Amtsrichterin des AG Aschaffenburg verurteilt Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung der von der HUK-COBURG rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 8.4.2015 – 123 C 202/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

heute veröffentlichen wir ein Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 8.4.2015. Dem Rechtsstreit zugrunde liegt ein Verkehrsunfall, den der bei der HUK-COBURG versicherte Fahrer eines Pkws im Jahre 2014 verursachte. Der Geschädigte beauftragte den späteren Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens, damit der Schadensumfang und die -höhe beweismäßig festgestellt wurden. Der beauftragte Kfz-Sachverständige berechnete seine Leistungen. Die eintrittspflichtige HUK-COBURG ersetzte allerdings nicht die vollständigen berechneten Sachverständigenkosten, obwohl eine volle Haftung des Versicherungsnehmers bestand. Gekürzt wurden aus der Sachverständigenkostenrechnung 110,69 €. Eine dezidierte Aufschlüsselung des Kürzungsbetrages erfolgte durch die HUK-COBURG nicht. Mit anwaltlicher Hilfe klagte der Sachverständige aus abgetretenem Recht gemäß § 398 BGB den restlichen Schadensersatz bei dem zuständigen Amtsgericht Aschaffenburg ein. Allerdings erfolgte die gerichtliche Inanspruchnahme nicht bezüglich der HUK-COBURG, sondern gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG persönlich. Die Klage hatte Erfolg. Interessant ist die Begründung. Lest das Urteil selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Mit freundlichen Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Aschaffenburg

Az: 123 C 202/15

IM  NAMEN  DES  VOLKES 

In dem Rechtsstreit des Sachverständigen ….

– Klägers –

Prozessbevollmächtigte: RAe. D. I. & P. aus A.

gegen

Herrn … (Versicherungsnehmer der HUK-COBURG)

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: RA B. M. aus K.

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht v. O. am 8.4.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil:

1.  Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 110,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2014 sowie weitere 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.3.2015 zu ezahlen.

2.  Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 110, 69 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens  berücksichtigt das Gericht grudsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der klägerische Anspruch folgt aus §§ 7 I StVG, 249, 398 BGB, 3 PflVG. Die Klage ist in Höhe des geltend gemachten Restes der Sachverständigenkosten vollumfänglich begründet.

Der Beklagte, der sich überwiegend auf überholte Rechtsprechung beruft, hat weder vorgerichtlich gegenüber dem Geschädigten noch im Zuge des vorliegenden Verfahrens konkret mitgeteilt, wie seine Haftpflichtversicherung ( HUK-COBURG ) den vorgenommenen Abzug in Höhe von 110,69 € von der Sachverständigenrechnung errechnete, an welchen Positionen sie Abzüge von der Rechnung des Sachverständigen machte. Die Begründung der Haftpflichtversicherung HUK-COBURG des Beklagten vom 27.1.2014 ( K1 = Bl. 15 d.A.) beschränkte sich auf die Bezugnahme eines Honorartableaus, das sie selbst erstellt hatte aufgrund einer Honorarumfrage bei Sachverständigen in den Jahren 2010/20111. Der Haftpflichtversicherung des Beklagten (HUK-COBURG) ist hier möglicherweise entgangen, dass der Unfall sich erst im Jahr 2014 ereignete, sie mithin Daten zugrunde legte, die nicht hinreichend aktuell waren.

Da den Geschädigten keine Erkundigungspflicht bezüglich Preisen von Sachverständigen trifft, er Marktforschung nicht zu betreiben braucht und der  Geschädigte mit der Vorlage der Rechnung seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe genügt, die Rechnungshöhe die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO (BGH Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – Rn. 7 u. 8) belegt, ist  ein Grund für die Berechtigung des von der Beklagtenseite vorgenommenen Abzugs nicht ersichtlich. Insbesondere besteht kein Grund, an der Berechtigung des Ansatzes einer Relation von Schadenshöhe zu Sachverständigenkosten zu zweifeln. Da mit höherem Schadensumfang in der Regel auch der Aufwand für die Untersuchung und Reparaturkostenberechnung steigt, der Geschädigte auf die Art der Honorarberechnung keinen Einfluss hat, der Zeitaufwand allein im Hinblick auf die beim Sachverständigen anfallenden Gemeinkosten auch gar nicht geeignet wäre, die erforderlichen Kosten abzubilden, sieht das Gericht keinen vernünftigen Grund, die Schadenshöhe als Grundlage der Honorarberechnung abzulehnen. Im Übrigen hat der BGH in seiner Rechtsprechung auch die Abrechnung nach Schadenshöhe nicht für unzulässig erklärt.

Dass die Nebenkosten überhöht wären, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Im Übrigen hat auch der Geschädigte einen Anspruch auf Überlassung eines Fotosatzes, im Hinblick darauf, dass er stets damit rechnen muss, dass der fahrzeugbezogene Anspruch außergerichtlich nicht oder nicht vollständig beglichen wird, so dass die Fotos zur Durchsetzung von Ansprüchen, zumindest zur Bewertung der Erfolgsaussicht weiterer Rechtsverfolgung erforderlich sid. Insoweit entsteht dem Geschädigten auch ein Schaden, den der Schädiger ebenso zu ersetzen hat, wie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Geschädigten. Das Bestreiten des Anfalls der Nebenkosten durch den Beklagten ist im Übrigen unsubstantiiert. Die Beklagtenseite hat keine geringere Anzahl von gefertigten Fotos vorgetragen. Gleiches glt für den Besichtigungsort des Fahrzeugs, so dass auch zu den Fahrtkosten substantiiertes Bestreiten fehlt.

Im Übrigen entspricht die Abrechnung nach einem pauschalierten Grundhonorar und je nach Schaden in unterschiedlicher Höhe anfallenden Fotokosten, weil in unterschiedlicher Anzahl erforderlich zum Nachweis des jeweiligen Schadenumfangs gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers, dem konkreten Aufwand mehr im Einzelfall, als eine im Schnitt im Zweifelsfall  höhere Pauschale.  Schließlich erachtet das Gericht 45,– € Auslagenpauschale als angemessen für Schreibkosten, Druckkosten für mindestens drei Ausfertigungen des Gutachtens (zwei für den Schädiger und seinen Versicherer sowie eine für den Geschädigten), Porto und Telekommunikationsaufwand.

Da eine Überhöhung der Rechnung des Klägers nicht gegeben ist, geht der Einwand des „dolo agit“ der Beklagtenseite ins Leere. Die Klage war daher in der Hauptsache begründet.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderungen gründet sich auf §§ 280 II, 286, 288 BGB. Der Beklagte hat sich insoweit das Agieren seines Haftpflichtversicherers zurechnen zu lassen.

Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan. Insbesondere waren die vorgerichtlichen Kosten eines Rechtsanwalts geeignet und damit auch erforderlich zur zweckdienlichen Rechtsverfolgung, da die Klägerseite im Hinblick auf das BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – durchaus damit rechnen konnte, dass die Beklagtenseite ihre Haltung zu den Sachverständigenkosten überdenkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

…(es folgt die übliche Rechtsbehelfsbelehrung, von deren Veröffentlichung wir absehen).

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Kolibri sagt:

    Aus der Erinnerungskiste geholt:

    „Völlig größenwahnsinnig. Die Huk-Coburg wird den Autoversicherern noch teuer zu stehen bekommen. Die Autoversicherer werden sich wieder erholen- irgendwann, aber nicht mit solchen Scharfmachern und Rechtsbrechern an der Spitze soviel steht fest.

    Und wie von Oscar Wild: „Nicht die Prinzipien gestalten die Zukunft, sondern Persönlichkeiten“.

    Aber dieser HUK-Coburg Vorstand und einige andere Häuptlinge
    sind der letzte Husten! Sorry, aber genau das sind sie.

    Die Reportage zu ……. diene aber „einem eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse“.

    Das sind Umstände, die aus Sicht weiter Bevölkerungskreise doch als ein entscheidender Missstand wahrgenommen werden“, betonte der Vorsitzende Richter.

    „Die Entscheidung besagt, dass die Pressefreiheit nicht an Werkstoren endet.“ (dpa)

    Eingefügt aus

    Kolibti

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