Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,
bei so viel Lob aus Anlass meines 2000. Beitrages im Captain-Huk-Blog bin ich ja praktisch gezwungen, weiterzumachen. Daher gebe ich Euch heute ein positives Urteil aus Coburg zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG auf der Grundlage des BGH-Urteils vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – bekannt. Geklagt hatte die geschädigte Leasinggesellschaft. Sie war mit ihrer Klage vor dem Heimatgericht der HUK-COBURG erfolgreich. Die erkennende Amtsrichterin des AG Coburg hat sich dabei nicht nach dem größten Arbeitgeber der Stadt gerichtet, sondern ihre Entscheidung im Wesentlichen an den beiden Grundsatzurteilen des BGH zu den Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall, nämlich BGH VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13 (veröffentlicht unter anderem in NJW 2007, 1450 ff. und NJW 2014, 1947 ff.), orientiert. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare auch zu diesem Urteil ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Coburg
Az.: 12 C 356/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
…
– Beklagte
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Coburg durch die Richterin am Amtsgericht K. am 25.06.2014 auf Grund des Sachstands vom 04.06.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 80,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.10.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 80,98 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
Aufgrund des Verkehrsunfalls, für den die Beklagte dem Grunde nach vollständig eintrittspflichtig ist, steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 80,98 € gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 249 ff. BGB zu.
Die mit Rechnung vom 27.08.2013 geltend gemachten Sachverständigenkosten sind Höhe von gesamt 931,40 € erstattungsfähig.
Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens (Palandt, BGB-Kommentar, § 249 Rn. 58; BGH NJW-RR 1989, 956). Der Schädiger hat daher die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Palandt, BGB-Kommentar, § 249 Rn. 58; BGH NJW 1974, 35; BGH NJW 2007, 1451). § 249 Abs. 2 S. 1 BGB beschränkt den Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten auf den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte deshalb vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nur den Ersatz derjenigen Sachverständigenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten darf (BGH VersR 2005, 380; BGH NJW 2007, 1452). Der Geschädigte hat dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13).
Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.
Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen.
Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13).
Solche Umstände sind im Streitfall nicht festzustellen.
Vorliegend hat der Sachverständige am 27.08.2013 das Gutachten erstellt. Er hatte Reparaturkosten in Höhe von 9.236,00 € netto sowie eine Wertminderung von 1.150,00 € ermittelt und hierfür mit Rechnung vom 27.08.2013 Sachverständigenkosten sind Höhe von gesamt 931,40 € netto geltend gemacht.
Von daher ist nicht erkennbar, dass das Honorar willkürlich festgesetzt worden ist. Auch stehen Preis und Leistung nicht in einem auffälligen Missverhältnis zueinander. Der Sachverständige kann nach ständiger Rechtsprechung ein Grundhonorar, welches sich an der Schadenshöhe orientiert und Nebenkosten abrechnen (BGH NJW 2006, 2474; BGH NJW-RR 2007, 58). Dies ist erfolgt.
Hieran ändert auch nichts, dass es sich bei der Klägerin um eine größere Leasinggesellschaft handelt. Es wurden keine überhöhten Kosten abgerechnet. Selbst unter Heranziehung BVSK-Honorarbefragung 2013 (Spalten HB II und HB IV) ist die Forderung nicht überhöht. Nach der BVSK-Befragung 2013 ist bei Reparaturkosten in Höhe von 9.236,00 € netto und einer Wertminderung von 1.150,00 € ein Grundhonorar von 810,00 € ortsüblich und angemessen. Abgerechnet wurde ein Grundhonorar von 800,00 €. Mithin ist das Honorar nicht überhöht. Nichts anderes gilt für die konkret abgerechneten Nebenkosten. Auch diese wurden entsprechend dem Mittelwert von HB II und HB IV abgerechnet.
Die Klägerin muss auch nicht, entgegen der Auffassung der Beklagten, im konkreten Fall nähere Ausführungen zu einer möglichen Preisvereinbarung machen. Zunächst muss eine solche Vereinbarung schon gar nicht zwingend getroffen werden. Es ist die angemessene Vergütung zu erstatten, § 632 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus führt der BGH aus, dass die tatsächliche Rechnungshöhe ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages nach § 249 BGB ist.
Die Rechnung ist vorgelegt. Wie oben näher ausgeführt liegt das abgerechnete Honorar einschließlich der Nebenforderungen bei Heranziehung der BVSK-Honorarbefragung 2013 (Spalten HB II und HB IV) in der Honorarzone. Von daher waren im konkreten Fall weitergehende Ausführungen zu einer möglicherweise getroffenen Preisvereinbarung nicht erforderlich.
Mithin werden durch die Klägerin keine überhöhten Kosten abgerechnet und der Klage war im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Ein akzeptables, jedoch inhaltlich nicht aufregendes URTEIL, was angesichts des Standortes Coburg auch verständlich ist.-
Scouty
HUK Coburg verliert in Coburg 🙂
Mit diesem Amtsgerichtsurteil ist die Reputation der Coburger Gerichtsbarkeit keineswegs festzustellen, denn die Strukturen zwischen der Beklagten und einigen Personen im Richteramt dürften nach wie vor bestehen und für Unsicherheit in der Rechtsprechung vor Ort sorgen ?
Sadko
Hallo Scouty,
das Urteil des AG Coburg gegen die Huk-Coburg kann aber durchaus Signalwirkung haben.
Man beachte, dass der in der Stadt ansässigen Versicherung die Gefolgschaft verweigert wird.
Das wäre so, als wenn die Stadtoberen in Wolfsburg ihren Fuhrpark auf Opel oder Ford umstellen. Ein Unding, oder?
Moin, Werner K.,
das mit der Signalwirkung ist so eine Sache, jedoch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.-
Und die Fäden sowie Verständigungskanäle laufen in Coburg ganz anders, als wir uns überhaupt vorstellen können. Da löst ein solches Urteil bei den „Entscheidungsträgern“ – hier, wie da – nur ein Achselzucken aus. Das ist die Realität und deshalb wäre ich überrascht, wenn sich bei der Coburger Gerichtsbarkeit eine deutliche Kehrtwende abzeichnen würde, denn die Überlegungen in den alten Köpfen verschwinden nicht von heute auf morgen. Sie sind auch weiterhin existent und damit Bestandteil einer Coburger Rechtsprechungskultur.