Hallo verehrte Leserinnen und Leser des Captain-Huk-Blogs,
heute morgen geben wir Euch hier ein Urteil aus Lüdinghausen (Münsterland) zu den erforderlichen Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der LVM Versicherung aus Münster in Westfalen bekannt. Wieder einmal musste das Unfallopfer gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, weil die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung, in diesem Fall die LVM in Münster, nicht in der Lage und auch nicht bereit war, den vollständigen Schadensersatz zu leisten. Insofern war der Geschädigte gezwungen, wegen des Restschadensbetrages den Unfallverursacher persönlich in Anspruch zu nehmen. Bekanntlich haften nämlich Fahrer, Halter und Versicherer für einen Unfallschaden als Gesamtschuldner. Das bdeutet, dass der Geschädigte einen von diesen Gesamtschuldnern für den gesamten Betrag in Anspruch nehmen kann. Hier musste daher der Unfallverursacher persönlich für das schlechte Regulierungsverhalten seines Haftpflichtversicherers „bluten“. So ist das nun mal, wenn die Haftpflichtversicherung nicht den Schaden des Geschädigten nicht vollständig ersetzt. Daher hat dieser Geschädigte es konsequent mit qualifizierter anwaltlicher Hilfe so getan – und zwar mit Erfolg. Lest selbt das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
12 C 229/14
Amtsgericht Lüdinghausen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn F-J. B. aus S. ,
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.,
gegen
Herrn D. B. aus O. ( VN der LVM-Versicherung Münster),
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. u. P. aus H.,
hat die 12. Zivilprozeßabteilung des Amtsgerichts Lüdinghausen
im vereinfachten Verfahren gemäß §-495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
17.12.2014
durch die Richterin K.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25,70 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 01.08.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(Ohne Tatbestand gem. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 25,70 EUR aus §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 249 Abs. 2 S.1.
Dem Kläger steht ein restlicher Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall vom 21.07.2013 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu. Die vollständige Einstandspflicht für die aus dem Verkehrsunfall resultierenden Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Geschädigte durfte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 S.1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Die Sachverständigenkosten sind erforderlich, wenn sie aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, NJW 2005, 356,357). Dabei trifft den Geschädigten grundsätzlich die aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB erwachsende Pflicht, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg des Schadensbehebung zu wählen, wobei er nicht verpflichtet ist, zu sparen oder sich so zu verhalten, als wäre er für den Schaden selbst verantwortlich (BGHZ 115, 364,369). Es ist vielmehr bei der Prüfung, ob der Geschädigte seine Pflicht zur Schadenminderung verletzt hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, was bedeutet, dass Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten und seine Erkenntnismöglichkeiten zu nehmen ist.
Deshalb bildet die tatsächliche Rechnungshöhe bei der Schadensschätzung gem. §
287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13 ).
Die Angemessenheit der Höhe des von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Grundhonorars LH.v. 335,00 EUR, welches sich im Übrigen innerhalb des Honorarkorridors der Honorarumfrage des BSVK hält, wird von der Beklagten offensichtlich nicht bestritten.
Soweit die Beklagte die Höhe der abgerechneten Nebenkosten für unangemessen hält und Kürzungen vorgenommen hat, ist dem nicht zu folgen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die von dem Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten nicht über den Vergleichswerten der BSVK-Honorarbefragung für die maßgebliche Schadenshöhe liegen. Der Auffassung der Beklagten, einzelne Positionen der Sachverständigenrechnung seien deshalb nicht zu erstatten, da sie bereits mit dem Grundhonorar abgegolten seien, steht entgegen, dass sämtliche abgerechneten Nebenkostenpositionen in der BSVK Honorarumfrage neben dem Grundhonorar als Nebenkostenposition aufgeführt sind. Bei der Überprüfung der Erforderlichkeit der Kosten kann sich das Gericht an der vom BSVK vorgenommenen Honorarbefragung orientieren.
Zudem musste der Geschädigte die Ergebnisse dieser Umfrage aber auch nicht kennen. Eine Kürzung der geltend gemachten Schadensersatzbeträge darf nicht allein deshalb erfolgen, weil die Sätze der Honorarumfrage des BSVK überschritten sind (BGH, VI ZR 225/13 vom 11.02.2014). Auch überhöhte Honorarforderungen des Sachverständigen sind grundsätzlich schadensrechtlich ausgleichspflichtig, sofern nicht der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein offensichtlich überhöhtes Honorar vereinbart, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet gar selbst verschuldet hat.Dass der Geschädigte im vorliegenden Fall von vorneherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige übersetzte Nebenkosten abrechnen würde, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Ebenso wenig hat die Beklagte vorgetragen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zur Schadensminderung verstoßen hätte, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hätte, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte, zumal sich die Abrechnung im Rahmen der in der BSVK Honorarumfrage ermittelten Beträge hält.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.
II. Die Beklagte ist ferner zur Zahlung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB, der diesbezügliche Zinsanspruch aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 S. 1, 2, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 25,70 EUR festgesetzt.
Wieder eine echt münsterländische Klatsche für die LVM. Es scheint so, dass die es auch in diesem Leben nicht mehr lernen will, was korrekt zu erbringender Schadenersatz bedeutet. Dabei waren die mal richtig gut. Wirklich schade um den Verein und für seine honorigen Vertreter. Ein Stück der Münsteraner Kultur wird da mit Füßen getreten.
D.H.
Hallo, D.H.,
vielleicht wäre ein derber Pinkus Müller-Arschtritt da noch die richtigere Antwort, denn nur was weh tut, wird bemerkt, wenn auch schon die Klage gegen die VN oder den VN ein guter Anfang ist. Weiter so, wenn auch mit einem größeren Aufwand verbunden, ist es unabdingbar notwendig.
Heino Brömelkamp