Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Schleswig-Holstein geht es weiter nach Bayern. Nachfolgend veröffentlichen wir hier für Euch ein Urteil aus Straubing zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. In diesem Verfahren war es wieder die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die – wie das Urteil zeigt – rechtswidrig den abgetretenen Schadensersatzanspruch des Unfallopfers auf Erstattung der vollen Sachverständigenkosten bei voller Haftung einfach kürzte. Der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten ist ein sich aus der unerlaubten Handlung ergebender Anspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger. Genau genommen hätte der Geschädigte bzw. der Neugläubiger den Schädiger persönlich in Anspruch nehmen können. So hat er die HUK-COBURG verklagt. Die Klage hatte Erfolg. Relativ kurz konnte der Amtsrichter des AG Straubing das Urteil begründen. Dabei hat er aber leider auf BVSK Bezug genommen. Wir halten das für falsch. Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Geschädigte die Ergebnisse der Honorarumfrage des BVSK nicht kennen (BGH VI ZR 225/13 Rn. 10), mithin können diese Werte ihm im Zeitpunkt der Beauftragung – und auf diesen Zeitpunkt kommt es bei der Ex-ante-Betrachtung an – unbekannt sein. Er muss vor der Beauftragung des Sachverständigen auch keine Markterforschung nach dem preisgünstigsten Sachverständigen anstellen (BGH DS 2007, 144; BGH NJW 2014, 1947). Deshalb kann dann – ex post betrachtet – nicht diese Honorarumfrage dann später wieder als Maßstab für die Schätzung der erforderlichen Sachverständigenkostenhöhe angewandt werden. Behauptet der Schädiger oder dessen Versicherer eine Überhöhung der Kosten, so trägt eindeutig der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast. Der Geschädigte genügt nämlich seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig dadurch, dass er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt (BGH VI ZR 225/13 Rn. 8). Sofern der Rechnungsbetrag nicht auch für den Geschädigten „deutlich erkennbar erheblich“ (so BGH VI ZR 225/13 Rn. 8) oder „erkennbar deutlich“ (so BGH VI ZR 357/13 Rn. 19) überhöht ist, wobei die Beweislast dafür beim Schädiger liegt, ist er als erforderlicher Schadensbeseitigungsaufwand zu erstatten. Der Schädiger hat die Möglichkeit des Vorteilsausgleichs (vgl. BGHZ 63, 182 ff, siehe auch: Imhof/Wortmann DS 2011, 194). Insoweit ist der Schädiger und dessen Versicherer nicht rechtlos. Lest aber selbst das Urteil aus Straubing und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Straubing
Az.: 003 C 912/15
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Sachverständigenbüro …
– Kläger –
gegen
HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Straubing durch den Richter am Amtsgericht P. am 16.09.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 186,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.07.2015 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 186,31 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 VVG, 398 BGB besteht ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der noch nicht regulierten Gutachterkosten in der geltend gemachten Höhe von 186,31 € aus abgetretenem Recht.
1.
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall steht außer Streit.
2.
Die Kosten des vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Geschädigte hatte das Recht, ein Sachverständigengutachten zur Schadensfeststellung zu erholen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die von dem Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.
3.
Bei dem abgerechneten Honorar für die Gutachtenserstellung handelt es sich nach durch Schätzung gemäß § 287 ZPO gewonnener Überzeugung um den erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Als Grundlage der Berechnung ist auf die BVSK-Honorarbefragung 2013 abzustellen. Diese Befragung stellt eine geeignete Schätzungsgrundlage dar. Das vorliegend angesetzte Grundhonorar von 368,00 € hält sich sowohl entsprechend der zugrunde zulegenden Schadenshöhe von 2,463,68 € netto Reparaturkosten (max. 411 €) als auch des Bruttowiederbeschaffungswerts von 2.150,00 brutto (max. 370 €) im Rahmen dieser Schätzungsgrundlage. Auch etwaige anfallende Fremdkosten sind gesondert ersatzfähig, da diese letztlich immer fallabhängig anfallen.
Ebenso liegen die jeweils geltend gemachten Nebenkosten innerhalb der Rahmen der BVSK-Befragung. Insoweit sind auch Kosten der Vervielfältigung des Gutachtens ersatzfähig. Die Erstellung von bis zu drei Abschriften, insbesondere auch für die Handakte des Sachverständigen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. auch AG Nürnberg, Urteil vom 03.01.2012 – 18 C 3926/11). Schließlich liegt auch die Frage des für ein fachgerechtes Gutachten erforderlichen Umfangs des Gutachtens grundsätzlich im Ermessen des Sachverständigen. Ein Ermessensfehler kann insoweit vorliegend nicht festgestellt werden.
Soweit die Fahrtkosten moniert werden, ist vom Grundsatz der freien Sachverständigenwahl des Geschädigten auszugehen. Eine Verletzung der Schadenminderungspflicht kann jedenfalls nicht angenommen werden, soweit ein Sachverständiger im näheren Umkreis bestellt wird. Das Gericht nimmt letzteres zumindest solange an, als ein Sachverständiger – wie vorliegend – noch im zugehörigen Landkreis bestellt wird.
4.
Die Klägerin hat somit abzüglich der regulierten 505,00 € noch einen Anspruch auf Zahlung der weiteren 186,31 €. Der Zinsanspruch ergibt sich gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3,288 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.