AG Hannover verurteilt zur Zahlung der nicht erstatteten Aktenüberlassungskosten für die Unfallakte mit Urteil vom 9.1.2015 – 556 C 12061/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier stellen wir Euch einmal nicht ein Sachverständigenkostenurteil vor, sondern ein Urteil aus Hannover zu den Kosten für die Einholung einer polizeilichen Ermittlungsakte. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung war der – irrigen – Auffassung, die Kosten für die Einholung der Ermittlungsakte bzw. der Unfallakte nicht ersetzen zu  müssen, da die Haftung unstreitig gewesen wäre. Auch wenn die Haftung unstreitig ist, hat der durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall geschädigte Anspruch auf Einsicht in die Unfallakte und das, was die Polizei an Ort und Stelle aufgenommen hat bzw. was die Zeugen schriftlich angegeben haben. Insoweit gehören bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall die Kosten der Einsicht in die Unfallakte grundsätzlich immer zu den auszugleichenden Vermögensnachteilen. Auch gehören diese Kosten zu den notwendigen Rechtsverfolgungskosten. Dass eventuell diese Aktenüberlassungskosten, die häufig auch durch Nachnahme entrichtet werden, noch nicht bezahlt worden sind, wie die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung meinte, ändert nichts daran, dass der Schädiger bzw. sein Versicherer zum Ersatz dieser Kosten verpflichtet ist. Dementsprechend hat das erkennende Gericht auch die Aktenüberlassungskosten zugesprochen. Die Kopierkosten wurden bedauerlicherweise abgewiesen. Diese Klageabweisung ist zu Unrecht erfolgt, denn die Fertigung der notwendigen Kopien erfolgte, um den Schadensersatzanspruch erfolgreich durchsetzen zu können. Auch insoweit handelt es sich um notwendige Rechtsverfolgungskosten.  Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Hannover

556 C 12081/14                                                                           Erlassen am: 09.01.2015

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Kläger

gegen

Beklagte

hat das Amtsgericht Hannover im Verfahren gemäß § 495 a ZPO durch die Richterin am Amtsgericht V. für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.– € nebst Zinsen in Höhe von 8 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2014 zu zahlen.

2.    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.    Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 37% und die Beklagte 63 % zu tragen.

4.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund des Verkehrsunfalles vom 06,09.2013 ein Anspruch auf Zahlung weiteren Schadenersatzes in Höhe von 12,- € gem. §§ 7 Abs 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG zu.

Der Kläger kann die Kosten für die Anforderung der Ermittlungsakte, nicht jedoch die in Ansatz gebrachte Dokumentenpauschale für die Anfertigung von Fotokopien erstattet verlangen.

Unstreitig haftet die Beklagte dem Grunde nach in vollem Umfang für die durch den Verkehrsunfall am 06.09.2013 entstandenen Schäden des Klägers. Zu den grundsätzlich gem. § 249 BGB erstattungsfähigen Kosten gehören auch die Kosten der Rechtsverfolgung, mithin insbesondere die Rechtsanwaltskosten. Zu diesen wiederum gehören in Verkehrsunfallsachen regelmäßig auch die Kosten, die durch die Anforderung der Bußgeldakte entstehen. Denn die Einsichtnahme in die Bußgeldakte ist regelmäßig Voraussetzung für eine umfassende rechtliche Bewertung des Verkehrsunfallgeschehens durch den Rechtsanwalt, mit dem Ziel Schadenersatzansprüche des Geschädigten zügig geltend machen zu können. Zwar mag die Haftung des Schädigers und der Beklagten dem Grunde nach bereits am Unfalltag eindeutig gewesen sein und aus Sicht der Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt im Streit gestanden haben. Ausdrücklich mitgeteilt hat die Beklagte ihre Auffassung dem Kläger jedenfalls nicht von vornherein. So ist die ausdrückliche Haftungsbestätigung dem Grunde nach erst mit Schreiben vom 12.11.2013 erfolgt
Für die Akteneinsicht ist unstreitig eine Gebühr in Höhe von 12,– € angefallen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese 12,– € dem Kläger bereits in Rechnung gestellt wurden. Denn auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist mit seiner Inanspruchnahme ohne Zweifel in naher Zeit zu rechnen, sodass ihm insoweit bereits ein Leistungsanspruch zusteht.

Dass hinter dem Kläger eine Rechtsschutzversicherung steht, die die Kosten bereits beglichen hat, ist eine erkennbar ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung der Beklagten.

Darüber hinaus ist ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kopierkosten nicht gegeben, da weder dargelegt noch sonst für das Gericht ersichtlich ist, dass zum einen Fotokopien überhaupt angefertigt wurden, zum anderen die Anfertigung von Fotokopien erforderlich war.

Der Zinsanspruch des Klägers ist gem. §§ 288, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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