Mit Urteil vom 25.03.2010 (2 C 662/09 (10)) hat das AG Eschwege die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 519,97 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und schließt die Fraunhofer Tabelle aus.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage hat überwiegend, allerdings nicht in vollem Umfang Erfolg.
Die Klägerin hat aus §§ 398 BGB, 7 Abs. 1, 18 StVG, 115 VVG einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz, da mit der vorgerichtlich erfolgten Regulierung der Mietwagenkosten durch die Beklagte zu 2) nicht der gesamte Schaden der Unfallgeschädigten ersetzt worden ist. Zur Bemessung der Schadenshöhe gilt Folgendes:
Der Unfallgeschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit herzuleitenden Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen Markt – nicht für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann (st. Rspr; etwa BGH NJW 2009, 58 f.).
Zur Bemessung der Schadenshöhe übt das Gericht das ihm nach § 287 ZPO zustehende Ermessen – ebenfalls im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – dahin aus, dass auf die Daten der Schwacke-Liste zurückgegriffen werden kann. Die von den Beklagten hiergegen erhobenen Einwände beziehen sich nicht auf den konkreten Fall, sondern sind allgemeiner Natur, zeigen insbesondere keine konkreten Tatsachen auf, aus denen sich Mängel als Schätzungsgrundlage für den konkret zu entscheidenden Einzelfall herleiten lassen. Das Verteidigungsvorbringen beschränkt sich vielmehr auf die pauschale Geltendmachung struktureller Schwächen der Schwacke-Listen. Der gleichzeitige Verweis auf die Erhebung des Fraunhofer Instituts hilft nicht weiter. Abgesehen davon, dass auch gegen diese Erhebung Angriffe geführt werden, ist die Methode dieses Instituts bedenklich, nach welcher nur die Preise für eine Anmietung in der jeweils nächsten Woche abgefragt werden (näher hierzu LG Kassel, Urteil vom 10.12.2009, 1 S 231/09).
Weiterhin sind die Ansatz gebrachten Kosten für eine Vollkaskoversicherung berechtigt. Insoweit ist unerheblich, ob das geschädigte Fahrzeug vollkaskoversichert war. Denn bei Anmietung eines fremden und damit im Fahrverhalten nicht vertrauten Fahrzeugs, das regelmäßig auch jüngeren Zulassungsdatums ist, besteht ein Interesse des unfreiwillig in diese Lage geratenen Geschädigten, eine Haftung auszuschließen, und zwar unabhängig davon, ob er sein beschädigtes Fahrzeug seinerseits entsprechend versichert hatte (vgl. LG Kassel a. a. O.). Dass für das Mietfahrzeug eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde, geht aus dem schriftlichen Mietvertrag hervor; das reine Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen genügt bei dieser Sachlage nicht. Die Kosten für „Zustellung“ sind berechtigt und durch die Klägerin unwidersprochen damit gerechtfertigt worden, dass das Mietfahrzeug mit zwei Fahrern zugestellt wurde.
Unberechtigt ist nach Ansicht des Gerichts dagegen vorliegend ein Aufschlag auf den Normaltarif. Ob ein solcher Aufschlag berechtigt ist, hängt davon ab, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen. Dieser kann der Höhe nach auch durch pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif vorgenommen werden. Hier trägt die Klägerin zwar unwidersprochen vor, dass es sich um eine Kreditvermietung handelt, zumindest die Mehrwertsteuer vorfinanziert werden müsse und die Unfallgeschädigte den Mietzins nicht im Voraus entrichten musste oder Sicherheiten zu stellen hatte. Dieser Sachverhalt rechtfertigt einen Aufschlag aber nicht. Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob dieses Vorbringen selbst unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Darlegungslast überhaupt hinreichend fallbezogen und substanziiert ist, ist festzuhalten, dass die Unfallgeschädigte erst am 04.05.2009 und damit fünf Tage nach dem Unfallereignis einen Ersatzwagen anmietete. Bei dieser Sachlage kann unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nach § 249 BGB nicht davon ausgegangen werden, dass die Unfallgeschädigte die einen Aufschlag rechtfertigenden Mehrleistungen hätte in Anspruch nehmen müssen.
Stattdessen ist vorliegend sogar ein Abschlag wegen ersparter Eigenaufwendungen vorzunehmen. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Geschädigte nur eine verhältnismäßig geringe Strecke zurückgelegt hat, wird dies bei der Bemessung der Höhe eines Abschlags berücksichtigt, steht dem Abschlag als solchem aber nicht entgegen. Wenn die Klägerin weiterhin darauf abhebt, dass sie ein Fahrzeug rangniedriger Klasse angemietet hat, hat sie zwar im Ansatz damit Recht, dass diese Tatsache einen Abschlag ausschließen dürfte. Diese Betrachtung lässt aber unberücksichtigt, dass die Vergleichsrechnung der Klägerin nach der Schwacke-Liste sich an einem Fahrzeug der Klasse 4 – und damit gerade nicht nach der rangniedrigeren Klasse 3 – orientiert. Dann aber steht der Zulässigkeit eines Abschlags nichts entgegen. Das Gericht schätzt diesen der Höhe nach auf 5% der Werte des Normaltarifs.
Nach allem berechnet sich der zu ersetzende Schaden wie folgt.
1 Woche: 411,22 EUR
3 Tage: 219,33 EUR
2 Tage: 149,58 EUR
Zwischensumme: 780,13 EUR
Abschlag 5%: 39,00 EUR
Zwischensumme: 741,13 EUR
1 Woche Vollkasko: 123,51 EUR
3 Tage Vollkasko: 55,46 EUR
2 Tage Vollkasko: 36,97 EUR
Zustellung: 17,85 EUR
Zwischensumme: 974,92 EUR
19% Umsatzsteuer: 185,23 EUR
Zwischensumme: 1.160,15 EUR
Abzgl. Anzahlung: 640,18 EUR
Restbetrag: 519,97 EUR
Zinsen auf diesen Betrag stehen der Klägerin aus §§ 291, 288 BGB zu. Für einen früheren Verzugseintritt ist nichts vorgetragen. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind dem Grunde nach aus den eingangs zitierten Normen erstattungsfähig, der Höhe nach jedoch nur teilweise zu ersetzen, nämlich ausgehend von einem Streitwert von 519,97 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Berufungsgerichts auch weder zur Rechtsfortbildung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf. Es war vielmehr eine Entscheidung zu treffen, welche auf den Besonderheiten des Einzelfalls beruhte und die keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen grundsätzlicher Art zum Gegenstand hatte.
Streitwert: 715,86 EUR.
Soweit das AG Eschwege.