Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von München geht es sofort weiter nach Halle – von der Isar zur Saale. Wieder ging es um Sachverständigenkosten, die von der HUK-COBURG rechtswidrig gekürzt wurden. Lest selbst das Urteil des Amtsgerichts Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG. Warum der Sachverständige allerdings Fahrtkosten in Rechnung gestellt hatte, erschließt sich mir nicht. Ansonsten liegt unserer Ansicht nach eine ordentliche Entscheidung vor. Was meint Ihr? Das erkennende Gericht kommt auch ohne BVSK aus. Zu Recht hat es darauf hingewiesen, dass eine Preiskontrolle nicht in Frage kommt, wenn der Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt ist, was das Gericht im konkreten Fall zu Recht bejaht hat. Zu Recht hat das Gericht auch darauf hingewiesen, dass vor Beauftragung des Sachverständigen eine Markterforschung durch den Geschädigten nicht betrieben werden muss. Im Übrigen wäre das auch kaum möglich, da die Schadenshöhe noch nicht feststeht und erst durch das Gutachten ermittelt werden soll. Was natürlich nicht gefällt, ist, dass zur Freistellung verurteilt wurde. Da die HUK-COBURG als Beklagte die Zahlung endgültig und ernsthaft verweigert hatte, wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Lest aber selbst das Urteil. Gebt dann anschließend bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.:
98 C 2353/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn…
Kläger
gegen
Firma HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 23.10.2013 am 20.11.2013 durch die Richterin am Amtsgericht L.
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hinsichtlich der Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens des Kfz-Sachverständigenbüros … , aus der Rechnung vom 05.08.2010 ober einen offenen Betrag in Höhe von 278,73 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 80%, der Kläger zu 20%.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert beträgt 303,73 €.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Freistellung von einer Rechnung des Sachverständigenbüros … , welches er nach einem Verkehrsunfall vom 21.07.2010, für dessen Schäden die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu 100% eintrittspflichtig ist, beauftragt hat, die Schäden an dem Pkw BM 219 CLS/320 CDI (HAL-…) zu kalkulieren. Für das am 05,08.2010 erstellte Gutachten (Reparaturkosten 2.454,40 € / Bl. 8-24) legte das Sachverständigenbüro dem Kläger Rechnung unter dem 05.08.2013 über 594,44 € brutto / 499,53 € netto (Bl. 25 dA), worauf die Beklagte am 18.08.2010 an den Sachverständigen 195,80 € zahlte. Den Restbetrag i.H.v. 303,73 € netto verlangt das Sachverständigenbüro von dem Kläger, der vorsteuerabzugsberechtigt ist und der hiervon freigestellt werden will.
Die Beklagte zahlte auf die Gesamtschadensforderung des Klägers vom 23.08.2010 i.H.v. 3.015,78 € neben den 195,80 € an den Gutachter zudem 2.712,05 € sowie am 01.02.2011 316,18 € vorgerichtliche Anwaltskosten (Bl. 44).
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich der Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens des Kfz-Sachverständigenbüros … , aus der Rechnung vom 05.08.2010 über einen offenen Betrag in Höhe von 303,73 € nebst 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2010 und ihn auch von außergerichtliche angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 40,95 € nebst 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gegenüber den Rechtsanwälten … freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers mit der Begründung einer stattgehabten Abtretung an den Sachverständigen und fehlenden Rückabtretung. Die Eigentumsvermutung gem. § 1006 BGB streite nicht für den Kläger. Sie behauptet, den Kläger treffe ein Auswahlverschulden bei der Auswahl des Sachverständigen, der überhöhte Preise insbesondere hinsichtlich der Nebenkosten verlange. Insbesondere die angesetzten Fahrtkosten seien nicht entstanden, weil das Fahrzeug ausweislich der Fotos am Sitz des Sachverständigenbüros besichtigt und begutachtet worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gem. § 115 VVG, 7 Abs. 1 StVG, § 823 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den unfallbedingt entstandenen Forderungen des Sachverständigen gegen ihn.
Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers bestehen nicht. Er hat den zum Unfallzeitpunkt unstreitig in seinem Besitz befindlichen Pkw dem Sachverständigen zur Begutachtung vorgestellt und ist Adressat der streitgegenständlichen Rechnung. Die Beklagte hat auch mehr als 3.000 € bereits an den Kläger bzw. teilweise an den Sachverständigen gezahlt, wobei zu unterstellen ist, dass sie dessen Berechtigung geprüft hat. Jedenfalls trägt sie neue Erkenntnisse, die Anlass zur Annahme geben, ggf. an einen nicht Berechtigten gezahlt zu haben, nicht vor. Insoweit ist gem. § 1006 BGB weiter von der für den Kläger sprechenden Eigentumsvermutung auszugehen. Eine Abtretungsurkunde legt die Beklagte, die insoweit das ihr Günstige darzulegen und zu beweisen hat, nicht vor. In aller Regel enthält die Sicherungs-Abtretung gerichtsbekannter Weise stets die Klausel, dass der Zedent bei Nichtzahlung durch den Schädiger bzw. dessen Versicherer selbst weiter zur Zahlung verpflichtet ist. Eine Rückabtretung bedarf es insoweit nicht. Zudem liegt die Rechnung – gerichtet an den Kläger – als Bl. 44 dA vor.
Den Kläger trifft auch kein Auswahlverschulden.
Sachverständigenkosten sind grundsätzlich erforderlicher Herstellungsaufwand, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist erstattungsfähig. Einwendungen gegen die Höhe der SV-Kosten können dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung evident ist. Dies ist vorliegend auch mit Blick auf die BVSK-Tabellen, die dem Kläger als Geschädigten weder bekannt oder gar geläufig sind, nicht gegeben.
Eine Preiskontrolle kommt deshalb nicht in Betracht, wenn der Rahmen der Erforderlichkeit gewahrt ist. Der Geschädigte muss auch keine Marktforschung betreiben, bevor er einen Gutachter beauftragt. Eine Anwendung der BGH-Rechtsprechung zu den Unfallwagenersatztarifen verbietet sich mangels vorhandenen Sondermarktes. Soweit die Autovermieterbranche für den Privatkunden günstige und für die (durch Dritte zu entschädigende) Unfallgeschädigte gravierend teuerere Tarife entwickelt hat, kann und muss sich dem Pkw-anmietenden wirtschaftlich denkenden Geschädigten die Frage des Erforderlichen Aufwandes aufdrängen. Eine solche Situation ist im Bereich der Kfz-Sachverständigen nicht gegeben. Der Geschädigte kann auch mangels Tarif-Übersicht nicht vergleichen, zumal sich die konkrete Höhe erst aus der Schadensberechnung ergibt. Solange für ihn weder eine Willkür oder ein auffälliges Missverhältnis erkennbar ist, noch eine Auswahlverschulden vorliegt, kann der Geschädigte den aus seiner Sicht notwendigen Ersatz verlangen, ohne dass es auf den BVSK-Korridor ankommt.
Steht allerdings fest, dass die Rechnung Positionen enthält, die erkennbar nicht angefallen sind, ist der Geschädigte nicht mit einer Forderung belastet, von der er freigestellt werden müsste, da der Sachverständige ihm gegenüber keinen Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen haben kann. Dies trifft hier für die Anfahrtspauschale i.H.v. 25,– € zu, da der Sachverständige die Begutachtung auf seinem Betriebsgelände durchgeführt hat, was der Kläger als der den Sachverständigen beauftragende Geschädigte auch erkennen kann und – da er nicht bestreitet, wohl auch erkannt hat.
Dies kann allerdings aus Sicht des Klägers nicht hinsichtlich der übrigen Nebenkosten-Positionen i.H.v. insgesamt 93,58 € gelten. Hier kann dem Kläger gegenüber nicht argumentiert werden, er müsse sich gegen die Forderung des Sachverständigen wegen Gebührenüberhöhung zur Wehr setzen. Eine gesetzliche oder allgemein gültige Gebührenregelung für freie Sachverständige existiert nicht.
Zinsen kann der Kläger nicht verlangen, da ihm kein Zinsschaden entstanden ist. Dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt wegen eigenem Zahlungsverzug gegenüber dem Sachverständigen diesem gegenüber zur Zinszahlung verpflichtet ist, kann mangels Vortrag zu einer Mahnung nicht festgestellt werden.
Vorgerichtliche Anwaltskosten sind nicht berechtigt. Die Einschaltung des Anwalts zur Unfallregulierung ist ein einheitliches Mandat, was sich auch aus dem Mahnschreiben vom 23.08.2010 (Bl. 31 ff) ergibt. Eine getrennte Abrechnung der Unterposition SV-Kosten ist im Gebührenrecht des RVG nicht zulässig. Die Beklagte hat 316,50 € bezahlt und damit den anwaltlichen Gebührenanspruch auf der Basis eines Streitwertes bis 3.500,- € vollständig erfüllt:
282,10 € + 20,- € Postpauschale = 302,10 € netto
Erstattung der Mehrwertsteuer steht dem vorsteuerabzugsberechtigten Kläger gem. § 249 Abs. 2 BGB nicht zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Da will doch allen Ernstes die Huk-Coburg von dem Geschädigten verlangen, dass er wegen der von der Huk-Coburg behaupteten „Gebühren“-Überhöhung seinen Sachverständigen in Anspruch nimmt. Hat die Huk-Coburg denn gar nichts gelernt? Der vom Geschädigten beauftragte Schverständige ist nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Dieser ist Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Also muss sich die Huk-Coburg mit diesem auseinandersetzen, nicht der Geschädigte. Der Geschädigte kann die berechneten Kosten als Indiz für die Erforderlichkeit der Wiederherstellungskosten ansehen. Die Huk-Coburg muss als Regulierer des von seinem VN angerichteten Schaden diesen in voller Höhe ersetzen, auch wenn die SV-Kosten überhöht sind. Allerdings ist die Huk_Coburg nicht rechtlos. Sie kann sich einen evenuellen Bereicherungsanspruch abtreten lassen und aus abgetretenem Recht gegen den SV vorgehen, wenn sie nach wie vor der Meinung ist, die berechneten Kosten seien überhöht.
Aber das Gericht hat schön auf diesen Vortrag der Huk-Anwälte reagiert. Wetten, dass die Huk-Coburg dieses Urteil nicht zitiert?!!!
Hallo, Willi Wacker, zwischen den Zeilen kann man wahrnehmen, das dieser Richter die gesetzwidrigen Machtspielchen der HUK-Coburg-Versicherungen dicke hat und Urteile mit solchen Merkmalen werden sich mehren. Wie ermahnte schon 2008 der Direktor des AG Essen Steele diese Versicherung noch (s.Urteilssammlung)?
Mit freundlichen Grüßen
CH. I.
Hallo CH.I.,
du meinst mit deinem Kommentar bestimmt das Urteil des AG Essen vom 28.9.2004 – 17 C 167/04 -,das in diesem Blog am 12.12.2007 und noch einmal am 14.5.2012 veröffentlicht wurde. Weil es so bezeichnend ist, sollte die Redaktion entsprechende Links einsetzen, damit jeder Leser sofort über die Machenschaften der HUK-COBURG bereits seit Anfang des Jahrtausends informiet wird.
Solche Richter braucht das Land.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hallo,Willi Wacker,
genau so ist es. Die bewusst gewollte Provokation ergibt sich hier nach dem Urteil des AG Halle schon aus der Ausgangslage: 2.454,40 € Reparaturkosten (brutto oder netto?).Gutachterkosten 594,44 € brutto. Davon reguliert 195,80 € ! Das entspricht 32,93 % (!!!) der abgerechneten Kosten.
Vor diesem Hintergrund hatte schon seinerzeit des Direktor des AG Essen Steele Veranlassung, das rechtswidrige Regulierungsverhalten der HUK-Coburg mit folgenden Ausführungen deutlich zu tadeln:
“ Die Beklagtenseite wehrt sich gegen ihre Inanspruchnahme durch Verwendung von Textbausteinen, die dem Gericht allzu gut bekannt sind. Die Beklagtenseite *(gemeint ist hier die Beklagte zu 3) –> HUK-Coburg) mag aber vielleicht nunmehr endlich zur Kenntnis nehmen, dass das Amtsgericht Essen-Steele in ständiger Rechtssprechung keinen Anhaltspunkt dafür sieht, die Sachverständigenrechnungen, die von dem Sachverständigen … stammen, aufgrund der ständig wiederkehrenden, dadurch aber nicht überzeugender werdenden Abfolge immer gleicher Argumente der Beklagtenseite zu beanstanden, zu kürzen oder diesen zu widersprechen. Die Beklagtenseite mag sich endlich damit abfinden, das für Sachverständige keine Gebührenordnung gilt. Wenn insbesondere die Beklagte zu 3) als eine Haftpflichtversicherung, die scheinbar ausreichend Geld hat, um die Versicherungssprämien für aussichtslose Prozesse wie diese zu verwenden, meint, dass es klare Vorgaben für Sachverständigengebühren geben müsse, so mag sie damit den Gesetzgeber nicht aber die Gerichte, die im Rahmen der geltenden Gesetze zu urteilen haben, beschäftigen.
Die Berechtigung der Gebührenforderung des Sachverständigen … ergibt sich nach der von diesem zugrunde gelegten Streitwertberechnung nach der Schadenssumme.
Die Berechtigung zum Ansatz der Nebenkosten ergibt sich aus dem zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen … zustande gekommenen Vertrag.“
CH. I.
Hallo CH.I.,
da wurde der HUK-COBURG bereits im September 2004, also jetzt vor 14 Jahren, ins Versicherungsstammbuch geschrieben, dass es so nicht geht. Gelernt hat die HUK-COBURG dadurch nichts. Es geht immer so weiter! Beratungsresistenz hoch drei, könnte man sagen.
Eine solche beratungsresistente Versicherung muss sich allen Ernstes fragen lassen, ob sie überhaupt eine Existenzberechtigung hat, wenn sie seit zumindest 14 Jahren Versichertengelder – wie es der Richter beim AG Essen-Steele eindrücklich ins Urteil geschrieben hat – verschleudert.
Das Urteil des AG Essen-Steele vom 28.9.2004 – 17 C 167/04 – muss immer wieder angeführt werden. Vielleicht kann die Redaktion in gewissen Abständen durch einen Link wieder auf dieses hervorragende Urteil hinweisen. Mit der gleichen Hartnäckigkeit, wie die HUK-COBURG sie an den Tag legt, mit der gleichen Hartnäckigkeit muss die HUK-COBURG an den Pranger gestellt werden.
Ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Hallo zusammen,
auch in Essen-Steele haben einige Richter den Schuss nicht gehört. Mir liegt ein Hinweisbeschluss vor, wo der Richter die Nebenkosten nach JVEG berücksichtigen will. Hilfsweise bietet er einen Vergleich von 50% an.
Hämmert es bei dem ??
…..läuft?!? Oder?
Hallo Bösewicht,
ich würde den Vergleich nicht eingehen, sondern dem Gericht den Beschluss des OLG München zu der Nichtanwenbarkeit des JVEG auf Kostenrechnungen von Privatgutachtern vorlegen. Mal sehen, was er dann macht und gleichzeitig beantragen, wegen des Beschlusses des OLG München die Berufung zum LG Essen zuzulassen.