Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolgend geben wir Euch einmal etwas anderes bekannt. Zur Abwechslung veröffentlichen wir für Euch ein Urteil des jungen Richters der 8. Zivilabteilung des AG Erding zu den erforderlichen Mietwagenkosten gegen die Württembergische Versicherung AG. Dabei legt das erkennende Gericht zu Recht den Schwacke-Mitpreisspiegel zugrunde. Die Fraunhofer-Tabelle wurde folgerichtig sauber abgebügelt – und die Sicht des Geschädigten wurde einmal wieder in den Fokus gerückt! Eine schöne Entscheidung zu den Mietwagenkosten. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Erding
Az.: 8 C 2262/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigter:
gegen
Württembergische Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Gutenbergstr. 30, 70176 Stuttgart
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Erding durch den Richter … am 29.01.2015 auf Grund des
Sachstands vom 26.01.2015 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Mietwagenkosten der Firma … Mietwagen in Dorfen zur Mietvertrags-Nr. … in Höhe von 826,48 € zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 845,76 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
Zwischen der Klägerin und einer bei der Beklagten versicherten Zugmaschine kam es am 09.08.2014 in Dorfen zu einem Verkehrsunfall, der allein durch die Zugmaschine verursacht wurde. Das Fahrzeug der Klägerin wurde sodann zu einem Gutachter verbracht und anschließend repariert. Die Reparatur dauerte bis zum 26.08.2014 an. Die Klägerin nahm bei der Fa. Isentaler Mietwagen für den Zeitraum von insgesamt 18 Tagen einen klassengleichen Mietwagen in Anspruch und zahlte hierfür 1.927,88 € brutto. Mit diesem Mietwagen fuhr sie insgesamt 1408km. Die Rechnung setzt sich aus Einzelposten zusammen, die sich im arithmetischen Mittel der Schwacke Liste 2013 bewegen (für Einzelheiten wird auf die Anlagen K1-4a Bezug genommen). Die Beklagte bezahlte vorprozessual auf Basis der Fraunhofer Tabelle einen Betrag von 1.005,00 €.
Die Klägerin meint im Wesentlichen, die Mietwagenkosten nach der Schwacke Liste seien angemessen, so dass ihr kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht zur Last fällt. Als Abzug für die ersparten Aufwendungen seien 4% angemessen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in Höhe von EUR 845,76 aus der Mietwagenrechnung der Firma … , zu Mietvertrags-Nr. … freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint im Wesentlichen, die Rechnung sei übersetzt, da diese nicht auf der anzuwendenden Fraunhofer Tabelle basiere, zudem hätte die Klägerin zuvor günstigere Angebote einholen müssen.
Mit Einverständnis der Parteien wird gemäß § 138 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren entschieden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von Mietwagenkosten in Höhe von 826,48 € aus §§ 7,18 StVG, 115 VVG.
Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung zu 100% ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Mietwagenkosten sind dem Grunde nach als ersatzfähiger Schaden anzusehen (Mü-Ko-Oetker, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 428 m. w. N.). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Geschädigte zwar von mehreren gleichwertigen Möglichkeiten die preiswerteste wahrnehmen muss, jedoch nicht zu einer Marktforschung verpflichtet ist (MüKo-Oetker, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 431 m. w. N.). Fehlen Anhaltspunkte dafür, dass das Angebot überhöht ist, so kann der Geschädigte das erste Angebot annehmen. Dies war hier der Fall.
Die streitgegenständliche Mietwagenrechnung bewegt sich, zwischen den Parteien unstreitig, innerhalb des arithmetischen Mittels der in der Schwacke Liste 2013 ausgewiesenen Mietwagenkosten. Diese wird vom Gericht in Ausübung der gemäß § 287 ZPO angezeigten richterlichen Schätzung in Einklang mit der gängigen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW2009, 58, 60) zugrunde gelegt. Zwar ist das Gericht insoweit auch nicht gehindert, für die Bemessung die beklagtenseits vorgetragenen Werte der Fraunhofer Tabelle anzuwenden. Jedoch hat die Klagepartei überzeugend dargelegt, dass die der Fraunhofer Tabelle zugrunde liegenden Unternehmen weder in Dorfen ansässig sind noch einen Zustellservice anbieten. Dies wurde durch die Beklagte nicht bestritten. Eine Schadenminderungspflicht der Klägerin liegt auch im Übrigen nicht vor. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, durch welches Tun oder Unterlassen die Beklagte gegen diese Obliegenheit verstoßen hätte. Weder die Internetseite des Autovermieters noch die Mietwagenrechnung als solche ist geeignet, einen derartigen Verstoß darzulegen.
Die Klägerin muss sich jedoch einen Abzug für ersparte Aufwendungen hinsichtlich der Verwendung des eigenen Fahrzeugs in Höhe von 5% gefallen lassen, nicht lediglich in Höhe der von ihr zugrundegelegten 4%. Ein Abzug von 5% entspricht sowohl der aktuellen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, 1 U 27/11) als auch den konkreten Umständen. Dabei sind insbesondere Alter und Zustand des Fahrzeugs sowie die in Anspruch genommene Laufleistung des Mietwagens zu berücksichtigen. Insofern ist in konstatieren, dass es sich bei dem klägerischen Fahrzeug mit Erstzulassung 2003 um ein älteres Modell handelt, jedoch die Laufleistung von 1408km während der Mietzeit nicht unwesentlich war, so dass ein Abzug von 5% angemessen erscheint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Landshut
Maximilianstr. 22
84028 Landshut
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Amtsgericht Erding
Münchener Str. 27
85435 Erding
einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.