Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Neumünster ist es nicht weit nach Hamburg. Wir setzen daher unsere Urteilsreise durch die deutschen Gerichte fort. Nachstehend veröffentlichen wir für Euch hier ein prima Urteil aus Hamburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es wieder die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., die nicht regelgerecht den berechtigten Schadensersatz leisten wollte oder konnte. Die Haftung der HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse war quotenmäßig unstreitig. Trotzdem wurde nicht der erforderliche Schadensersatz gezahlt. Auch wenn die Schadensersatzforderung abgetreten ist, so bleibt es auch nach der Abtretung noch ein Schadensersatzanspruch. Zutreffend hat das erkennende Gericht darauf hingewiesen, dass für die von der Versicherung erhobenen Behauptung der Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig ist. Diese Beweise bleibt in der Regel die HUK-COBURG schuldig, wie auch im vorliegenden Fall. Denn nur die reine Behauptung ist kein erheblicher Vortrag, der vom Gericht beachtet werden müsste. Lest selbst das Urteil des AG Hamburg und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus 22041 Hamburg.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg
Az.: 31b C 219/14
Endurteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse, vertreten durch d. Vorstand: Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Hans Olav Heroy, Jörn Sandig, Nagelsweg 41-45, 20090 Hamburg
– Beklagte –
erkennt das Amtsgericht Hamburg – Abteilung 31b – durch die Richterin am Amtsgericht Dr. K. am 18.03.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 77,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.09.2014 sowie weitere 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 03.02.2015 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird zugelassen.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 77,57 € gemäß §§ 398, 823 BGB, 7, 17, 18 StVG, 115 VVG.
Die Haftung der Beklagten von 50 % wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom xx.08.2014 auf der Isestraße in Hamburg ist dem Grunde nach unstreitig.
Die Sachverständigenkosten überschreiten nicht den erforderlichen Herstellungsaufwand. Gemäß ständiger Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Sachverständigenkosten verlangen, die einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erscheinen. (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13, Rn. 14 ff. m.w.N., Juris) Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/07, Rn. 17 Juris).
Die Geschädigte durfte hier annehmen, dass die vom Sachverständigen geforderten Kosten angemessen sind. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet den erforderlichen Aufwand abzubilden. (BGH, Urteil vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13, Rn. 17, Juris) Dabei genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch die Vorlage der entsprechenden von ihm beglichenen Rechnung für das Sachverständigengutachten (BGH, Urteil vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13, Rn. 16, Juris). Nach Ansicht dieses Gerichts macht es keinen Unterschied, ob der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen tatsächlich beglichen hat, da er sich gegenüber dem Sachverständigen jedenfalls rechtsverbindlich verpflichtet hat, die Forderung des Sachverständigen zu erfüllen. So heißt es in der Abtretungserklärung der Geschädigten an den Kläger (Anlage K1) ausdrücklich: „… Es [das Kfz-Sach-verständigenbüro (Anm. des Gerichts)] kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet.“ Vorliegend betragen die Sachverständigenkosten etwas mehr als ein Drittel der festgestellten Reparaturkosten, nämlich 629,13 € brutto Sachverständigenkosten gemäß Anlage K4 zu 2.243,28 € brutto Reparaturkosten für die Schäden an dem Fahrzeug der Geschädigten. Damit sind die Sachverständigenkosten jedenfalls nicht so unangemessen hoch, dass für die Geschädigte erkennbar gewesen wäre, dass sie erheblich über den üblichen Preisen liegen würden.
Die Geschädigte hat auch nicht gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit verstoßen. Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB mindert sich der Anspruch des Geschädigten, der bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Die insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass die Geschädigte in Kenntnis eines günstigeren Angebots oder fahrlässig, also zwar ohne Kenntnis eines solchen günstigeren Angebots aber zu erkennbar überhöhten Kosten, den Kläger mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens zu diesen Kosten beauftragt hätte. Zudem musste der Geschädigten auch das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare vom 1.11.2011 (Anlage B1) nicht bekannt sein.
Des Weiteren kommt es für die Erkennbarkeit von überhöhten Kosten allein auf die Sicht des Geschädigten an, so dass die Beklagte nicht schon deswegen die Sachverständigenkosten kürzen durfte, weil es dem Kläger als Sachverständigen möglicherweise bekannt war, dass Haftpflichtversicherungen die Sachverständigenkosten immer kürzen oder ihm möglicherweise das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare vom 1.11.2011 (Anlage B1) bekannt war.
Da die Beklagte nach dem unstreitigem Sachverhalt zu 50 % für den enstandenen Schaden haftet, betrug die Forderung der Geschädigten in Bezug auf den Ersatz von Sachverständigenkosten 314,57 €.
Der Kläger wurde Inhaber dieser Forderung der Geschädigten durch die Abtretung vom 26.08.2014 (Anlage K1).
Hinsichtlich des unstreitig von der Beklagten gezahlten Betrags von 237,00 € ist der Anspruch des Klägers gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
Der Kläger kann als Nebenforderungen Zinsen gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 Abs. 1 BGB bzw. § 291 BGB und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 2, 249 BGB i.V.m. §§ 1 ff. RVG als Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Verzugs von der Beklagten fordern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO wird die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil die Beurteilung dieser Rechtssache eine Vielzahl von Geschädigten nach einem Verkehrsunfall betrifft.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Hamburg
Sievekingplatz 1
20355 Hamburg
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.