Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
hier und heute morgen geben wir Euch ein Urteil aus Hamburg-Altona zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. Die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. war als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung aufgrund der eindeutigen Haftung verpflichtet, vollständigen Schadensersatz – auch hinsichtlich der Sachverständigenkosten – zu leisten. Leider benutzt das erkennende Gericht auch in diesem Fall wieder den falschen Begriff der „Gebühren“, obwohl freie und unabhängige Kfz-Sachverständige derartige nicht berechnen. Bis auf die „Gebühren“ bildet das Urteil eine völlig korrekte Entscheidung mit kritischer Anmerkung des Gerichts zum Regulierungsverhalten von Versicherern. Dem klagenden Sachverständigen wurden allerdings ein Drittel der Kosten aufgebürdet, da sich erst im Prozess herausgestellt hatte, dass der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-Altona
Az.: 315b C 1/15
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin-
gegen
HUK-COBURG Haftpflicht Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Stefan Gronbach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Hans Olav Heroy, Sarah Rössler, Jörn Sandig, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg
– Beklagte –
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Altona – Abteilung 315b – durch den Richter am Amtsgericht Dr. K. am 01.12.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 113,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2015 sowie weitere 70,20 € zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3, die Beklagte zu 2/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht die noch ausstehende Sachverständigenvergütung verlangen.
Die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist unbestritten. Daher gehören grundsätzlich auch die Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensdokumentation zu dem ersatzfähigen Schaden i.S.d. § 249 BGB. Richtig ist, dass der Kläger als Zessionar hier nur verlangen kann, was mit dem Geschädigten als Honorar vereinbart wurde. Die Vergütung in Form von Grundhonorar zuzüglich Nebenkosten entspricht aber, wie die Klägerin anführt und was sich auch aus Anlage B 1 ergibt, der Üblichkeit und gälte daher letztlich, auch ohne ausdrückliche Abrede vereinbart, § 632 Abs. 2 BGB (wie hier z.B. AG Starnberg, Urteil vom 20.06.2013 – 7 C 692/13). Anlage K 3, das Abtretungsformular, entkräftet diese Feststellung nicht.
Auch im Übrigen gehen die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der Sachverständigenkosten fehl. Es ist bereits unzutreffend, dass sie nur den Ersatz üblicher und angemessener Kosten schuldete. Sie hat vielmehr die Klägerin grundsätzlich so zu stellen, als sei sie nicht geschädigt worden, § 249 BGB, und hätte keine Folgekosten gehabt. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass der Geschädigte in diesem Rahmen keine Marktforschung aus der Suche nach einem möglichst günstigen Sachverständigen betreiben muss, zumal er auch – anders als bei Mietwagen – in der Regel keine Kenntnisse dieses Marktes und der üblichen Honorare hat. Auch muss der Geschädigte nicht zur Entlastung der Beklagten sparen und einen möglichst preiswerten Sachverständigen beauftragen. Deshalb und in Ermangelung einer Gebührenordnung wird die vom Geschädigten vorgelegte Rechnung des Sachverständigen in der Regel zu erstatten sein (OLG München, Beschluss vom 12. März 2015 – 10 U 579/15). So liegt es hier.
Etwas anderes gälte allenfalls bei einem Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht, wenn nämlich das vereinbarte Honorar schon für den Laien erkennbar überhöht gewesen wäre und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander gestanden hätten (OLG München, a.a.O.). Das zeigt aber auch die Beklagte nicht auf. Wenn nach ihren Ausführungen ein Betrag von € 417,65 „üblich und angemessen“ war und auch Honorare im oberen Bereich des Erwartbaren grundsätzlich noch ersatzfähig sind (OLG München, a.a.O.), dann war ein Honorar von € 531,57, also eine Überschreitung um ca. 24%, nicht „selbst für einen Laien erkennbar“ überhöht. Das gilt umso mehr, als sich die Sachverständigenkosten nur auf ca. 1/6 des Gesamtschadens beliefen.
Mangels Überhöhung der Gebühren kann auch auf sich beruhen, ob die Kläger hier eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Zedenten traf, auf drohende Probleme bei der Kostenerstattung hinzuweisen. Das streitgegenständliche, gerichtsbekannt verbreitete Regulierungsverhalten der Kfz-Versicherer löst für sich genommen solch eine Aufklärungspflicht nicht aus.
Soweit die Beklagte den Ansatz und die Höhe der einzelnen Nebenkosten beanstandet, geht dies fehl; maßgebend für die vermeintliche Überhöhung des Honorars im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist dessen Gesamthöhe (OLG München, a.a.O.), weil die einzelnen Parameter innerhalb dieses Gesamthonorars beliebig zu verschieben sind; ein Sachverständiger, der niedrigere Nebenkosten ausweist kann dies beliebig durch höheres Grundhonorar ausgleichen und umgekehrt. Für die schadensrechtliche Bewertung kann dies keinen Unterschied machen. Im Übrigen musste auch hier der Geschädigte angesichts des zunehmend kritischen Regulierungsverhaltens der Versicherer nicht an Aufwand sparen.
Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind als Rechtsverfolgungsschaden im Verzug der Beklagten zu ersetzen, §§ 286, 280 BGB. Der Einwand, eine vorgerichtliche Beauftragung sei sinnlos gewesen, geht fehl. Gerade bei offensichtlich bestehenden Ansprüche ist ein vorgerichtlicher Bereinigungsversuch zweckmäßig und erforderlich. Der Aufwand ist angesichts des hier auch von den Parteien ausgebreiteten juristischen Streitstandes auch der Höhe nach anzuerkennen.
Die zugesprochene Verzinsung ist als sog. Prozesszins geschuldet, § 291 BGB.
Die Kostenentscheidung trägt der Teilrücknahme sowie dem übrigen Unterliegen der Beklagten Rechnung (§§ 269 Abs. 3 S. 2, 91 ZPO), dies unter Berücksichtigung der Nebenforderungen (BGH, NJW 1988, 2173 [2175]).
Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO; die Voraussetzungen für die Zulassung einer streitwertunabhängigen Berufung liegen nicht vor, § 511 Abs. 4 ZPO. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Fragen sind geklärt.