Berufungskammer des LG Fulda weist die Berufung der VN der HUK-COBURG gegen Urteil des AG Bad Hersfeld zurück mit Urteil vom 24.4.2015 – 1 S 177/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk- Leserinnen und -Leser,

zum Wochenanfang wollen wir Euch etwas „schwere Kost“ vorlegen. Nachfolgend veröffentlichen wir hier ein umfangreiches Berufungsurteil des Landgerichts Fulda zu den Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Die von den Anwälten der HUK-COBURG angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 25.11.2014 – 10 C 95/14 (10) – haben wir der Berufungsentscheidung zum besseren Verständnis unten angefügt. Damit kann sich der geneigte Leser selbst ein Bild von dem kompletten entschiedenen Unsinn, wie wir meinen, machen. Warum hier nicht auch der Kläger Berufung bzw. Anschlussberufung eingelegt hat, erschließt sich einem verständig denkenden Menschen nicht. Somit bleibt es bei den anteiligen Kosten gemäß der Entscheidung des AG Bad Hersfeld vom 25.11.2014, obwohl der Kläger nach den Ausführungen der Berufungskammer des LG Fulda das Ding wohl komplett gewonnen hätte. Zwar wird von der Berufungskammer des LG Fulda im Schadensersatzprozess die Angemessenheit geprüft – und dann auch noch nach BVSK, obwohl der BGH entschieden hat, dass der Geschädigte weder den BVSK noch deren Honorarbefragungen kennen muss (vgl. BGH Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – Rd-Nr. 10 = BGH DS 2014, 90 = NJW 2014, 1947 = BeckRS 2014, 04270 = DAR 2014, 194). Das Urteil des LG Fulda ist zwar entgegen der BGH-Rechtsprechung (BGH aaO.) mit der BVSK-Angemessenheit infiziert, aber trotzdem hätte es bei sachgerechter anwaltlicher Behandlung – unserer Meinung nach – für einen gänzlichen Sieg gereicht. Lest selbst die Urteile und gebt anschließend bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne – unwetterfreie – Woche.
Willi Wacker

Landgericht Fulda                                                                                       Verkündet am:
Geschäfts-Nr.: 1 S 177/14                                                                          24.04.2015
10 C 95/14 (10) Amtsgericht Bad Hersfeld

I m   N a m e n   d e s  V o l k e s

U r t e i l

In dem Rechtsstreit

Beklagte und Berufungsklägerin

gegen

Kläger und Berufungsbeklagter

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Fulda
durch den Vizepräsidenten des Landgerichts Dr. H.
den Richter am Landgericht D.
den Richter am Landgericht Dr. M.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2016

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 25.11.2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Freistellung von Forderungen in Anspruch, die ihm gegenüber seitens des KFZ-Sachverständigen … aus einer Rechnung vom 10. Juli 2013 (Bl. 32 d.A.) in Höhe von 713,24 € (445 EUR Grundvergütung, 158,56 EUR Nebenkosten) gestellt worden sind. Die hinter der Beklagten stehende Versicherung erstattete einen Betrag in Höhe von 581.– €. Der weitergehende Freistellungsanspruch in Höhe von 137,24 € stellt die Klageforderung dar. Die volle Haftung der Beklagten wie auch der hinter ihr stehenden Haftpflichtversicherung ist zwischen den Parteien unstreitig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 25.11.2014 der Klage überwiegend, in Höhe von 112,04 €, stattgegeben, sie im Übrigen aber abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nach einem Verkehrsunfall zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB zu erstattenden Vermögensnachteil auch die Kosten eines eingeholten Sachverständigengutachtens gehörten, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruch erforderlich und zweckmäßig sei. Es sei allerdings nicht jeder Rechnungsbetrag zu erstatten, sondern nur der „erforderliche Geldbetrag“. Lägen die mit dem Sachverständigen vereinbarten und von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so seien sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Dann sei vom Tatrichter nach § 287 ZPO der erforderliche Geldbetrag zu ermitteln. Unstreitig habe der Kläger mit dem Gutachter keine bestimmte Vereinbarung getroffen. Mangels Vergütungsversinbarung könne der Gutachter nach den §§ 631, 632 BGB i.V. m. § 315 BGB nur die übliche Vergütung verlangen. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen, also darauf abzustellen, welche Erkenntnisse unod Einflussmöglichkeiten der Geschädigte habe. Nach diesen Grundsätzen konnten auch vom Sachverständigen neben dem Grundhonorar berechnete konkrete oder pauschale Nebenkosten erstattungsfähig sein, wenn sie in einem grundsätzlich angemessenen Rahmen lägen und der Geschädigte damit nicht verpflichtet sei, sie im Hinblick auf die möglicherweise zugrunde liegenden Einzeleistungen kritisch zu hinterfragen. Nebenkosten in Höhe von 25 % des Grundhonorars sollten dabei nicht so unüblich sein, dass sie eine Überprüfungspflicht des Geschädigten auslösen müssten. Diese Fragestellung komme aber nur dann zum Tragen, wenn der Geschädigte die Gutachterkosten bereits gezahlt habe und ihm damit tatsächlich bereits ein entsprechender Schaden entstanden sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Daher könne es nicht darauf ankommen, ob der Kläger habe erkennen müssen, dass die Rechnung des Gutachters über der üblichen Höhe liege. Solange der die Gutachterrechnung nicht gezahlt habe, sei ihm auch noch kein Schaden in der vollen Rechnungshöhe entstanden. Er sei, mangels anderer Vereinbarung, von vornherein nur zur Zahlung der „angemessenen üblichen“ Vergütung verpflichtet. Diese wäre aber auch vom Schädiger zu erstatten. Es könne daher nur darauf ankommen, wie die Üblichkeit der Forderungshöhe zu berechnen und vom Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen sei. Mehrere Gründe sprächen dabei aus Sicht des Gerichts gegen die Bemessungsgrundsätze des JVEG (wird weiter ausgeführt). Aus Sicht des Amtsgerichts sei es sachgerecht, sich bei der Prüfung der Üblichkeit der Vergütung an die BVSK-Honorarbefragung zu halten. Die Grundvergütung, die vom Sachverständigen in Höhe von 445,- € berechnet worden sei, liege unter dem höchsten (468,– €), noch im Bereich des üblichen Rahmens liegenden Betrag und über dem niedrigsten (431,- €) Betrag. Sie sei daher nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht halte es nicht für nicht geboten, immer den Mittelwert zwischen Minimum und Maximalwert der Tabelle zu nehmen. Bei den Nebenkosten ergebe sich folgendes Bild:

–    bei den Fahrtkosten habe der Gutachter pauschal 30,56 € berechnet. Laut Beklagter seien 22 Kilometer für die Begutachtung zurückzulegen gewesen. Laut Tabelle liege der Maximalwert bei pauschalen Fahrtkosten bei 26,73 €. Anzurechnen seien daher nur 26,73 € pauschale Fahrtkosten.
–    Bei den Fotoauslagen liege der Preis pro Foto (2,35 € für den ersten Fotosatz), insgesamt 16,45 €, unterhalb des Maximalwertes bei 2,55 € pro Tabelle. Der Betrag von 16,45 € sei nicht zu beanstanden. Beim zweiten Fotosatz seien 2,– € je Foto, insgesamt 14,– € berechnet worden. Hier sei laut Tabelle ein Maximalwert von 1,67 € je Foto erstattungsfähig. Damit ergebe sich nur eine Erstattungsfähigkeit von 11,69 €.
–    Bei den Schreibauslagen habe der Gutachter 3,40 € pro Seite, für 9 Seiten 30,60 € berechnet. Laut Tabelle liege der Maximalwert für die Schreibkosten je Seite bei 2,86 €, so dass für 9 Seiten nur 25,74 € zuzusprechen seien.
–    An Kopierkosten berechne der Gutachter für 3 x 9 Seiten à 1,70 € insgesamt 45,90 €. Laut Tabelle liege der Maximalwert bei 1,43 €, d.h., der eigentliche Betrag liege bei 38,61 €.
–    Als Pauschale für Porto, Telefon etc. habe der Gutachter 21,05 € berechnet. Die Pauschaltabelle liege jedoch nur bei 18,17  €.

Insgesamt ergebe sich daher in der Addition der oben genannten Beträge ein üblicher Rechnungsbetrag von 582,30 € zuzüglich Mehrwertsteuer, damit ein Betrag von 693,04 €. Folglich könne nur Freistellung von Gutachterkosten in Höhe von weiteren 112,04 € geltend gemacht werden.

Mit der vom Amtsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlich geltend gemachten Antrag auf vollständige Klageabweisung in vollem Umfang welter (hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht). Hierzu hat sie insbesondere vorgetragen, dass das Amtsgericht trotz Kenntnis der Rechtsprechung des BGH die BVSK-Befragung als Schätzungsgrundlage herangezogen habe. Mit der jüngsten BGH-Entscheidung sei aber festgestellt, dass diese untauglich sei. Die Nebenkosten würden zum Teil pauschal, zum Teil nach Aufwand abgerechnet, Das konkrete Ausmaß der Wechselwirkung zwischen „Grundhonorar“ und „Nebenkosten“ lasse sich dieser Studie nicht entnehmen. Entsprechendes gelte für das Verhältnis entsprechender Nebenkostenpositionen zueinander. Je nachdem, ob ein Sachverständiger auf die Pauschalen zurückgreife oder seine Nebenkosten nach dem tatsächlichen Anfall berechne, unterschieden sich die Gesamtnebenkosten stark. Allenfalls maßgebend sei, welche Vergütung regional üblich sei, Unter Hinzuziehung einer Tabelle, die den untauglichen Versuch unternehme, die Werte der sogenannten KFZ-Sachverständigen im gesamten Bundesgebiet widerzuspiegeln, gelinge keine rechtsfehlerfreie Schätzung zur Bestimmung der allenfalls regional ersatzfähigen Kosten. Es sei auch nicht zulässig, in den Nebenkosten einen weiteren Unternehmungsgewinn zu kalkulieren. Schreibkosten von 3,40 € pro Seite seien deshalb nicht zu erstatten, da ein schriftliches Gutachten geschuldet sei. Ein guter schwarz-weiß-Drucker koste etwa 300 – €. Man könne mit einem solchen Gerät etwa 300.000 Seiten ausdrucken, was zu Kosten pro Seite von 0,001 € führe (wird noch weiter ausgeführt). Die angeblichen Schreibkosten, die nichts anderes als Druckkosten seien, von 3,40 € netto pro Seite seien wucherisch. Entsprechendes gelte für die Kopierkosten (wird weiter ausgeführt). Auch die Kosten, die für die Bildproduktion (2,35 € bzw. 2,00 €) abgerechnet worden seien, seien nicht nachvollziehbar.

Die Berufungsklägerin und Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 25.11.2014 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Bad Hersfeld zurückzuverweisen.

Der Berufungsbeklagte und Kläger beantragt

die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 25.11.2014 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er ist der Berufung entgegengetreten. Dass der Sachverständige eine Rechnung gestellt habe, die deutlich erkennbar über den ortsüblichen Preisen liege, treffe nicht zu und habe die Beklagte auch nicht hinreichend dargetan. Weder das Grundhohorar noch die berechneten Nebenkosten, die sich allesamt im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung bewegten, seien überhöht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2. 513, 517, 519 und 520 ZPO).

In der Sache bleibt die Berufung der Beklagten allerdings ohne Erfolg.

Die Kammer teilt die Ansicht des Amtsgerichts, wonach dem Kläger ein Anspruch auf Freistellung von weiteren Gutachterkosten gegen die Beklagte aus den §§ 7, 17 StVG in Höhe von jedenfalls 112,02 EUR zusteht.

Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst ausgeführt, dass nach einem Verkehrsunfall zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB zu erstattenden Vermögensnachteilen auch die Kosten eines eingeholten Sachverständigengutachtens gehören, sobald die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Daher können nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlicher Herstellungsaufwand nur die Kosten beansprucht werden, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlieh denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Der Geschädigte seinerseits ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu nehmen, soweit er die Höhe der für die Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Insbesondere ist der Geschädigte aber nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet. Er genügt seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Angemessenheit der Rechnungshöhe genügt dann nicht. Dabei ist allerdings nicht jeder Rechnungsbetrag nach §249 Abs. 2 S. 1 BGB zu erstatten, sondern nur der „erforderliche Geldbetrag“. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder  von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. In diesem Fall ist vom Tatrichter nach § 287 ZPO der erforderliche Geldbetrag anhand tragfähiger Anknüpfungstatsachen zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, zitiert nach beck-online). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung allerdings nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen Betrages“ Im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1. BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztendlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend.
Zusammenfassend ist also davon auszugehen, dass ein Indiz für die Erforderlichkeit die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung bildet, sofern dieser nicht für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Zwar macht der Kläger im vorliegenden Fall lediglich einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte als Schädigerin geltend, so dass die Besonderheit des Falles darin liegt, dass die Rechnung des Sachverständigen noch nicht bezahlt worden ist. Soweit das Amtsgericht dies zum Anlass genommen hat, die Ansicht zu vertreten, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankäme, inwieweit der Kläger habe erkennen müssen, dass die Rechnung bzw. die Preise des Gutachters über der üblichen Höhe liegen werden, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Im Gegensatz zur Ansicht des Amtsgericht, welches davon ausgeht, dass – solange die Gutachterrechnung nicht gezahlt sei – dem Geschädigten noch kein Schaden in der vollen Rechnungshöhe entstanden sei, kommt es nicht darauf an, inwieweit lediglich ein Freistellungsanspruch oder bereits ein Zahlungsanspruch geltend gemacht wird.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger auch im vorliegenden Fall bereits mit einer Forderung des Sachverständigen belastet wird und er diesen Sachverständigen zuvor auch beauftragt hat. Relevant ist insoweit auch hier, inwieweit der Kläger im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen hat erkennen können – ggfls. durch Nachfragen – inwieweit die vom Sachverständigen später zugrunde zu legenden Preise bzw. seine Berechnung über der üblichen Vergütung liegen wird. Die Kammer teilt insoweit die Ausführungen des OLG München in seinem Hinweisbeschluss vom 12.03.2015 (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015, 10 U 579/15), Danach ist das OLG München davon ausgegangen, dass eine Differenzierung danach, ob die Rechnung bereits gezahlt worden ist oder nicht bzw. erst nach Beauftragung des Anwalts des Geschädigten gezahlt wurde, nicht zu treffen ist, falls der Geschädigte den Sachverständigen (zuvor) beauftragt hat. Das OLG München insoweit wörtlich:

„Nach Bezahlung kann der Geschädigte Zahlung, vor Bezahlung Freistellung (§ 257 BGB) verlangen. Eine Differenzierung danach, ob die Rechnung bereits bezahlt wurde oder nicht bzw. erst nach Beauftragung des Anwalts des Geschädigten bezahlt wurde, ist nicht veranlasst, falls der Geschädigte den Sachverständigen beauftragt hat.
(…) Aus prozessualer Sicht gilt jedoch dass bei unbezahlter Rechnung dann, wenn sich der Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung ernsthaft weigert, Schadensersatz zu leisten (BGH NJW 2004, 1868; BGH NJW-RR 2011, 910 jew. m. w. N.), was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten (z.B. einem Klageabweisungsantrag) liegen kann (BGH NJW-RR 2011, 910), der Geschädigte sich nicht auf einen Freistellungsanspruch nach § 257 BGB verweisen lassen muss (BGH NJW 1970, 1122 mit weiteren Nachweisen..,), weil sich dieser gem. § 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch verwandelt hat (BGH aaO,; LG Hamburg a.a.O.).

Die Beurteilung der Schadensminderungspflichten des Geschädiaten erfolgt unabhängig von der Frage der Bezahlung der Rechnung. Wäre der Geschädigte aus Gründen der Schadensminderung verpflichtet gewesen, einen Teil der Rechnung oder die gesamte Rechnung nicht zu bezahlen, wird ihm die Klage insoweit abgewiesen. Will er bei noch nicht bezahlter Rechnung sicherstellen, dass der nicht von der Versicherung bezahlte Teil nicht vom Sachverständigen ihm gegenüber geltend gemacht wird, ist eine Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen unumgänglich, wenn der Sachverständige auf Anfrage (unter Beifügung etwaiger Hinweise des Gerichts) nicht auf seine weitergehenden Forderungen verzichtet.

Für den Fall, dass der Geschädigte den Sachverständigen selbst beauftragt hat, ist für die Frage der Bezahlung der Rechnung auf die subjektive Schadensbetrachtung abzustellen. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, vor Bezahlung der Rechnung des Sachverständigen seinen zur Geltendmachung der Schadenersatzansprüche gegenüber dem Schädiger beauftragten Rechtsanwalt einzuschalten, damit dieser die Angemessenheit des verlangten Sachverständigenhonorars überprüft (außer er wurde hierzu ausdrücklich beauftragt).

Hat der Beschädigte den Sachverständigen mithilfe eines Anwalts oder einer Kfz.-Werkstätte beauftragt, das Gutachten und/oder die Sachverständigenrechnung nicht erhalten, ist – wie oben ausgeführt – eine subjektive Schadenbetrachtung, nicht sachgerecht Der Geschädigte kann in diesem Fall lediglich die von ihm darzulegende und ggf. nachzuweisende branchenübliche Vergütung I.S.d. § 632 II BGB verlangen. Höhere Vergütungen sind nicht ersatzfähig, da ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen durch die Werkstätte oder den Anwalt dem Geschädigten zuzurechnen ist.“

Insoweit spielt es keine Rolle, inwieweit der Geschädigte die Rechnung bereits bezahlt hat oder lediglich einen Freistellungsanspruch gegen den Schädiger geltend macht. Zur Anwendung kommen jedenfalls die Grundsätze, wie sie die Kammer bereits im Parallelverfahren aufgestellt hat (vgl. Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 24.04.2015, 1 S 168/14).
Danach gilt, dass der Kläger durch Vorlage der Gutachterrechnung grundsätzlich die Notwendigkeit der dem Geschädigten angefallenen Kosten hinreichend dargelegt hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die abgerechneten Kosten – insbesondere die Nebenkosten – die branchenüblich im Bezirk des Sachverständigen abgerechneten Kosten erheblich und für den Geschädigten erkennbar übersteigen, hat die Beklagtenseite nicht aufgezeigt. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger sich im vorliegenden Falle möglicherweise nicht über die Preismodalitäten informierte, können keine für ihn nachteiligen Schlüsse gezogen werden, da nicht ersichtlich ist, dass bei entsprechender Nachfrage beim Sachverständigen hinsichtlich der Preisgestaltung für den Kläger eine deutliche Überhöhung der branchenüblichen Preise erkennbar gewesen wäre.

Was zunächst die Grundvergütung angeht, bewegt sich die vom Sachverständigen berechnete Summe in Höhe von 445,– € im üblichen Rahmen der Tabelle nach der BVSK-Befragung 2013, nach der der übliche Gebührenrahmen – wie das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – bei der streitgegenständlichen Schadenshöhe zwischen – vom Verband gewichteten – Gebühren zwischen 431,– € und 468,- € liegt. Die Grundvergütung von 445,– € liegt somit unter dem höchsten noch im Bereich des üblichen Rahmens liegenden Betrages und ist daher nicht zu beanstanden. Mithin kann hier schon objektiv nicht von einem brachenunüblichen hohen Honorar ausgegangen werden.
Hinsichtlich des Grundhonorars bietet die BVSK-Umfrage eine anerkannte Schätzgrundlage. Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang ausführt, der BGH habe sich dazu entschieden, die BVSK-Befragung als taugliche Schätzgrundlage zu verwerfen, so kann dem nicht gefolgt werden. In der von dem Berufungsführer in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs kam dieser lediglich zu einer Nichtanwendbarkeit der Befragung (vgl. das zugrunde liegende Urteil des LG Saarbrücken). Der BGH hat in der Entscheidung vom 22.07.2014 (VI ZR 357/13) die BVSK-Umfrage lediglich für nicht anwendbar im Hinblick auf die Nebenkosten bewertet. Im dortigen Verfahren rechnete der Sachverständige Nebenkosten ab, welche nahezu das Grundhonorar erreichten (hier liegen die Nebenkosten im Bereich von 35 % der Grundvergütung). Zudem erachtete das Landgericht Saarbrücken für den dortigen Bezirk die BVSK-Umfrage hinsichtlich der Nebenkosten (!) auch deshalb nicht für aussagekräftig, da aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, dass die Abrechnungsmodalitäten im dortigen Gerichtsbezirk stark sehwanken und daher von der BVSK-Umfrage nicht verlässlich abgebildet wurden. Der Bundesgerichtshof hatte dieses Ergebnis zwar nicht beanstandet, den Entscheidungsgründen des Urteils lässt sich jedoch entnehmen, dass er die BVSK-Umfrage hinsichtlich der Nebenkosten nicht generell für unanwendbar hält. Insoweit kann entgegen der Ausführungen der Berufung nicht davon ausgegangen werden, dass der Bundesgerichtshof insgesamt die BVSK-Umfrage für untauglich erachtet, zumal vorliegend nicht ersichtlich ist, dass auch im Bezirk des Klägers die Abrechnungsmodalitäten stark von der Erhebung nach BVSK abweichen; die Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen. Was die Tauglichkeit der Umfrage im Übrigen angeht, kann auf die ausführlichen und nachvollziehbaren Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Was die Nebenkosten angeht, ist der Berufung zunächst zuzugestehen, dass diese grundsätzlich sehr hoch erscheinen, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass Nebenkosten nur den tatsächlichen Aufwand abbilden. Bereits aus den begleitenden Bemerkungen zur BVSK-Honorarbefragung 2013 unter „8. Nebenkosten“ ergibt sich jedoch, dass in der Abrechnungspraxis der Sachverständigen die Position „Nebenkosten“ grundsätzlich nicht im betriebswirtschaftlichen Sinne des Begriffs verwendet wird, sondern dass die Ausweisung lediglich der Transparenz dienen soll, die einzelnen Posten jedoch Gewinnanteile enthalten. Da maßgeblich die branchenüblichen Preise sind und sich aus der Anmerkung der BVSK-Umfrage zur Abrechnungspraxis der Sachverständigen ergibt, dass es branchenüblich ist, die Nebenkosten gerade nicht als tatsächlichen Aufwand abzubilden, kann der Geschädigte allein daraus, dass die Nebenkostenpositionen im Verhältnis zum Aufwand sehr hoch erscheinen, keine relevanten Erkenntnisse ziehen.
Was das Verhältnis der Nebenkosten zum Grundhonorar angeht, liegt dies über der von der Kammer in der Parallelentscheidung (1 S 168/14) angenommenen Grenze von 25 % des Grundhonorars. Die Kammer war in der zitierten Entscheidung davon ausgegangen, dass zumindest dann, wenn die Nebenkosten nicht mehr als 25 % des Grundhonorars ausmachen – und das Grundhonorars als solches nicht überhöht ist -, es für den Geschädigten grundsätzlichen keinen Anlass gibt, an der branchenüblichen Notwendigkeit der Kosten zu zweifeln (insoweit folgend OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2014, 16 U 103/13, zitiert nach beck-online). Im vorliegenden Fall bewegen sich die Nebenkosten bei 158,56 € und die Grundvergütung bei 445,– € – jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Damit liegen die Nebenkosten oberhalb des von der Kammer in der zitierten Entscheidung angenommenen Betrages von 25 %.
Die Nebenkosten liegen hier bei einer Relation von 35 % der Grundvergütung. Das Amtsgericht hat insoweit Abzüge vorgenommen, nach denen die Nebenkosten noch bei einer Relation von 30 % der Grundvergütung liegen.

Dennoch geht die Kammer davon aus, dass sich für den Kläger auch im vorliegenden Fall nicht hat aufdrängen müssen, dass die Nebenkosten überhöht sind und dies auch durch entsprechende Recherchen im Vorfeld für ihn erkennbar gewesen wäre. Insoweit teilt die Kammer die ausführlichen Ausführungen des OLG München in der bereits zitierten Entscheidung. Dazu das OLG München wörtlich:

Im Prozess reicht ein einfaches Bestreiten der Sachverständigenrechnung seitens des Schädigers oder seiner Versicherung grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, NJW 2014, 1947; siehe auch AG Frankfurt, Der Verkehrsanwalt 2014, 254), Der Schädiger kann vortragen, dass die vorgelegte Sachverständigenrechnung die übliche Abrechnung der Branche deutlich übersteigt und der Geschädigte dies erkennen hätte können (vgl. BGH, NJW 2014, 1947). Kann der Schädiger dies beweisen, hätte der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspfiicht verstoßen, wenn er in Vereinbarung der Vergütung vor Auftragsvergabe diese nicht beanstandet (Auswahlverschuldden) oder bei einer Abrechnung gemäß § 632 II BGB (vgl. hierzu BGH, NJW 2006, 2472) die Rechnung ungekürzt bezahlt (entgegen AG Hannover, Der Verkehrsanwalt 2013, 161; 2013, 162; 2013, 163).

Voraussetzung für eine substantiierte Einwendung seitens des Schädigers oder der Versicherung ist daher

–  die Darlegung der üblichen Sätze für das Grundhonorar und ggf.
– der üblichen Sätze für Nebenkosten,
– jedenfalls bezogen auf das nähere örtliche Umfeld, und
– auf welchem Weg die vorstehenden Sätze für den Geschädigten ohne Marktanalyse und ohne Kostenvoranschläge unproblematisch unabhängig vom Rückgriff auf Umfragen von Sachverständigenverbänden ersichtlich gewesen sein muss.

Kann dies der Schädiger bzw. seine Versicherung nicht darlegen oder bei Bestreiten des Gegners beweisen, kommt eine Kürzung bei Beachtung der obigen Grundsätze faktisch nur dann in Betracht, wenn die Abrechnung des Sachverständigen in sich so evident fehlerhaft ist, dass dies auch der Laie erkennen kann. Dies dürfte der Fall sein, wenn beispielsweise

– der Sachverständige seine Abrechnung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen stützt, die ihrerseits wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 I BGB) unwirksam sind (vgl. AG Königswinter, SP 2014, 172);
–  der Sachverständige Nebenkosten entgegen einer vorherigen anderslautenden Vereinbarung abrechnet;
– die Anzahl der abgerechneten Stunden, die Zahl der abgerechneten Fahrtkosten oder der Lichtbilder etc. nicht richtig ist (ohne Erläuterung werden Stunden angegeben, die ersichtlich nicht nachvollziehbar sind, also etwa 3 Stunden Korrekturlesen für ein zehnseitiges Gutachten; der Sachverständige rechnet 250 km Fahrtkosten ab, es fand aber lediglich eine Besichtigung eines 5 km entfernten Fahrzeugs statt; es werden 50 Lichtbilder abgerechnet, das Gutachten enthält aber nur 10 Lichtbilder), also Leistungen abgerechnet werden, die ersichtlich nicht erbracht wurden;
– die Abrechnung ohne Erläuterung Mondpreise enthält (100 Stunden bei einem Reparaturkostenaufwand von 2.000,00 €, 5 € pro Kilometer Fahrtkosten, pro Lichtbild 10 €, etc.).“

Entsprechenden Vortrag hat die Beklagtenseite in erster Instanz vorliegend nicht gehalten. Erstmals in der Berufungsbegründung kommt – insoweit verspätet, vgl. § 531 ZPO – ausführlicher Vortrag dazu, warum der Kläger angeblich hätte erkennen können, dass die Nebenkosten erhöht gewesen sind. Selbst unter Berücksichtigung dieses Vortrages vermag die Kammer jedoch nicht zu erkennen, dass sich für den geschädigten Kläger quasi hätte aufdrängen müssen, dass die vom Sachverständigen zu Grunde zu legenden Kosten überhöht gewesen wären.

Hinsichtlich der näheren Berechnung der angemessenen Nebenkosten wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision.

Dr. H.                                                  D.                                                   Dr. N.
Vizepräsident des, LG                      Richter am LG                            Richter am LG

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Amtsgericht Bad Hersfeld                                                    Verkündet am 25.11.2014
Aktenzeichen: 10 C 95/14 (10)

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Beklagte

hat das Amtsgericht in Bad Hersfeld durch den Richter am Amtsgericht L. im schriftlichen Verfahren gemäß §495a ZPO unter Bestimmung des Termins, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, für den 4. November 2014 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Forderungen des … Kfz
Sachverstädigengesellschaft mbH aus der Rechnung Nummer … vom 19. Juli 2013 in Höhe von 112,04 € freizuzustellen, nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 3. August 2013.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/11 und die Beklagte 9/11 zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in
Höhe Von 300,– € abwenden, wenn nicht der Kläger vorab Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am 14.7.14 kam es zwischen dem Pkw BMW des Klägers, amtliches Kennzeichen … , und dem Pkw der Beklagten zu einem Verkehrsunfall bei dem das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde. Die volle Haftung der Beklagten wie auch der hinter ihr stehenden Haftpflichtversicherung, der HUK Coburg, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger schaltete zur Feststellung der Schadenshöhe das Sachverständigenbüro … aus … ein, ohne mit dem Gutachter Vereinbarungen zur Höhe seiner Vergütung zu treffen. Der Gutachter besichtigte am 17.7.13 das klägerische Fahrzeug bei der Fa … AG in … .

In seinem Gutachten vom 19.7.13, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 19-31 d.A.) gelangte er zu Reparaturkosten von 2.257,45 € ohne MWSt, 2.686,37 € incl. MWSt sowie einer Wertminderung von 750,– €. Das Gutachten bestand aus neun Texseiten und 7 Fotos.

Der Gutachter stellte für das Gutachten einen Betrag von 718,24 € in Rechnung, zusammengesetzt aus einer Grundvergütung von 445,- € und Nebenkosten von insgesamt 158,56 €, jeweils zzgl. MWSt. Auch auf den Inhalt dieser Rechnung wird Bezug genommen (Bl. 32 d.A.).

Mit Anwaltsschreiben vom 23.7.13 forderte der Kläger die Versicherung der Beklagten zur Zahlung u.a. der Gutachterkostcn unter Fristsetzung zum 2.8.13 auf. Die Versicherung der Beklagten erstattete hierauf gemäß Schreiben vom 118.13 einen Betrag von 581,– € als angemessene Vergütung für das erstellte Gutachten und lehnte weitere Zahlungen ab (Bl. 33, 34 d.A.).
Weitere Zahlungen der Beklagten auf die Gutachterkosten erfolgten nicht, wobei auch der Kläger bislang keine weitere Zahlung an den Sachverständigen leistete.

Der Kläger hat zunächst im Mahnverfahren von der Beklagten die Zahlung des Restbetrags gefordert, macht im streitigen Verfahren jetzt die volle Freistellung von den Gutachterkosten geltend und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Forderungen des … Kfz Sachverständigengesellschaft mbH aus der Rechnung Nummer … vom 19. Juli 2013 in Höhe von 137,24 freizustellen, nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2013.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass die Gutachterrechnung insbesondere bei den Nebenkosten überhöht sei.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst eingereichten Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Der Anspruch des Klägers auf Freistellung von weiteren Gutachterkosten folgt aus §§ 7, 17 StVG, da sich der den klägerischen Schaden verursachende Verkehrunfall beim Betriebe der Kraftfahrzeuge der Parteien ereignete, wobei die volle Haltung der Beklagten nicht im Streit steht.
Dabei besteht allerdings lediglieh ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von weiteren Gutachterkosten in Höhe von 112,04 €.

Einigkeit besteht darüber, dass nach einem Verkehrsunfall zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB zu erstattenden Vermögensnachteilen auch die Kosten eines eingeholten Sachverständigengutachtens gehören, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Nach § 249, Abs. 2, Satz 1 BGB können als erforderlicher Herstellungsaufwand nur die Kosten beansprucht werden, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Der Geschädigte ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgfebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, soweit er die Höhe der für die Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet. Er genügt seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Angemessenheit der Rechnungshöhe durch den Gegner genügt dann nicht.
Dabei ist allerdings nicht jeder Rechnungsbetrag nach § 249, Abs. 2, Satz 1 BGB zu erstatten, sondern nur der erforderliche Geldbetrag. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. In diesem Fall ist vom Tatrichter nach § 287 ZPO der erforderliche Geldbetrag anhand tragfähiger Anknüpfungstatsachen zu ermitteln (so z.B. BGH vom 22.7.14, Az. VI ZR 357/13, m.w.N.).

Unstreitig vereinbarte der Kläger mit dem Gutachter keine bestimmte Vereinbarung. Der Gutachtervertrag mit einem Verkehrssachverständigen ist ein Werkvertrag, der Gutachter schuldet ein geistiges Werk, die Feststellung der Höhe des Schadens am Pkw (Busche in Münch.Komm. zum BGB, § 631 BGB, Rdn. 261, 262).
Mangels Vergütungsvereinbarung kann der Gutachter nach den §§ 631, 632 BGB i.V.M. § 315 BGB die „übliche“ Vergütung verlangen und berechnen. Eine verbindliche Gebührenordnung im Kfz-Sachverständigenwesen gibt es dabei nicht.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten auf die spezielle Situation, insbesondere auf die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten abzustellen und eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen.

Nach diesen Grundsätzen können auch vom Sachverständigen neben dem Grundhonorar berechnete konkrete oder pauschale Nebenkosten erstattungsfähig sein, wenn sie in einem grundsätzlich angemessenen Rahmen liegen und der Geschädigte damit nicht verpflichtet ist, sie im Hinblick auf die möglicherweise zugrunde liegenden Einzelleistungen kritisch zu hinterfragen. Nebenkosten in Höhe von 25% des Grundhonorars sollen dabei nicht so unüblich sein, dass sie eine Überprüfungspflicht des Geschädigten auslösen müssten (OLG Frankfurt vom 28.1.14, Az, 16 U 103/13, recherchiert bei juris).
Diese Fragestellung kommt aber von vornherein nur dann zum Tragen, wenn der Geschädigte die Gutachterkosten bereits zahlte und ihm damit tatsächlich bereits ein entsprechender Schaden entstanden ist: Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Daher kann es nicht darauf ankommen, ob der Kläger erkennen musste, dass die Rechnung des Gutachters über der üblichen Höhe lag. Solange er die Gutachterrechnung nicht zahlte entstand ihm auch noch kein Schaden in der vollen Rechnungshöhe. Er ist, mangels anderer Vereinbarung, von vornherein nur zur Zahlung der „angemessenen, üblichen“ Vergütung verpflichtet, diese wäre aber auch vom Schädiger zu erstatten.

Es kann daher nur darauf ankommen, wie die Üblichkeit der Forderungshöhe zu berechnen und vom Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen ist.

Dabei könnte sich anbieten, die Bemessungsgrundlage des JVEG heranzuziehen, welches die Vergütung gerichtlich bestellter Sachverständiger regelt, und zwar sowohl hinsichtlich der Grundvergütung (nach Stundensätzen, §§ 8-10 JVEG), wie auch bezüglich der Aufwendungen (so das Amtsgericht Bad Hersfeld, Urteil vom 28.10.14, Az, 10 C 216/14 (20), mit Zulassung der Berufung).
Aus Sicht des Gerichts sprechen aber mehrere Gründe gegen die Heranziehung dieser Vorschriften. Zunächst ist es jedem Sachverständigen unbenommen, sich gegenüber dem Gericht zur Übernahme eines Gutachtenauftrags auf der Basis der Vergütungsvorschriften des JVEG bereitzuerklären oder nicht, oder nur unter besonderen Vereinbarungen zu einer abweichenden Vergütungshöhe. Im Unterschied zum privat erstellten Gutachten kann es bei für das Gericht erstellten Gutachten auch kein Kostenausfallrisiko des Gutachters geben. Insbesondere aber spricht aus Sicht des Gerichts gegen diese Regelung, dass nach den Erhebungen des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) die freiberuflichen Kfz-Sachverständigen zu nahezu 100% die Vergütung nicht nach Stundensätzen,  sondern nach der Schadenshöhe berechnen, was auch dem Wunsch der Versicherungswirtschaft nach einheitlichen Kriterien für das Massenphänomen Gutachten entspricht (so die aktuelle BVSK-Honorarbefragung 2013 vom August 2013, dort Seiten 3 und 5).

Aus Sicht des Gerichts ist es sachgerecht, sich bei der Prüfung der Üblichkeit der Vergütung an dieser BVSK-Honorarbefragung zu orientieren.
Der BVSK ist 1958 als Berufsverband unter Zusammenschluss des Verbands der öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen und des Verbands der qualifizierten Kfz-Sachverständigen entstanden. Er ist der größte Verband der qualifizierten freiberuflichen Kfz-Sachverständigen in Deutschland. An der Befragung 2013 nahmen 840 Standorte der BVSK-Mitglieder teil, was einer Quote von über 95% der Mitglieder entspricht und damit einen repräsentativen Querschnittzur Berechnungshöhe ergab (aaO, S. 3).
Die von dem Verband ermittelten Honorarsätze sind daher in besonderem Maße geeignet, tatsächlich die „übliche“ Vergütung freiberuflicher Gutachter in Schadensfällen widerzuspiegeln.

Dabei ist die in den Tabellen berücksichtigte Aufspaltung in ein – von der Höhe der Reparaturkosten netto zuzüglich einer eventuellen merkantilen Wertminderung bei Renaraturschaden oder dem Wiederbeschaffungswert brutto bei Totalschaden (aaO, S. 4) zu berechnendes – Grundhonorar und in zusätzlich berechnete Nebenkosten die übliche Ahrechnungsart. Diese Aufteilung dient der Möglichst großen Transparenz der Abrechnungen, wobei in den Positionen der Nebenkosten auch Gewinnanteile des Gutachters enthalten sind, die bei anderer Betrachtungsweise (Erstattungsfähigkeit nur eines Grundhonorars einschließlich aller Nebenkosten) dem dann höher anzusetzenden Grundhonorar hinzuzurechnen wären (aaO, S. 8).

Anknüpfend hieran ergibt sieh vorliegend folgende „übliche“ Vergütung des Sachverständigen … :

-Beim Grundhonorar berechnete der Gutachter 445,– € zzgl. MWSt. Dabei gelangte er zu Reparaturkosten netto von 2.257,45 € sowie 750,– € Wertminderung, d.h. bei Reparaturwürdigkeit zu einem Gesamtschaden von 3,007,45 €.
Nach der Tabelle der BVSK-Honorarbefragung 2013 liegt der übliche Gebührenrahmen bei dieser Schadenshöhe zwischen, vom Verband gewichteten, Gebühren zwischen 431,- und 468,- €. Die Grundvergtütung von 445,– € liegt somit unter dem höchsten noch im Bereich des üblichen Rahmens liegenden Betrags und ist daher nicht zu beanstanden.

Dabei sieht es das Gericht nicht als geboten an, für die Bemessung der üblichen Vergütung stets auf den Mittelwert zwischen den Minimum- und dem Maximalwerten der Tabelle abzustellen und den Beteag hierauf zu begrenzen. Letztlich ist das Bestimmungsrecht des Gutachters bei der Höhe seiner Abrechnung aus § 315 BGB zu respektieren. Die gesamte Breite des vom Verband gewichteten Spektrums der Vergütungen liegt noch im üblichen Rahmen der Abrechnungen. Aus Sicht des Gerichts ist die Üblichkeit und Angemessenheit der Vergütung daher erst dann nicht mehr gewahrt, wenn die Berechnung noch über die vom Verband ermittelte Maximalhöhe hinausgeht.

-Bei den Nebenkosten ergibt sich folgende Abrechnung:

a) Bei den Fahrtkosten hat der Gutachter pauschal 30,56 € berechnet. Laut Beklagter waren vom Gutachter 22 Kilometer für die Begutachtung des Fahrzeugs zurückzulegen. Laut Tabelle liegt der Maximalwert bei pauschalen Fahrtkosten bei 26,73 €, der Maximalwert konkret abgerechneter Fahrtkosten bei 1,16 € je Kilometer.
Somit ist eine pauschale Abrechnung grundsätzlich nicht unüblich und damit aus Sicht des Gerichts zu akzeptieren. Die Beklagte wird bei weiteren Rechnungen des Gutachters … prüfen können, ob er sich auch dann an diese Abrechnungswelse hält, wenn er bei Abrechnung tatsächlich gefahrener Kilometer zu höheren Werten kommt und ihn dann auf die Abrechnung von Pauschalen verweisen dürfen.
Anzurechnen sind daher 26,73 € pauschale Fahrtkosten.
b) Bei den Fotoauslagen hat der Gutachter für 7 Fotos beim ersten Fotosatz 2,35 € je Foto berechne, insgesamt 16,45 €.
Laut Tabelle liegt der Maximalwert bei 2,55 € je Foto, damit höher. Der Betrag von 16,45 € ist somit nicht zu beanstanden.
c) Beim zweiten Fotosatz wurden 2,– € je Foto, insgesamt 14,– € berechnet.
Laut Tabelle ist die Abreohmmg eines zweiten Fotosatzes üblich, mit einem Maximalwert von 1,67 € je Foto. Erstattungsfahig sind hier daher nur 11,69 €.
d) Bei den Schreibauslagen hat der Gutachter 3,40 € je Seite, für 9 Seiten 30,60 € berechnet.
Laut Tabelle liegt der Maximalwert für Schreibkosten je Seite bei 2,86 €, so dass für 9 Seiten nur 25,74 € zuzusprechen sind.
e) An Kopierkosten berechnet der Gutachter für 3 x 9 Seiten à 1,70 € insgesamt 45,90 €.
Laut Tabelle liegt der Maximalwert bei 1,43 €, d.h. der übliche Betrag liegt bei 38,61 €.
f) Als Pausschale für Porto, Telefon, E-Mail, Fax berechnete Herr … 21.05 €.
Die Pauschale der Tabelle, ohne separat berechnete Schreibkosten, liegt jedoch nur bei 18,17 €.

Insgesamt ergibt sich damit in der Addition der gekannten Beträge ein üblicher Rechnungsbetrag von 582,39 €, zuzüglich MWst (110,65 €) ein Betrag von 693,04 €.
Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte bislang 581,– €, so dass ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von den Gutachterkosten in Höhe weiterer 112,04 € besteht.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280, Abs. 286, 288 BGB. Zahlungsverzug trat auf Grund der datumsmäßig bestimmten Zahlungsaufforderung zum 2.8.13 ab dem Folgetag ein. Der Höhe nach wurden die gesetzlichen Verzugszinsen geltend gemacht. Der weitergehende Zinsantrag war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92, Abs. 1 ZPO, der Vollstreckbarkeitaausspruch aus §§ 708, Ziffer 11, 711 ZPO.

Nach § 511, Abs. 3, Ziffer 2, Abs. 4 Ziffer 1 ZPO wurde die Berufung zugelassen wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, wie die üblichen Gutachterkosten nach einem Verkehrsunfall zu ermitteln sind, wie auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Wie ausgeführt gibt es beim Amtsgericht Bad Hersfeld bereits jetzt zwei Urteile zu dieser Frage mit unterschiedlicher Entscheidung, außerdem tritt die Frage in mehreren weiteren Verfahren auf und bedarf der Klärung.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu Berufungskammer des LG Fulda weist die Berufung der VN der HUK-COBURG gegen Urteil des AG Bad Hersfeld zurück mit Urteil vom 24.4.2015 – 1 S 177/14 -.

  1. LAS CORUJAS sagt:

    Viel Lärm um nichts. Der Aufwand ist unverständlich.

    LAS CORUJAS

  2. RA Schwier sagt:

    Der Feststeller fehlt?

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