Mit Entscheidung vom 27.11.2015 (7 C 483/15) wurde die Versicherungsnehmerin der R+V Versicherung durch das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen zur Erstattung der Gerichtskostenzinsen gemäß Feststellungsantrag sowie zu den Verfahrenskosten verurteilt. Geklagt hatte der Sachverständige aus abgetretenem Recht. Die Hauptsache (Restforderung aus willkürlich und rechtswidrig durch die R+V gekürzten Sachverständigenkosten) hatte sich erledigt, nachdem die R+V im laufenden Verfahren (am 21.10.2015) die restlichen SV-Kosten nebst aufgelaufener Zinsen ausgeglichen hatte. Erfreulicherweise wurde in dieser Entscheidung auch zu den Gerichtskostenzinsen zutreffend begründet. Wieder eine Niederlage für das rechtswidrige Schadensmanagement der Versicherungswirtschaft – hier für die R+V Versicherung – und damit ein weiteres Urteil für unsere Urteilsliste.
Aufgrund des Klageverfahrens direkt gegen die VN der R+V Versicherung ist nun auch diese Kundin bestens darüber informiert, bei welcher „Holzkasse“ sie versichert ist. Wie man sieht, spielt es wohl doch eine gewichtige Rolle, ob man sich im Haftpflicht-Schadensfall auf seine Versicherung verlassen kann, oder nicht? Hier ging es zwar „nur“ um eine Forderungssumme von 120 Euro zzgl. Zinsen sowie um die Verfahrenskosten. Im Falle eines Groß- und/oder Personenschadens steht jedoch die gleiche Problematik im Raum, sofern die Haftpflichtversicherung nicht oder nur teilweise zu regulieren gedenkt. Für den Fall, dass ein Versicherer bereits bei läppischen 120 Euro einer rechtmäßigen Forderung „herumzickt“, kann man sich lebhaft vorstellen, was bei Forderungen im 4-, 5- oder 6-stelligen Bereich geschieht, sofern der Geschädigte sich dann direkt an einen (noch zahlungsfähigen) Unfallverursacher wendet? So etwas geht dann möglicherweise an die gesamte wirtschaftliche Existenz (Firma weg, Haus weg, Boot weg, Auto weg….)?
Drum prüfe, wer sich ewig bindet – ob sich nicht doch was Besseres findet?
Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen
Geschäftszeichen: 7 C 483/15
Im Namen des Volkes!
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
die Frau … ,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen durch den Richter am Amtsgericht Dr. G. ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 27.11.2015 für R e c h t erkannt:
1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 120,46 Euro und 2,51 Euro Zinsen in der Hauptsache teilweise erledigt ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1,49 Euro nebst 5 %-punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23.10.2015 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde verpflichtet ist, auf die vom Kläger eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages des Klägers bei Gericht nach Maßgabe der abgeurteilten Quote zu zahlen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auf 120,46 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
I.
Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages zu 1. ist die Klage begründet.
1.
Die mangels Zustimmung der Beklagten zur Erledigungserklärung des Klägers als Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits insoweit auszulegende Erledigungserklärung des Klägers ist begründet, weil die Klage insoweit ursprünglich zulässig und begründet war und erst durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis erledigt wurde.
a)
Die Klage war ursprünglich zulässig und begründet.
Der Kläger hatte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Gutachterkosten in Höhe von noch 120,46 Euro nebst 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23.04.2015. Denn der Tatsachenvortrag des Klägers zum Bestehen dieser Ansprüche blieb zwischen den Parteien unstreitig und ist vom Gericht daher der Entscheidung des Rechtsstreits zu Grunde zu legen. Seine Ansprüche hat der Kläger schlüssig dargelegt.
b)
Der Rechtsstreit hat sich hinsichtlich der vorgenannten Ansprüche nach Rechtshängigkeit erledigt, denn nach Zustellung der Klageschrift bei der Beklagten am 15.10.2015 hat deren Haftpflichtversicherung am 23.10.2015 die vorgenannten Forderungen beglichen.
2.
Soweit der Kläger den ursprünglichen Antrag zu 1. insoweit aufrechterhalten hat, als er die Zahlung von weiteren 1,49 Euro Zinsen aus der Hauptforderung nebst 5 %-punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23.10.2015 fordert, ist die Klage ebenfalls begründet, denn der diesbezüglich schlüssige Vortrag des Klägers blieb zwischen den Parteien unstreitig.
II.
Die Klage ist auch hinsichtlich des ursprünglichen Antrages zu 2. begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf 2,50 Euro Mahnkosten gemäß §§ 280, 286 Abs. 1 BGB und auf 5 %-punkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23.04.2015 gemäß §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB.
III.
Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrages zu 3. zulässig und begründet.
1.
Der Antrag auf Feststellung der Zinspflicht der Beklagten für die vom Kläger verauslagten Gerichtskosten im Zeitraum zwischen der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses und dem Eingang des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht ist zulässig. Insbesondere besteht seitens des Klägers insoweit ein Rechtsschutzinteresse, weil eine anderweitige Möglichkeit der Erlangung dieses zum Verzugsschaden gehörenden Zinsanspruches nicht gegeben ist. Auch ist eine Leistungsklage nicht möglich, da der Kläger zwar den Anfangszeitpunkt der Zinspflicht mit dem Eingang seines Kostenvorschusses bei Gericht bestimmen kann, nicht aber das Ende dieser Zinspflicht, da dieses durch den Eingang des Kostenfestsetzungsantrages des Klägers bei Gericht, dessen Zeitpunkt der Kläger mangels Kenntnis vom Zeitpunkt des Ende des Verfahrens noch nicht benennen kann, begrenzt ist. Klarstellend hat das Gericht lediglich aufgenommen, dass die Feststellung des Anspruches dem Grunde nach erfolgt, weil der Feststellungsantrag keinen weitergehenden Inhalt hat und auch nicht haben kann, weil aufgrund der Unbestimmtheit insbesondere des Endes der Zinspflicht der Feststellungsantrag die Höhe des Anspruches noch nicht beinhalten kann, weil sich diese nach der Dauer der Zinspflicht richtet. Daher handelt es sich insoweit – vom Kläger unausgesprochen – um einen Feststellungsantrag dem Grunde nach.
2.
Der Antrag ist begründet. Der Anspruch des Klägers besteht gemäß §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB, weil er nach Eintritt des Verzuges die Gerichtskosten aufwenden muss. Die Höhe des Zinsanspruches folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 4 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG.
Bekommt man Zinsen auf Gerichtskosten nur wenn man das mit einklagt, oder kann das auch nur im Wege einer Kostenfestsetzung erlangt werden ? ( Hintergrund: Klage durch 4 Instanzen LG, OLG, BGH, dann nochmal OLG mit einer Dauer von 7 Jahren bei über 10.000,- Streitwert)
Das sind aber echt arme Würstchen bei der R+V, wenn die nun schon wg. 120 Euro den Unfallopfern unrechtmäßig in die Tasche greifen müssen? Wenn schon das Kleingeld zusammenkratzt wird, steht das Feuer bestimmt schon unter dem Dach? „Taschendiebstahl“ durch einen Versicherungskonzern – Pfui Teufel!!
Klar kann nur das mit Urteil zugesprochen werden, was überhaupt beantragt wurde.
Die Gerichtskosten gehören zu den Kosten des Verfahrens und können erst nach Abschluss einer Instanz zur Festsetzung oder Ausgleichung angemeldet werden. Verzinsung erfolgt ab dem Tag des Eingangs dieses Antrages bei Gericht. Das kann dann auch gerne mal zwei Jahre nach Bezahlung sein.
Von daher ist die Frage nach dem Zeitablauf durchaus berechtigt (unabhängig davon, dass Zinsen ja fast gar nicht mehr anfallen).
Es gibt eigentlich gute Argumente, mit Klageeinreichung die Verzinsung der Gerichtskosten zu beantragen, siehe oben, es wird aber in der Regel abgelehnt mit der lapidaren Begründung, die Gerichtskosten gehören zu den Kosten, nicht zur Hauptsache.
Helfen kann da nur, direkt nach Erhalt des erstinstanzlichen Urteils z.B. Kostenausgleichung zu beantragen, auch wenn der abgewiesene Rest mit der Berufung noch weiterverfolgt werden soll.
#Hans Olg
Hier habe ich wieder ohne Ra. selbst geklagt und natürlich sind Aufwendungen zur Erlangung seines Rechtes auch zu verzinsen. Leider ist aber die Rechtsprechung sehr uneinheitlich, so soll mal der Zinssschaden nachgewiesen werden, mal wird dieser auf 1% geschätzt und nun wird öfters die 5% pauschal zu gestanden. Rechtssicherheit ist nicht gegeben. Aber Dein Fall wäre wegen der Instanzen und der Dauer interessant für eine Entscheidung. Fakt ist, dass ohne Feststellungsantrag die GK erst mit Urteil verzinst werden und das wäre bei 7 Jahren Prozessdauer ein ungerecht erheblicher Zinsschaden, so dass ein Antrag (wenigstens für die Dauer bis Urteil) nicht schadet, da er, egal wie entschieden, nicht in die Kosten geht.
@Z.C. und I.H.
Na dann versteh ich nicht, warum das nicht jeder klagende RA immer gleich automatisch mit beantragt, gibt es da Ausbildungsdefizite ? Jede Rechtsschutz müßte doch hier zum Beispiel mit der Zeit auf Millionen verzichten, wenns so wäre und RA die es versäumen, müßten auch für den Schaden haften.
„Helfen kann da nur, direkt nach Erhalt des erstinstanzlichen Urteils z.B. Kostenausgleichung zu beantragen, auch wenn der abgewiesene Rest mit der Berufung noch weiterverfolgt werden soll.“
Ja wie denn, wenn bis BGH alles verloren wurde und erst dort nach Zurückweisung Sache vom OLG richtig gestellt werden mußte, nicht zu vergessen, die eigenen RA Kosten bis dahin. BGH zugelassene RA fassen zum Beispiel nichts an, ohne Vorrauszahlung und verlangen noch unwiderbringliche Zusatzhonorare.
Andererseits müßte es im Falle der „lapidaren Ablehnung“ nach der Denklogig (immer der absolut selbe Sachverhalt liegt zu Grunde) bereits nach dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot in diesen Fällen die Zinsen ebenfalls ab Einzahlung und Klageeinreichung geben, schließlich wurde es dann ja auch an diesem Tag der Klage beantragt.
„natürlich sind Aufwendungen zur Erlangung seines Rechtes auch zu verzinsen. “
Alles andere wäre auch meiner Meinung nach systemwidrig (angesichts wenn einem sogar ohne Geldaufwendungen bei fiktiver Abrechnung 5% über Basis zustehen).
Hallo Bernd,
wer sind denn nun die „armen Würstchen“? Die, die das skandalöse Kürzen durch die R+V aufgedeckt haben, oder diejenigen, die skandalös kürzen? Na klar! Diejenigen, die ohne Rechtsgrund kürzen, nämlich die von der „Versicherung mit dem Plus-Zeichen“- und nicht dieser Blog, wie Herr Richter von der R+V auf seiner Plattform meint. Da hat sich der Handlungsbevollmächtigte der R+V mit seiner damaligen Wortwahl aber gewaltig vergriffen.
Grüße
Klaus L.
Ist aber leider so.
Es ist ja oft schon schwer zu vermitteln, dass der Geschädigte, also der, der eh schon ein kaputtes Auto vor der Tür hat, auch noch mit Gerichtskosten in Vorlage treten muss, um Schadensersatz zu bekommen.