Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachstehend veröffentlichen wir für Euch hier und heute noch ein Urteil des AG Diez zu den Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Nachdem die HUK-COBURG vorgerichtlich auf die berechneten Sachverständigenkosten – unter Bezugnahme auf das von ihr selbst erstellte „Honorartableau“ – nur einen Teil der berechneten Kosten gezahlt hatte, klagte der Geschädigte – zu Recht – den von der HUK-COBURG gekürzten Betrag bei dem Versicherungsnehmer der HUK-COBURG persönlich ein. Damit erfuhr der bei der HUK-COBURG versicherte Kfz-Halter, wie seine HUK-COBURG – trotz einhundertprozentiger Haftung – Schäden reguliert, nämlich nur unzureichend und gegen das Gesetz verstoßend, und damit rechtswidrig. Er muss nunmehr die Suppe auslöffeln, die ihm seine eigene Versicherung wegen der rechtswidrigen Kürzungen eingebrockt hat. Die gerichtliche Inanspruchnahme der Versicherten hat erzieherischen Charakter und diszipliniert hoffentlich die Versicherer. Denn Nichts ist schlimmer, als wenn die Versicherten über das rechtswidrige Kürzungsverhalten der eigenen Versicherung informiert werden. Selbst wenn der Versicherte durch einen von der Versicherung beauftragten Anwalt – meistens ohne ausdrückliche Vollmacht des Versicherten (!) – vertreten wird, sollte durch den Kläger selbst dem Unfallverursacher eine Kopie des obsiegenden Urteils übersandt werden, denn der Versicherungsanwalt wird – entgegen der standesrechtlichen Richtlinien – seinen „Mandanten“ über den verlorenen Prozess wohl kaum informieren? Hier haben wir ein gutes Beispiel, wie der Kläger selbst den Beklagten durch Übersendung einer Kopie des Urteils über das Ergebnis des Rechtsstreits informieren kann. Vermutlich wird der Beklagte aus allen Wolken fallen. Lest aber selbst das Urteil in dem Verfahren Geschädigter gegen Schädiger und gebt dann anschließend bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
13 C 94/15
Amtsgericht
Diez
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn V. M. aus B.E.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & P. aus A.
gegen
Herrn R. J. aus B. (Versicherungsnehmer der HUK-COBURG)
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. M. aus K.
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Diez durch den Richter am Amtsgericht M. aufgrund der bis zum 17.06.2015 eingereichten Schriftsätze ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 171,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
(Das Urteil bedarf gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO keines Tatbestandes)
Die Klage ist begründet.
Zu Recht nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung des geforderten Betrages von 171,98 € in Anspruch.
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz – vorliegend ausschließlich in der Form von Gutachterkosten und entgegen der Klageerwiderung vom 01.05.2015 nicht auch in der Form von vorgerichtlichen Anwaltskosten – aus einem Verkehrsunfall vom 12.05.2014 in Nassau, der unstrittig von dem Beklagten mit einem zum Unfallzeitpunkt bei der HUK-Coburg haftpflichtversicherten Fahrzeug alleine schuldhaft verursacht wurde.
Für ein von dem Kläger gemäß Werkvertrag/Honorarvereinbarung vom 13.05.2014 in Auftrag gegebenes Schadensgutachten wurden ihm gemäß Rechnung des Sachverständigen vom 16.05.2014 668,98 € berechnet, worauf bisher lediglich 497,00 € erstattet wurden; die HUK-Coburg hat insoweit in ihrem Abrechnungsschreiben vom 30.09.2014 der Honorarbemessung das „Honorartableau 2012 – HUK-Coburg, basierend auf der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011“ als Maßstab zugrunde gelegt.
Gegen seine Verpflichtung, auch das offene Sachverständigenhonorar von 171,98 € als Schaden gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen, kann der Beklagte indes in beachtlicher Weise weder das Vorgenannte noch, wie mit der Klageerwiderung geschehen, einwenden, dass Gutachterkosten in dieser Höhe nicht üblich, angemessen oder erforderlich gewesen seien. Dies sollte zumindest der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung aufgrund zahlreicher Verfahren, die diesbezüglich alleine vor dem erkennenden Gericht bereits anhängig waren, inzwischen hinlänglich bekannt sein. Insbesondere hatte das Gericht in dem hiesigen Verfahren 8 C 157/11 in seinem Urteil vom 01.12.2011 – zur Klärung der sich dort wie hier stellenden Rechtsfragen für den hiesigen Gerichtsbezirk – die Berufung zugelassen. Das Landgericht Koblenz hat in seinem Berufungsurteil vom 09.05.2012 (12 S 267/11) im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geschädigte mit dem Sachverständigen zwar nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren kann. Solange jedoch für den Geschädigten (als Laien) nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann der Geschädigte – der grundsätzlich nicht zu einer Markterforschung nach einem für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen bzw. zu einer (ihm ohne vorherige Begutachtung des unfallbeschädigten Fahrzeuges ohnehin kaum möglichen) Preisvergleichung verpflichtet ist und auf dessen Rücken der Streit über die Höhe von Sachverständigenkosten daher grundsätzlich nicht ausgetragen werden darf -vom Schädiger den vollen Ausgleich des Sachverständigenhonorars verlangen. Dass vorliegend den Kläger ein sog. Auswahlverschulden im vorgenannten Sinne – um welches es entgegen der Klageerwiderung sehr wohl geht – zur Last falle, vermag der Beklagte alleine mit der Behauptung, dass die von ihm angenommene Unangemessenheit der Vergütung „für einen Geschädigten als Laien regelmäßig nicht mehr ansatzweise nachvollziehbar“ sei, von vornherein nicht mit Erfolg geltend zu machen.
Die vorgenannte Rechtsprechung hat inzwischen auch zusätzliche Bestätigung durch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, u.a. veröffentlicht in NJW 2014, 1947) erfahren, der u.a. entschieden hat, dass Einwendungen, wie sie auch im vorliegenden Verfahren erneut bzw. sich wiederholend erhoben wurden, nur dann beachtlich sein können, wenn die im Rahmen der Beauftragung getroffene Preisvereinbarung und nicht erst die spätere Rechnungsstellung „für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt; nur dann, „wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen“.
Einer Kürzung der vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten alleine auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes – wie sie hier Von der hinter dem Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung im Rahmen ihrer Abrechnung vom 30.09.2014 vorgenommen wurde – hat der BGH im Übrigen ausdrücklich eine Absage erteilt.
Dass, wie der Beklagte schließlich argumentieren will, die vorgenannte BGH-Rechtsprechung für die vorliegende Fallkonstellation, weil ihr ein „anderer Schutzzweck“ (?) zugrunde liege, nicht heranzuziehen sein soll, vermag das Gericht nicht zu erkennen und nachzuvollziehen.
Der Klage war nach alledem stattzugeben.
Aus dem Gesichtspunkt des Verzuges schuldet der Beklagte infolge Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung auf den 05.06.2014 auch die geforderten Zinsen in gesetzlicher Höhe (§§ 286,288 BGB); das diesbezügliche Bestreiten aus der Klageerwiderung erschließt sich dem Gericht nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Es bedarf keiner weitergehenden Begründung, dass eine – nochmalige – Zulassung der Berufung nicht angezeigt war; die Voraussetzungen gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO sind nicht (mehr) erfüllt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Koblenz
Karmeliterstraße 14
56068 Koblenz
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
M.
Richter am Amtsgericht
Verkündet am 01.07.2015