Das Amtsgericht Essen-Steele hat mit Datum vom 15.3.2010 -8 C 84/10- auf die Klage der geschädigten Kfz-Eigentümerin gegen die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung hin folgendes interessantes Urteil für die fiktive Schadensabrechnung gesprochen. Hier das Urteil vom 15.3.2010:
IM NAMEN DES VOLKES
Die Beklagte wird verurteilt,
an die Klägerin 179,12 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes seit 16.02.2010 zu zahlen, die Klägerin von vorprozessual angefallenen, nicht mit der Verfahrensgebtihr zu verrechnenden Gebühren der Rechtsanwälte L. in Höhe von 19,34 freizustellen.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, eine zu erbringende Sicherheit durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bankbürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahren.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wurde gem. §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 495 a ZPO verzichtet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz der zusätzlichen Reparaturkosten in Höhe von 179,12 € aus § 7 StVG i.V.m. § 115 VVG.
Die alleinige Haftung des bei der Beklagten Versicherten ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Ersatzfähigkeit der geltend gemachten Kosten der Höhe nach folgt aus § 249 Abs. 1 BGB. Die Klägerin kann danach die aufgrund des Gutachtens fiktiv ermittelten Reparaturkosten ersetzt verlangen. Im Rahmen des Schadensersatzes ist die Klägerin so zu stellen, wie sie ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses stehen würde. Hinsichtlich einer möglichen Totalreparation muss sich die Klägerin auch nicht – wie die Beklagte vorprozessual vorgetragen hat – auf irgendeine andere, kostengünstigere Reparaturmöglichkeit verweisen lassen.
Auch eine Kürzung der geltend gemachten Kosten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht kommt nicht in Betracht.
Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte im Rahmen der Schadensminderungspflicht – auch bei der fiktiven Schadensberechnung – gehalten ist, sich auf vom Schädiger aufgezeigte günstigere und gleichwertige Angebote verweisen zu lassen, sofern dies mühelos und ohne großen eigenen Aufwand realisierbar ist.
Die Beklagte hat indes anderweitige günstigere Angebote nicht vorgetragen. Ausreichend ist diesbezüglich auch nicht, dass bereits vorprozessual Stundensätze andere Werkstätten der Klägerin übersandt wurden. Diese genügen nicht den Anforderungen für eine berechtigte Verweisung auf die andere Reparaturmöglichkeit. Der Klägerin wird hierbei nicht aufgezeigt, inwieweit die Werkstätten zertifiziert sind, ob Originalersatzteile verwendet werden oder ob nach den Richtlinien der jeweiligen Hersteller gearbeitet wird.
Die Klägerin kann Freistellung von den Anwaltsgebühren in Höhe von 19,34 € verlangen. Sie sind im Rahmen des Schadensersatzes als Schadensposten gem. § 249 BGB ersetzbar.
Gem. § 108 Abs. 1 ZPO kann die Klägerin die Sicherheitsleistung in der tenorierten Weise erbringen.
Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 179,12 € festgesetzt.
Die Begründung der Unzumutbarkeit der Verweisung auf Referenzwerkstätten der Versicherung ist recht knapp ausgefallen, offenbar deshalb, weil die Beklagte anderweitige günstigere Angebote im Rechtsstreit nicht vorgetragen hat und vorprozessual lediglich Stundensätze kostengünstigerer Werkstätten angegeben hatte. Dies reicht selbstverständlich nicht aus und ist von den Vorgaben aus dem VW-Urteil des BGH auch nicht gedeckt.
Hi Willi,
Gegenstand des Rechtsstreites war ja der Differenzbetrag zwischen den im Gutachten aufgeführten Stundensätzen der Markenfachwerkstatt zu den geringeren der von der Beklagten genannten freien Werkstatt. Das Gericht hat, wie ich finde richtig, die Fachwerkstattlöhne der Markenfachwerkstatt auch bei fiktiver Abrechnung zugrunde gelegt. Dabei wäre es wünschenwert gewesen, wenn das Gericht die Unzumutbarkeit der Verweisung auf geringere Stundensätze breiter begründet hätte. Leider. Aber auch so schon wieder ein Urteil im Sinne des VW-Urteils.