Amtsrichterin des AG Saarbrücken misst Nebenkosten an JVEG, obwohl der BGH eine Anwendbarkeit des JVEG auf Privatgutachter mehrfach abgelehnt hat, mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 12.2.2015 – 122 C 567/14 (14) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachstehend veröffentlichen wir ein Urteil aus dem Saarland über restliche Sachverständigenkosten, das hier auf jeden Fall kritisch betrachtet werden muss, denn die erkennende Amtsrichterin hält es offenbar nicht so genau mit der Rechtsprechung des BGH. Zunächst ist ihre Ansicht, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer zum Einlegen des Einspruchs berechtigt sei, irrig, denn der Versicherer zählt nicht zu den Personen, die gemäß § 79 ZPO zur Vertretung im Rechtsstreit berechtigt ist. Der Rechtsstreit beginnt insoweit bereits mit dem gerichtlichen Mahnverfahren. Insoweit ist der Versicherer nicht berechtigt Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu erheben, denn der Mahnbescheid ist bereits durch ein deutsches Gericht in dem gerichtlichen Mahnverfahren erlassen worden. Insoweit ist schon ein erster Mangel bei der Amtsrichterin festzustellen. Der weitere ernstere Mangel besteht darin, dass die BGH-Rechtsprechung – offenbar bewußt – ignoriert wird. Der BGH hat in den Grundsatzentscheidungen vom 4.4.2006  – X ZR 122/05 – (= BGH ZfS 2006, 564 = VersR 2006, 1131) sowie nachfolgend am 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann) darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des JVEG auf Privatgutachter, die Kfz-Unfallschadensgutachten erstellen, nicht angwendet werden können, und zwar weder direkt noch analog. Die Nichtanwendbarkeit der Regeln des JVEG bezieht sich nach dem Urteil des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (=BGH DS 2007, 144 ) nicht nur auf das Grundhonorar des Sachverständigen, sondern auch auf die berechneten Nebenkosten. Der BGH hat im Revisionsverfahren VI ZR 67/06 – festgestellt, dass nach dem Urteil des X. Senats vom 4.4.2006 – X ZR 122/05 – die vom Berufungsgericht, dem LG Frankfurt / Oder vorgenommene Übertragung der Grundsätze des JVEG auf das Grundhonorar und die Nebenkosten nicht angebracht ist.

Damit hat der BGH klar entschieden, dass weder das Grundhonorar noch die Nebenkosten nach JVEG gemessen werden können. Soweit die Richterin in diesem Verfahren auf ein Urteil des LG Saarbrücken vom 19.12.2014 – 13 S 41/13 – verweist, so ist nach meiner Kenntnis das zitierte Urteil noch nicht einmal rechtskräftig. Im Übrigen ist die Rechtsprechung der 13. Berufungskammer nicht in Einklang zu bringen mit der BGH-Rechtsprechung, aber auch nicht mit der Rechtsprechung des übergeordneten OLG Saarbrücken (4 U 61/13 u. 4 U 46/14). Insgesamt leidet das Urteil an derart vielen Fehlern, dass die Leistung der Amtsrichterin nur mit ungenügend bewertet werden kann. Wir haben uns entschieden, dieses kritisch zu betrachtende Urteil trotzdem zu veröffentlichen, damit dem Blog nicht der Vorwurf gemacht werden kann, versicherungsfeindlich – was auch immer das sein mag? – zu sein. Aber leider müssen wir aus dem Saarland jede Menge Urteile hier einstellen, die sich an der fehlerhaften – noch nicht rechtskräftigen – Rechtsprechung des LG Saarbrücken orientieren.  Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

122 C 567/14(14)

Amtsgericht Saarbrücken

Urteil

I m   N a m e n  des  V o l k e s

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Beklagte

hat das Amtsgericht Saarbrücken durch die Richterin am Amtsgericht P. im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 29.12.2014 am 12.02.2015

für Recht erkannt

1.  Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 22.07.2014, Az 14-0213932-0-7, wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 47,94 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.  Von den Kosten des Rechtsstreits trägt den Kläger 63 %, die Beklagte 37 %.
3.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

(entfällt gemäß § 313a ZPO)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch überwiegend unbegründet.

1.
Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen ist wirksam über den regulierungsbefugten Kfz-Haftpflichtversicherer gemäß § 7 AKB erfolgt.

2.
Der Kläger hat aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten in Höhe restlicher 47,94 € aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 2, 398 BGB. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig. Zu dem ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 249, Rdnr. 40).

Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).

Grundsätzlich darf der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 30.05.2008, Az. 13 S 20/08 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07). Erst wenn er erkennen kann, dass der Sachverständige das Honorar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder der Geschädigte ein Auswahlverschulden zu vertreten hat oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung verschuldet oder der Honorarberechnung missachtet, mindert sich sein Erstattungsanspruch (LG Saarbrücken, a.a.0.).

Dem Geschädigten obliegt keine Erkundigungspflicht, er muss nicht mehrere Angebote einholen. Die Berechnung des Schadens kann nicht von rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeit, also zum Beispiel einer überhöhten Honorarrechnungen des Sachverständigen abhängig gemacht werden (LG Saarbrücken, Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07).

Der erforderliche Geldbetrag wird aber nicht durch die Rechnung des Sachverständigen festgelegt, auch nicht, wenn der Geschädigte diese gezahlt hat. Allerdings ist der tatsächlich erbrachte Aufwand ein Indiz für die Bemessung des erforderlichen Betrages, jedoch ist der aufgewendete Betrag nicht zwingend identisch mit dem zu ersetzenden Schaden (BGH, Urteil vom 22.07.2014, Aktenzeichen VI ZR 357/13), insbesondere dann nicht, wenn die Preise des Sachverständigen für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen. Dann darf das Gericht den erforderlichen Betrag nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen.

Die Vergütung das Sachverständigen darf sich an der Schadenshöhe orientieren (LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09,2003, Az.: 2 S 219/02; Saarl. OLG, Urteil vom 22.07.2003, Az.: 3 U 436/02-46-; so nunmehr auch der BGH, Urteil vom 4.4.2006 – X ZR 122/05 -= BGH NJW 2006, 2472 = VersR 2006, 1131). Deshalb überschreitet ein Sachverständiger bei Routinegutachten den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum bei der Bemessung seines Honorars grundsätzlich nicht, wenn er dieses an der Schadenshöhe orientiert.

Das Gericht legt bei der Berechnung von Sachverständigenhonoraren die Urteile des LG Saarbrücken vom 19.12.2014, Az. 13 S 41/13 und des BGH vom 22.07.2014, Aktenzeichen VI ZR 357/13, zugrunde. Demnach kann das Grundhonorar wie bisher entsprechend dem Honorarkorridor HB V der BVSK Honorarbefragung (hier 2013) geschätzt werden.

Für die Nebenkosten bietet die BVSK Honorarhefragung aber keine taugliche Schätzungsgrundlage. Es ist deshalb auf die vom Landgericht Saarbrücken im Urteil vom 19.12.2014, Aktenzeichen 13 S 41/13 aufgestellten Grundsätze zurückzugreifen.

Zunächst gilt der Grundsatz, dass ein Sachverständiger zum Ausdruck bringt, dass seine Ingenieurtatigkeit mit dem Grundhonorar abgegolten sein soll, wenn er dies mit einem Pauschalbetrag abrechnet und zusätzlich bestimmte Nebenkosten beansprucht. Nebenkosten können dann nur in Höhe der entstandenen Aufwendungen berechnet werden.

Als Aufwendungen können Fahrtkosten, Kosten für das Schreiben, Drucken und Vervielfältigen des Gutachtens, Fotokosten, Porto-, Versand- und Telefonkosten sowie die EDV-Abrufgebühr und Kosten der EDV- Fahrzeugbewertung angesetzt werden. Diese sind erstattungsfähig, soweit sie erforderlich sind, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Maßgebend ist, ob ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch die Kosten als zweckmäßig und notwendig ansehen würde.

Der Geschädigte muss eine Plausibilitäiskontrolle der berechneten Kosten durchführen, um zunächst zu einer eigenen Einschätzung zu kommen, ob die berechneten Nebenkosten angemessen sind. Zur Überprüfung der Angemessenheit im Rahmen des § 287 ZPO darf das Gericht nach dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19.12.2014, Az. 13 S 41/13, auf den Rahmen zurückgreifen, den das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) für die Entschädigung von Sachverständigen vorgibt.

Für Fahrtkosten gilt dies allerdings nicht. Das Landgericht weist darauf hin, dass der Kilometersatz des § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 JVEG von 0,30 € sich erkennbar an der steuerlichen Abzugsfähigkeit orientiert und nicht den tatsächlichen Kosten entspricht, die das Landgericht in seiner Ausgangsantscheidung mit 0,60 € pro Kilometer ermittelte. Erstattungsfähig ist daher ein Betrag von maximal 0,70 € pro Kilometer. Eine Überschreitung dieses Betrages ist erkennbar überhöht.

Für das Schreiben und den Druck des Originalgutachtens in Schwarz/Weiß sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG 0,50 € für jede Seite und gemäß § 12 Abs, 1 Nr. 3 JVEG 0,90 € für jede Seite anzusetzen, also insgesamt 1,40 € für jede Seite. Zuzüglich eines Sicherheitezuschlages von 20 % liegt die Obergrenze hier bei 1,68 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 1 ,40 € erstattungsfähig.

Für jede weitere gedruckte Seite schwarz-weiß ohne Schreibkosten sowie für jede Kopie schwarz-weiß ohne Schreibkosten sind 0,50 € zu erstatten. Zuzüglich des Sicherheitszuschlages von 20 % liegt die Obergrenze hier bei 0,60 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 0,60 € erstattungsfähig. Grundsätzlich sind über das Originalgutachten hinaus maximal 2 Ausfertigungen erstattungsfähig (für den Geschädigten und dessen Rechtsanwalt).

Für eine in Farbe gedruckte Seite des Gutachtens ist 1,00 € zu vergüten, was aber nicht hinsichtlich der Fotos gilt, für die eine Sonderregelung eingreift. Die Obergrenze für Farbausdrucke liegt bei 1,20 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 1,00 € zu erstatten.

Fotokosten sind entsprechend § 12 Abs. 1 Nr. 2 JVEG einmalig für das Originalgutachten in Höhe von 2,00 € pro Foto zu erstatten, soweit sie zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlich waren. Zuzüglich des Sicherheitezuschlages von 20 % liegt die Obergrenze bei 2,40 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 2,00 € erstattungsfähig. Für maximal weitere 2 Fotosätze bei den Ausfertigungen des Gutachtens sind 0,50 € pro Foto zu erstatten. Die Obergrenze liegt hier bei 0,60 €. Sofern diese überschritten wird, sind lediglich 0,50 € zu erstatten.

Für die Porto-, Versand- und Telefonkosten bleibt es bei dem Pauschalbetrag von 15,00 €.

Femer sind die Kosten der EDV-Abrufgebühr und der EDV-Fahrzeugbewertung erstattungsfähig, jedenfalls soweit sie jeweils einen Betrag von 20.00 € nicht übersteigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Kosten konkret anfielen. Auch sonstige Fremdkosten des Sachverständigen sind zu erstatten.

Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall folgende Berechnung:

Kostenart                                                                           Anzahl      Einzelpreis     Gesamtpreis

Grundhonorar bei Schadenshöhe 1186,48 € netto           pauschal                          298,00 €
Fahrtkosten 0,70 € pro Km                                                    46               0,70 €         32,20 €
Schreiben und Druck s/w 1,40 € max. 1,68 €/Seite                 8               1,40 €         11,20 €
Druck s/w ohne Schreiben 0,50 €, max, 0,60 €/Seite                                                    0,00 €
Kopie s/w ohne Schreiben 0,60 €, max. 0,60€/Seite             16               0,50 €           8,00 €
Druck Farbe 1,00 €, max. 1,20 €/Seite                                                                          0,00 €
Fotos für Original 2,00 €, max. 2,40 €/Stück                            6              2,00 €         12,00 €
Fotos für max. 2 Ausfert. 0,50 €, max. 0,60 €/Stück                6              0,50 €           3,00 €
Porto, Versand, Telefon gem. Rechng, max. 15,00 €                                                   15,00 €
EDV-Abrufgebühr gem. Rechng., max. 20,00 €                                                            20,00 €
EDV-Fahrzeugbewertung gem. Rechng., max. 20,00 €                                                  0,00 €
Sonstige Fremdkosten nach Anfall                                                                                0,00 €

Summe netto                                                                                                            399,40 €
Umsatzsteuer 19%                                                                                                      69,80 €
Summe brutto                                                                                                           469,20 €
bereits gezahlt                                                                                                           421,26 €
Restbetrag zu zahlen                                                                                                  47,94 €

Kosten für einen Ausdruck in Farbe waren vorliegend nicht erstattungsfahig, nachdem lediglich der Briefkopf des Sachverständigen in Farbe gehalten wurde, dies für die Erstattung des Gutachtens jedoch nicht erforderlich ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB. Weitergehende Zinsen hat der Kläger nicht dargetan.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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9 Antworten zu Amtsrichterin des AG Saarbrücken misst Nebenkosten an JVEG, obwohl der BGH eine Anwendbarkeit des JVEG auf Privatgutachter mehrfach abgelehnt hat, mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 12.2.2015 – 122 C 567/14 (14) -.

  1. virus sagt:

    Hier kriegst echt einen Schreikrampf, angesichts dieser hanebüchen Urteilsbegründungen.
    Wie kann man sich als Richterin nur derart blamieren, bzw. so unverblümt erkennen lassen, dass man geradezu anbiedernd der Versicherungswirtschaft zu Diensten ist.

    Werden Amtsrichter wie obige nicht mehr vom Land bezahlt?

  2. LUDMILLA sagt:

    Ex post Berechnung ? Zublligung von Schadenersatz unter werkvertraglichen Gesichtspunkten ?
    Unzulässige Anwendung des Justizvergütungsgesetzes als eine Art „Gebührenordnung“, Plausibilitätsverpflichtung des Geschädigten zur „Angemessenheit“ der Nebenkosten ? Negierung der BGH-Rechtsprechung und des OLG Saarbrücken. Keine Würdigung der ex ante Position des Geschädigten und der fehlenden Preisvergleichsmöglichkeit sowie der subjektiven Einschätzungsmöglichkeit. Vernachlässigung eigener Beurteilungsansätze wie folgt:

    (1) Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).

    (2) Grundsätzlich darf der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 30.05.2008, Az. 13 S 20/08 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07). Erst wenn er erkennen kann, dass der Sachverständige das Honorar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder der Geschädigte ein Auswahlverschulden zu vertreten hat oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung verschuldet (oder der Honorarbrechnung missachtet), mindert sich sein Erstattungsanspruch (LG Saarbrücken, a.a.0.).

    (3) Dem Geschädigten obliegt keine Erkundigungspflicht, er muss nicht mehrere Angebote einholen. Die Berechnung des Schadens kann nicht von rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeit, also zum Beispiel einer überhöhten Honorarrechnungen des Sachverständigen abhängig gemacht werden (LG Saarbrücken, Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07).

    (4) Allerdings ist der tatsächlich erbrachte Aufwand ein Indiz für die Bemessung des erforderlichen Betrages, jedoch ist der aufgewendete Betrag nicht zwingend identisch mit dem zu ersetzenden Schaden (BGH, Urteil vom 22.07.2014, Aktenzeichen VI ZR 357/13), insbesondere dann nicht, wenn die Preise des Sachverständigen FÜR den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen(?) Preisen liegen. Dann darf das Gericht den erforderlichen Betrag nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen(?).

    1-4 sträflich übergangen und dann eine eigene Bibel für die Schadenersatzverpflichtung gedruckt. Da muss man sich nicht mehr wundern, dass das Ansehen der Justiz in manchen Regionen der BRD Schaden nimmt. Ein unhaltbarer Zustand, wie ich meine.

    Entschädigungen des Justizvergütungsgesetzes sind für den Geschädigen erkennbar ÜBLICHE Preise ?

    Das ist mehr als starker Tobak und kaum noch zu fassen hinsichtlich der Widersprüchlichkeiten und des damit gezeigten Unverständnisses zur Schadenersatzverpflichtung. Der Sinn und Inhalt des § 249 BGB ist offenbar nur schemenhaft wahrgenommen worden. Einfach skandalös, auch was das Unverständnis von § 79 ZPO angeht. Da versteht ja meine inzwischen 92-jährige Mutter sogar noch mehr vom Deutschen Recht. Ich ehre sie dafür mit einem Strauß Rosen.-

    LUDMILLA

  3. Bösewicht sagt:

    Nebenkosten knapp über 100€. Mensch, da ist das alte saarbrückener Ziel doch fast erreicht. Vielleicht geht auch noch weniger ?

  4. G.v.H. sagt:

    Hei, Willi,

    …“mit kritisch zu betrachtendem Urteil “ ?????
    Das ist in der Abschwächung deutlich zu wenig .

    Wenn man es nicht als juristische Fehlleistung einordnen will, kann man es auch als Begünstigung der Beklagten verstehen. Das so etwas überhaupt durchgeht, muß zu denken geben. Ich glaube jetzt besser zu verstehen, warum es im Volk langsam aber stetig mehr brodelt. Eine solche Richterin sollte sich erklären müssen. Was ist eigentlich in der Saarbrücker Gerichtsbarkeit los ? Das ist eine Perversion des Schadenersatzgedankens, wie er schlimmer kaum noch in seiner Verzerrung artikulierbar ist.

    G.v.H.

  5. Grünspecht sagt:

    Die schadenersatzrechtlich zutreffenden Passagen in den Entscheidungsgründen waren reines Beiwerk für das Schaulaufen und berücksichtigt in der Erwartung, nicht so ganz krass auffällig zu werden. Ist aber nicht gelungen, wie man sieht. Richterinnen dieser Coleur sind auch nur Menschen, die vor Irrungen und Wirrungen nicht gefeit sind.

    Grünspecht

  6. Zweite Chefin sagt:

    Wie ich solchen ausgemachten Blödsinn einem Mandanten verkaufen könnte, weiss ich auch nicht …
    Sollte man der Richterin nicht etwas Nachhilfe angedeihen lassen, indem man das Urteil in der Version von CH samt Kommentaren dem Präsidenten des AG zur Kenntnis gibt. Vielleicht gibt’s dann eine kostenlose Fortbildung für die Dame.

  7. Willi Wacker sagt:

    Hallo G.v.H.,
    die milde Textpassage „mit kritisch zu betrachtendem Urteil ” ist deshalb benutzt worden, um nicht gleich wieder den Eindruck eines versicherungsfeindlichen Blogs zu erwecken. Häufig genug haben Kfz-Haftpflichtversicherer in Schriftsätzen dem Gericht weismachen wollen, deser Blog sei versicherungsfeindlich, was auch immer das sein soll. Das OLG Hamm hat – zu Recht – darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Blog Captain-Huk um eine Internetplattform handelt, die sich dem Verbraucherschutz und damit auch dem Schutz der Unfallopfer vor gierigen Versicherern gewidmet hat. Und so soll es auch bleiben.
    Wie jeder Leser das Urteil betrachtet, ist Sache eines jeden Lesers.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  8. Colombo sagt:

    @ Zweite Chefin
    Ja, zumindest versuchen. So wäre es in jedem anderen Fall auch ratsam, wobei man nicht auf Antwort pochen sollte. Aber vielleicht hilft dann noch die Frage, ob das Rechtsverständnis und die Rechtsfortbildung am AG Sowieso eingefroren wurde.

    Colombo

  9. G.v.H sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    bitte meinen kurzen Kommentar nicht als Kritik verstehen zu wollen. Ich habe ihn schon so gedeutet, wie er gedacht war und das ist in der erkennbaren Zurückhaltung auch o.k. Dennoch sah ich mich veranlasst, auf dieser Basis etwas zu ergänzen und zu verdeutlichen. Mehr war damit auch nicht beabsichtigt. Deshalb weiter so.

    Herzlichst

    G.v.H.

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