Pflichtlektüre
Im Urteil des LG Stuttgart geht es um die Abrechnung des Württembergischen Versicherers als Schädiger-Versicherer hinsichtlich der Verwertung des total beschädigten Fahrzeuges. Mittels unabhängig erstellten Gutachten hatte das Unfallopfer dem Versicherer dargelegt, dass der ortsnah ermittelte Restwert 3.000,00 Euro beträgt. Obwohl das Fahrzeug längst zu diesem Wert veräußert worden war, legte der Versicherer seiner Abrechnung ein Ankaufgebot aus Berlin von 9.080,00 Euro, ermittelt über eine Restwertbörse, zugrunde. Zudem kürzte der Versicherer das Sachverständigenhonorar nach Gutdünken.
Angesichts der rechtswidrigen Vorgehensweise zeigte die Richterin des LG Stuttgart dem Versicherer daraufhin – anhand eines perfekt ausgearbeitetem Urteil – die Dunkelrote Karte. Ihr werdet begeistert sein. Zumal im Gegensatz zur grausigen Urteilsfindung des AG Esslingen – nach Meinung des LG Stuttgart als Berufungsinstanz – dem Geschädigten auch die in der Rechnung des Sachverständigen ausgewiesenen Audatex-Kosten vom Versicherer zu erstatten sind.
Aktenzeichen: 19 0 84/15
Landgericht Stuttgart
Im Namen des Volkes Urteil
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte: Werner Dory & Kollegen, Christophstraße 1, 73033 Göppingen
gegen
Württembergische Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Gutenbergstraße 30, 70176 Stuttgart
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
wegen Schadensersatz
hat das Landgericht Stuttgart – 19. Zivilkammer – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht H. als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.761,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2015 sowie weitere außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 258,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 6.937,31 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten restliche Schadensersatzansprüche geltend, die aus einem Verkehrsunfall vom 06.02.2015 in 77694 Kehl resultieren.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des Pkw Mercedes-Benz ML 420 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer des anderen unfallbeteiligten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … . Der Unfallhergang und die alleinige Haftung für den Haftpflichtschaden dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Sie streiten vorliegend nur der Höhe nach um restliche Sachverständigenkosten und die Höhe des in Abzug zu bringenden Restwertes des Fahrzeuges.
Am Fahrzeug des Kläger entstand Totalschaden. Nach Maßgabe des vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens des Ingenieur- und Sachverständigenbüros … GmbH, mit Sitz in … vom 17.02.2015 (Bl. 6 ff) betrug der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges € 23.420,00, der Restwert € 3.000,00. Der Kläger beauftragte zunächst telefonisch – schriftlich bestätigt am 10.02.2015 (Bl. 55) – den Sachverständigen, der das Fahrzeug am 10.02.2015 besichtigte und vor Abfassung des schriftlichen Gutachtens den ermittelten Restwert mit € 3.000,00 gegenüber dem Kläger bekanntgab. Im Hinblick hierauf veräußerte der Kläger das Fahrzeug am 13.02.2015 (Bl. 46) zu diesem Restwert an die Firma … KFZ Meisterbetrieb in … .
Die Klägervertreter übermittelten das Sachverständigengutachten vom 17.02.2015 (Bl. 6 ff) mit Schreiben vom 20.02.2015 (Bl. 48) der Beklagten. Hierauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 26.02.2015 ein Restwertangebot der Firma … (Berlin) in Höhe von € 9.080,00 brutto mit. Sie brachte diesen Betrag am Wiederbeschaffungswert in Abzug. Mithin macht der Kläger insoweit noch einen Schadensbetrag in Höhe von € 6.080,00 geltend.
Von den Kosten des Sachverständigen laut Rechnung vom 12.03.2015 (Bl. 61) in Höhe von insgesamt € 2.612,67 brachte die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 827,31 in Abzug (Abrechnungsschreiben vom 12.03.2014 – Bl. 50).
Die Honorarberechnung des Sachverständigen stellt sich wie folgt dar:
Pos. Art Anzahl Einzelpreis Summe
1 Gutachten Grundhonorar 1 € 1.753,97 € 1.753,97
2 Auftragsbezogene EDV-Fremdleistung REP 1 € 23,10 € 23,10
3 Nebenkosten / Porto / Telefon / Verpackung 1 € 22,80 € 22,80
4 Foto Satz I je Foto 29 € 2,95 € 85,55
5 Foto Satz II je Foto 29 € 2,10 € 60,90
6 Schreibgebühren pro Originalseite 23 € 3,30 € 75,90
7 Schreibgebühren pro Seitenkopie 23 € 1,10 € 25,30
8 Fahrtkosten 1 € 148,00 € 148,00
Rechnungsbetrag nt. 2.195,52
Gesetzliche MwSt. 417,15
Rechnungsbetrag 2.612,67
Der Kläger vertritt die Ansicht, er habe nicht gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstoßen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, vor der Veräußerung des Fahrzeuges der Beklagten Gelegenheit zur Prüfung des Gutachtens zu geben und das überregionale Restwertangebot des von der Beklagten benannten Anbieters anzunehmen, zumal dieses offensichtlich nicht ernst gemeint gewesen sei.
Die Abrechnung des Schadensgutachtens, die den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Honorartabelle der beauftragten Sachverständigen entspricht und ein pauschales Grundhonorar, dessen Berechnungsgrundlage die Höhe der Reparaturkosten und bei einem Totalschaden der Wiederbeschaffungswert ist, umfasst sowie nach dem „Büroindex Nebenkostentabelle“ berechnete Nebenkosten, sei nicht zu beanstanden.
Nachdem der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage in Höhe der vom Sachverständigen berechneten Fahrtkosten von bt. € 176,12 zurückgenommen hat, beantragt er,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.761,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2015 sowie weitere außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 258,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.03,2015 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, ihr müsse als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners vor Verkauf des unfallbeschädigten Fahrzeuges Gelegenheit zur Prüfung des Gutachtens und zur Unterbreitung von Kaufangeboten des unfallbeschädigten Fahrzeuges gegeben werden. Das dem Kiäger übermittelte Kaufangebot der … in Berlin bei kostenloser Abholung und Barbezahlung sei tatsächlich verbindlich abgegeben worden und ernstlich gemeint gewesen. Der Kläger sei aus Schadensminderungsgesichtspunkten verpflichtet gewesen, dieses weit günstigere Angebot anzunehmen.
Die Gutachterkosten seien überhöht und zur Schadensbehebung nicht erforderlich gewesen (Berechnung der Beklagten auf Bl. 89). Das Grundhonorar sei mit einem oberen Mittel in Höhe von bt. € 1.544,62 zu bemessen. Die Position auftragsbezogene EDV-Fremdleistung sei eine Abrufgebühr und in der BVSK-Honorarbefragung nicht angeführt, da sie im Grundhonorar enthalten sei, mithin nicht erstattungsfähig. Porto, Telefon und Verpackung seilen grundsätzlich nur mit einer Pauschale in Höhe von € 15,00 zu bemessen. Für farbig gedruckte Seiten seien nach dem JVEG – die Situation der privaten Sachverständigen sei hinsichtlich der Nebenkosten mit der der gerichtlich bestellten Sachverständigen zu vergleichen – unabhängig von der Anzahl der Fotos höchstens € 2,00 pro Foto in Rechnung zu stellen, mithin insgesamt nur € 116,00, für Schreibgebühren pro Originalseite € 2,50 und pro Seitenkopie € 1,00. Hieraus ergebe sich ein Betrag in Höhe von € 1.756,12, weshalb die Beklagte mit dem im Rahmen der Schadenregulierung geleisteten Betrag von € 1.785,66 bereits mehr als geboten bezahlt habe.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in noch geltend gemachtem Umfang begründet.
Die Haftung der Beklagten zu 100 % für den unfallbedingt entstandenen Schaden des Klägers gem. §§ 115 Abs. 1 VVG, 1, 3 PflVG i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, 7, 18 StVG ist unstreitig.
1.
Dem Kläger steht aus dem Sachschaden am total beschädigten Pkw – laut Gutachten belaufen sich die erforderlichen Reparaturkosten auf nt. € 41.332,59 – ein Anspruch in Höhe des unstreitigen Wiederbeschaffungswertes von € 23.450,00 abzüglich des vom Sachverständigen ermittelten und vom Kläger durch Verkauf erlösten Restwertes in Höhe von € 3.000,00 zu, mithin ist noch der mit der Klage geltend gemachte Betrag in Höhe von € 6.080,00 zu bezahlen.
Restwert ist der Preis, den der Geschädigte bei Inzahlunggabe des Kfz bei einem Gebrauchtwagenhändler erzielen kann, welchen er sich auf den Wiederbeschaffungswert der zerstörten Sache anrechnen lassen muss.
Es steht im Verfahren nicht im Streit, dass der Sachverständige den Restwert zutreffend ermittelt hat. Der Sachverständige hat hierzu unter Ziff. 10.6 des Gutachtens ausgeführt:
Gemäß aktueller Rechtsprechung wurden Restwertgebote auf dem regionalen Markt eingeholt. Darüber hinaus werden Restwertgebote auf dem überregionalen Markt eingeholt.
Der im seriösen Handel erzielbare Restwert beträgt € 3.000,00 mehrwertsteuerneutral.
Die Bieterdaten wurden dem Anspruchsteller mit Anschreiben mitgeteilt.
Der Kläger hat seine Schadensminderungspflicht nicht dadurch verletzt, dass er das Fahrzeug nach Kenntnis vom Restwert zu dem vom Sachverständigen ermittelten Betrag veräußert hat und hierzu nicht zuvor mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners nach Übermittlung des schriftlichen Gutachtens Rücksprache gehalten hat, um dieser die Möglichkeit zu geben, ein besseres Angebot zu unterbreiten. Der Sachverständige hat im Gutachten ausgeführt, dass der ausgewiesene Restwert auf regional und überregional eingeholten Angeboten beruht, und diese auch dem Auftraggeber mitgeteilt wurden. Mithin ist – dies ist auch nicht im Streit – davon auszugehen, dass der Sachverständige den Wert auf einer ausreichenden Schätzgrundlage (BGH, Urteil v. 13.10.2009, VI ZR 318/08 – juris) eingeholt hat.
Dahingestellt bleiben kann, ob das überregional von einem Anbieter aus Berlin von der Beklagten eingeholte Ankaufangebot über einen Betrag in Höhe von bt. € 9.080,00 überhaupt verbindlich, ernstlich gemeint und durch einen seriösen Anbieter erfolgt ist.
Jedenfalls musste der Kläger nicht mit der Veräußerung seines Fahrzeuges zuwarten und ein besseres Angebot der Versicherung abwarten (so aber OLG Köln, Urteil v. 16.07.2012, 1-13 U 80/12, 13 U 80/12 – juris). Der Schädiger kann den Geschädigten auch nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser nur auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielen könnte, zumal von einem überregionalen Anbieter – wie hier. Dem Geschädigten dürfen bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten nicht aufgezwungen werden (BGH, Urteil v. 06,03.2007, VI ZR 120/06; v. 12.07.2005, VI ZR 132/04; v. 07.12.2004 , VI ZR 119/04; v. 30,11.1999, VI ZR 219/98; v. 06.04.1993, VI ZR 181/92).
Besondere Umstände, die hier dem Geschädigten Veranlassung gegeben hätten, ohne weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, sind von der Beklagten nicht vorgetragen. Für einen diesbezüglichen Sachvortrag genügt nicht nur das von der Beklagten behauptete nach Veräußerung am 26.02.2015 unterbreitete Angebot eines überregionalen Anbieters wohl auf einem Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet.
2.
Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der von ihm aufgewendeten Sachverständigenkosten – die hohen Fahrtkosten des Sachverständigen sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits -, da die konkrete Begutachtung zu einer entsprechenden Rechtsverfolgung – hier die Feststellung der Schadenshöhe – erforderlich war. Zu bezahlen sind mithin noch € 651,19.
Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, indem er eine unangemessen hohe Vergütung vereinbart habe, greift nicht.
Der Geschädigte kann vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, Wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, bevor er einen Sachverständigen beauftragt (BGH, Urteil v. 22.07.2014, VI ZR 357/13; v. 11.02.2014, VI ZR 225/13 – juris; LG Stuttgart, Urteil v. 16.07.2014, 13 S 54/14 – juris; Urteil v. 27.08.2014, 20 O 606/13; Urteil v. 27.05.2014, 23 O 280/13). Er darf sich regelmäßig darauf verlassen, dass ein Sachverständiger nur angemessene Kosten abrechnet.
Nicht ersichtlich ist, dass der Kläger – aus der Sicht eines Laien – hätte erkennen können, dass die vom Sachverständigen verlangte Vergütung u.U. über üblichen Preisen liegt. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten. Auf die Frage des Gerichts hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass ihm das beauftragte Sachverständigenbüro von einem Bekannten empfohlen worden ist und er sich bei seiner Kaskoversicherung noch erkundigt hat, ob er den Sachverständigen frei wählen dürfe, was ihm von dort bestätigt worden sei. Somit besteht im konkreten Fall kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger Veranlassung hatte anzunehmen, die Kosten des beauftragten Sachverständigenbüros seien weit überhöht und er müsse gewärtigen, aus Schadensminderungsgesichtspunkten einen Teil der Kosten selbst tragen zu müssen – soweit Kosten für die weite Anreise des Sachverständigen zur Besichtigung des Fahrzeuges angefallen sind, macht er diese nicht weiter geltend.
Wie der BGH (aaO) ausgeführt hat, genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeuges beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte zu der Annahme kommt, ein Grundhonorar des Kfz-Sachverständigen von bt. € 1.544,62 sei üblich und die Nebenkosten könnten nur wie zugestanden verlangt werden. Sofern die Beklagte dies möglicherweise mit einer Honorarbefragung (jetzt: 2013) des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) begründen will, reicht dies nicht aus. Zum einen ist in der Veröffentlichung der Befragung unter Ziff. 4 „Weitere Erhebungsgrundlagen“ ausgeführt, dass Honorare bei einer Schadenhöhe von über € 30.000,00 nicht erfragt wurden.
Im Übrigen hat der BGH mit Urteil v. 11.02.2014, VI ZR 225/13, ausgeführt, dass allein auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes (BVSK) eine Kürzung der geltend gemachten Sachverständigenkosten nicht erfolgen kann (so auch OLG München, Urteil v. 12.03.2015, 10 U 579/15 – juris). Nur wenn der Geschädigte erkennen könne, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlange, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebiete das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.
Die Bemessung des Grundhonorars mit einem Prozentsatz von den Reparaturkosten, beim Totalschaden mit dem Wiederbeschaffungswert, hat der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht beanstandet (BGH, Urteil v. 04.04.2006, X ZR 80/05). Das beauftragte Sachverständigenbüro berechnet dieses mit einem gestaffelten, an der Schadenshöhe bemessenen Grundhonorar nach dem in den AGBs vereinbarten Büroindex – Grundhonorar (Bl. 58).
Die berechneten Nebenkosten ergeben sich wie vereinbart und berechnet aus dem Büroindex -Nebenkostentabelle (Bl. 60). Die individuell für den konkreten Auftrag angefallenen EDV-Kosten nach Audatex, als Nebenkosten geltend gemacht, sind von dem Kläger nachgewiesen.
Es ist schon nicht behauptet, dass der Kläger hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde. Ohnehin sieht der BGH (Urteil v. 22.07.2014, – juris) die BVSK-Befragung auch nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten, nachdem sich der Honorarbefragung nicht entnehmen lasse, in welcher Wechselbeziehung Grundhonorar und Nebenkosten stehen. Eine pauschale Schadensschätzung bzgl. der Nebenkosten losgelöst von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen wird nicht für zulässig erachtet (so auch KG Berlin, Urteil v. 30.04.2015, 22 U 31/14; OLG München, Urteil v. 12.03.2015, 10 U 579/15 – juris). Die nach dem JVEG sich ergebenden Nebenkosten für Sachverständige sind kein Maßstab für die übliche Vergütung privater Sachverständiger.
3.
Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stehen dem Kläger als Verzugsschaden gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Hi, Virus,
danke für die Einstellung dieses Urteils, dessen Bedeutung ich fast übersehen hätte. Aufgeschoben ist jedoch nicht aufgehoben und deshalb jetzt folgende Anmerkungen dazu:
Die Parteien streiten nur noch der Höhe nach um restliche Sachverständigenkosten und die Höhe des in Abzug zu bringenden Restwertes des Fahrzeuges.
“ Der Schädiger kann den Geschädigten auch nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser nur auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielen könnte, zumal von einem überregionalen Anbieter – wie hier. Dem Geschädigten dürfen bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten nicht aufgezwungen werden (BGH, Urteil v. 06,03.2007, VI ZR 120/06; v. 12.07.2005, VI ZR 132/04; v. 07.12.2004 , VI ZR 119/04; v. 30,11.1999, VI ZR 219/98; v. 06.04.1993, VI ZR 181/92).“
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„Im Übrigen hat der BGH mit Urteil v. 11.02.2014, VI ZR 225/13, ausgeführt, dass a l l e i n auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes (BVSK) eine Kürzung der geltend gemachten Sachverständigenkosten nicht erfolgen kann (so auch OLG München, Urteil v. 12.03.2015, 10 U 579/15 – juris). “
„Ohnehin sieht der BGH (Urteil v. 22.07.2014, – juris) die BVSK-Befragung auch nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten, nachdem sich der Honorarbefragung nicht entnehmen lasse, in welcher Wechselbeziehung Grundhonorar und Nebenkosten stehen. Eine pauschale Schadensschätzung bzgl. der Nebenkosten losgelöst von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen wird nicht für zulässig erachtet (so auch KG Berlin, Urteil v. 30.04.2015, 22 U 31/14; OLG München, Urteil v. 12.03.2015, 10 U 579/15 – juris).“
R.G.
@ R.G. says:
8. November 2015 at 12:42 (Edit)
Hi, Virus,
danke für die Einstellung dieses Urteils, dessen Bedeutung ich fast übersehen hätte. Aufgeschoben ist jedoch nicht aufgehoben und deshalb jetzt folgende Anmerkungen dazu:
… ja, was soll ich sagen? Mehr wie dieses perfekte Urteil mit „Pflichtlektüre“ zu überschreiben, kann ich nicht tun. Lesen muss schon jeder selber.
Virus