AG Cuxhaven verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 13.10.2015 – 5 C 364/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Erkelenz in Nordrhein-Weszfalen geht es zurück nach Cuxhaven in Niedersachsen. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein weiteres Urteil aus Cuxhaven zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG vor. Es war die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., die wieder einmal die berechneten Sachverständigenkosten kürzte. Diese Rechnung mit der Kürzung haben die Verantwortlichen der HUK-COBURG aber wieder ohne das Gericht gemacht. Zu Recht hat das erkennende Gericht auf die beiden Grundsatzurteile zu den Sachverständigenkosten, nämlich VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13, auf die wir hier schon mehrfach hingewiesen hatten, hingewiesen. Vielleicht merken es jetzt einmal die Verantwortlichen der HUK-COBURG, dass die von ihr vorgenommenen Kürzungen regelmäßig rechtswidrig sind. Lest selbst das Urteil aus Cuxhaven vom 13.10.2015 – 5 C 364/15 – und gebt anschließend btte Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Cuxhaven

5 C 364/15

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des …

Kläger

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftf. Beamter Deutschlands a. G., vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Cuxhaven im Verfahren gemäß § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 02.10.2015 am 13.10.2015 durch den Richter F. für Recht erkannt:

1.     Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 78,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.     Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 7 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG auf Zahlung von 78,50 EUR.

Die alleinige Haftung der Beklagten für die Unfallschäden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.

Die Beklagte hat auch der Höhe nach die Sachverständigenkosten vollständig zu tragen.

Angesichts des vorliegenden Gutachtens, aus dem hervorgeht, dass der Kläger am 24.04.2015 die Begutachtung in Auftrag gegeben hat, bestehen für das Gericht keine Zweifel an der Beauftragung der Sachverständigen durch den Kläger.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Das ist im Hinblick auf die hier geltend gemachten Kosten der Fall.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der, Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (ständige Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 (3152)). Abzustellen ist dabei auf den Horizont des Geschädigten. Für den Bereich der Sachverständigenkosten genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast bezüglich der Erforderlichkeit der Kosten regelmäßig, indem er die Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen vorlegt (BGH, a.a.O.).

Ob diese Kosten geeignet sind, den erforderlichen Aufwand abzubilden oder für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen, entscheidet der Tatrichter gemäß § 287 ZPO nach billigem Ermessen. Diese Schätzung muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (BGH, a.a.O.).

Das Gericht ist in Ausübung seines Ermessens der Auffassung, dass die geltend gemachten Sachverständigenkosten für den Kläger hier nicht erkennbar erheblich überhöht waren.

Die Höhe des Grundhonorars ist nicht zu beanstanden. Gegen ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist grundsätzlich nichts einzuwenden (BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, NZV 2007, 455). Dies ist auch durch das von der Beklagten herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014 nicht in Abrede gestellt worden.

Zudem ist auch bezüglich der geltend gemachten Nebenkosten die Höhe nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass die Sachverständigen überhöhte Nebenkosten ansetzen würden. Zwar ist der Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Der Geschädigte ist dabei aber nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, sondern darf sich damit begnügen, ein für ihn in seiner Lage erreichbares Sachverständigenbüro zu beauftragen. Auch das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare muss dem Geschädigten nicht bekannt sein. Somit fallen die Kosten nicht von vornherein aus dem Rahmen der für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbeträge nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947).

Die Einwendungen der Beklagten gegen die Höhe der Nebenkosten greifen nicht durch. Die Beklagte hat nicht erheblich vorgetragen, wie dem Kläger eine etwaige Überhöhung der Nebenkosten erkennbar gewesen sein sollte. Soweit die Beklagte darlegt, der Stückpreis für ein Foto von 2,30 EUR sei völlig übersetzt und stelle eine Preisgestaltung dar, die sich von der allgemeinen Kostenentwicklung verselbständigt habe, handelt es sich um einen Vortrag ins Blaue hinein.

Weiterhin ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigen Nebenkosten gesondert ausweisen und nicht im Grundhonorar mitabrechnen. Zudem wäre es dem Kläger als Geschädigtem ohnehin nicht erkennbar, ob Foto- und Schreibkosten bereits im Grundhonorar enthalten sind oder nicht. Außerdem war es für den Kläger nicht ersichtlich, welche Fotos erforderlich waren, um den Schaden angemessen im Gutachten zu dokumentieren. Ebenso wenig konnte er erkennen, ob und in welcher Höhe den Sachverständigen Schreibkosten entstanden sind oder das Gutachten überwiegend aus Textbausteinen zusammengesetzt war.

Eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung der Sachverständigen wäre dem Kläger im Übrigen nicht zuzurechnen.

Dass der Kläger gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstoßen hat, indem er bei der Regulierung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte, ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Insbesondere kann dem nicht aus Cuxhaven stammenden Kläger nicht vorgeworfen werden, ein Sachverständigenbüro in Hemmoor beauftragt zu haben. Da diese Gemeinde sich wie der Unfallort im Landkreis Cuxhaven befindet, hat der Kläger ein ortsnahes Sachverständigenbüro ausgewählt. Schließlich ist auch gegen die Abrechnung einer Fahrtkostenpauschale von 42,00 EUR nichts einzuwenden. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, warum die Pauschale aus Sicht des Klägers überhöht gewesen sein sollte. Die Fahrtstrecke vom Büro des Sachverständigen in Hemmoor bis zum Autohaus, wo das Fahrzeug untersucht wurde, beträgt 43,1 km, für die Hin- und Rückfahrt also 86,2 km. Aus Sicht des Geschädigten ist es nicht überhöht, für jeden gefahrenen Kilometer einen Preis von etwas weniger als 0,50  EUR anzusetzen.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog. Einen früheren Zinsbeginn hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 78,50 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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