Mit Urteil vom 14.04.2015 (408 C 257/14) hat das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeug zur Zahlung von 96,67 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht liegt ohne Bezug auf die BVSK-Honorarumfrage im Ergebnis richtig, hätte aber noch die angefallenen Kosten für die Halter zusprechen müssen. Erstritten von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat auch in der Sache zu einem weit überwiegenden Teil Erfolg.
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 96,67 € aus § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 398 BGB.
Die Kosten des Sachverständigengutachtens sind der Höhe nach erstattungsfähig, weil sie den erforderlichen Herstellungsaufwand darstellten, dessen Ersatz der Geschädigte, der Zedent, nach § 249 Abs. 2 BGB beanspruchen kann. Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung wird der erforderliche Herstellungsaufwand nicht nur nach objektiven Kriterien, etwa durch die Art und das objektive Ausmaß des Schadens, sondern auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass dem Geschädigten im Verhältnis zum Schädiger das dem Einfluss des Geschädigten entzogene Risiko nicht zugerechnet werden darf (LG Hamburg, Urteil vom 19.02.2015, Az. 323 S 23/14).
Der Geschädigte ist – anders als bei Mietwagenkosten – nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen […]. Der Schädiger kann nur dann den Ausgleich der Sachverständigengebühren in voller Höhe ablehnen, wenn sich dem Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen und Unterzeichnung einer von ihm vorgelegten Vergütungsvereinbarung aufdrängen muss, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, weil das Entgelt „deutlich erkennbar“ bzw. „erkennbar erheblich“ über den üblichen Preisen liegt (LG Hamburg, aaO).
Das ist hier nicht der Fall.
Für die Frage, wann von „erkennbar“ überhöhten Preisen auszugehen ist, ist nicht auf Einzelpositionen wie z. B. Foto-/Fahrtkosten etc. abzustellen, sondern die Überhöhung ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, d. h. ausgehend von den zu erwartenden Rechnungsendbeträgen, zu beurteilen, da die Gesamthöhe der Rechnung darüber zu entscheiden hat, ob ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt (vgl. LG Hamburg aaO). Hier überschreitet das geltend gemachte Honorar ausweislich des Abrechnungsschreibens der Kfz-Haftpflichtversicherung des Beklagten das von ihr zugrunde gelegte „Honorartableau 2012 HUK-Coburg“ nur um knapp 15 %. Damit liegt jedenfalls keine Überschreitung vor, die es gebietet, die als Schadensersatz geltend gemachten Sachverständigenkosten als „nicht erforderlich“ im schadensersatzrechtlichen Sinne anzusehen, zumal Besonderheiten, die eine überdurchschnittliche Kenntnis des Geschädigten von der üblichen Honorarhöhe nahe legen, weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind (so für eine Überschreitung um 15,2 % LG Hamburg, aaO).
Die Klägerin hat mit der Abrechnung auch nicht gegen ihre eigene Preisliste verstoßen. Ein Abschlag von 30 % vom Grundhonorar ist dort gerade nicht vorgesehen. Nach der Preisliste der Klägerin erfolgt die Abrechnung bei Totalschäden ohne Berechnung einer detaillierten Reparaturkostenkalkulation mit einem Aufschlag von 30 % auf das Grundhonorar, jedoch nur dann, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um 30 % übersteigen. Ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert von 2.800,00 € beträgt das Grundhonorar nach der Preisliste 443,00 €. Einen Aufschlag hat die Klägerin nicht vorgenommen, vielmehr hat sie Nebenkosten einzeln berechnet. Diese belaufen sich jedoch auf weniger als 30 % des Grundhonorars. Hinzu kommt, dass die Klägerin hier die Reparaturkosten detailliert berechnet hat.
Es ist auch insoweit keine andere Betrachtung geboten, als die Klägerin, der die Beklagte eine überhöhte Entgeltforderung vorwirft, durch die Abtretung selbst Gläubigerin des Schadensersatzanspruchs geworden ist. Der Geschädigte hat seine Ansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten, die diese somit gegen den Beklagten geltend machen kann (vgl. LG Hamburg, aaO).
Unmittelbare Gegenansprüche des Beklagten gegen den vom Geschädigten beauftragten Kfz-Sachverständigen, etwa über eine Einbeziehung des Schädigers in den Schutzbereich des Gutachtervertrags zwischen dem Geschädigten und der Klägerin nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, bestehen nicht. Unabhängig von der Frage, ob die Einbeziehung des Beklagten in den vertraglichen Schutzbereich bereits in der Anbahnungsphase erfolgen kann, kommt eine Aufklärungspflicht über die (Un-)Angemessenheit des geforderten Entgelts vor dem Grundsatz der Privatautonomie nur in Ausnahmefällen in Betracht. Der in seinem Wissen überlegene Vertragspartner muss den anderen grundsätzlich nicht von sich aus über alle Umstände aufklären, die für dessen Willensbildung von Bedeutung sein könnten. Es ist grundsätzlich Sache des Auftraggebers, sich zu vergewissern, ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht (vgl. LG Hamburg, aaO).
Der Beklagte kann seiner Inanspruchnahme aus dem Haftungsanspruch keine Einwendungen entgegen setzen, die dem Zedenten gegen die Klägerin aus einem anderen Rechtsverhältnis zustehen würden. Denn jedenfalls stehen dem Zedenten vertragliche Ansprüche gegen die Klägerin nicht zu. Es ist bereits ein „auffälliges Missverhältnis“ von Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 BGB objektiv nicht anzunehmen. Auch im Übrigen kann dem Sachverständigen der Einwand einer Überhöhung seiner Gebühren nicht entgegengehalten werden (vgl. hierzu LG Hamburg, aaO).
Allerdings hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Halteranfrage. Diese waren nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Denn aus dem zeitlich vor der Halteranfrage übersandten Schreiben der Kfz-Haftpflichtversicherung war diese und zumindest der Nachname ihres Versicherungsnehmers bekannt. Ausweislich des Schreibens war die Kfz-Haftpflichtversicherung auch grundsätzlich regulierungsbereit.
Zinsen stehen dem Kläger aus Verzug zu (§ 286 Abs. 1, 2 BGB) zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr, 11,713 ZPO.
Soweit das AG HH-Bergedorf.