AG Kaiserslautern verurteilt zur Zahlung der berechneten Sachverständigenkosten für die Teilnahme an der Nachbesichtigung, nachdem der Versicherer diese verlangt hatte, mit Urteil vom 26.6.2014 – 11 C 416/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachfolgend geben wir Euch hier ein interessantes Urteil aus Kaiserslautern zum Thema Nachbesichtigung und die Erstattungsfähigkeit der dadurch entstehenden weiteren Sachverständigenkosten bekannt. Die Kosten für die Anwesenheit des Geschädigtensachverständigen bei einer von der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung geforderten Nachbesichtigung müssen grundsätzlich erstattet werden. Eigentlich hätte der Geschädigte eine Nachbesichtigung gar nicht zulassen brauchen, denn grundsätzlich hat der regulierungspflichtige  Kfz-Haftpflichtversicherer keinen Anspruch auf Nachbesichtigung. Lest daher das Urteil aus Kaiserslautern und gebt anschließend bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
11 C 416/14

Amtsgericht
Kaiserslautern

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Kaiserslautern durch die Richterin A. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung des Ingenieurbüros … aus der Rechnung Nr. … vom 29.05.2013 in Höhe 196,46 € freizustellen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2014 zu bezahlen.

3.        Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung der anlässlich der Nachbesichtigung entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 196,46 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.

Da auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit ein zu ersetzender Schaden ist, steht dem Kläger als Geschädigtem gemäß § 249 Abs. 1 BGB ein Freistellungsanspruch zu (vgl. Grüneberg in Palandt, § 249 BGB, Rn. 4).

1.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Dies steht fest aufgrund der zur Akte gereichten Rückabtretungserklärung sowie den glaubhaften Ausführungen des Zeugen … . Dieser bestätigte die erfolgte Rückabtretung des Anspruchs.

2.
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 10.05.2013 steht zwischen den Parteien unstreitig fest.

3.
Der Einwand der Beklagten, dass die Kosten für die Anwesenheit des Sachverständigen bei dem Nachbesichtigungstermin nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seien, greift nicht durch.

Die Sachverständigenkosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.2004, VI ZR 365/03; LG Kaiserslautern, Urteil vom 14.06.2013, Az. 3 O 837/12).

Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Ein-Schaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. BGH, Urteil v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03).
Im vorliegenden Fall durfte der Kläger die Hinzuziehung des Sachverständigen anlässlich des angekündigten Nachbesichtigungstermin für erförderlich erachten.

Seitens der Beklagten bestanden in Bezug auf die Schadenshöhe offensichtlich Zweifel, weswegen diese einen Termin zur Nachbesichtigung wollte.

Es war auch aus Sicht des Klägers sinnvoll den von ihm bereits mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragten Sachverständigen zu dem Besichtigungstermin hinzuzuziehen.

Der Kläger konnte von dem den Nachbesichtigungstermin durchführenden Gutachter nicht zwingend eine unabhängige Expertise erwarten, und die Hinzuziehung eigener sachverständiger Zeugen ist zur Beweissicherung im Hinblick auf einen möglichen Prozess vernünftig (vgl. AG Salzwedel, Urteil vom 12. Dezember 2013 – 31 C 331/13 (IV)).

Das Gericht ist der Überzeugung auch aufgrund seines persönlichen Eindrucks, dass es dem Kläger aufgrund eigener Erkenntnisse und Fähigkeiten nicht möglich gewesen wäre, in dem Termin möglicherweise aufkommenden Beanstandungen des seitens der Beklagten beauftragten Gutachters entgegenzutreten. Die Hinzuziehung des fachkundigen Herrn … war daher erforderlich und zweckmäßig aus Sicht des Klägers.

4.
Soweit die Beklagte vorgetragen hat, dass die Hinzuziehung des Herrn … zur weiteren Begutachtung auf dessen Vorschlag erfolgte, so kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger führte im Rahmen seiner informatorischen Anhörung anschaulich aus, dass er Herrn … angerufen habe und ihm die Sache geschildert habe. Er habe ihm dann mitgeteilt, dass er da ganz alleine stehe und habe ihn darum gebeten, dass er dabei sein könnte. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die an der Richtigkeit dieser Angaben des Klägers Zweifel aufkommen lassen würden.

5.
Die Teilnahme an dem Nachbesichtigungstermin war, entgegen den Ausführungen der Beklagten, auch nicht von dem vorher geschlossenen Vertrag über die Schadensbegutachtung als Nebenpflicht erfasst.

Die Nebenpflichten dienen der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung. Sie sind auf die Herbeiführung des Leistungserfolges bezogen und ergänzen die Hauptleistungspflicht (vgl. Grüneberg in Palandt, § 241 BGB, Rn. 5).

Eine Nebenpflicht in diesem Sinne liegt bei der Teilnahme an dem Nachbesichtigungstermin gerade nicht vor. Die Hauptleistungspflicht, nämlich die Erstattung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe, war zu diesem Zeitpunkt bereits erbracht. Die Teilnahme diente auch nicht der Sicherung der Hauptleistung, da. diese unabhängig von möglichen Beanstandungen seitens der Beklagten fortbesteht, das Gutachten war erstattet. Sofern eine ergänzende schriftliche oder mündliche-Stellungnahme des durch den Kläger beauftragten Sachverständigen hätte erfolgen sollen, so wäre diese in keinem Fall von der Hauptleistungspflicht erfasst. Ebenso liegt der Fall hier.

6.
Es kann dahinstehen, ob für die Teilnahme an.dem Besichtigungstermin zwischen dem Kläger und dem Sachverständigenbüro … eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, wenngleich davon auszugehen ist. Auch kann dahinstehen, ob die Tätigkeit des Sachverständigen im vorliegenden Fall dienst- oder werkvertraglichen Charakter aufweist, den sowohl nach § 612 BGB als auch nach § 632 BGB gilt die übliche Vergütung als (stillschweigend) vereinbart, wenn das Tätigwerden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Im vorliegenden Fall war das Tätigwerden nur gegen Vergütung zu erwarten, so dass die übliche Vergütung als vereinbart gelten würde. Die geltend gemachte Höhe der Vergütung ist auch unter dem Gesichtspunkt der üblichen Vergütung nicht zu beanstanden.

II.

Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 23,21 € aus Verzugsgesichtspunkten gemäß den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB.

Zinsen bezüglich dieser Forderungen fallen gemäß den §§ 288, 291 BGB seit Rechtshängigkeit an, da die-ein früher Zinsanspruch nicht schlüssig dargelegt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

A.
Richterin

Beschluss

Der Streitwert wird auf 196,46 € festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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