicht, dass selbst weit entfernte Werkstätten mit Holservice zumutbar wären zur Kostenreduzierung bei Reparaturen. Soweit die Versicherer und Schädiger im Wandel der Zeit versuchen durchzusetzen, dass auch solche Recherchen vor der Reparatur erforderlich sind, sind aber auch damit einhergehende Recherchesoftwarekosten im Wandel der Zeit anzuerkennen. Ein Betrag von 29 € hierfür ist zumindest nicht als grob überhöht zu betrachten.
Ferner ist in den Berechnungen der Beklagten bei der Schätzung von Pauschalen auch nicht erkennbar, dass für selbsterstellte Fotos etwa kostspielige Drucker angeschafft werden müssen, die EDV immer leistungsfähiger aber auch teurer wird. Fotokosten von 3 € pro Foto bewegen sich zum einen noch in einem Bereich, welcher nach BVSK Tabelle schlicht faktisch auf dem Markt anzutreffen ist, ferner ist auch der Betrag von 3 € für Fotoerstellung unter Berücksichtigung der vorweggenommenen Kosten nicht als unangemessen zu bewerten, zumal bereits Entwicklungskosten nicht gering sind. Schließlich ist für den Geschädigten aber auch schlicht nicht erkennbar, dass Fotokosten und Kopierkosten überhöht sind, bei derart geringen bemängelten Beträgen wie vorliegend. Es kann gerade nicht verlangt werden, dass der Geschädigte vor der Heranziehung eines Sachverständigen zunächst noch Umfragen beginnt, ob ein anderer Sachverständiger ggf. für wenige Cent pro Bild günstiger arbeitet. Wäre solche Umfragen erforderlich, wären der Aufwand und die Kosten für solches Vergleichseruiren wohl auch als ersatzfähige Kosten zu bewerten, denn anders etwa als bei Mietfahrzeugen kann sich der Geschädigte hier auch nicht ohne weiteres in einem alltäglichen Bereich wie dem Fahrzeugmieten ein Vergleichsbild machen.
Auch sind 1,20 € pro km als angemessen und erforderlicher Nebenkostenanteil noch anzuerkennen unter Berücksichtigung der Vorwegkosten für ein Fahrzeug sowie der hohen Kraftstoffpreise. Dies ist im Übrigen zudem eine Nebenkostenposition, die nach BVSK Tabelle regelmäßig in höherem Umfang pauschaliert anfällt, als vorliegend konkret berechnet. Damit ist aber auch eine relevante Nebenkostenerhöhung für den Geschädigten nicht erkennbar gewesen, denn die Nebenkosten entsprechend der BVSK Tabelle sind schlicht die, aufweiche der Geschädigte nach Überzeugung des Gerichts auf dem Markt trifft.
Im Übrigen liegt insoweit ein Fall des sog. Werkstattrisikos vor. Etwaige Verletzungen vertraglicher Nebenpflichten durch zu lange Anfahrtswege lösten allenfalls einen Schadensersatzanspruch aus, welchen schadensmindernd geltend zu machen dem Geschädigten selbst nicht zumutbar ist. In der Hand des Geschädigten bestehen daher die Gutachterkosten auch in der abgerechneten Art und Weise. Dies gilt aus den oben angeführten Gründen für Zeitaufwand ebenso wie für Foto-, Schreib- und Fahrtkosten sowie Kosten für Anfragen bei Datenbanken und Dritten, da auch hierauf der Geschädigte keinen Einfluß hat.
d) Es ist der Beklagten im Verhältnis zum Kläger und hier Geschädigten schließlich verwehrt, sich auf eine vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen (Palandt-Heinrichs, § 249 BGB Rn. 58; LG Bochum NJW 2013, 3666). Es ist nämlich einem Geschädigten vor Erteilung des Gutachtensauftrages nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen, § 254 BGB analog. Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden. Der Sachverständige ist ebenso wie der Mietwagenunternehmer auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach §§ 254 II 2, 278 BGB zugerechnet würde. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder den Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen (Grunsky NZV 2000, 4; OLG Nürnberg OLG-R 2002, 471).
Eine solche subjektiv überhaupt erkennbare Überhöhung ist vorliegend schon objektiv nicht festzustellen: bei einer Abweichung von 781,07 € schon nicht gegenüber den von der Beklagten letztlich als regulierbar angenommenen 617 €, mithin etwa 21 %. Besonders aber auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen oben, dass gerade etwa Fahrtkosten und EDV Kosten sowie die Fotokosten noch weitgehend und auch teilweise noch Schreibkosten anzuerkennen sind – in diesem Fall ist die Abweichung bei nur etwa 10 %.
Nach der oben dargelegten Schätzung im Sinne von § 287 ZPO halten sich die hier abgerechneten Kosten jedenfalls im Bereich des Üblichen und Regelmäßigen – wenn auch im oberen Bereich -, sodass jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen. Die Schätzung mithilfe gerade auch der BVSK Tabelle ist zulässig und auch angezeigt aus Sicht des Gerichts – diese Preise sind der Markt, auf den der Geschädigte stößt und mit dem er überhaupt vergleichen kann.
Sachverständigengutachten zum Nachweis der Erkennbarkeit einer evidenten Überhöhung war nicht zu erholen. Nachdem nach der erläuterten Schätzung nach § 287 ZPO bereits keine evidente Überhöhung vorliegt, im Übrigen aber auch das Gericht eine Überhöhung nicht erkannt hätte, war das Gutachten nicht zu erholen im Rahmen des Verfahrens nach § 495 a ZPO. Ferner ist auch kein ausreichender Vortrag dahingehend seitens der Beklagten erfolgt, gegenüber welchen regionalen Marktpreisen denn eine Überhöhung vorliegt und wie der Geschädigte die Preise hätte erfahren sollen.
4. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn – wie hier – der Geschädigte selbst, nach Abtretung des Rechts an den Sachverständigen für diesen vorgeht. Denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln. Der hierzu von Hörl (NZV 2003, 305 [307]), vertretenen Ansicht, dass der Sachverständige, wenn er auf Grund einer Sicherungsabtretung seinen Vergütungsanspruch gegen den Geschädigten beim SchädigerA/ersicherer selbst geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner Vergütungsbemessung i.S.d. § 315 BGB trägt, kann nicht beigetreten werden. So hat auch das OLG Sachsen-Anhalt (NZV 2006, 546) gegen eine Anwendung des § 315 BGB bei Sicherungsabtretung entschieden. Bei der Abtretung wie auch der Sicherungsabtretung handelt es sich nämlich um ein Verfügungsgeschäft. Der Gläubiger eines Anspruchs wird ausgewechselt. Hierdurch wird kein Einfluß auf den Rechtsbestand des Anspruchs selbst genommen. Es ist der Rechtsordnung schlicht fremd und mit der Normentheorie zur Beweislast nicht vereinbar, dass – wie Folge der von Hörl vertretenen Ansicht wäre – die Darlegungs- und Beweislast allein von der Frage abhängt, wer hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs aktivlegitimiert ist. Die Beklagten sind insoweit auch nicht rechtlos gestellt, da sie sich gegebenenfalls die Rechte des Geschädigten gemäß §§ 315 Abs. 3 bzw. 280, 631 Abs. 1, 812 BGB analog § 255 BGB hätte abtreten lassen und z. B. im Wege der Aufrechnung hätte geltend machen können (OLG Nürnberg, OLG-R 2002, 471). In diesem Fall wäre es dann Sache der Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass und aus welchen Gründen das Honorar tatsächlich zu hoch bemessen ist. Den entsprechenden Anspruch können die Beklagten hier auch nicht mit dem dolo-agit-Einwand dem Kläger entgegenhalten. Er besteht in der Hand des Geschädigten, nicht in der Hand der Beklagten. Eine Zession solcher Ansprüche ist mit dem Versicherungsvertrag nicht verbunden.
5. Soweit in Teilen der Instanzrechtsprechung hinsichtlich der Nebenkosten eine entsprechende Anwendung des JVEG vertreten wird (so etwa AG Eggenfelden, Urteil vom 28.4.2010, Az.: 3 C 167/10), steht dies im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2007, 1450). Danach steht einer Übertragung der Grundsätze des JVEG schon entgegen, dass dessen Anwendungsbereich auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt ist und dass der Privatgutachter im Unterschied zum gerichtlich bestellten Sachverständigen, der zu den Parteien in keinem Vertragsverhältnis steht, dem Auftraggeber nach allgemeinen deliktsrechtlichen und vertragsrechtlichen Grundsätzen haftet. Dagegen unterliegt die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des § 839 a BGB, die die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
6. Es besteht somit nach Teilerfüllung gem. § 362 BGB gegen die Beklagten in der Hauptsache einen Anspruch in tenorierter Höhe zur Zahlung an den Sachverständigen.
7. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 ZPO. Nach Klagerücknahme bezüglich der Beklagten zu 3), ehemals als Beklagte zu 2 ) geführt, welche unstreitig nicht passivlegitimierter Versicherer war, waren entsprechend die Kosten aufzuteilen. Die Rücknahme bezüglich Teile der Zinsen war dabei jedoch kostenneutral.
9. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.