Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,
nachfolgend geben wir Euch hier ein Urteil aus Hamburg-Bergedorf zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. In diesem Rechtsstreit war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter a.G., die meinte, eigenmächtig und ohne Rechtsgrundlage die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Diese Entscheidung zeigt, wie schwer es nach BGH VI ZR 357/13 geworden ist, die restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht durchzusetzen. Der junge Richter müht sich umfangreich mit BVSK um die Angemessenheit. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatsche-Tchon aus 22041 Hamburg.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-Bergedorf
Az.: 410d C 123/13
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
gegen
HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Sprecher Herrn Dr. Wolfgang Weiler, Lange Laube 20, 30691 Hannover
– Beklagte –
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf – Abteilung 410d – durch den Richter H. am 21.11.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 94,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.04.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.08.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 94,36 € festgesetzt.
Tatbestand
(abgekürzt gemäß § 313a ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 398 BGB ein Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 94,36 € zu.
Die Haftung der Beklagten für die dem Geschädigten / Zedenten aus dem Verkehrsunfall vom 02. März 2013 entstandenen Schäden dem Grunde nach zu 100 % ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Geschädigte hat seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch wirksam gemäß § 398 BGB an den Kläger abgetreten. Das von dem Geschädigten unterschriebene Vertragsformular des Klägers (auf Anlage K1 wird Bezug genommen) beinhaltet eine wirksame Abtretungsvereinbarung im Sinne des § 398 BGB. Dort sind sowohl der Zedent als auch der Zessionar bezeichnet. Aus der Überschrift ist erkennbar, dass die Forderung an den Kläger abgetreten werden sollte. Unter der deutlich erkennbaren Unterüberschrift „Abtretung (erfüllungshalber) / Zahlungsanweisung“ ist deutlich erklärt, dass die Abtretung an das oben genannte bzw. beauftragte Kfz-Sachverständigenbüro, nämlich das des Klägers, erfolgen soll. Im Kopf des Formulars ist ausschließlich der Kläger als Sachverständiger benannt. Die von der Beklagten behauptete Unvollständigkeit, aus welcher eine Unwirksamkeit der Abtretung folgen soll, vermag das erkennende Gericht nicht zu sehen.
Die vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 685,96 € netto (816,29 € brutto), sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts erforderlich im Sinne des §249 Abs. 2 BGB.
Ein Geschädigter kann von dem Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Der Geschädigte darf sich bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014, Az.: VI ZR 225/13). Indes ist der vom Geschädigten aufzuwendende Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: VI ZR 357/13).
Gemessen an diesen Maßstäben hatte der Zedent gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 685,96 € netto (816,29 € brutto), auf die die Beklagte bislang nur 561,60 € (gemeint sind nach dem Sach- und Streitstand wohl 591,60 €) gezahlt hat, so dass also noch ein Zahlungsanspruch von jedenfalls 94,36 € besteht. Weder die Höhe des Grundhonorars noch die Nebenforderungen liegen erkennbar erheblich über den üblichen Preisen. Das erkennende Gericht hält den HB V- Korridor der (nach Kenntnisstand des Gerichts zur Zeit des Unfalls im März 2013 noch aktuellen) BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch der Nebenkosten für eine geeignete Vergleichsgrundlage.
Wie der Rechnung vom 06. März 2013 (Anlage K4) zu entnehmen ist, bewegen sich alle Rechnungspositionen innerhalb des Korridors bzw. liegen sogar unterhalb. So markiert das angesetzte Grundhonorar mit 507 € hier – bei einer Schadenshöhe von bis zu 5.000 € netto (hier handelte es sich um 3.770,89 € Netto-Reparaturkosten zzgl. 1.000 € Wertminderung) – die untere Grenze des Korridors. Die Beanstandung der Beklagten im Hinblick auf die berechneten Schreibkosten je Kopie vermag nicht zu verfangen. So sieht der HB V- Korridor für diese Kosten eine Spanne von 2,28 € bis 2,80 € je Kopie vor, so dass die angesetzten 2,28 € je Kopie die untere Grenzen markieren. Auch können diese Kosten nach Auffassung des erkennenden Gerichts gesondert als Nebenkosten geltend gemacht werden, zumal nicht bestritten wird, dass diese Kosten angefallen sind. Auch weist die BVSK-Honorarbefragung diese Kosten als gesonderte Nebenkosten aus.
Der Vortrag, die Kosten für einen zweiten Fotosatz könnten nicht verlangt werden, da dieser für die Schadensregulierung nicht erforderlich war, vermag ebenfalls nicht zu verfangen. Es ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zu beanstanden, sowohl dem Geschädigten als auch der Versicherung eine Ausfertigung des Gutachtens zur Verfügung zu stellen. Soweit moniert wird, dass einzelne Fotos nicht erforderlich waren, vermag die Beklagte damit ebenfalls nicht durchzudringen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, wenn aus Beweissicherungsgründen auch Fotos gefertigt werden, die lediglich den Kilometerstand und die Fahrgestellnummer dokumentieren. Der Vortrag, die Fotokosten seien überhöht, vermag ebenfalls nicht zu verfangen. Die angesetzten Kosten für Fotos, sowohl für den ersten Fotosatz als auch für die weiteren Fotos, liegen im Korridor. Auch kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts die Kommunikationspauschale verlangt werden. So weist auch die BVSK-Honorarbefragung als Nebenkosten eine Pauschale für Porto und Telefonkosten aus. Der Höhe nach liegt die angesetzte Pauschale sogar unter den Korridorwerten. Die gesonderte Berechnung von Portokosten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es wird nicht bestritten, dass diese angefallen sind. Im Grundhonorar sind diese nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht enthalten. Soweit Kosten für eine Restwertanfrage bestritten werden, geht dies ins Leere. Derartige Kosten wurden bereits nicht abgerechnet. Die Übrigen Rechnungspositionen sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
Eine Anspruchskürzung kommt auch nicht deswegen in Betracht, weil die Nebenkosten über 35 % des Grundhonorars ausmachen. Es wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass der Zedent von vornherein hätte erkennen können, dass der Kläger nach Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde. Allein weil die Nebenkosten etwa 35 % des Grundhonorars ausmachen, fallen sie nicht aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrags (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014, Az.: VI ZR 225/13, wo die Nebenforderungen – nach Berechnung des erkennenden Gerichts – einen weit höheren Prozentanteil im Verhältnis zum Grundhonorar ausgemacht haben).
Zudem ist ein etwaiger Verstoß des Zedenten gegen seine Schadensminderungspflicht nicht ersichtlich.
Zinsen auf die Hauptforderung schuldet die Beklagte gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB seit dem 06. April 2013. Am 05. April 2013 zahlte die Beklagte – nach unbestrittenem Vortrag – 561,60 € und verweigert eine weitere Zahlung mit dem Hinweis, dass „das Honorar den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung gem. § 249 BGB übersteigt“. Hierin ist Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu sehen.
Aus dem Gesichtspunkt des Verzugs hat die Beklagte dem Kläger auch die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 39 € gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu erstatten. Der Kläger, der nach Verzugseintritt die Beklagte nach dem Sach- und Streitstand noch nicht wieder gemahnt hatte, durfte seine Prozessbevollmächtigte zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Klageforderung beauftragen. Er musste nicht von vornherein davon ausgehen, dass die Beklagte sich der Argumentation der Klägervertreterin verschließen und in jedem Fall einen gerichtlichen Rechtsstreit austragen werde. Der Vortrag der Beklagten, es sei eine unzulässige Aufteilung eines Gesamtauftrages erfolgt, vermag nicht zu verfangen. Der Kläger hat seinen gesamten Anspruch geltend gemacht und nicht aufgeteilt. Dass im Falle der Abtretung ggf. eine Klagesumme in mehreren Teilbeträgen geltend gemacht wird, ist dem vom Gesetz vorgesehen Institut der Abtretung immanent. Es ist nicht so, dass nach einer Teilabtretung die unterschiedlichen Forderungsinhaber verpflichtet wären, den gleichen Anwalt einheitlich mit ihrer Interessenvertretung zu betrauen (vgl. AG Hamburg-Bergedorf, Urteil v. 05. September 2013, Az.: 410c C 57/13). Im Übrigen hat die Beklagte auch gar nicht vorgetragen, dass noch andere Forderungen aus dem Verkehrsunfall vom 02. März 2013 gegen sie geltend gemacht werden.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 288, 291 BGB.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 ZPO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Auch der Richter des AG Hamburg-Bergedorf hat erkannt, dass die Argumentation der HUK-Coburg-Vers .in´s Blaue hinein erfolgte und damit schadersatzrechtlich nicht nachvollziebar ist.
Damit hat er auch das Kürzungsschreiben der HUK-Coburg als unwahr und irreführend entlarvt, obwohl -wie gerade aktuell auf captain-huk -dargeboten – dieses äußerst raffiniert erstellt wurde.
Ein Ferienritt auf einem Esel in Griechenland ist immer noch erholsamer als ein beschwerlicher Ritt im Nebenkostenbereich.
Hoffentlich hinterfragt demnächst ein Gericht mal dezidiert, was denn in Einzelpositionen einer Rechnung schadenersatzrechtlich nicht erforderlich gewesen sein soll, denn die Antwort dürfte vielleicht bezüglich des Bestreitens Klarheit schaffen.
HUK-Observer