Mit Urteil vom 09.04.2010 (26 C 539/09) hat das Amtsgericht Bergheim die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 345,75 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde, Fraunhofer wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin 345,75 € zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin folgt aus §§ 718 StVG, 823, 249 Abs 2, 398 ff BGB. 115 Abs 1 VVG.
Die 100 %ige Haftung des Schädigers und damit der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers für Schäden aus dem Unfallereignis vom 08.02.2008 in B. auf der A 00 ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig wie die Abtretung der Mietwagenkosten an die Klägerin, so dass es im Hinblick darauf weiterer Erörterungen nicht bedarf.
Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt die Abtretung der Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten an die Klägerin nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, zumal die Klägerin, wie sie im Hinblick auf die Mahnungen des Geschädigten vom 10.03. und 25.03.2008 (Bl. 62, 63 d.A.) unbestritten vorgetragen hat – auch nicht lediglich und erstmalig die Beklagte in Anspruch genommen hat.
Der Klageforderung steht auch nicht eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Klägerin gegenüber dem Geschädigten entgegen. Eine solche besteht grundsätzlich dann, wenn die Klägerin einen Unfallersatztarif verlangen wurde, der der Höhe nach nicht einem Normaltarif entspricht Dies ist – wie die nachstehenden Ausführungen zeigen -vorliegend aber gerade nicht der Fall.
Die geltend gemachten Mietwagen kosten sind vollumfänglich erstattungsfähig. Nach § 249 Abs.2 BGB kann ein Geschädigter vom Schädiger bzw. dessen Haftpflicht-versicherer den zur Schadenskompensation erforderlichen Geldbetrag verlangen. Zu den Kosten der Schadensbehebung nach einem Verkehrsunfall gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges. Als erforderlicher Herstellungsaufwand kann der Geschädigte Ersatz derjenigen Mietwagen kosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07; Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 160/04; Urteil vom 19.04.2005 – VI ZR 37/04). Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Gebot der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen sein Pflicht zur Schadensminderung, weil er ein Fahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif‘ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif1 höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind (BGH Urteil vom 19.01.2010 –VI ZR 112/09; Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07; Urteil vom 15.02.2005-VI ZR 160/04).
Der auf dem Markt übliche Normaltarif kann gemäß § 287 ZPO auf Grundlage eines anerkannten Automietpreisspiegels geschätzt werden. Das Gericht darf die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO schätzen, wenn die Beweiserhebung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Ein Sachverständiger müsste die Automietpreise für die vorliegende Region feststellen. Dies könnte er nur durch aufwendiges Befragen der Autovermieter. Dieser Aufwand erscheint dem Gericht unverhältnismäßig, da eine entsprechende Analyse des Marktes für das gesamte Bundesgebiet differenziert nach Postleitzahlen erfolgt und im Schwacke-Mietpreisspiegel festgehalten ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist. das gewichtete Mittel („Modus“) des Schwacke-Mietpreisspiegels für das jeweilige Postleitzahlengebiet nach wie vor eine geeignete Schätzgrundlage (BGH, Urteil vom 19.01.2010 – VI ZR 112/09; OLG Köln, Urteil vom 03.03 2009 – 24 U 6/08; BGH, Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07). Der Schwacke-Mietpreisspiegel dürfte ein möglichst realistisches Abbild der Marktlage wiedergeben, sofern es auf dem Markt, insbesondere auch auf dem Internetmarkt, überhaupt noch eine konstante Preisbildung gibt. Für den Schwacke-Mietspiegel spricht vor allem die große Anzahl an Befragungen und berücksichtigten Preisen, die Abbildung regionaler Unterschiede durch Differenzierung nach dreistelligen Postleitzahlbezirken sowie die umfassende Berücksichtigung sämtlicher möglicher Preisbereiche. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der „Normaltarif“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden kann, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2009, 58; 2008, 1519; 2007, 2758). Derartige Mängel hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Die seitens der Beklagten geübte Kritik an dem Schwacke-Mietpreisspiegel, insbesondere dass die Tarife aufgrund einer Selbstauskunft der Vermieter in Kenntnis der Umfrage erfolgen, genügt dafür nicht. Ohne Bezug zur konkreten Schadensschätzung ist das Gericht aufgrund allgemeiner Einwendungen nicht verpflichtet, die Methode der Erfassung der einzelnen Mietpreise und die Ermittlung des gewichteten Mittels im Schwacke-Mietpreisspiegel zu klären (OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08, BGH NJW 2008, 1519).
Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung des Fraunhofer-Instituts auf überzeugende Weise zu verlässlicheren Schätzungsgrundlagen gekommen ist. Entscheidens ist dabei, dass die Untersuchungen mit Differenzierungen nach zwei Ziffern der Postleitzahl bei weitem nicht so breit gestreut waren, wie sie es bei den nach drei Postleitzahlengebieten strukturierten Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Dem Vorteil, den die Anonymität der Anfragen bieten mag. steht somit das im Verhältnis zum Schwacke-Mietpreisspiegel geringere Ausmaß der Datenerfassung gegenüber. Ferner geben die Fraunhofer-Untersuchungen zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Marktkonformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt worden sind, dass das Fahrzeug möglichst sofort zur Verfügung stehen muss. Längere Vorbuchungsfristen werden dem Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen nicht gerecht. Die mit einer solchen Vorbuchungsfrist ermittelten preise dürfen deshalb nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden. Darüber hinaus hat die Fraunhofer-Studie Preise für Aufschläge und Zuschläge, welche wesentliche Teile des Endpreises darstellen können, unberücksichtigt gelassen.
Das beklagtenseits behauptete Ersatzangebot der Firma Europ-Car Mönchengladbach vom 22.01.2010 führt im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung. Ob zum Zeitpunkt des Unfallschadens entsprechend günstige Angebote für den Geschädigten zu erlangen waren, ist mit dem Angebot der Firma Europ-Car vom 22.01.2010 gerade nicht belegt. Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Vergleichbarkeit, da – wie die Beklagte nun mal selbst einräumt – wenigstens eine EC-Karte als Zahlungsmittel erforderlich gewesen wäre, da auch die Selbstbeteiligung höher war, nämlich 1.000,00 € betrug. Soweit die Beklagte anscheinend davon ausgeht, dass jedem und mithin auch dem Geschädigten eine EC-Karte als Zahlungsmittel zur Verfügung stehe, handelt es sich um Vortrag ins Blaue hinein. Insoweit oblag es der Beklagten konkret, Tatsachen vorzutragen, durch die eine entsprechende Bonität des Geschädigten belegt worden wäre.
Ferner hält das Gericht den von der Klägerin vorgenommenen Aufschlag in Höhe von 20 % auf den Normaltarif für angemessen Die von der Klägerin im Rahmen des Unfallersatztarifs geforderten Mehrkosten sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt, da durch die unfallbedingte Anmietung des Fahrzeugs Mehraufwendungen entstehen. Dabei muss das Gericht im Rahmen der Schadensberechnung nach § 287 ZPO die konkrete Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht in jedem Fall nachvollziehen Liegen spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte vor, so kommt auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht (BGH, Urteil vom 19.01.2010 – VI ZR 112/09; Urteil vom 24 06.2008 – VI ZR 234/07). Vorliegend hat die Klägerin die Mehrleistung bereits in der Klageschrift vom 08.12.2009 und darüber hinaus nochmals in dem Schriftsatz vom 08.03.2010 (Bl. 153 f d.A.) substantiiert dargelegt. Insoweit ist bei verständiger Würdigung der Vortrag der Klägerin dahin zu verstehen, dass die von ihr geltend gemachten Mehrarbeiten bei einer unfallbedingten Anmietung auch tatsächlich im konkreten Schadensfall angefallen sind. Grundsätzlich sind diese auch geeignet, den klägerseits vorgenommenen 20 %igen Pauschalaufschlag zu rechtfertigen. Dass die Mehraufwendungen im konkreten Fall nicht angefallen sind, ist beklagtenseits dagegen nicht hinreichend konkret bestritten worden.
Da weitere erhebliche Einwände gegen die Klageforderung nicht bestehen, war der Klage mithin stattzugeben.
Die darüber hinaus zuerkannten Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten sind aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges gerechtfertigt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Bergheim.