AG Stuttgart verurteilt den Kunden der Mietwagenfirma im Prozess der Mietwagenfirma gegen den Kunden auf Zahlung der restlichen , von der eintrittspflichtigen Kfz-Versicherung nicht ersetzten Mietwagenkosten nach Schwacke, weil so vereinbart (AG Stuttgart Urteil vom 24.7.2015 – 13 C 2013/15 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Karlsruhe geht es weiter nach Stuttgart. Hier veröffentlichen wir ein interessantes Urteil des AG Stuttgart zu den Mietwagenkosten bei einer Klage der Mietwagenfirma gegen den Kunden. Genau dieser Fall zeigt, dass sämtliche Mietwagenkostenkürzergerichte im Schadensersatzprozess auf dem falschen Dampfer sind. Denn wenn die Mietwagenkosten – wie hier – im Rahmen des Mietvertrages – zu Recht – zugesprochen werden, dann sind diese Kosten auch vollumfänglicher Schadensersatz, der nicht teilweise nach Fraunhofer oder was auch immer durch das Gericht gekürzt werden kann. Es handelt sich um einen konkreten und tatsächlichen Vermögensnachteil des Geschädigten, der kausal auf das Unfallgeschehen zurückzuführen ist, und demnach grundsätzlich als Folgeschaden aus dem Unfall in voller Höhe zu ersetzen ist.  Die sog. „Aufklärungspflicht“ gemäß BGH XII ZR 155/05 halte ich sowieso für den letzen juristischen Winkeladvokaten-Humbug. Das vom Amtsgericht Stuttgart für die Mietwagenpreise Entschiedene gilt grundsätzlich auch für restliche Sachverständigenkosten nach einem Unfallereignis, denn es macht keinen Unterschied, ob der Gläübiger der Mietwagenforderung oder der Gläubiger der Sachverständigenkostenforderung die restlichen Beträge aus den jeweiligen Rechnungen gegenüber dem jeweiligen Kunden aus Mietvertrag oder Werkvertrag geltend macht. Das zeigt, dass das, was angemessen ist, auch erforderlich ist. Kürzungen jedweder Art sind daher grundsätzlich im Schadensersatzrecht nicht möglich, da der Geschädigte von der Erforderlichkeit der berechneten Beträge ausgehen darf. Der Schädiger ist nicht schutzlos, da er den Vorteilsausgleich suchen kann, worauf wir bereits vielfach hingewiesen hatten. Lest aber selbst das Urteil des AG Stuttgart und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
13 C 2013/15

Amtsgericht Stuttgart

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Autovermietung …

– Klägerin –

gegen

Beklagte

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Stuttgart durch den Richter am Amtsgericht H. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2015 für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.713,11 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.04.2015 zu bezahlen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Gebührenansprüchen ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von EUR 215,00 freizustellen.

3.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4.        Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.713,11 € festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage werden restlichen Mietwagenkostenansprüche der Klägerin geltend gemacht, die ihren Ursprung in einem Vertrag haben, der nach klägerischer Auffassung zwischen den Parteien geschlossen wurde.

Anlässlich eines Verkehrsunfalles hat Frau …, eine Mitarbeiterin der Beklagten, bei der Klägerin im Namen der Beklagten am 16.05.2014 ein Mietfahrzeug für die Dauer von 49 Tagen (16.05.2014 bis einschließlich 04.07.2014) gemietet. Grundlage waren zum einen die Preisliste der Klägerin, die sich als Anlage K3 bei den Gerichtsakten befindet, und zum anderen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die als Gerichtsstand den Sitz der Klägerin und somit Stuttgart vorsehen. Es wurde vereinbart, dass die Klägerin die Mietwagenrechnung direkt an die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, in diesem Fall die …Versicherung, einreicht.

Die Mietwagenrechnung der Klägerin vom 08.07.2014 belief sich auf einen Betrag in Höhe von netto 5.752,00 EUR zzgl. 19% Mwst. in Höhe von EUR 1.092,88, brutto somit insgesamt EUR 6.844,88.

In einem Schreiben vom 05.08.2014 teilte die …Versicherung der Beklagten mit, dass sie nur einen Teil der inzwischen eingereichten Mietwagenrechnung übernehmen würden, da die abgerechneten Preise nicht marktüblich seien. Zur Feststellung der marktüblichen Preise würde die Versicherung sich an der Liste des Fraunhofer Instituts orientieren.

Die Versicherung hat an die Klägerin an Mietwagenkosten den Netto-Betrag in Höhe von EUR 4.038,89 bezahlt. Den gesamten Mehrwertsteuerbetrag aus der Rechnung vom 08.07.2014, mithin EUR 1.092,88, hat die Beklagte am 14.08.2014 an die Klägerin überwiesen.

Mit der Klage wird der nunmehr noch offene Rechnungsbetrag in Höhe von EUR 1.713,11 geltend gemacht.

Die Klägerin trägt vor, dass zwischen den Parteien ein Vertrag abgeschlossen worden sei. Der Vortrag der Beklagten, dass ein solches Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht zustandegekommen sei, verwundere. Die abgerechneten Preise seien auch nicht überhöht.

Die Klägerin beantragt,

wie für Recht erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet einen Vertragsschluss zwischen den Parteien. Frau … sei
nicht berechtigt gewesen, die Beklagte rechtsgeschäftlich zu verpflichten bzw. zu vertreten. Außerdem sei die Mietwagenrechnung überhöht. Insoweit mache die Beklagte sich die Ausführungen der …Versicherung zu eigen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtsgericht Stuttgart örtlich zuständig. Die Klägerin hat einen Vertragsschluss zwischen den Parteien behauptet, der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Gerichtsstand Stuttgart vorsieht. Zwar hat die Beklagtenseite diesen Vertragsschluss bestritten und daher die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Stuttgart gerügt. Entscheidend ist bei einer sog. doppelrelevanten Tatsache, wie sie der Vertragsschluss ist, im Hinblick auf die Zuständigkeitsfrage jedoch allein der schlüssige Vortrag der Klägerseite (vgl. Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 1 Rdnr. 8).

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von EUR 1.713,11 auf der Grundlage des zu den Akten gereichten Mietwagenvertrages vom 16.05.2014.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die den Vertrag abschließende Frau … ursprünglich berechtigt war, im Namen der Beklagten einen Mietwagenvertrag abzuschließen. Denn jedenfalls durch die Überweisung der gesamten Mehrwertsteuer in Höhe von EUR 1.092,88 aus der Rechnung vom 08.07.2014 hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Rechnung und somit den Vertrag gegen sich gelten lassen wollte. Insoweit liegt zumindest eine Genehmigung des rechtsgeschäftlichen Handelns der … durch die Beklagte im Sinne des § 185 Abs. 2 BGB vor. Dieses vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte im Zeitpunkt dieser Zahlung vom 14.08.2014 bereits die Bedenken der …Versicherung aus deren Schreiben vom 05.08.2014 kannte und die Zahlung der Mehrwertsteuer gegenüber der Klägerin dennoch in unreduziertem Umfang vorgenommen hat. Dieses konnte und durfte von der Klägerin so verstanden werden, dass der Vertrag somit durch die schlüssige Handlung der Zahlung genehmigt wurde.

Die von der Klägerseite geltend gemachten Mietwagenpreise sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat sich bei ihrer Abrechnung unstreitig an die vertragliche Grundlage, also insbesondere an die Preisliste Anlage K3 gehalten. Entscheidend war und ist, was die Parteien miteinander vereinbart haben und nicht etwa, was eine gegnerische Haftplichtversicherung als martküblich oder angemessen ansieht. Daher ist es auch nicht relevant, dass die gegnerische Haftplichtversicherung nur bereit war, auf der Grundlage der Liste des Fraunhofer Instituts zu entschädigen.

Die Klägerin hat auch nicht gegen eine ihr obliegende Aufklärungspflicht verstoßen, was dem klägerischen Anspruch ansonsten möglicherweise unter Schadensersatzgesichtspunkten hätte entgegengehalten werden können. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei der Vermietung eines Unfallersatzfahrzeuges zum sog. Unfallersatztarif, also einem Tarif, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, eine Aufklärungspflicht des Vermieters darüber, dass die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners mögicherweise nicht den vollen Tarif übernehmen wird (vgl. Urteil vom 24.10.2007, XII ZR 155/05; Urteil vom 21.11.2007, XII ZR 128/05). Vorliegend bestand eine solche Aufklärungspflicht der Klägerin jedoch nicht. Der angebotene, vereinbarte und dann auch abgerechnete Tarif befand sich im Bereich der sog. Schwacke-Liste und lag somit gerade nicht deutlich über dem Normaltarif. Nach der Schwacke-Liste kann für ein Fahrzeug aus der sog. Fahrzeugklasse 7 im Postleitzahlengebiet der Klägerin ein Betrag zwischen 806,00 EUR und 904,40 EUR pro Woche abgerechnet werden (vgl. Schwacke Automietpreisspiegel 2014). Der Mittelwert liegt bei 855,00 EUR. Die Klägerin hat jedoch pro Woche EUR 620,00 zzgl. Vollkasko-Schutz in Höhe von EUR 140,00, mithin zusammen pro Woche lediglich EUR 760,00 abgerechnet.

Die Schwacke-Liste wird sowohl obergerichtlich als auch von vielen lokalen Instanzengerichten im Bereich der schadensersatzrechtlichen Erstattungspflicht als taugliche Schätzgrundlage für die Höhe des örtlichen Normaltarifs angesehen. Auch der Bundesgerichtshof hat mehrfach bestätigt, dass sowohl die Schwacke-Liste als auch die sog. Fraunhofer-Liste oder ein aus beiden Listen gebildeter Mittelwert eine taugliche Schätzgrundlage zur Ermittlung des Normaltarifs darstellen.

Somit begründet der hier der vertraglichen Vereinbarung zugrunde gelegte Tarif, der sich im Rahmen der sog. Schwacke-Liste hält, keine Aufklärungspflicht der Klägerin.

Der Anspruch auf Verzugszinsen und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs.2, 286 Abs.1, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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