Amtsrichterin des AG Leipzig verurteilt mit lesenswertem Urteil vom 9.2.2015 – 104 C 8752/14 – die HUK-COBURG allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zur Abwechslung veöffentlichen wir einmal wieder hier ein positves Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Wieder war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die meinte, rechtswidrig den Schadensersatzanspruch des Unfallopfers auf Erstattung der Sachverständigenkosten eigenmächtig kürzen zu können. Auch in diesem Fall ist die HUK-COBURG mit ihrer rechtswidrigen Kürzung auf die Nase gefallen. Es gibt grundsätzlich keine Rechtsgrundlage, die der Schädigerseite das Recht einräumt, eigenmächtig den Schadensersatzanspruch kürzen zu können. Maßgeblich ist und bleibt das Grundsatzurteil des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – , das dann vom BGH in der Grundsatzentscheidung VI ZR 225/13 fortgeführt wurde. Zu Recht hat das erkennende Gericht auch auf die Entscheidung des BGH VI ZR 225/13 hingewiesen. Das Urteil ist umfangreich begründet worden auf der Basis des Schadensersatzrechtes. Alles in allem eine prima Entscheidung, wie wir meinen. Lest selbst das Urteil des AG Leipzig und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 104 C 8752/14

Verkündet am: 09.02.2015

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, v.d.d. Vorstand

– Beklagte

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig
durch Richterin am Amtsgericht A.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2015 am 09.02.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 108,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2013 sowie 5 EUR Mahnkosten zu zahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 108,13 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 108,13 EUR Schadensersatz gemäß §§ 398 BGB, 7, 17 StVG, 115 VVG , 249 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom x.6.2013 in Leipzig auf der Fleischergasse.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte gegenüber … wegen
des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls für sämtliche entstandenen Schäden zu 100% einstandspflichtig ist.

Eine wirksame Abtretung des Geschädigten ist durch die Erklärung vom 4.6.2013 (Bl. 10) erfolgt. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Abtretung gegenüber dem Zedenten war gemäß § 151 BGB entbehrlich, da eine solche nach der Verkehrssitte nichts zu erwarten war.

Die Abtretung ist auch konkret genug. Aus der Abtretungserklärung ist hinreichend konkret zu erkennen, dass der Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten aus einem Unfall des Zedenten am x.6.2013 mit dem Unfallgegner … , diese versichert bei der Huk-Coburg abgetreten wurde. Es ist sogar das Aktenzeichen des Versicherers und die Tagebuchnummer der Polizei angegeben. Dies reicht aus. Es musste weder die exakte Bezeichnung der Beklagten aufgenommen werden, noch die Angabe aller unfallbeteiligten Fahrzeuge, noch der Name des Zedenten in Klarschrift (außer der Unterschrift), noch der Unfallort genauer angegeben werden. Der Unfall und damit die Forderung ist aus den Angaben hinreichend klar bestimmt. Auch die Schadenssumme musste nicht genannt werden. Dies ist zur Bestimmbarkeit einer Forderung nicht notwendig.

Grundsätzlich gehören die Kosten der Schadensfeststellung zum gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schaden, also auch die Kosten von Sachverständigengutachten sofern diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH 11.2.2014 VI ZR 225/13). Diese sind hier in vollem Umfang zu erstatten. Sie waren der Höhe nach erforderlich.

Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsatzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH 11.2.2014 VI ZR 225/13).

Solche Umstände sind im Streitfall nicht erkennbar. Das Honorar war zwischen dem Geschädigten und der Klägerin vereinbart, das ergibt sich aus Anlage K1, die im Termin im Original vorgelegt worden ist. Die Honorartabelle befindet sich auf der Rückseite des Vertrages. Das Grundhonorar übersteigt die Spanne der BSKV-Befragung nur geringfügig. Die Nebenkosten sind zwar verhältnismäßig hoch, allerdings konnte der Zedent nicht von vornherein erkennen, dass diese Kosten überhöht sind. Denn es ist zu berücksichtigen, dass ein Verkehrsunfallereignis ein für die allermeisten Verkehrsteilnehmer einmaliges Ereignis darstellt. Man kann unterstellen, dass auch ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter nicht ansatzweise eine Vorstellung davon hat, welche Kosten für die Erstattung eines Schadensgutachtens nach einem Verkehrsunfall anfallen. Für die Frage, ob Sachverständigenkosten zu erstatten sind, ist daher aufgrund der regelmäßig zu unterstellenden fehlenden Sachkunde des Geschädigten auf dessen Sicht nach dem Verkehrsunfall abzustellen. Anhaltspunkte dafür, dass unter diesem Gesichtspunkt dem Geschädigten die mit der Klägerin vereinbarten Entgelte unüblich oder überhöht erscheinen mussten gibt es nicht. Gerade die auch z.B. bei Anwälten, Steuerberatern und Architekten anzutreffende Orientierung der Entgelthöhe an dem Wert des Gegenstandes dürfte einem unbefangenen Geschädigten nicht ungewöhnlich, sondern eher naheliegend erscheinen. Dass, je geringer der Wert des Auftrages ist, die Entgelthöhe im Verhältnis stärker ins Gewicht fällt und diesen im Extremfall sogar übersteigen kann, ist arttypisch für gegenstandswertorientierte Abrechnungssysteme und folglich nicht ungewöhnlich.

Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war der Kläger gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein (BGH aaO.).

Die Beklagte hat weder dargelegt noch bewiesen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte.

Die Nebenforderung ergeben sich aus §§ 286,288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nummer 11, 711 , 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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