Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
der VI. Zivilsenat hat unter Mitwirkung des Bundesrichters W. Wellner am 21. Oktober 2014 ein Urteil über die Wirksamkeit einer (Zweit-) Abtretung einer Forderung, die ursprünglich dem Unfallopfer auf Erstattung der Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall zustand, und die dieser an den Sachverständigen abgetreten hatte, der sie an ein Factoring-Unternehmen weiter abgetreten hatte, verkündet. Der VI. Zivilsenat ist der Ansicht, diese Zweitabtretung ist dann unwirksam, wenn das Factoring-Unternehmen nicht gemäß § 10 RDG registriert ist und wenn das Factoring-Unternehmen nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung trägt. Das in erster Instanz zuständige Amtsgericht Hannover hatte die streitgegenständliche Zweitabtretung noch für wirksam erachtet und der Klage des Factoring-Unternehmens überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung hat das Landgericht Hannover die Klage abgewiesen. Das LG Hannover hat die Revision zugelassen. Die Klägerin begehrt mit der Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Die Revision blieb ohne Erfolg. Lest selbt das BGH-Urteil und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 507/13 Verkündet am:
. 21. Oktober 2014
in dem Rechtsstreit
…
Die Abtretung einer Forderung (hier: des durch einen Verkehrsunfall Geschädigten auf Erstattung von Sachverständigenkosten) durch einen Sachverständigen an ein Factoring-Unternehmen, das nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 RDG in Verbindung mit § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig, wenn das Factoring-Unternehmen nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.
BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – VI ZR 507/13 – LG Hannover
. AG Hannover
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 24. Oktober 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, die ein Unternehmen für Factoring-Dienstleistungen betreibt, macht gegenüber dem beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Erstattung von Sachverständigenkosten geltend. Diese hat ein durch einen Verkehrsunfall Geschädigter an den von ihm mit der Begutachtung des Schadens beauftragten Kfz-Sachverständigen abgetreten, der seinerseits auf der Grundlage einer „Dienstleistungsvereinbarung“ vom 27. Juli 2010 die Forderung an die Klägerin abgetreten hat. Nach Ziffer 1 der überwiegend formularmäßigen „Dienstleistungsvereinbarung“ übernimmt die Klägerin für die eingereichten Forderungen den Einzug. Bei ankaufsfähigen Forderungen erfolgt der Einzug mit Vorfinanzierung und Übernahme des Ausfallrisikos. Die Auszahlung des Rechnungsbetrages der ankaufsfähigen Forderungen erfolgt nach Ziffer 2 der Vereinbarung zu (handschriftlich ergänzten) 80 % nach drei Bankarbeitstagen abzüglich der Gesamtgebühr. Ferner enthält Ziffer 2 den handschriftlichen Zusatz: „Auszahlung der restlichen 20 % erfolgt nach Zahlungseingang“.
Die Beklagte hält die Abtretungen wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (im Folgenden: RDG) für unwirksam und hat hilfsweise die Aufrechnung mit einem vermeintlichen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Sachverständigen erklärt.
Das Amtsgericht hat die Abtretungen für wirksam erachtet und der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt der Klägerin die Aktivlegitimation, weil die Abtretungsvereinbarung zwischen ihr und dem Sachverständigen gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 3 RDG nichtig sei. Eine Erlaubnis zur Erbringung von selbständigen Rechtsdienstleistungen sei der Klägerin unstreitig nicht erteilt worden. Die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Beklagten sei eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 RDG, da die Klägerin auf fremde Rechnung handele. Ausweislich ihres Internetauftritts biete sie ihre Dienstleistungen im Rahmen des Factorings dergestalt an, dass das wirtschaftliche Ergebnis dem Zedenten zu Gute kommen soll. An dem Tatbestandsmerkmal der Fremdheit ändere auch der vorgelegte Factoring-Vertrag zwischen dem Sachverständigen und der Klägerin nichts. Im Gegenteil bestätige dieser, dass die Klägerin nicht das volle Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen habe, weil die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungseingang abhängig sei.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die (Zweit-)Abtretung der Forderung durch den Sachverständigen an die Klägerin ohne Rechtsfehler wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG in Verbindung mit § 3 RDG gemäß § 134 BGB als nichtig erachtet.
1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nach § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG dürfen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG nur von Personen, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde erbracht werden.
Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 35 f., 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, „bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht“ (aaO, S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Abgrenzung darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll, wobei nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen ist, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet. Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, das heißt das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, NJW 2013, 59 Rn. 13 f., vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 46/13, NJW 2014, 847 Rn. 18 und vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 137/13, juris Rn. 18; Beschluss vom 11. Juni 2013 – II ZR 245/11, WM 2013, 1559 Rn. 3; vgl. auch OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 852).
2. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der zwischen dem Zedenten und der Klägerin geschlossenen „Dienstleistungsvereinbarung“ vom 27. Juli 2010, wonach die Klägerin als Zessionarin das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung nicht voll, sondern nur teilweise (zu 80 %) übernommen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das Revisionsgericht überprüft die Auslegung von Individualvereinbarungen durch den Tatrichter nur darauf, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Verfahrensvorschriften, anerkannte Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen und ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, aaO Rn. 12 mwN). Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor und werden von der Revision nicht aufgezeigt.
b) Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht sich nicht nur in seinem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss auf den Internetauftritt der Klägerin gestützt, sondern darüber hinaus ausdrücklich die individuelle (handschriftliche) Vereinbarung zwischen dem Zedenten und der Klägerin berücksichtigt, wonach die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungseingang abhängig ist und mithin die Klägerin – ebenso wie in den FactoringAngeboten in ihrem Internetauftritt – auch im konkreten Fall nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen hat. Hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
c) An der Beurteilung würde sich nichts ändern, wenn man der Revision darin folgte, dass die handschriftliche Zusatzvereinbarung als Fälligkeitsabrede anzusehen sei (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 46/13, aaO Rn. 21). Denn der Zedent trägt einen Teil des Bonitätsrisikos auch dann, wenn der Anspruch auf Auszahlung der restlichen 20 % mangels Zahlungseingangs niemals fällig wird. Da die Klägerin im konkreten Fall nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen hat und sie deshalb mit der Einziehung der an sie abgetretenen Forderung insgesamt eine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 RDG betreibt, kommt auch – wie die Revision in der mündlichen Verhandlung zu erwägen gegeben hat – eine Teilnichtigkeit nicht in Betracht.
3. Die Einziehung wird von der Klägerin zudem als eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. Ein solches liegt vor, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, aaO Rn. 21, und vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 46/13, aaO Rn. 29). Die Einziehung abgetretener Forderungen bildet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Hauptgeschäft der Klägerin, wovon auch die Revision ausgeht. Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 46/13, aaO Rn. 30).
Galke Wellner Diederichsen
. Stöhr v. Pentz
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 07.03.2013 – 453 C 3958/12 –
LG Hannover, Entscheidung vom 24.10.2013 – 8 S 27/13 –
Ich betrachte das Urteil des VI. Zivilsenates, an dem wieder einmal auch Herr Bundesrichter Wellner mitgewirkt hat, als eine Einzelfallentscheidung, die lediglich dieses klagende Factoring-Unternehmen betrifft. Es sind zwei Punkte, die die Abtretung an die Klägerin nichtig gemacht haben.
1. Das Unternehmen war nicht nach § 10 I 1 Nr. 1 RDG registriet.
2. Das factoring-Unternehmen hat nach dem hier entscheidenden Vertrag nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen.
Bei besserer Auswahl der – registrierten – Unternehmen und bei besserer Ausformulierung des Abtretungsvertrages dürfte das Urteil wieder Geschichte sein.
Ich sehe zwar jetzt schon wieder die allgemein gehaltenen Formulierungen „Wir halten die Abtretung für nichtig (vgl. BGH v. 21.10.14 – VI ZR 507/13 – ) und deshalb verweigern wir die Erstattung.“ So oder so ähnlich könnten demnächst die Ablehnungsschreiben bei abgetretenen Forderungen auf Erstattung der Sachverständigenkosten lauten.
Aus der Erstattungspflicht kommt der Schädiger oder dessen Versicherer aber nicht, denn bei Nichtigkeit der Abtretung hat er s o f o r t an den Geschädigten zu zahlen, denn der Schadensersatzanspruch ist sofort fällig (BGH Beschl. v. 18.11.2008 – VI ZB 22/08 – = BGH VersR 2009, 128 = ZfS 2009, 79). Gewonnen hat der Versicherer damit also gar nichts.
Ich halte das Urteil daher für einen Pyrrhus-Sieg der Versicherer, mehr nicht.
Mit Grüßen aus dem Alpenvorland
Franz H.
Gibt es durch dieses Urteil irgend ein Problem im Tagesgeschäft? Ich denke nicht.
Was sagt der Umkehrschluss:
a.) Sofern die Factoring Fa. eine Erlaubnis (nach § 10 RDG) hat = 0 Problemo
b.) Sofern ein beliebige Forderung an eine Factoring Firma (ohne Erlaubnis nach § 10 RDG) „an Erfüllungs statt“ abgetreten wird = 0 Problemo
Die Sachverständigen sind von dieser Entscheidung in keiner Weise betroffen. Sofern der Sachverständige aus abgetretenem Recht klagt (= Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG und damit KEIN Factoring) = 0 Problemo
Insbesondere b.) ist aber hochinteressant. Für abgetretene Forderungen (jeglicher Art) „an Erfüllungs statt“ braucht man offensichtlich keine Erlaubnis nach § 10 RDG!! Das ist doch eine erfreuliche Botschaft, oder?
Den einzigen Sieg, den hier irgend jemand feiern kann, ist der gewonnene BGH-Prozess. Mehr aber auch nicht. Die betroffenen Marktteilnehmer werden sich entsprechend anpassen und aufgezeigte Lücken recht schnell schließen. Da bin ich mir sicher. Der BGH hat sich zu Punkt b.) eigentlich in eine Sackgasse manövriert. Ist verdammt schwer, aus dieser Nummer wieder herauszukommen.
Was mich aber am meisten bei dieser Sache wieder erstaunt, ist die „Geheimniskrämerei“ um diesen Prozess. Es gab bisher keinerlei Hinweise darauf, dass das Thema Factoring dem BGH vorgelegt wird. Und das noch von einer Frima ohne Erlaubnis nach § 10 RDG. Seltsam, seltsam …..
Wenn man hier weiss,was nicht geht,dann weiss man auch,was geht.
Die Anwaltsdichte in der Unfallabwicklung steigt stetig dank der Herren Witte, Hebel und co.
Dass auch die Inkassobranche diese Reviere erkundet und ihre Möglichkeiten von dem Dienstleister Richter W. ausloten lässt,war vorhersehbar.
Die KFZ-Versicherer schaufeln sich so oder so ihr eigenes Grab über das Leid,welches sie über die Schadensteuerung verbreiten.
Jeder Sieg der Versicherer ist ein Phyrrussieg.
Der Richter W. hat (mal wieder) die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt, auch wenn hier ein spezieller Fall zugrunde lag, so konnte er doch zeigen, dass Verlass auf ihn ist und seine Gönner darauf bauen können.
Ziel der Übung war es wohl, das Factoring insgesamt kaputt zu machen. Das ist mit dieser Entscheidung jedoch gründlich misslungen. Nach meinem Dafürhalten führt dieses Urteil zur Stärkung der Inkassobranche. Es muss nur etwas an den Stellschrauben gedreht werden. Einen Fehler des Gerichts zu Lasten des Klägers kann ich auf die Schnelle nicht erkennen, wenn man die vorausgegangene Rechtsprechung anderer Senate bei der Beurteilung mit einbezieht.
Es liegen zwei Abtretungen vor:
1. Der Geschädigte tritt seinen (Teil-)Schadenersatzanspruch an den Sachverständigen ab.
Gegen diese Abtretung bestehen keinerlei Bedenken, weder seitens des BGH noch seitens der Vorinstanzen.
2. Der Sachverständige tritt diesen (Teil-)Schadenersatzanspruch nunmehr an ein Inkassounternehmen ab, das
a) keine Erlaubnis nach § 10 RDG besitzt und
b) nicht das volle wirtschaftliche Ausfallrisiko für die abgetretene Forderung übernimmt.
Diese Abtretung ist unwirksam.
Der BGH hat einem Factoring-Unternehmen auf die Finger geklopft, das sich nicht an die Regeln hält. Nicht mehr und nicht weniger.
Für die Sachverständigen bedeutet dies:
1. Abtretung des Geschädigten an SV problemlos möglich.
2. Bei Einschaltung von Factoring-Unternehmen darauf achten, daß eine Erlaubnis nach § 10 RDG vorliegt.
Von der rechtlichen Seite abgesehen:
Wieso glauben Sachverständige, dass ihre Ansprüche durch eine Factoring-Firma nachhaltiger verfolgt werden, als es durch die ordnungsgemäß arbeitenden Rechtsanwälte geschieht? Teurer wird es auf jeden Fall, wenn diese Firmen wiederum mit Anwaltsfirmen zusammenarbeiten, die die Kosten wie es nur geht in die Höhe treiben.
Babelfisch „Wieso glauben Sachverständige, dass ihre Ansprüche durch eine Factoring-Firma…..“
————-
Kann es sein. dass Sie das Gechäftsmodel noch nicht so richtig verinnerlicht haben? Irgendwas unklar? Es geht ja nicht nur um die Vorfinanzierung der SV-Kosten. Da geht auch noch mehr wenn der Vogt über’s Land geht.
Und die Deppen wundern sich wenn Ihnen die Klientel abhanden kommt und suchen den Fehler am Ende gar noch bei sich selbst. Glauben Sie mir, alles ein ziemlicher korrupter Sumpf.
Hallo, Babelfisch,
Deine Frage ist verständlich und Deine Beobachtungen sind richtig. Eine solche Inanspruchnahme ist in der Tat verzichtbar. In der Außenwirkung auch nicht gerade positiv zu sehen.
D.M.
@Babelfisch
„Wieso glauben Sachverständige, dass ihre Ansprüche durch eine Factoring-Firma nachhaltiger verfolgt werden, als es durch die ordnungsgemäß arbeitenden Rechtsanwälte geschieht? Teurer wird es auf jeden Fall, wenn diese Firmen wiederum mit Anwaltsfirmen zusammenarbeiten, die die Kosten wie es nur geht in die Höhe treiben.“
Ist es dem Sachverständigen zu verdenken, wenn er bereits Hundert oder mehr Prozesse wg. irgendwelchen rechtswidrigen Kürzungen seines Honorars hinter sich hat, dass er die Nase voll hat und seine Forderung dann weiter verkauft? Irgendwann will man sich auch wieder seiner eigentlichen Arbeit widmen und nicht ständig Zeit mit irgendwelchen Stellungnahmen zu verplempern, warum der km z.B. mit 1 Euro anstatt 0,70 Euro abgerechnet wurde usw..
Das nächste Problem sind „ordnungsgemäß arbeitende Rechtsanwälte“. Einen davon im erreichbaren Umfeld zu finden ist die berühmte Nadel im Heuhaufen. Die meisten versuchen doch die Sache irgendwie abzuwimmeln. Entweder soll der SV den Restbetrag ausbuchen oder der Kürzungsbetrag wird einfach beim Mandanten abgezogen, ohne dass der SV etwas davon mitbekommt. Das ist die Realität an der Front bei der Mehrzahl der Anwälte. „Ordnungsgemäß“ ist anders?
Die Mehrkosten für das Factoring Unternehmen sind Aufwandskosten, die in die Kalkulation der Sachverständigenkosten einfließen. Die Zeche bezahlt am Ende demnach die Versicherung. Die Kostenlast landet also genau an der Adresse, durch die der Schlamassel verursacht wurde.
Factoring hat nur dann Erfolg, wenn es genügend zahlungsunwillige Schuldner gibt und Gläubiger, die keinen Bock mehr haben, sich ständig selbst um die Sache zu kümmern.
Genau das ist bei den Sachverständigenkosten der Fall. Durch das „Outsourcen“ der Kostenrechnung hat der Sachverständige wieder den Rücken frei und mehr Raum für seine eigentlichen Aufgaben. Unterm Strich also ein lohnendes Geschäft für den Sachverständigen.
Nur so am Rande: Ich bin eigentlich kein Fan des Factoring!
@Paulchen: wenn er sie dann verkaufen würde, die Verträge mit den Factoringfirmen sehen das Risiko des Rechtsstreits jedoch dann beim SV. Das ist ja gerade der Punkt, den der BGH für besonders wichtig hielt. Die Factoring-Verträge sehen regelmäßig vor, dass die Forderung auch existiert. So blöd ist kein Factoring-Anbieter, dass er die Forderungen auf eigene Kosten einklagen muss. Der ist ohne Risiko draußen.
Die Forderung allerdings zu kaufen und dann im Falle des Rechtsstreits dann doch nicht für die Kosten gerade stehen zu wollen, haut eben nicht hin.
Und dann kommt nämlich der Boomerang für den SV:
– Forderung zu einem geringeren Wert verkauft
– Versicherer zahlt nicht und der Factoring-Anbieter steht wieder auf der Matte
– entweder aus eigener Tasche ausgleichen oder Rechtsanwaltsbeauftragung abnicken
– im Falle der Klagabweisung das Pottmaneh richtig weit aufmachen
BTW: bei den Anwälten, die für Factoring-Unternehmen tätig sind, handelt es sich gemeinhin NICHT um versierte Verkehrsrechtsanwälte. DIE haben mit Sicherheit keine Lust, ausschließlich gekürzte Honorarforderungen gerichtlich geltend zu machen. Über dieses Thema haben wir hier schon häufig diskutiert und festgestellt, dass es eben für einen Rechtsanwalt nicht wirtschaftlich ist, für Sachverständige ausschließlich in Honorarkürzungsangelegenheit tätig zu werden.
@Babelfisch
Hört sich ja schlimm an. Da bekommt man es ja richtig mit der Angst zu tun? Böses, böses Factoring.
Ich kenne das jedenfalls anders. Auch was die Qualität der Anwälte betrifft.
Wie bei jedem Geschäft gibt es wohl auch hier die Spreu sowie den Weizen.
Der Schadenvorfinanzierung gehört die Zukunft. Auch wenn ich Factoring nicht mag.
@Paulchen
Der Schadenvorfinanzierung gehört die Zukunft: Diese Meinung teile ich!!
Die auf Sachverständigen-Honorare spezialisierten Factoringanbieter haben auch Juristen im Haus, die Kürzungen von Rechnungen gegen Versicherungen mit Sachverstand und Einsatz durchsetzen. Bei der Auswahl des Partners sollte man fragen, wer die Rechnungsdurchsetzung macht.
@HardRock56
Schadenvorfinanzierung ja.
Aber nicht das Sachverständigenhonorar aus abgetretenem Recht durch eine Factoring Firma. Dieser Weg ist out (BGH VI ZR 357/13). Nach der obigen BGH-Entscheidung sowieso.
Welche Factoring-Firma trägt das volle Risiko und vor allem, wie lange wird das wohl funktionieren, wenn die mit VI ZR 357/13 bei diversen „Döskappengerichten“ ein paar mal ordentlich auf die Nase gefallen sind?
Vorfinanzierung des vollständigen Sachverständigenhonorars geht nur durch die Vorschusszahlung der Versicherung oder andere Vorfinanzierung. Notfalls, indem der Geschädigte den gekürzten Betrag zuerst einmal selbst an den Sachverständigen bezahlt. Denn nur noch die Klage des Geschädigten auf bezahlte Rechnungen, vorzugsweise gegen den Unfallgegner (VN), ist nahezu risikolos (VI ZR 225/13). Alles andere ist mit erheblichen Risiken belastet.
Das BGH-Urteil VI ZR 357/13 ist zwar ein versicherungsgesteuertes Pamphlet mit jeder Menge (erschreckender) Rechtsfehler – aber viele Amtsrichter haben einfach keine Zeit oder Lust, sich in die Materie entsprechend einzuarbeiten.
Es verwundert immer wieder, wie wenig die BGH-Urteile gelesen oder verstanden werden.
@Paulchen
Ich widerspreche! Die Vorfinanzierung aus abgetretenem Recht durch eine Factoring-Firma ist der einzige Weg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kunden auf die Zahlung von Kürzungsbeträgen angesprochen werden. Ganz spannend finde ich die Idee, dass Versicherungen vorfinanzieren, um dann in Ruhe auf Klagen der SV zu warten.
Zur BGH Entscheidung. Der BGH hatte einen Fall vorliegen, wo ein Factoring-Anbieter die Rechnung nur zu 80% angekauft hat und dadurch nicht das volle Risiko übernommen hat. Die Klage ging dann verloren, weil er keine Inkassozulassung nach RDG hatte. Die klagende Factoringgesellschaft hat sich hier eine bestehende Gesetzeslage durch den VI. Senat erläutern lassen und war damit sicherlich nicht gut beraten.
Kauft eine Factoringgesellschaft eine Rechnung zu 100% an, so trägt sie auch das Ausfallrisiko des Schuldners zu 100%. Dabei geht es um die Bonität das Schuldners und nicht um die Durchsetzungsfähigkeit bezüglich der Rechnungshöhe.
Im Übrigen gibt es einen Factoring-Anbieter in Köln, der sich auf Sachverständige und Werkstätten spezialisiert hat. Der kauft Rechnungen zu 100% an, hat eine Inkassozulassung und bietet sogar an, Kürzungen von Versicherungen auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten einzuklagen.
@HardRock56
„Die Vorfinanzierung aus abgetretenem Recht durch eine Factoring-Firma ist der einzige Weg.“
Ja, der einzige Weg, den man nach VI ZR 357/13 auf alle Fälle nicht mehr gehen sollte.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kunden auf die Zahlung von Kürzungsbeträgen angesprochen werden.“
Warum nicht? Nach VI ZR 225/13 fast ein Selbstläufer. Für den Geschädigten darüber hinaus 100% sicher, sofern der Sachverständige entsprechenden „Rechtsschutz“ garantiert.
„Im Übrigen gibt es einen Factoring-Anbieter in Köln, der sich auf Sachverständige und Werkstätten spezialisiert hat. Der kauft Rechnungen zu 100% an, hat eine Inkassozulassung und bietet sogar an, Kürzungen von Versicherungen auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten einzuklagen.“
Entweder macht diese Firma bei den SV-Kosten aus abgetretenem Recht bei der Auszahlung an den Sachverständigen einen Risikoabzug von 20% oder die sind in einem Jahr platt. Darauf kann man wetten. Was nützt die Bonität des Schuldners, wenn es jede Menge Richter gibt, die rechtswidrige Kürzungen vornehmen und sich dabei auf VI ZR 357/13 berufen? Wenn man die Urteile bei CH gelesen hat, dann weiß man, dass 20% Abzug wohl eher die untere Messlatte sein dürfte. Factoring Unternehmer sind keine barmherzigen Traumtänzer, sondern nüchtern rechnende Kaufleute. Sollten sie zumindest sein.
@HardRock56
ja genau,das ist doch der Anbieter der gnadenlos unwirksame Abtretungen verwandt hat,reihenweise deshalb bei Gerichten „baden“gegangen ist und dann noch die Frechheit besessen hat,die abgewiesenen Klagebeträge bei den SV wieder zu regressieren.
Lachnummer sondersgleichen!!
Hallo Paulchen
da bin ich grundsätzlich Deiner Meinung.
Die Instanzgerichte verweigern aber aktuell dem Vorturner beim sechsten Senat den Applaus,weil die Show mit gravierenden Patzern behaften war,siehe jüngst LG Giessen und Frankfurt hier im Blog.
Weitere werden folgen.
Indizwirkung nur bei bezahlter Rechnung ist dogmatischer Nonsens und verstösst gegen den Gleicheitssatz des GG.
Ebenso ist der Weg weg von §254 BGB und hin zu einer „Erforderlichkeitsprüfung“ nicht mit den Gesetzesmotiven zu §249 II,1 BGB vereinbar(vgl.Weber in VersR 1990,934ff)—sehr lesenswert!
Auch seine These,der Sachverständige mache Aufwendungsersatz und nicht Werklohn für seine Arbeit geltend,ist juristisch nicht haltbar.
Der Vorturner ist deshalb gerade dabei seinen guten Ruf zu ruinieren,verplappert sich in Kaffeepausen so dermassen deftig,dass seine Befangenheit unübersehbar wird und das wird wohl bald in den Teilnehmerzahlen an seinen Veranstaltungen zum Ausdruck kommen.
Weiß denn Frau Bettina Limperg was in ihrer Firma vor sich geht?