AG Ansbach verurteilt die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 17.02.2010 (2 C 2038/09) hat das AG Ansbach die beteiligte Versicherung  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 612,512 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Ansbach ergibt sich aus § 32 ZPO, § 20StVG.

II.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte weitere Schadensersatzanspruch in Form von restlichen Mietwagenkosten gemäß §§7, 18 StVG, §§ 823, 249 BGB i. V. m. § 115 VVG in Höhe von 512,04 € zu.

1.

Die Klägerin ist als Eigentümerin des Fahrzeugs aktivlegitmiert zur Geltendmachung des An­spruchs.

Soweit die Beklagte einwendet, dass kein wirksamer Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Autovermietung vereinbart worden sei und hierzu die Parteivernehmung der Klägerin beantragt, so ist dies nicht entscheidungserheblich, weshalb die Klägerin hierzu nicht als Partei zu verneh­men war. So ist das Unfallersatzwagengeschäft zum einen gerade dadurch geprägt, dass bei Mietbeginn die Mietdauer noch nicht abschließend festgelegt werden kann, weshalb ein Gesamt­preis bei Anmietung des Fahrzeugs nicht genannt werden kann. Es wird aber zumindest bei Anmietung eine bestimmte Mietwagengruppe festgelegt, für die sich der Mietzins aus den Preislisten der Mietwagenfirma ergibt. Die Dauer des Mietverhältnisses steht dann unter der auflösenden Be­dingung der Fertigstellung der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs. Damit ist auch eine Ver­einbarung über die Mietdauer getroffen.

Selbst wenn ein Mietvertrag aber nicht zustande gekommen sein sollte, so würde sich ein An­spruch der Mietwagenfirma aus bereicherungs-rechtlichen Grundsätzen ergeben. Für die Beurtei­lung des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB wären dann die vom Gericht herausgebildeten Grundsätze heranzuziehen.

2.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Klägerin grundsätzlich von der Be­klagten gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen,   die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei, ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zu­mutbaren, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wäh­len. Er verstößt jedoch noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensminderung weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen ge­genüber dem „Normaltarif“ höheren Preis bei Unternehmen dieser Art aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Un­fallsituation veranlagst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.

Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders frei­gestellte Tatrichter zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt (BGH NJW 2006, 360 ff).

Als Normaltarif ist dabei nicht der Tarif anzusehen, der dem Unfallgeschädigten in seiner beson­deren Situation angeboten wird, sondern derjenige, der dem Selbstzahler normalerweise angebo­ten und der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird (BGH NJW 2005, 1933).

In Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung des LG Ansbach vom 09.07.2007, Az. 1 S 1280/07, zieht das Gericht als Grundlage für die Ermittlung des Normaltarifs die Schwacke-Liste heran, da diese Vorgehensweise vom Bundesgerichtshof ausdrücklich gebilligt wurde (BGH NJW 2006, 2106; 2007, 1124 ff). Den Einwand der Beklagten gegen eine Verwendung der Schwa­cke-Liste sieht das Gericht als nicht durchgreifend an. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich gebilligt, dass für die Ermittlung des Normaltarifs die Schwacke-Liste herangezogen wird (vql BGH, NJW 2006, S. 1206, 2007, S, 1124 ff.).

Auch in seiner Entscheidung vom 11.03.2008, Az. VI ZR 164/07 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Tatrichter grundsätzlich im Rahmen des tatricherlichen Ermessens nach § 287 ZPO auf Listen und Tabellen zurück greifen dürfe. Es sei nicht Aufgabe des Tatrichters, ledig­lich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Daher bedürfe die Eignung von Listen und Tabellen, die bei einer Schadensschätzung Verwendung finden könnten, nur dann einer Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt werde, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu enscheidenden Fall auswirkten.

Vorliegend sind die Einwendungen der Beklagten gegen die Schwacke-Liste allgemein gehalten und gerade nicht – wie vom Bundesgerichtshof gefordert – hinreichend konkret. Soweit die Beklag­te eigene Internetrecherchen vom 30.11.2009 zu alternativen Tarifen vorträgt, handelt es sich hierbei lediglich um Momentaufnahmen, die keine statistische Aussagekraft haben, wie die Preise zum Zeitpunkt der Anmietsituation gestaltet waren, Daher können sie die Schwacke-Liste in Be­zug auf das konkrete Postleitzahlengebiet der Anmietung nicht in Frage stellen.

Folglich macht das Gericht vorliegend von seinem Ermessen Gebrauch, die Schwacke-Liste zur Grundlage seiner Schätzung zu machen, § 287 ZPO. Würde man ein Sachverständigengutach­ten einholen, wäre auch der Sachverständige darauf angewiesen, dass die Mietwagenanbieter zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung zutreffende Auskunft darüber erteilen, wie hoch die Miet­wagenkosten für einen bestimmten Wagen zu einer bestimmten Zeit waren. Eine echte Marktana­lyse wäre aufgrund der Vergangenheitsbetrachtung nicht durchführbar. Ein Sachverständigengut­achten war insoweit nicht einzuholen.

Der Kläger hat vorliegend einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten auf der Basis einer 1-Wochenpauschale, einer 3-Tagespauschale und einer 1-Tagespauschale unter Zugrunde­legung des arithmetischen Mittels der Schwacke-Liste des Postleitzahlengebiets der Anmietung. Zu dem mit Hilfe der Schwacke-Liste ermittelten Normaltarif wird zusätzlich für unfallbedingte Mehraufwendungen des Vermieters ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 25 % gewährt (§ 287 ZPO), da in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass das Unfallersatzgeschäft generell solche Aufschläge rechtfertigt. Zu berücksichtigen sind dabei folgende Faktoren: Erhöhtes Ausfallrisiko Forderungsfinanzierungs- und Stundungs kosten, Unterschlagungsrisiko, Vorhaltekosten, geringe­re Fahrzeugauslastung und höhere Personalkosten. An dieser Stelle ist auch die Tatsache einzu-beziehen, dass bei Mietbeginn möglicherweise nicht genau fest steht, wie lange das Fahrzeug benötigt wird und deswegen für den Vermieter eine Planungsunsicherheit hinsichtlich der Auslas­tung der Mietwagenflotte besteht. Vorliegend lag auch eine unfallbedingte Eil- und Notsituation vor da das Ersatzfahrzeug bereits am Tag nach dem Unfall angemiete wurde, wobei sich selbiger erst am späten Nachmittag um 16.40 Uhr ereignet hatte, so dass nicht unwahrscheinlich ist dass eine Anmietung am Unfalltag innerhalb der allgemeinen Geschäftszeiten nicht mehr hätte erfolgen können.

Zusätzlich sind dem Kläger die unfallbedingt entstandenen und damit i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB er­forderlichen Nebenkosten in Form von Haftungskosten zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen die Haftungsbefreiungskosten einen erstattungsfähigen Schaden dar, unabhängig vom Bestehen einer Vollkaskoversicherung für das verunfallte Fahrzeug (BGH NJW 2006, 360 ff). Die Kosten für die Zustellung/Abholung sind indes nicht erstattungsfähig. Die Beklagte hat den Anfall bzw. die Erforderlichkeit derartiger Kosten bestritten. Die Klägerin trägt le­diglich vor, im Falle der Nutzung eines Taxis wären Kosten in gleicher Höhe entstanden. Dieser Vortrag allein vermag die Erforderlichkeit solcher Kosten nicht zu begründen.

Vorliegend ist eine Eigenersparnis, die nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürn­bergs mit 3 % anzusetzen wäre abzuziehen, da die Klägerin unstreitig ein Fahrzeug angemietet hat, welches in derselben Gruppe eingestuft ist wie ihr eigenes Fahrzeug.

Es ergibt sich somit unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Forderung fol­gende Berechnung für eine Anmietung von 11 Tagen in der Mietwagengruppe 6 nach dem arith­metischen Mittel des „Schwacke Automietpreisspiegel 2008“ des Postleitzahlengebiets 904 hin­sichtlich Haupt- und Nebenkosten:

1-Wochenpauschale                                                            606,46 €

3-Tagespauschale                                                               319,69 €

1-Tagespauschale                                                               106,40 €

Aufschlag 25%                                                                  1.290,69 €

Abschlag 3%                                                                     1.251,97 €

zzgl. Haftung 1 Wochenpauschale                                       163,42 €

zzgl. Haftung 3-Tagespauschale                                            74,52 €

zzgl. Haftung Tagespauschale                                               25,02 €

insgesamt erforderlich                                                       1.514,93 €

abzüglich bereits gezahlter                                                  719,00 €

noch zu zahlender Endbetrag                                            795,93

Über diesen Betrag hinausgehende Kosten hat der Kläger nicht gelten gemacht, weshalb das Gericht vorliegend an den Antrag gebunden war, § 308 ZPO.

Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.

Soweit das AG Ansbach.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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