Mit Urteil vom 28.05.2008 (327C 1529/08) hat das AG Nürnberg zwar die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 140,48 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass in dem Fall, in dem die Mitarbeiterin der gegnerischen Versicherung dem Geschädigten am Unfallort telefonisch die Rufnummer einer günstigen Anmietmöglichkeit benennt, dies dazu führt, dass dem Geschädigten keine höheren Mietwagenkosten zustehen, als diese Partnervermietung der Versicherung geltend gemacht hätte. Das Gericht lehnt die Voraussetzungen einer Vertragssituation (Angebot und Annahme) fälschlicherweise ab. Die Kontaktaufnahme mit der gegnerischen Versicherung wird daher im Ergebnis gnadenlos abgestraft.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus § § 7 Abs. 1 StVG, 3 PflVG ein restlicher Schadensersatzanspruch (Mietwagenkosten) in der aus dem Tenor (Nr. I.) ersichtlichen Höhe zu.
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin für die aufgrund des Verkehrsunfalles vom 07.03.2007 erforderlich gewordenen Mietwagenkosten sowie die Haftungsquote von 100 % ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Es besteht kein Zweifel daran, dass Mietwagenkosten grundsätzlich zu den Kosten einer Schadensbehebung gemäß § 249 Abs, 2 Satz l BGB zählen.
Der Schädiger, bzw. dessen Haftpflichtversicherung hat nach dieser Vorschrift jedoch nur den erforderlichen Betrag zu bezahlen.
Dieser errechnet sich wie folgt:
Grundmiete für 8 Tage
8 X EUR 47 = 376,00 EUR
zuzüglich 19% Mehrwertsteuer 71,44 EUR
447,44 EUR
abzüglich 3% Eigenersparnis – 13,42 EUR
verbleiben 434,02 EUR
zuzüglich Kosten
der Haftungsfreistellung 154,00 EUR
588,02 EUR
abzüglich bezahlter 447,44 EUR
noch zu zahlender Betrag 140,58 EUR
Im Einzelnen ist hierzu folgendes aufzuführen;
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass zur Schadensbehebung ein höherer Betrag erforderlich ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trägt jedoch der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast für die Erforder-lichkeit der Höhe der von ihm geltend gemachten Mietwagenkosten.
Für die Klägerin bestand kein Grund, zu einem höheren Preis, als zu EUR 47,00 netto täglich Grundkosten zuzüglich Nebenkosten anzumieten.
Aufgrund der Aussage der Zeugin X, Mitarbeiterin der Beklagten, steht fest, dass diese die Klägerin persönlich noch am Unfallort telefonisch darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie bei der Firma Y einen Mietwagen der Klasse ihres Fahrzeuges für täglich netto EUR 47,00 bekommen könne.
Da die Klägerin sich nicht sofort für das Angebot dieser Firma entscheiden können habe, habe sie ihr die Telefonnummer der Firma mitgeteilt.
Die Beklagte arbeite ständig mit dieser Firma zusammen. Die Anmietung zu diesen Preisen sei problemlos möglich. Zu den Kosten von täglich EUR 47,00 kämen noch die Mehrwertsteuer sowie etwaige Nebenkosten, wie Kosten für Haftungsbefreiung, hinzu.
Die Aussage dieser Zeugin erschien dem Gericht absolut glaubwürdig.
Sie erläuterte weiter, dass ihr Versicherungsnehmer vom Unfallort aus bei ihr angerufen habe. Mit demselben Telefon habe sie auch mit der Klägerin gesprochen und hierbei auf die günstige Anmietmöglichkeit hingewiesen.
Zwar hat die Klägerin ihren Ehemann als Zeugen dafür angeboten, dass die Beklagte ein derartiges Angebot nicht unterbreitet habe.
Nachdem der Ehemann der Klägerin jedoch unstreitig nicht am Unfallort anwesend war, kann dieser zu dem Telefongespräch am Unfallort zwischen der Zeugin X und der Klägerin persönlich nichts aus eigenem Wissen aussagen und war deshalb nicht zu vernehmen.
Obwohl der Klägerin somit die Möglichkeit der Anmietung zu dem von der Zeugin X genannten günstigen Preis bekannt war, hat sie diese Möglichkeit in der Folgezeit völlig ignoriert und stattdessen einen PKW zu einem weitaus höheren Preis bei der Firma Z Autovermietung angemietet.
Für dieses Verhalten hat die Klägerin keinen triftigen angegeben.
In Übereinstimmung mit den Urteilen des Amtsgericht Nürnberg vom 06.11.2006 (33 C 2254/06) und 12.09.2007 (37 C 3854/07) sowie auch des Amtsgerichts Hersbruck vom 23.07.2007 (1 C 483/07) ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin die Erforderlichkeit eines höheren Mietwagenpreises, als er sich aus obiger Berechnung ergibt, nicht nachgewiesen hat.
Hierfür ist es ohne Belang, ob die telefonische Information durch die Zeugin X ein annahmefähiges Angebot enthielt.
Die Beklagte wollte der Klägerin kein Angebot unterbreiten, sondern sie lediglich auf eine günstige Anmietmöglichkeit hinweisen.
Inwiefern und gegenüber wem die Beklagte sich hierdurch wettbewerbswidrig verhalten haben soll, ist nicht ersichtlich. Eine Information über die Möglichkeit einer günstigen Anmietung stellt auch keine Rechtsberatung im Sinne des § l Rechtsberatungsgesetz dar.
Obwohl das Fahrzeug der Klägerin nicht vollkaskoversichert war, ist das Gericht der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der vollständigen Haftungsbefreiung zusteht.
Mit der Anmietung eines relativ neuen Fahrzeuges war für die Klägerin ein Sonderrisiko verbunden, da ihr eigenes Fahrzeug bereits 14 Jahre alt war und damit im Vergleich zum Mietfahrzeug einen relativ geringen Wert hatte (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 1041).
Die Höhe der erforderlichen Kosten für die Haftungsfreistellung schätzt das Gericht gemäß § 2 87 ZPO in Anlehnung an die Schwacke-Automietpreisliste 2007 auf EUR 154,00.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs, 1, 288 Abs. 1 BGB.
3. Aus den oben unter 1. genannten Vorschriften ergibt sich auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Diese sind jedoch nur auf der Basis eines Gegenstandswertes von EUR 140,58 zu berechnen, wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr 32,50 EUR
Postpauschale 6,50 EUR
39,00 EUR
19% Mehrwertsteuer 7,41 EUR
gesamt 46,41 EUR.
4. Der Zinaanspruch insoweit ergibt sich aus §§ 291, 283 Abs, 1 BGB.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
7. Die Berufung war nicht zuzulassen.
Aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin ergibt sich überdeutlich, dass 2u den gesamten Themenkomplex „Mietwagenkosten“ bereits unzählige Entscheidungen der verschiedensten Gerichte aller Instanzen existieren. Die vorliegende Rechtssache hat somit keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine weitere Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth hierzu würde weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.
Soweit – bedenklich – das AG Nürnberg.
Hallo Babelfisch,
das Urteil ist nicht nur nicht bedenklich, sondern schlicht falsch. Der Amtsrichter/ die Amtsrichterin hat das VW-Urteil immer noch nicht verinnerlicht, soweit dort von Sondervereinbarungen mit der eintrittspflichtigen Versicherung die Rede ist. Der Hinweis der Versicherung noch am Unfallort ist unzumutbar für den Geschädigten, da die Verweisung auf bestimmte Mietwagenunternehmen mit deren Anmietpreisen auf Sondervereinbarungen mit dem eintrittspflichtigen Versicherer beruhen. Woher sollte sonst die Versicherung noch am Unfallort, praktisch im vorhinein, die Anmietpreise kennen, wenn keine Sondervereinbarung bestehen würde? Nach BGH (Urt. vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -) ist daher die Verweisung für den Geschädigten unzumutbar, wenn die Preise auf Sondervereinbarungen beruhen und damit nicht allgemein gültige Marktpreise sind. Otting hatte bereits in MRW darauf hingewiesen. Die Sondervereinbarungen in dem VW-Urteil des BGH sind auch auf Mietwagenunternehmungen und Sachverständige zu übertragen.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker