Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
als viertes Urteil der dritten Leipziger Reihe veröffentlichen wir ein weiteres am 11.9.2015 verkündetes Urteil des Dezernenten der 106. Zivilabteilung des AG Leipzig. In diesem Fall musste er erneut die Allianz Versicherungs AG zur Zahlung der restlichen, erfüllungshalber abgetretenen Sachverständigenkosten verurteilen. Leider wurde auch hier die Angemessenheit i.S.d. §§ 631, 632 BGB geprüft, obwohl es sich um eine Schadensersatzklage handelt. Lest selbst das „Angemessenheitsurteil“ aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung vom 11.9.2015 und gebt dann anschließend bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und noch einen schönen 4. Advent
Willi Wacker
AG Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 106 C 4407/15
Verkündet am: 11.09.2015
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
Allianz Versicherungs AG, An den Treptowers 3,12435 Berlin, v.d.d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht B
ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 11.09.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 178,40 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.11.2014 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Streitwert: bis 500,00 €
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 398 BGB, 115 VVG, 249 ff BGB.
Die Abtretung ist wirksam.
Die Beklagte ist unstreitig für den streitgegenständlichen Unfall zu 100% ersatzpflichtig.
Der Schadensersatzanspruch erfasst auch den noch offenen Betrag aus der Sachverständigenrechnung vom 25.04.2014.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall gehören zu dem erforderlichen Herstellungsaufwand. Ersatzpflichtig sind diejenigen Aufwendungen, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter in der Situation des Geschädigten getätigt hätte.
Die Höhe des festgesetzten Grundhonorars von 412,00 € ist angemessen und nicht zu beanstanden. Eine Abrechnung anhand der Schadenshöhe ist ortsüblich.
Die in der Rechnung vom 25.04.2014 angeführten Nebenkosten sind ebenfalls angemessen. Die Kosten für ein Lichtbild mit 2,86 Euro liegen leicht über der vorn BGH gebilligten Höhe von 2,80 Euro Dies hält das Gericht für unschädlich, da keine erhebliche Abweichung vorliegt. Zudem ist die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2013, so dass auch ein Zuschlag für das Jahr 2015 zu machen ist. Dass der Sachverständige 13 Lichtbilder fertigt liegt im Ermessen des Sachverstandigen und ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Auch die Kosten für einen zweiten Fotosatz sind angemessen. Hinsichtlich der Schreibgebühren hat das Amtsgericht Leipzig bereits in Entscheidung aus den Jahren 2006 und 2007 Schreibkosten in Höhe von 4,90 Euro pro Seite ausdrücklich gerichtlich gebilligt. Die Klägerseite macht Schreib- und Druckkosten von 4,86 Euro geltend. Hierbei ist nicht alleine entscheidend, was tatsächlich ein Ausdruck eines Fotos kostet, sondern der gesamte mit den Schreibkosten verbundene Aufwand. Kosten für weitere Gutachten in Höhe von 19,00 Euro werden ebenfalls als erforderlich angesehen. Es ist gerichtsbekannt, dass weitere Kopien der Gutachten gefertigt werden. Es sind insoweit sowohl der Schädiger, der Geschädigte, als auch die Versicherung zu bedienen. Die Versand-, Telefon- und Internetkostenpauschale in Höhe von 23,30 Euro wird ebenfalls als angemessen angesehen. Die Klägerin liegt damit weit unter dem Maximalwert der BVSK-Befragung von 2003 mit einem Betrag von 38,00 Euro.
Das Gericht vermag sich der Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014, Az.: 7 U 0111/12, wonach eine Erstattung von Nebenkosten, welche mehr als 25 % des Grundhonorars ausmachen, ausscheidet, nicht anzuschließen.
Dieser Rechtssprechung steht, nach Ansicht des erkennenden Gerichts, die Rechtsspre-chung des Bundesgerichtshofes entgegen. Bereits mit Urteil vom 11.02.2014 hat sich der BGH unter dem Aktenzeichen: VI ZR 225/13 dahingehend geäußert, dass bei einem Grundhonorar von 260,00 EUR, Lichtbildkosten in Höhe von 22,40 EUR, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75,00 EUR, Fahrtkosten / Zeitaufwand in Höhe von 91,80 EUR (d. h. 1,80 EUR je km, max. 100,00 EUR) sowie aus dem darauf errechneten Betrag entfallender Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht in Höhe des Grundhonorars, noch in Anbetracht der Nebenkosten, zu beanstanden seien (BGH a.a.O., Orientierungssatz Nr. 4).
Auch in seiner Entscheidung vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, beanstandet der BGH eine Pauschalierung der Höhe der Nebenkosten.
Die, losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolgte Beurteilung des Tatrichters, die von einem Sachverstandigen zusatzlich zu einem Grundhonorar berechneten Nebenkosten, seien in Routinefällen grundsätzlich in Höhe von 100,00 EUR erforderlich, während sie, soweit sie diesen Betrag übersteigen, erkennbar überhöht und deshalb nicht ersatzfähig seien, entbehrt einertragfähigen hinreichenden Grundlage (BGH a.a.O., Leitsatz Nr. 3).
Aus alledem folgt, dass die Klägerseite einen Anspruch auf vollständige Bezahlungder gestellten Rechnung hat.
Die Nebenforderungen sind gemäß §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Da hat dann wohl auch in der Klagebegründung die richtige Einstimmung nicht gestimmt. –
H.R.