Hier ein Schriftwechsel zur (unvollständigen) Schadenregulierung der VHV Versicherung bezgl. der Sachverständigenkosten.
Schreiben der VHV an den Sachverständigen vom 26.11.2014:
Sehr geehrter Herr … !
Die Abrechnung des Schadens nehmen wir wie folgt vor:
Sachverständigengebühren 679,98 EUR
Die Zahlung erfolgt per Scheck.
Ihre Rechnung haben wir nur teilweise ausgeglichen, da das Honorar nach unserer Auffassung den zur Schadenbeseitigung erforderlichen Kostenaufwand übersteigt (Paragraph 249 Abs. 2 BGB).
Es können nur die Kosten erstattet werden, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH VI ZR 67/06 vom 23.01.2007).
Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zur Marktforschung nach einem möglichst preisgünstigen Sachverständigen verpflichtet. Allerdings verbleibt für ihn damit das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, dessen Kosten die Grenzen des zur Wiederherstellung Erforderlichen überschreiten.
Wir weisen darauf hin, dass der Einwand der Kostenüberschreitung im Zusammenhang mit der Gutachtenerstellung auch nach dem Urteil BGH VI ZR 255/13 vom 11.02.2014 gegenüber dem Sachverständigen selbst weiterhin möglich ist (OLG Dresden 7 U 111/12 vom 19.02.2014).
Mit freundlichen Grüßen
VHV Allgemeine Versicherung AG
Schreiben des Sachverständigen an die VHV vom 04.12.2014:
Sehr geehrte Frau … ,
in oben genannter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf Ihr Schreiben vom 26.11.2014.
Wie Sie unserer Rechnung entnehmen können, akzeptieren wir keine Schecks, daher senden wir Ihnen den überlassenen Verrechnungsscheck zu unserer Entlastung zurück.
Des Weiteren stellen wir fest, dass das in Rechnung gestellte Honorar keinesfalls den „erforderlichen“ Aufwand zur Schadenbeseitigung gemäß § 249 BGB übersteigt. Der BGH stellt in seinem Urteil vom 11. Februar 2014, Az: VI ZR 225/13 fest, dass der Geschädigte seiner Darlegungslast durch Vorlage einer Rechnung des von ihm beauftragten Sachverständigen genügt. „Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages.“ Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Des Weiteren hat der BGH in seinem Urteil vom 11. Februar 2014, Az: VI ZR 225/13 festgestellt, dass den Nachweis für einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu erbringen hat. Hierzu haben Sie in Ihrem Schreiben vom 26.11.2014 nichts vorgetragen.
Soweit Sie sich auf diese – immer wieder gern aus dem Kontext gerissenen – Zitate der Textstellen des BGH zum verbleibenden Risiko des Schädigers beziehen, offenbart sich Ihr fehlendes Rechtsverständnis und führt im vorliegenden Fall aus den oben bereits genannten Gründen nicht weiter.
Aufgrund des BGH-Urteil Az: VI ZR 225/13 vom 11. Februar 2014 steht außer Frage, dass die Kürzung der Rechnung rechtswidrig ist.
Des Weiteren weisen wir auf die Entscheidung des BGH vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06 hin, in dem ausdrücklich hervorgehoben wird, dass weder Sie als Haftpflichtversicherer des Schädigers, noch das Gericht berechtigt sind im Schadenersatzprozess nach § 249 BGB, somit im Schadenersatzrecht, eine Preiskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars.
Im Übrigen verweisen wir auf die Urteile der Amtsgerichte Rosenheim Az.: 18 C 113/13 vom 01.08.2013, Regensburg Az.: 3 C 487/14 vom 27.5.2014, Stade Az.: 61 C 411/14 vom 15.07.2014, Heinsberg Az.: 18 C 227/14 vom 06.10.2014, AG Hamburg-Barmbek Az.: 814 C 139/14 vom 16.10.2014 und St. Wendel Az.: 4 C 535/14 (55) vom 21.10.2014, in dem die VHV Allgemeine Versicherung AG, als Partei unterlegen ist und damit bestätigt wurde, dass Ihre Ansicht hinsichtlich der von Ihnen auch hier vorgenommenen Abrechnung unzutreffend ist.
Insbesondere möchten wir Sie auf unsere obsiegenden Urteile des Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2-01 S 213/13 vom 02.06.2014 und Az.: 2-01 S 164/13 vom 05.09.2014, sowie unser obsiegendes Urteil des Landgericht Gießen, Az.: 1 S 84/14 vom 15.09.2014 hinweisen, in dem der Versicherer des Schädigers als Partei unterlegen ist. Diese landgerichtlichen Urteile bestätigt ebenfalls, dass die von Ihnen auch hier vorgenommene Abrechnung rechtswidrig ist.
Wir fordern Sie hiermit unter Fristsetzung bis zum 18.12.2014 auf, den Rechnungsbetrag in Höhe von 858,30 € auf das Ihnen bekannte Konto zu überweisen.
Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass wir bei fruchtlosem Fristablauf unseren Honoraranspruch ohne weitere Ankündigung klageweise geltend machen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Schreiben der VHV an den Sachverständigen vom 11.12.2014:
Sehr geehrter Herr … !
Die Abrechnung des Schadens nehmen wir wie folgt vor:
Sachverständigengebühren 679,98 EUR
Die Zahlung erfolgt per Überweisung.
An unserer begründeten Kürzung halten wir fest.
Mit freundlichen Grüßen
VHV Allgemeine Versicherung AG
Schreiben des Sachverständigen an die VHV vom 15.12.2014:
Sehr geehrte Frau … ,
bitte teilen Sie uns, unter Fristsetzung bis zum 22. Dezember 2014, die ladungsfähige Anschrift Ihres Versicherungsnehmers mit.
Wir beabsichtigen den Restbetrag unserer Sachverständigenrechnung bei Ihrem Versicherungsnehmer, Herrn S., geltend zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Schreiben der VHV an den Sachverständigen vom 17.12.2014:
Sehr geehrter Herr … !
Uns liegt Ihr Schreiben vom 15.12.2014 vor.
Die Schadenregulierung wurde wahlweise direkt mit uns vorgenommen, dabei bleibt es bis zur abschließenden Regulierung.
Insofern führen Sie auch die streitige Auseinandersetzung bitte ausschließlich mit unserer Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
VHV Allgemeine Versicherung AG
Schreiben des Sachverständigen vom 22.12.2014 an die Kfz-Zulassungsstelle:
Sehr geehrte Damen und Herren,
gemäß § 39 Abs. 1 StVG benötigen wir zur Geltendmachung restlichen Schadenersatzanspruches aus abgetretenem Recht, die Halterdaten des Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen: … zum 02.11.2014.
Der gegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich am 02.11.2014 um …. Uhr in … .
Sollten die Halterdaten zum Tag des Verkehrsunfalles nicht mit den Daten des Versicherungsnehmers übereinstimmen, teilen Sie uns bitte zusätzlich den Namen und die Anschrift des Versicherungsnehmers mit.
Ich bitte Sie, mir die benötigten Daten per Fax unter… oder per Email unter … mitzuteilen. Einen Verrechnungsscheck über einen Betrag in Höhe von 5,10 € haben wir diesem Schreiben beigelegt.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Soweit der derzeitige Sachstand.
Wieder ein Fall, der zeigt, wie schwer es heutzutage ist, berechtigte Schadensersatzforderungen bei zahlungsunwilligen Versicherern beizutreiben. Das o.a. Verhalten gibt es natürlich nicht nur bei den Sachverständigenkosten, sondern wird seitens vieler Versicherer auch bei anderen Schadenspositionen in genau dieser Art praktiziert. Der Fall zeigt sehr eindrucksvoll, dass es völlig sinnlos ist, nach Kürzungen des Versicherers irgendwelchen weiteren Schriftverkehr zu führen. Mit dem Schreiben der VHV vom 17.12.2014 werden auch Gerichte Lügen gestraft, die die Kosten für die Halteranfrage abweisen, da der Gläubiger die entsprechenden Daten beim zuständigen Versicherer kostenlos hätte abfragen sollen oder können. Wie wir sehen, wurde auch dieser Wunsch von der Versicherung verweigert.
Eine straffe Schadenregulierung – ohne den o.a. Aufwand – geht heutzutage (leider) nur noch mit der Keule. Nachdem die Versicherung die Schadenregulierung teilweise oder vollständig verweigert hat, sollte man das Buch mit der Versicherung schließen und sofort den Schadenverursacher auf die Restbeträge in Anspruch nehmen.
Wie sich inzwischen gezeigt hat, führt auch der außergerichtliche Schriftverkehr mit den Versicherungsnehmern nicht sofort zum gewünschten Ergebnis, da sich auf diese Schreiben meist wieder die gegnerische Versicherung meldet. Die zügige Schadenregulierung wird nur erreicht, sofern man nach Kürzungen durch den Versicherer den Schadenverursacher sofort mit einer entsprechenden Klage konfrontiert.
Einige sind zwar immer noch der Meinung, dass man sich zuerst außergerichtlich mit dem Versicherungnehmer der gegnerischen Versicherung auseinandersetzen sollte. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass dies in den meisten Fällen pure Zeitverschwendung ist.
Nur die Klage gegen die Kunden der Versicherer wird langfristig zu einem Strategiewechsel bei den Versicherern führen. Klagen gegen Versicherer sind als Langzeitstrategie hingegen völlig sinnlos, wie man bestens am Beispiel der HUK Coburg erkennen kann. Der „Kürzungsterrorismus“ zu den Sachverständigenkosten wird dort schon seit Jahrzehnten geführt, obwohl es dazu schon mehrere tausend Gerichtsurteile gegen die Firmengruppe der HUK Coburg gibt. Denen ist es doch völlig egal, ob noch einige tausend verlorene Prozesse dazukommen? Völlig anders sieht es jedoch aus, sofern man an das „Eingemachte“ der HUK Coburg geht. Wenn man deren Kunden ins Zentrum der Schadenregulierung rückt, kann man plötzlich jede Menge Empfindlichkeiten bei dem „sturen Bock“ erkennen. Und das nicht nur bei den Sachverständigenkosten, sondern bei allen Kürzungspositionen, wie z.B. bei der fiktiven Abrechnung, bei der Wertminderung, den Mietwagenkosten, dem Nutzungsausfall usw.
Hallo Hans Dampf,
die VHV hat offenbar die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Abgesehen von der falschen Interpretation der BGH-Urteile sowie der Rchtsprechung des OLG Dreden im Kontext zu dem BGH-Urteil und dem zeitlichen Ablauf, gebraucht die VHV auch noch falsche Begriffe, die sie offenbar von der HUK-COBURG übernommen hat. Es gibt keine Sachverständigengebühren. Auch der BGH gebraucht das Wort „Sachverständigenkosten“. Geht das nicht in die Köpfe der Versicherer?
Im übrigen ist der Schriftverkehr, den ich auf ein Schreiben an das Straßenverkehrsamt der kreisfreien Stadt oder des Landkreises beschränkt hätte, viel zu arbeits- und zeitintensiv. Das haben die Versicherer gar nicht verdient. Wenn die eintrittspflichtige Kfz-Hftpflichtversicherung nach dem qualifizierten Aufforderungsschreiben nicht oder nur unzureichend reagiert, sofort den Schädiger, der aus §§ 7, 17 StVG, 823, 249 BGB direkt gegenüber dem Unfallopfer haftet, in Anspruch nehmen!
Mit dem Versicherer hat das Unfallopfer nur einen weitren Regulierungsverpflichteten dazugewonnnen. Es steht ihm aber frei, nur den Schädiger zu verklagen. Davon sollte viel mehr Gebrauch gemacht werden.
Mit freundliche Grüßen
Willi Wacker
—also wenn ich zwei Gesamtschuldner habe und weiss schon im Vorfeld,dass der Eine von Beiden eine bestimmte Schadensposition rechtswidrig kürzen wird,dann nehme ich doch gleich den Anderen gem. §421 S.1 BGB in Anspruch.Teilleistungen muss ich mir nicht antun,vgl. §266 BGB.
Klingelingelingelts?